Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz vom 13. Oktober 2016 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 18/9978 18. Wahlperiode 14.10.2016 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Halina Wawzyniak, Harald Petzold (Havelland), Annette Groth, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 18/9868 – Sogenanntes Malta Inkasso bei Richterinnen und Richtern und Justizangestellten In jüngster Zeit wurde bekannt, dass sogenannte Reichsbürger insbesondere von Richterinnen und Richtern und Justizangestellten horrende Geldsummen über ein maltesisches Inkassounternehmen einzutreiben versuchen (vgl. www.rbbonline .de/politik/beitrag/2016/08/reichsbuerger-malta-inkasso-richter.html). Dabei soll es sich um die „Pegasus International Incasso Limited“ handeln. Allein in Brandenburg sollen 15 Richterinnen und Richter betroffen sein. Geltend gemacht werden fingierte Schadensersatzforderungen. Das sogenannte Malta Inkasso funktioniert dergestalt, dass die sogenannten Reichsbürger Schulden erfinden und diese in das Online-Handelsregister Uniform Comercial Code (UCC) eintragen. Dort muss nur angegeben werden, dass der Schuld bislang nicht widersprochen wurde. Anschließend werden die Forderungen an ein von sogenannten Reichsbürgern gegründetes Inkassounternehmen abgetreten. Das Inkassounternehmen bekommt dann von einem Gericht in Malta ungeprüft die Berechtigung, die erfundenen Schulden in Deutschland einzutreiben. Dies soll einem Versäumnisurteil ähnlich sein. Zwischen dem 15. und dem 30. Tag nach der Zustellung müssen Betroffene in Malta erscheinen und die Ansprüche bestreiten. Dafür wird jedoch eine in Malta zugelassene Anwältin/ein in Malta zugelassener Anwalt benötigt. Soweit dies nicht passiert, ergeht ein in Deutschland vollstreckbares Urteil. Das brandenburgische Justizministerium hat nach dem zitierten Pressebericht den Betroffenen vier maltesische Anwälte genannt und eine Kostenübernahme erklärt. Die Länder Nordrhein-Westfalen, Sachsen-Anhalt und Thüringen sollen in der Vergangenheit mit ähnlichen Problemen konfrontiert worden sein. Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz soll eine Handlungsempfehlung an Gerichts- und Behördenleiterinnen und -leiter herausgegeben haben (vgl. www.svz.de/regionales/brandenburg/reichsbuerger-bedrohenjustiz -id14610676.html). Nach Ansicht der fragestellenden Fraktion dürfte § 794 Nummer 7 der Zivilprozessordnung (ZPO) Rechtsgrundlage der Vollstreckung in Deutschland sein. Dieser verweist auf die Verordnung (EG) Nr. 805/2004 (Europäischer Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen). Nach dem Erwägungsgrund 6 der Verordnung liegt ein fehlender Widerspruch seitens des Schuldners auch vor, wenn dieser nicht zur Gerichtsverhandlung erscheint oder einer Aufforderung des Gerichts, schriftlich mitzuteilen, ob er sich zu verteidigen beabsichtigt, nicht Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/9978 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode nachkommt. Nach dem Erwägungsgrund 8 soll eine Entscheidung, die vom Gericht des Ursprungsmitgliedstaates als Europäischer Vollstreckungstitel bestätigt worden ist, im Hinblick auf die Vollstreckung so behandelt werden, als wäre sie im Ursprungsland ergangen. Nach Artikel 10 der Verordnung wird die Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel auf Antrag an das Ursprungsgericht berichtigt, wenn die Entscheidung und die Bestätigung aufgrund eines materiellen Fehlers voneinander abweichen (Absatz 1 Buchstabe a), und widerrufen , wenn sie hinsichtlich der in der Verordnung festgelegten Voraussetzungen eindeutig zu Unrecht erteilt wurde (Absatz 1 Buchstabe b). Artikel 19 Absatz 2 sieht die Möglichkeit der Mitgliedstaaten vor, eine Überprüfung der Entscheidung unter großzügigeren Bedingungen als nach Absatz 1 zu ermöglichen. 