Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Auswärtigen Amts vom 6. Mai 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/10020 19. Wahlperiode 09.05.2019 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Andrej Hunko, Heike Hänsel, Michel Brandt, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 19/8996 – EU-Unterstützung von Grenzüberwachung und -kontrolle in Marokko V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r In ihrem „Fortschrittsbericht über die Umsetzung der Europäischen Migrationsagenda “ bezeichnet die EU-Kommission die Migration als „größte Herausforderung für die EU“ (Quelle hier und soweit nicht anders angegeben: Ratsdokument 7296/19). Diese erfordere eine „vertiefte Partnerschaft mit den Herkunftsund Transitländern“. Diese Kooperation betrifft insbesondere Nordafrika, neben Libyen steht dabei Marokko im Vordergrund. Die dortige Regierung arbeite der EU-Kommission zufolge bereits daran, ihre Grenzen stärker zu kontrollieren. Offen bleibt, ob auf diese Weise auch die Überwachung von Grenzen der annektierten Westsahara nach Mauretanien ausgebaut wird. Marokko führt laut der EU-Kommission auch „Präventivmaßnahmen im Inland “ durch. Die Regierung habe auf diese Weise Zehntausende Migrantinnen und Migranten „am Aufbruch nach Europa gehindert“ (die EU-Kommission spricht von 15 000 Personen auf dem Seeweg, das marokkanische Innenministerium wird mit 90 000 Personen zitiert. Vermutlich ist hier auch der Landweg gemeint). Aus Sicht der Fragestellerinnen und Fragesteller könnten hiervon auch sogenannte Push-Backs umfasst sein. Ohne Feststellung ihrer Personalien und ohne Befragung zu ihrer individuellen Situation werden Migrantinnen und Migranten immer wieder durch Türen im Zaun zu den spanischen Exklaven Ceuta und Melilla zurück nach Marokko verbracht („Sind Push-Backs nach Marokko erlaubt?“, www.lto.de vom 27. September 2018). Dies verstößt nach Auffassung der Fragesteller gegen die Europäische Menschenrechtskonvention und wird deshalb vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte verhandelt . Auch die Menschenrechtskommissarin des Europarats kritisiert die Praxis. Die EU-Kooperation mit Marokko soll nun ausgebaut werden. Entsprechende Maßnahmen werden unter anderem über den EU-Treuhandfonds für Afrika (EUTF) finanziert, dessen Mittel sich seit 2016 auf mehr als 4,2 Mrd. Euro mit über 188 vereinbarten Programmen belaufen. Ende 2018 genehmigte die EU 140 Mio. Euro zur Unterstützung des Grenzmanagements sowie für Budgethilfe . Erste Zahlungen aus dem EUTF wurden bereits geleistet und Ausschreibungen für die „Beschaffung wichtiger Ausrüstung“ eingeleitet. Die letzten Verträge im Rahmen dieses Pakets würden bis April 2019 unterzeichnet. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/10020 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Zu den Zielen der EU gehört auch die Unterstützung der marokkanischen Regierung bei der „Bekämpfung der Schleuserrouten von den Nachbarländern“. Im Rahmen des EUTF wird der „Aufbau einer Zusammenarbeit entlang der gesamten Route zum westlichen Mittelmeer“ finanziert. 8,6 Mio. Euro würden demnach für die „grenzübergreifende Zusammenarbeit“ zwischen Marokko, Senegal , Mali und Côte d’Ivoire ausgegeben. Mauretanien wird unter anderem zur maritimen Sicherheit unterstützt. 1. Welche nordafrikanischen Länder werden aus Sicht der Bundesregierung zunehmend zu Zielländern von Migration, nachdem sie zuvor eher Transitländer gewesen waren? Marokko, Algerien und Ägypten sowie in geringerer Ausprägung auch Tunesien haben sich in den letzten Jahren zunehmend zu Zielländern von Migration entwickelt . Libyen ist traditionell Zielland von Migration. 