Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat vom 7. Mai 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/10065 19. Wahlperiode 10.05.2019 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Ulla Jelpke, Dr. André Hahn, Gökay Akbulut, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 19/9637 – Problematik des „Racial Profilings“ und anlasslose Kontrollen der Bundespolizei im Jahr 2018 V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Nach § 22 Absatz 1a des Bundespolizeigesetzes (BPolG) kann die Bundespolizei „zur Verhinderung oder Unterbindung unerlaubter Einreise […] in Zügen und auf dem Gebiet der Bahnanlagen […], soweit anzunehmen ist, dass diese zur unerlaubten Einreise genutzt werden, […] jede Person kurzzeitig anhalten, befragen und verlangen, dass mitgeführte Ausweispapiere oder Grenzübertrittspapiere zur Prüfung ausgehändigt werden, sowie mitgeführte Sachen in Augenschein nehmen“. § 23 Absatz 1 Nummer 3 BPolG verleiht der Bundespolizei die Befugnis, „im Grenzgebiet bis zu einer Tiefe von dreißig Kilometern zur Verhinderung oder Unterbindung unerlaubter Einreise“ die Identität einer Person festzustellen. Nach § 44 Absatz 2 BPolG kann die Bundespolizei innerhalb dieses Grenzgebiets zum gleichen Zweck Sachen durchsuchen. Im Jahr 2017 hat die Bundespolizei rund 2,3 Millionen verdachtsunabhängige Kontrollen durchgeführt (Bundestagsdrucksache 19/2151). Die Kontrollen stehen seit Jahren in der Kritik. Organisationen wie das Deutsche Institut für Menschenrechte, die Initiative Schwarze Menschen in Deutschland oder die Kampagne für Opfer rassistischer Polizeigewalt werfen der Bundespolizei vor, sich des Racial Profilings zu bedienen, also gezielt Menschen zu kontrollieren, die ihnen aufgrund ihres äußeren Erscheinungsbildes – beispielsweise wegen der Hautfarbe, der Haarfarbe oder eines religiösen Symbols – verdächtig erscheinen. Dies stelle einen Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot aus Artikel 3 Absatz 3 des Grundgesetzes dar (www.institut-fuer-menschenrechte. de/fileadmin/user_upload/Publikationen/Studie/Racial_Profiling_Menschen rechtswidrige_Personenkontrollen_nach_Bundespolizeigesetz.pdf). Die Fragestellerinnen und Fragesteller teilen diese Sichtweise. Die diskriminierende Wirkung der verdachtsunabhängigen Kontrollen war bereits mehrfach Gegenstand gerichtlicher Auseinandersetzungen. Dass es sich bei Racial Profiling um eine Grundrechtsverletzung handelt, ist in der Rechtsprechung unumstritten. Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Rheinland-Pfalz entschied 2016, dass eine Auswahl von Personen bei Kontrollen auch dann ge- Drucksache 19/10065 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode gen das Diskriminierungsverbot des Grundgesetzes verstößt, wenn die Hautfarbe ein tragendes Kriterium unter anderen ist (7 A 11108/14.OVG). Der Göttinger Rechtsanwalt Sven Adam, der den Kläger in diesem Verfahren vertrat, bezeichnete das Urteil als „Meilenstein für den Kampf gegen die rechtswidrige Praxis des Racial Profiling“ (Pressemitteilung vom 22. April 2016). Das OVG Nordrhein-Westfalen hat diese Auffassung im August 2018 bestätigt: Ein Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot liege auch dann vor, wenn die Hautfarbe bei der Auswahl von Personen für eine Kontrolle ein mittragendes Kriterium neben anderen Gründen in einem „Motivbündel“ sei (Az. 5 A 294/ 16). Allerdings hat das Gericht auch ausgeführt, dass eine