1. Was steht in der Handlungsempfehlung des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz an Gerichts- und Behördenleiterinnen und -leiter, welche nach Presseberichten im Hinblick auf das sog. Malta Inkasso herausgegeben wurde? Die Bundesregierung hat keine Handlungsempfehlung an Gerichts- und Behördenleiterinnen im Hinblick auf das sogenannte Malta-Inkasso herausgegeben. Die Bundesregierung steht aber in ständigem Kontakt mit den hier zuständigen Landesjustizverwaltungen zur „Reichbürgerproblematik“, um eine ungerechtfertigte Inanspruchnahme von Amtsträgern und Behördenbediensteten durch sogenannte Reichbürger und mit ihnen verbundene ausländische Inkassounternehmen zu verhindern . Der Kontakt hat dazu geführt, dass es nach Kenntnis der Bundesregierung diesem Personenkreis bisher nicht gelungen ist und zukünftig auch nicht gelingen wird, ihre erfundenen und unberechtigten Forderungen durchzusetzen. 2. Liegen der Bundesregierung Erkenntnisse über die Anzahl der betroffenen Richterinnen und Richter, Staatsanwältinnen und Staatsanwälte, Justizangestellten und anderen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vor (wenn ja, bitte nach Ländern aufschlüsseln)? Die Bundesregierung hat keine Kenntnis, wie viele Personen aus den in der Frage benannten Berufsgruppen mit erfundenen und unberechtigten, an ein ausländisches Inkassounternehmen abgetretenen Forderungen konfrontiert worden sind. 3. Welche Anstrengungen hat die Bundesregierung unternommen, um die maltesischen Behörden auf das Problem aufmerksam zu machen? Die Bundesregierung steht wegen des sogenannten Malta-Inkasso in engem Kontakt mit der maltesischen Regierung. Das maltesische Außenministerium hat mitgeteilt , dass die zuständigen maltesischen Behörden (Präsident des obersten Gerichtshofs , Generalstaatsanwalt) über die rechtliche Problematik informiert sind. Bisher ist es nach hiesiger Kenntnis weder zur Zustellung einer Klagschrift oder eines Europäischen Zahlungsbefehls aus Malta an beklagte Amtsträger in Deutschland gekommen. 4. Welche Anstrengungen hat die Bundesregierung unternommen, um die amerikanischen Behörden auf die Eintragung der Forderungen durch sog. Reichsbürger in das UCC aufmerksam zu machen? Der Uniform Commercial Code (UCC) des Staates Washington in den USA erlaubt es Gläubigern, im online Verfahren Forderungen gegen Schuldner in ein dort geführtes Schuldnerregister einzutragen. Die einzige rechtliche Konsequenz dieses Eintrags ist nach hiesiger Kenntnis, dass der Gläubiger bei einer Insolvenz Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/9978 des Schuldners im Staat Washington eine vorrangige Befriedigung zu erwarten hat. Die Bundesregierung hat sich mit der zuständigen Behörde im Staat Washington in Verbindung gesetzt, die das Register betreibt. Diese wies ausdrücklich darauf hin, dass Eintragungen gegen (ausländische) Amtsträger unzulässig seien und auf Antrag der übergeordneten Behörden sofort gelöscht würden. Sie benannte einen Ansprechpartner vor Ort, an den sich die betroffenen Amtsträger oder ihre Dienststellen formlos per Fax oder E-Mail zwecks einer Löschung wenden können. Die Bundesregierung hat diese Informationen allen Landesjustizverwaltungen zur Verfügung gestellt; laut Rückmeldungen aus den Ländern wurden alle beantragten Löschungen vorgenommen. 5. Sieht die Bundesregierung in Zusammenarbeit mit den maltesischen Behörden eine Möglichkeit, dem offensichtlich von sog. Reichsbürgern gegründeten Inkassounternehmen die Zulassung zu entziehen? Die Bundesregierung hat nicht die Möglichkeit, direkt auf die Geschäftstätigkeit dieses Unternehmens mit Sitz auf Malta Einfluss zu nehmen. Sie hat aber die maltesischen Behörden darauf aufmerksam gemacht, dass die Geltendmachung unberechtigter Forderungen gegen deutsche Amtsträger nach deutschem Strafrecht unter bestimmten Umständen eine strafbare Handlung sein könnte und dass die Strafrechtslage auf Malta möglicher Weise vergleichbar sei. Sie hat weiter darauf hingewiesen, dass das Inkassounternehmen regelmäßig von diesem Verhalten wisse, und nur zu dem Zweck gegründet worden sei, um den Druck auf die Amtsträger zu erhöhen und dass es von dem möglicher Weise strafbaren Verhalten derjenigen profitiere, welche die fiktiven Forderungen abtreten. 