2. Welche „Zahlungen“ zur Unterstützung des Grenzmanagements in Marokko wurden nach Kenntnis der Bundesregierung seit dessen Bestehen aus dem EU-Treuhandfonds für Afrika (EUTF) geleistet, und welche „Beschaffung wichtiger Ausrüstung“ wurde „eingeleitet“? a) Welche Verträge im Rahmen dieses Pakets sollen bis April 2019 unterzeichnet werden? b) Welche Behörden werden mit der Ausrüstung adressiert? Die Fragen 2 bis 2b werden gemeinsam beantwortet. Bei der Sitzung des Exekutivausschusses des EU-Treuhandfonds für Afrika (EUTF) am 13. Dezember 2018 wurde das Vorhaben „Support to Integrated Border and Migration Management in Morocco“ über 40 Mio. Euro beschlossen. Kooperationspartner ist das marokkanische Innenministerium. Weitergehende Informationen zu diesem Projekt sind folgender Webseite zu entnehmen: https://ec. europa.eu/trustfundforafrica/region/north-africa/morocco/soutien-la-gestionintegree -des-frontieres-et-de-la-migration-au-maroc_en. 3. Werden nach Kenntnis der Bundesregierung auch „Präventivmaßnahmen“ von marokkanischen Behörden im Inland durch den EUTF gefördert, mit denen nach Schätzungen des marokkanischen Innenministeriums in 2018 rund 89 000 Migrantinnen und Migranten „am Verlassen Marokkos gehindert “ wurden? 4. Um welche „Präventivmaßnahmen“ handelt es sich dabei? Die Fragen 3 und 4 werden gemeinsam beantwortet. Der Bundesregierung liegen zu den genannten „Präventivmaßnahmen“ keine Erkenntnisse vor. 5. Wofür werden die Mittel zur Soforthilfe in Höhe von 36 Mio. Euro eingesetzt , die 2018 beschlossen wurde, „um Spanien an seiner Südgrenze zu helfen “? Nach Kenntnis der Bundesregierung wurden die von der Europäischen Kommission 2018 beschlossenen Soforthilfemittel für Spanien unter anderem für die Verbesserung der Aufnahme- und Rückführungskapazitäten an der spanischen Südküste und den spanischen Exklaven Ceuta und Melilla sowie zur Unterstützung zusätzlichen Personals der „Guardia Civil“ an der spanischen Südgrenze gewährt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/10020 6. Was ist der Bundesregierung über Planungen zu „engeren Expertenkontakten und operativer Zusammenarbeit“ auch mit Unterstützung der Europäischen Agentur für die Grenz- und Küstenwache in Marokko bekannt? Der Bundesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. 7. Ist der Bundesregierung die Praxis der sogenannten Push-Backs bekannt, in denen Migrantinnen und Migranten ohne Feststellung ihrer Personalien und ohne Befragung zu ihrer individuellen Situation immer wieder durch Türen im Zaun zu den spanischen Exklaven Ceuta und Melilla zurück nach Marokko verbracht werden („Sind Push-Backs nach Marokko erlaubt?“, www.lto.de vom 27. September 2018)? Der Bundesregierung sind Berichte im Sinne der Fragestellung bekannt. a) Da die Fragestellerinnen und Fragesteller diese Berichte für zutreffend halten, verstößt diese Praxis aus Sicht der Bundesregierung gegen die Europäische Menschenrechtskonvention? Die Auslegung und Überwachung der Einhaltung der Europäischen Menschenrechtskonvention obliegt dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Die Bundesregierung respektiert die Unabhängigkeit des Gerichtshofs. b) Inwiefern wurden diese Push-Backs nach Kenntnis der Bundesregierung auf Ebene der Mitgliedstaaten der Europäischen Union (etwa in Ratsarbeitsgruppen ) thematisiert? Nach Kenntnis der Bundesregierung hat der Rat der Europäischen Union im November 2018 im Nachgang zu einer Evaluierung der Anwendung des Schengen- Besitzstands von 2017 Empfehlungen an Spanien im Bereich Außengrenzmanagement ausgesprochen, die sich unter anderem auf das Verfahren bei Einreiseverweigerung und die Angabe des genauen Grunds einer Einreiseverweigerung beziehen. Eine konkrete Thematisierung der in der Fragestellung genannten Praxis ist der Bundesregierung nicht bekannt. 