Personenkontrolle in Anknüpfung an die Hautfarbe bzw. das äußere Erscheinungsbild „bei Vorliegen belastbarer Anhaltspunkte für eine bestimmte äußerlich erkennbare Tätergruppe “ gerechtfertigt sein könne. Dazu müsse die Polizei aber konkret darlegen , weshalb ein solches Anknüpfen an das äußere Erscheinungsbild zur effektiven Gefahrenabwehr notwendig sei. Die bloße Behauptung, dass beispielsweise junge Männer aus den Maghreb-Staaten an einem bestimmten Ort besonders häufig Straftaten begehen, reiche nicht aus (ebd.). Darüber hinaus gibt es europarechtliche Bedenken gegen § 23 Absatz 1 Nummer 3 BPolG. Die EU-Kommission hat 2014 ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesregierung eingeleitet, da die deutsche Rechtslage nach Ansicht der EU-Kommission nicht geeignet war zu gewährleisten, dass die Kontrollen auf Basis von § 23 Absatz 1 Nummer 3 BPolG nicht die gleiche Wirkung haben wie unionsrechtlich verbotene Grenzkontrollen. Darin sah sie einen Verstoß gegen den Schengener Grenzkodex. So hatten auch der Europäische Gerichtshof (EuGH) (Rs. C-188/10, C-189/10, C-278/12 und C-9/16) sowie mehrere deutsche Gerichte entschieden (zuletzt der Verwaltungsgerichtshof – VGH – Baden-Württemberg, Az. 1 S 1469/17). Das Vertragsverletzungsverfahren wurde zwischenzeitlich eingestellt, nachdem das Bundesministerium des Innern am 7. März 2016 einen Erlass zur Anwendung von § 23 Absatz 1 Nummer 3 BPolG veröffentlicht hat. Nach Ansicht der Fragestellerinnen und Fragesteller genügt der Erlass jedoch nicht den Anforderungen der Rechtsprechung des EuGH, da er keine effektiven Einschränkungen hinsichtlich der Häufigkeit und Intensität der Kontrollen in der Praxis enthält (www.buzzfeed.com/de/marcusengert/racial-profiling-urteil-kontrollenbundespolizei ). 1. In welchem Umfang hat die Bundespolizei im Jahr 2018 von § 22 Absatz 1a, § 23 Absatz 1 Nummer 3 und § 44 Absatz 2 BPolG Gebrauch gemacht (bitte nach Grenzgebiet, Inland und Flughäfen differenzieren)? Angaben zum Umfang der Kontrollen im Sinne der Fragestellung sind nachstehender Tabelle zu entnehmen. Im Rahmen der statistischen Erhebung erfolgt bei den Befragungen gemäß § 22 Absatz 1a des Bundespolizeigesetzes (BPolG) keine Differenzierung nach Inland bzw. Grenzgebiet. Art der Grenze/Inland § 22 Abs. 1a BPolG § 23 Abs. 1 Nr. 3 BPolG § 44 Abs. 2 BPolG Gesamt 204.628 1.604.184 321.035 Grenzgebiet -- 1.604.184 321.035 Inland 144.207 -- -- Luftgrenze 60.421 -- -- Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/10065 2. In welchen Verkehrsmitteln wurde in welchem Umfang von den oben genannten Befugnisnormen Gebrauch gemacht, und in wie vielen Fällen kam es dabei zur Feststellung unerlaubter Einreise bzw. unerlaubten Aufenthalts (bitte getrennt auflisten)? Die Erhebung vorgenommener Kontrollen beinhaltet keine Aufschlüsselung nach Verkehrsmitteln. Feststellungen unerlaubter Einreisen bzw. unerlaubten Aufenthalts in Zusammenhang mit der Durchführung von Kontrollen bzw. Befragungen entfielen auf folgende Verkehrsmittel: Verkehrsmittel § 22 Abs. 1a BPolG § 23 Abs. 1 Nr. 3 BPolG § 44 Abs. 2 BPolG Unerlaubte Einreisen Zug 30 4.111 0 Bahnhof 106 2.744 0 PKW 1 3.621 0 Taxi 0 27 0 Kleintransporter 5 963 0 Wohnmobil 0 1 0 Bus 1 3.230 0 LKW 0 175 0 Flugzeug 533 0 0 Schiff 0 1.101 0 Sonstige 6 14 0 Gesamt 682 15.987 0 Unerlaubter Aufenthalt Zug 72 155 0 Bahnhof 231 456 0 PKW 0 149 1 Kleintransporter 0 85 0 Bus 0 338 1 LKW 0 11 0 Flugzeug 19 0 0 Schiff 