6. Sieht die Bundesregierung in Zusammenarbeit mit den amerikanischen Behörden eine Möglichkeit, zukünftig Eintragungen von fingierten Schadensersatzansprüchen zu unterbinden? Die für das UCC Schuldnerregister zuständige Behörde im Staat Washington wies darauf hin, dass das Register vollständig computergesteuert sei. Es sei gerade sein Zweck, Eintragungen für jedermann einfach online zu ermöglichen. Eine Kontrolle der Einträge mittels Filter sei nicht möglich. Unberechtigte Einträge könnten aber auf einfache Weise wieder gelöscht werden. Insoweit wird auf die Antwort zu Frage 4 verwiesen. 7. Ist der Bundesregierung bekannt, ob es schon zu Vollstreckungen oder Vollstreckungsversuchen bei Richterinnen und Richtern, Staatsanwältinnen und Staatsanwälten, Justizangestellten und anderen Betroffenen gekommen ist (wenn ja, bitte nach Bundesländern aufschlüsseln)? Nach Kenntnis der Bundesregierung ist es bisher nicht zu Vollstreckungen oder Vollstreckungsversuchen gekommen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/9978 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 8. Sieht die Bundesregierung eine Rechtsgrundlage für die Zuständigkeit maltesischer Gerichte? a) Wenn nein, was hat die Bundesregierung unternommen, um diese Auffassung den Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollziehern und den maltesischen Behörden deutlich zu machen? b) Wenn ja, welche Rechtsgrundlage sieht die Bundesregierung, und wird sie auf eine Änderung der Rechtsgrundlage hinwirken? Die Bundesregierung sieht keine Rechtsgrundlage für die internationale Zuständigkeit der maltesischen Gerichte für Amtshaftungsansprüche gegen Amtsträger mit Wohnsitz in Deutschland, die in Deutschland angeblich unrechtmäßig gehandelt haben sollen. Diese Rechtsauffassung ist sowohl den Justizverwaltungen der Länder als auch der Regierung von Malta kommuniziert worden. Sie wird von den Ländern geteilt . Im Hinblick auf Malta wird auch auf die Antwort zu Frage 3 verwiesen. 9. Sieht die Bundesregierung in Artikel 10 Absatz 1 Buchstabe a oder Buchstabe b der Verordnung (EG) Nr. 805/2004 eine Möglichkeit für Betroffene, im Fall einer (versuchten) Vollstreckung vorzugehen? Wenn nein, warum nicht? 10. Sieht die Bundesregierung die Notwendigkeit, von der Möglichkeit des Artikels 19 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 805/2004 in Fällen des sog. Malta Inkasso Gebrauch zu machen? Wenn nein, warum nicht? 11. Ist es nach Ansicht der Bundesregierung möglich, mit der Erinnerung nach § 766 ZPO gegen einen Vollstreckungstitel eines maltesischen Gerichts vorzugehen , auch wenn diese nur eine Überprüfung auf Verfahrensfehler ermöglicht ? Die Fragen zu 9 bis 11 werden gemeinsam beantwortet. Aus Sicht der Bundesregierung sollte es schon gar nicht dazu kommen, dass die Verordnung (EG) Nr. 805/2004 über den Europäischen Vollstreckungstitel, die darin eröffnete Möglichkeit einer erleichterten Vollstreckung sowie die in den Fragen erwähnten Rechtsbehelfe überhaupt zur Anwendung kommen. Die Verordnung findet zunächst nur in Zivil- und Handelssachen Anwendung. Schon daran dürfte es bei (abgetretenen) Ansprüchen von Privatpersonen gegen deutsche Amtsträger wegen ihrer hoheitlichen Tätigkeit fehlen. Die Vollstreckungstitelverordnung setzt zudem voraus, dass die Forderung des Gläubigers in einem gerichtlichen Verfahren unbestritten geblieben und dann im Gerichtsstaat in einen Europäischen Vollstreckungstitel umgeschrieben worden ist. Daran fehlt es, wenn der Beklagte sich in dem Gerichtsverfahren gegen die Forderung gewehrt hat. Die Bunderegierung und die Länder haben Vorkehrungen getroffen, dass – wenn es überhaupt zu einem ordentlichen Gerichtsverfahren auf Malta kommen sollte, was äußerst unwahrscheinlich ist – die Beklagten sich gegen die Ansprüche verteidigen . Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333