8. Was ist der Bundesregierung über Maßnahmen im Rahmen des EUTF zur „besseren Koordinierung der Migrationssteuerung zwischen Marokko, Senegal , Mali und Côte d’Ivoire“ bekannt? 9. Welche Projekte wurden hierzu bereits beschlossen, und wer führt diese durch? Die Fragen 8 und 9 werden gemeinsam beantwortet. Der Bundesregierung ist das Projekt „Süd-Süd-Kooperation im Bereich Migration “ zwischen Marokko, Mali, Senegal und Côte d’Ivoire bekannt. Es wurde am 23. Mai 2017 bei der Sitzung des Exekutivausschusses des EUTF angenommen. Das Projekt wird in Ko-Finanzierung mit dem bilateralen Vorhaben „Stärkung marokkanischer Gebietskörperschaften bei der Verbesserung von Aufnahmestrukturen von Migranten“ der deutschen Entwicklungszusammenarbeit mit Marokko umgesetzt. Durchführer sind die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit und Expertise France. Weitere Projekte zur Koordinierung der Migrationssteuerung zwischen Marokko und Senegal, Mali und Côte dʼIvoire sind der Bundesregierung nicht bekannt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/10020 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 10. Welchen Standpunkt vertritt die Bundesregierung zur Frage, neben Libyen auch Marokko und Tunesien als vorrangige Länder für eine Förderung über das Europäische Nachbarschaftsinstrument oder den EUTF einzustufen, und mit diesen Ländern langfristige, umfassende Programme zur Migrationskontrolle auszuarbeiten (Ratsdokument 6599/19; bitte begründen)? Auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 13 der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 19/9572 wird verwiesen. a) Welche Maßnahmen sollten ergriffen werden, um die Abstimmung zu verstärken und die finanzielle Unterstützung durch die EU sicherzustellen ? Auf die Antwort der Bundesregierung zu den Fragen 13a und 13b der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 19/9572 wird verwiesen . b) Sofern die Bundesregierung auch die Intensivierung der Zusammenarbeit mit Grenz- und Strafverfolgungsbehörden zur Bekämpfung von Schleuserkriminalität sowie eine Unterstützung der Grenz- und Küstenwachen für geeignet hält, welche Defizite stellt sie diesbezüglich in Marokko und Tunesien fest? Die weitere Zusammenarbeit des Bundeskriminalamtes sowie der Bundespolizei mit den tunesischen und marokkanischen Behörden befindet sich im Planungsund Abstimmungsprozess. c) Zu welchen Beiträgen zum Gesamtengagement gegenüber den Partnerländern wäre die Bundesregierung in der Lage und bereit, um die Kooperation in allen vorrangigen Bereichen zu verbessern? Auf die Antwort zu Frage 10a wird verwiesen. d) Sollten die zu ergreifenden Maßnahmen aus Sicht der Bundesregierung eine Gegenleistung der Regierungen in Marokko und Tunesien erfordern, etwa eine Verbesserung der Zusammenarbeit bei Rückschiebungen? Aus Sicht der Bundesregierung stehen zu ergreifende Maßnahmen und die Zusammenarbeit mit den Regierungen Marokkos und Tunesiens in keinem unmittelbaren Gegenleistungsverhältnis. 11. Ist der Bundesregierung bekannt, inwiefern über den EUTF oder andere EU- Programme auch die Sicherung von Grenzen der annektierten Westsahara nach Mauretanien finanziert wird? Der Bundesregierung sind keine EU-Finanzierungen im Sinne der Fragestellung bekannt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/10020 12. Worin besteht ein 2018 beschlossenes „spezielles Budgethilfeprogramm für Mauretanien zur Unterstützung der nationalen Entwicklungsstrategie“? 