0 40 0 Sonstiges 51 164 0 Gesamt 373 1.398 2 Drucksache 19/10065 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 3. In welchem Umfang wurden im Jahr 2018 bei anlasslosen Befragungen und Kontrollen der Bundespolizei Verstöße welcher Art festgestellt (bitte die Zahl der Befragungen und Feststellungen von Straftaten oder Fahndungstreffern ins Verhältnis setzen und nach Grenzen, Inland und Flughäfen differenzieren ), und wie viele Feststellungen betrafen jeweils die Tatbestände unerlaubter Aufenthalt, unerlaubte Einreise und weitere Verstöße gegen das Aufenthalts - und Asylgesetz? Die Ergebnisse vorgenommener Kontrollen gemäß § 22 Absatz 1a, § 23 Absatz 1 Nummer 3 sowie § 44 Absatz 2 BPolG stellen sich wie folgt dar:* Delikt gem./ Feststellung Art der Grenze/ Inland § 22 Abs. 1a BPolG § 23 Abs. 1 Nr. 3 BPolG § 44 Abs. 2 BPolG Aufenthaltsgesetz Gesamt 2.678 39.337 12 Grenzgebiet -- 39.337 12 Inland 1.817 -- -- Luft 861 -- -- Asylgesetz Gesamt 25 7 0 Grenzgebiet -- 7 0 Inland 25 -- -- Luft 0 -- -- Waffengesetz Gesamt 172 1.568 15 Grenzgebiet -- 1.568 15 Inland 170 -- -- Luft 2 -- -- Betäubungsmittelgesetz Gesamt 400 7.799 8 Grenzgebiet -- 7.799 8 Inland 399 -- -- Luft 1 -- -- Weitere Straftaten Gesamt 1.275 9.878 9 Grenzgebiet -- 9.878 9 Inland 1.071 -- -- Luft 204 -- -- Fahndungstreffer Gesamt 3.513 26.907 51 Grenzgebiet -- 26.907 51 Inland 3.199 -- -- Luft 314 -- -- * Bei den erfassten Straftaten handelt es sich gemäß Polizeilicher Eingangsstatistik der Bundespolizei um eine deliktsbezogene Erhebung, d. h. es werden alle Straftaten gezählt, die eine Person begangen hat. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/10065 4. Inwieweit sind durch die bestehenden Weisungslagen zur Durchführung von Personenkontrollen nach § § 22 Absatz 1a, 23 Absatz 1 Nummer 3 BPolG hinreichende Vorgaben für eine diskriminierungsfreie Anwendung der Kontroll - und Befragungsbefugnisse durch die Bundespolizei geschaffen worden (vgl. Bundestagsdrucksache 19/2151, Antwort zu Frage 6)? Was beinhalten diese Weisungslagen konkret, und welche diesbezüglichen Änderungen gab es seit 2012 (bitte mit Datum und genauem Inhalt auflisten )? Auf die Antwort der Bundesregierung zu den Fragen 4 und 6 der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 19/2151 wird verwiesen. 5. Wie erklärt die Bundesregierung, dass sich immer wieder Menschen durch anlasslose Kontrollen der Bundespolizei diskriminiert fühlen, obwohl die Bundespolizei nach Auffassung der Bundesregierung keine diskriminierenden Kontrollen durchführt (https://kop-berlin.de/beitrag/pm-stop-racial-profilingburgerrechtler -biplab-basu-zum-wiederholten-mal-bei-grenzubertritt-vonbundespolizisten -rassistisch-kontrolliert-beamtinnen-verweigern-herausgabevon -dienstnummern)? Der Bundesregierung liegen keine eigenen Erkenntnisse im Sinne der Fragestellung vor. Nach Berichten zivilgesellschaftlicher Organisationen und Studien wie beispielsweise der Europäischen Grundrechteagentur (FRA) ist allerdings bekannt , dass auch bei einer objektiv rechtmäßigen Durchführung einer Kontrollmaßnahme durch die Bundespolizei bei den von einer Kontrolle Betroffenen oder Dritten subjektiv ein negativer Eindruck entstehen kann. Der Bundesregierung ist sich bewusst, dass das Auftreten und die Kommunikation bei Kontrollmaßnahmen wesentlichen Einfluss auf das subjektive Empfinden bei den Betroffenen haben . Daher ist gerade die Kommunikation im Rahmen der Kontrollsituation fortwährender Bestandteil der Aus- und Fortbildung in der Bundespolizei. 6. Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus dem in der Vorbemerkung der Fragesteller erwähnten Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen? a) Wie wird die Bundespolizei künftig der Anforderung nachkommen, das Vorliegen belastbarer Anhaltspunkte für eine bestimmte äußerlich erkennbare Tätergruppe darzulegen, sofern auf dieser Grundlage Personenkontrollen bzw. -befragungen durchgeführt werden sollen? b) Wie wird sie dabei der Feststellung des Gerichts Rechnung tragen, dass eine Erfassung von Tätern nach Hautfarbe ihrerseits gegen das Diskriminierungsverbot verstoßen würde? c) Teilt die Bundesregierung nach der Entscheidung des OVG Nordrhein- Westfalen (Az. 5 A 294/16) inzwischen die Rechtsauffassung, dass ein Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot auch dann vorliegt, wenn die Hautfarbe bei der Auswahl von Personen für eine Kontrolle ein mittragendes Kriterium neben anderen Gründen in einem „Motivbündel“ ist (bitte begründen)? Die Fragen 6 bis 6c werden im Zusammenhang beantwortet. Auf die Antwort zu Frage 5 sowie auf die Vorbemerkung der Bundesregierung zu der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 18/11302 und die dort dargelegte Rechtsauffassung wird verwiesen. Drucksache 19/10065 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 7. Teilt die Bundesregierung die in den Schulungsmaterialien der Bundespolizei vertretene Auffassung, dass ein aus Artikel 3 Absatz 3 des Grundgesetzes abgeleitetes Merkmal, also z. B. die Hautfarbe, innerhalb eines Motivbündels für eine Befragung auch kein tragendes Kriterium unter mehreren sein darf (Lehrbrief für die Aus- und Fortbildung – Befragung und Identitätsfeststellung zur Verhinderung der unerlaubten Einreise § § 22 und 23 BPolG, Satz 12), und wie ist dies ggf. damit vereinbar, dass die Bundesregierung in ihrer Vorbemerkung auf Bundestagsdrucksache 18/9374 erklärte, „dass ein völkerrechtlich unzulässiges ‚racial profiling‘ nur dann vorliegt, wenn die Hautfarbe oder die ethnische Zugehörigkeit das einzige oder das tatsächlich ausschlaggebende Kriterium für eine polizeiliche Maßnahme ist“? Auf die Vorbemerkung der Bundesregierung in der Antwort auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 18/11302 und die dort dargelegte Rechtsauffassung wird verwiesen. 8. Wie genau ist „grenzpolizeiliche Erfahrung“ als Voraussetzung für eine Befragung nach § 22 Absatz 1a BPolG definiert (Lehrbrief für die Aus- und Fortbildung – Befragung und Identitätsfeststellung zur Verhinderung der unerlaubten Einreise § § 22 und 23 BPolG, S. 8)? Handelt es sich dabei um schriftlich dokumentierte Erkenntnisse? Falls nein, wie wird eine Nachvollziehbarkeit durch Dritte und gerichtliche Überprüfbarkeit der grenzpolizeilichen Erfahrung gewährleistet? Erfahrungssätze sind Regeln, die aufgrund allgemeiner Lebenserfahrung oder durch Erkenntnisse gewonnen werden. Grenzpolizeiliche Erfahrungen können auf Beobachtungen und Feststellungen der Bundespolizei aus sich wiederholenden , grenzpolizeilich relevanten Vorgängen der Vergangenheit und den sich daraus ergebenden Folgerungen durch Auswertung und Analyse basieren. Diese können auch in schriftlich fixierter Form vorliegen, bspw. Lagebilder. Es handelt sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der einer uneingeschränkten verwaltungsgerichtlichen Überprüfung zugänglich ist. Die Lehrbriefe werden im Übrigen regelmäßig überarbeitet und aktualisiert; dies wird auch im Jahr 2019 erfolgen . 