13. Welche Maßnahmen zur „maritimen Sicherheit“ werden in diesem Programm anvisiert, wer führt diese durch, und wer ist Adressat? Die Fragen 12 und 13 werden gemeinsam beantwortet. Bei der Sitzung des Exekutivausschusses des EUTF am 30. November 2018 wurde das Vorhaben „LʼUE pour le nexus sécurité-résilience-développement en Mauritanie“ über 25 Mio. Euro angenommen. Dieses umfasst unter anderem Maßnahmen zur strategischen Beratung im Bereich maritime Sicherheit. Weitergehende Informationen zu diesem Projekt enthält folgende Webseite: https://ec. europa.eu/trustfundforafrica/region/sahel-lake-chad/mauritanie/lue-pour-le-nexussecurite -resilience-developpement-en-mauritanie_en. 14. An welcher Hard- und Software hat die Bundespolizei die marokkanischen Behörden in den vergangenen Jahren zur Dokumenten- und Urkundensicherheit , zur Einrichtung einer Luftsicherheits-Muster-Kontrollspur sowie im Bereich Ermittlungsunterstützung geschult (Bundestagsdrucksache 19/7539, Anlage 2)? Im Rahmen der Ausbildungs- und Ausstattungshilfe wurde der „Direction Générale de la Sûreté Nationale“ (DGSN) am 12. März 2019 ein Gerät „Visotec Expert 600“ für die Brigade Mobile Immigration am Flughafen Casablanca Mohammed V übergeben. Hierzu erfolgte im Auftrag der Bundespolizei eine Einweisung in die dazu gehörige Hard- und Software sowie die Referenzdatenbank durch Vertreter der Bundesdruckerei. Die Beschaffung einer Luftsicherheitskontrollspur in Zusammenarbeit mit der marokkanischen Luftsicherheitsbehörde ist in Planung; entsprechende Schulungen sind nach Einrichtung der Luftsicherheitskontrollspur am Flughafen Casablanca vorgesehen. 15. Welche Hard- und Software zur Urkundenprüftechnik oder für Grenzkontrollen hat die Bundesregierung der marokkanischen Regierung überlassen oder verkauft, und welche marokkanischen Behörden wurden damit adressiert ? Der DGSN wurde in den letzten Jahren folgende Hard- und Software zur Urkundenprüfung oder für Grenzkontrollen überlassen: Im Jahr 2018 154 Dokumentenprüfgeräte („Document-Viewer“) und eine Referenzdatenbank sowie im Jahr 2019 ein Ausweislesegerät, vier Dokumentenprüfcenter, 30 Dokumentenprüfgeräte („Document-Viewer“) sowie fünf Binokular-Mikroskope. Der „Gendarmerie Royale“ (GR) wurde in den letzten Jahren folgende Hard- und Software zur Ermittlungsunterstützung und Analyse im Bereich der Bekämpfung der Schleuserkriminalität und zur Grenzüberwachung überlassen: 27 „Kit UFED Logical Plus“, zwei „Workstation Antanalyser Basic Edition“, ein „UFED Analytics Desktop“, ein „EVGA 1000W Supernova 1000 G2 Modular (80+Gold)“, eine „RAM Slot for Cool Master Workstation“, drei „RAM DDR 3 for Cool Master Workstation“ und drei „RAM DDR 3 for Antanalyser Workstation“. 16. Welche Projekte in Marokko sind nach Kenntnis der Bundesregierung von dem Fehlbetrag der Nordafrika-Komponente des EUTF betroffen und müssen möglicherweise abgebrochen werden? Bei dem Fehlbetrag handelt es sich um eine Finanzierungslücke für künftige Vorhaben , die keine Auswirkung auf bereits beschlossene Projekte hat. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/10020 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 17. Welche „Finanzierungslücken“ des EU-Treuhandfonds für Afrika sind der Bundesregierung für 2019 bekannt? Nach Angaben der Europäischen Kommission besteht für 2019 eine Finanzierungslücke im Nordafrika-Fenster in Höhe von bis zu 86 Mio. Euro. 18. Welche Projekte werden nach Kenntnis der Bundesregierung derzeit in der Nordafrika-Komponente sowie der Komponente „Sahelzone und Tschadseebecken “ des EU-Treuhandfonds für Afrika durchgeführt? Ein Überblick über die Vorhaben im Nordafrika-Fenster ist unter https://ec.europa. eu/trustfundforafrica/region/north-africa_en einzusehen. Einen Überblick über die Vorhaben im Sahel-Tschadsee-Fenster enthält die Webseite https://ec.europa.eu/trustfundforafrica/region/sahel-lake-chad_en. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333