9. Was ist unter „ungewöhnlich“ in Bezug auf die Situation, die Umstände, den Ort und die Zeit des Antreffens unter 3.3 c) in den in Frage 7 genannten Schulungsmaterialien für die Bundespolizei zu verstehen (bitte ausführen)? Ungewöhnlich in Bezug auf Situationen, die Umstände, den Ort und die Zeit des Antreffens kann ein Abweichen vom Üblichen, Gewohnten und Erwarteten sein. Diese Aussagen aus den Schulungsmaterialien werden in den Unterrichtseinheiten entsprechend mündlich konkretisiert und ggf. anhand von Fallbeispielen erläutert . Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 7 – Drucksache 19/10065 10. Wie viele Beschwerden in Zusammenhang mit Maßnahmen nach §§ 22 Absatz 1a, 23 Absatz 1 Nummer 3 BPolG sind 2018 und im bisherigen Jahr 2019 eingereicht worden, und wie häufig und wie viele Personen betreffend wird dabei die Problematik des Racial Profilings angesprochen? Welche Staatsangehörigkeit hatten die Personen, die sich 2018 bzw. 2019 über Racial Profiling durch die Bundespolizei beschwert haben? 11. Wie wurde mit diesen Beschwerden jeweils umgegangen, wie viele von ihnen wurden ganz oder teilweise für berechtigt eingeschätzt, und welche Folgen hatte dies jeweils? Die Fragen 10 und 11 werden im Zusammenhang beantwortet. In den Zuständigkeitsbereichen der Bundespolizeidirektionen kam es 2018 und im Zeitraum vom 1. Januar 2019 bis 30. April 2019 zu insgesamt 58 Beschwerden im Zusammenhang mit dem Vorwurf des sog. Racial Profiling bzw. der Vornahme von Personenkontrollen nach § 22 Absatz 1a, § 23 Absatz 1 Nummer 3 BPolG. Im Ergebnis der geprüften Beschwerdesachverhalte, wurden durch die Bundespolizeidirektionen 51 Beschwerden als unbegründet zurückgewiesen. Gegenwärtig befinden sich aus dem benannten Zeitraum noch fünf Beschwerden in der Prüfung. Eine Beschwerde wurde als begründet und eine Beschwerde als teilweise begründet bewertet. In beiden Fällen wurden Auftreten und Kommunikation der eingesetzten Kräfte kritisiert. Den bewerteten Stellungnahmen ist zu entnehmen, dass die Einsatzkräfte nicht die Absicht hatten, diskriminierend aufzutreten. Die Bundespolizei ist jedoch zu dem Ergebnis gelangt, dass das Auftreten geeignet war, diesen Eindruck zu erzeugen . Dies wurde den Petenten in der Antwort mitgeteilt. Das Ergebnis der Ermittlungen wurde den Einsatzkräften zur Kenntnis gebracht und nachbereitet. Im Ergebnis der Beschwerde erfolgte eine Thematisierung und Sensibilisierung innerhalb der internen Fortbildung der betroffenen Stelle der Bundespolizei. Eine Erfassung der Staatsangehörigkeit erfolgt nicht. 12. Welche Gerichtsverfahren sind nach Kenntnis der Bundesregierung derzeit im Zusammenhang mit der Durchführung von Personenkontrollen nach § 22 Absatz 1a und § 23 Absatz 1 Nummer 3 BPolG anhängig, und welche Vorwürfe erheben die Kläger dabei? Welche Entscheidungen gab es nach Kenntnis der Bundesregierung 2018 und im bisherigen Jahr 2019 in Gerichtsverfahren im Zusammenhang mit der Durchführung von Personenkontrollen nach § 22 Absatz 1a und § 23 Absatz 1 Nummer 3 BPolG (bitte mit Datum und Inhalt darstellen)? Die derzeit im Zusammenhang mit der Durchführung von Befugnissen nach § 22 Absatz 1a BPolG und § 23 Absatz 1 Nummer 3 BPolG bundesweit anhängigen drei Gerichtsverfahren sind der nachfolgenden Auflistung zu entnehmen: Verwaltungsgericht Stuttgart, Urteil vom 11. April 2019, AZ 1 K 2888/18: Streitbefangen war eine Maßnahme nach § 23 Absatz 1 Nummer 3 BPolG. Ein Verstoß gegen Artikel 3 GG wurde vom Kläger nicht vorgetragen. Das Gericht hat die Identitätsfeststellung der Bundespolizei für rechtswidrig erklärt, da die Vorgaben des EuGH (Urteil vom 22. Juni 2010) nicht berücksichtigt wurden. Die Berufung wurde zugelassen. Drucksache 19/10065 – 8 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Oberverwaltungsgericht des Saarlandes, Urteil vom 21. Februar 2019, AZ 2 A 806/17: Verfahrensgegenstand sind eine Identitätsfeststellung vom 28. September 2017 und ein sich anschließender Datenabgleich sowie in diesem Zusammenhang die Vereinbarkeit des § 23 Absatz 1 Nummer 3 BPolG und des Erlasses des BMI zur Anwendung von § 23 Absatz 1 Nummer 3 BPolG vom 7. März 2016 mit dem Recht der Europäischen Union. Der Kläger rügt einen Verstoß gegen Unionsrecht sowie einen Verstoß gegen Artikel 3 GG. Mit Urteil vom 21. Februar 2019 hat das Gericht die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Das Gericht erklärte, dass § 23 Absatz 1 Nummer 3 BPolG und der Erlass des BMI vom 7. März 2016 den Vorgaben der EU-Rechtsprechung entsprechen. Gegen die Nichtzulassung der Revision hat der Kläger Beschwerde eingelegt. Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Urteil vom 8. April 2018, AZ 10 B 18.483: Mit Anerkenntnisurteil vom 8. April 2019 stellte das Gericht die Rechtswidrigkeit der durchgeführten Personalienfeststellung des Klägers vom 7. Januar 2014 sowie den durchgeführten Personalienabgleich fest. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Entscheidungen 2018 und 2019: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Urteil vom 13. Februar 2018, AZ 1 S 1469/17: Verfahrensgegenstand war eine Identitätsfeststellung am 19. November 2013 nach § 23 Absatz 1 Nummer 3 BPolG i. V. m. den Bestimmungen zur grenzpolizeilichen Aufgabenwahrnehmung (in ihrer damaligen Fassung) sowie ein anschließender Datenabgleich. Der Kläger trug einen Verstoß gegen Unionsrecht und Artikel 3 GG vor. Der VGH hielt die Identitätsfeststellung nach § 23 Absatz 1 Nummer 3 BPolG i. V. m. den Bestimmungen zur grenzpolizeilichen Aufgabenwahrnehmung (in ihrer damaligen Fassung) für rechtswidrig, da die Regelungen nicht den unionsrechtlichen Vorgaben entsprächen. Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Urteil vom 13. Februar 2018, AZ 1 S 1468/17: Verfahrensgegenstand waren eine Identitätsfeststellung am 13. April 2013 nach § 23 Absatz 1 Nummer 3 i. V. m. den Bestimmungen zur grenzpolizeilichen Aufgabenwahrnehmung (in ihrer damaligen Fassung), ein Datenabgleich und die Durchsuchung eines Rucksacks. Der Kläger rügte insbesondere die Vereinbarkeit des § 23 Absatz 1 Nummer 3 BPolG mit Unionsrecht. Ein Verstoß gegen Artikel 3 GG wurde nicht vorgetragen. Der VGH hielt die Identitätsfeststellungnach § 23 Absatz 1 Nummer 3 BPolG i. V. m. den Bestimmungen zur grenzpolizeilichen Aufgabenwahrnehmung (in ihrer damaligen Fassung) für rechtswidrig, da die Regelungen nicht den unionsrechtlichen Vorgaben entsprächen. Oberverwaltungsgericht NRW, Urteil vom 7. August 2018, AZ 5 A 294/16: Der Kläger rügte die Vereinbarkeit einer Identitätsfeststellung nach § 23 Absatz 1 Nummer 3, 4 BPolG mit Artikel 3 GG. Das Gericht hielt die Identitätsfeststellung für rechtswidrig, da es einen Verstoß gegen Artikel 3 Absatz 3 Satz 1 GG sah. Die Behörde sei der ihr obliegenden erhöhten Darlegungslast nicht nachgekommen . Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 9 – Drucksache 19/10065 Verwaltungsgericht München, Urteil vom 18. Juli 2018, AZ M 7 K 17. 3247: Streitbefangen war eine Kontrolle am 9. September 2016 auf Grundlage des § 23 Absatz 1 Nummer 3 BPolG. Der Kläger machte u. a. einen Verstoß gegen Artikel 3 GG geltend. Die Klage wurde als unzulässig abgewiesen. Das Gericht führte ergänzend aus, dass es für einen Verstoß gegen Artikel 3 Absatz 3 GG an hinreichenden tatsächlichen Anhaltspunkten fehle. 13. Welche Gerichtsentscheidungen (bitte mit Datum und Inhalt darstellen) gab es nach Kenntnis der Bundesregierung zu der Frage, ob § 23 Absatz 1 Nummer 3 BPolG den Anforderungen des EU-Rechts und der Rechtsprechung des EuGH zu einem Rechtsrahmen genügt, der Konkretisierungen oder Einschränkungen zur Lenkung der Intensität, der Häufigkeit und der Selektivität von Kontrollen enthält (Urteil C-9/16 vom 21. Juni 2017, RandNummer 59), nachdem der Erlass zur Anwendung von § 23 Absatz 1 Nummer 3 BPolG vom 7. März 2016 veröffentlicht wurde? Die Gerichtsentscheidungen zu der Frage, ob § 23 Absatz 1 Nummer 3 BPolG den Anforderungen des EU-Rechts gerecht wird, sind der nachfolgenden Auflistung zu entnehmen: Verwaltungsgericht Saarland, Urteil vom 28. September 2017, AZ 6 K 1184/16 und OVG Saarland, Urteil vom 21. Februar 2019, AZ 2 A 806/17: Verfahrensgegenstand ist eine Identitätsfeststellung am 28. September 2017 nach § 23 Absatz 1 Nummer 3 BPolG i. V. m. dem Erlass des BMI vom 7. März 2016 sowie ein sich anschließender Datenabgleich. Der Kläger rügt einen Verstoß gegen Unionsrecht und gegen Artikel 3 GG. Mit Urteil vom 28. September 2017 hatte das VG Saarland die Klage wegen mangelnden Rechtsschutzbedürfnisses abgewiesen. Im Berufungsverfahren erklärte das Gericht, dass § 23 Absatz 1 Nummer 3 BPolG und der Erlass des BMI vom 7. März 2016 den Vorgaben der EU-Rechtsprechung nach-kommen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Der Kläger hat Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt. 14. Mit welcher Begründung hält die Bundesregierung den Erlass zur Anwendung von § 23 Absatz 1 Nummer 3 BPolG vom 7. März 2016 für ausreichend , obwohl dort nur allgemein die Berücksichtigung aktualisierter Lageerkenntnisse , von polizeilichen Erfahrungen und Informationen usw. gefordert wird und die Kontrollen unregelmäßig, zu unterschiedlichen Zeiten und an unterschiedlichen Orten usw. erfolgen sollen – was aber nach Auffassung der Fragestellenden nicht den Anforderungen des EuGH zu hinreichend genauen und detaillierten Konkretisierungen oder Einschränkungen zur Lenkung der Intensität, der Häufigkeit und der Selektivität von Kontrollen entspricht (Urteil C-9/16 vom 21. Juni 2017, Randnummer 59)? Auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 6 der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 19/2151 sowie auf die Antwort zu Frage 13 wird verwiesen. Drucksache 19/10065 – 10 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 15. Mit welcher Begründung ist die Bundespolizeidirektion München zu der Ansicht gekommen, dass eine von ihren Beamten durchgeführte Personalienfeststellung am 7. Januar 2014 sowie der unmittelbar fernmündlich durchgeführte Personalienabgleich rechtswidrig waren (www.migazin.de/2019/04/ 11/einsicht-jahren-bundespolizei-gerichtstermin-racial/, bitte darstellen)? a) Gegen welche Rechtsnormen wurde mit den genannten Maßnahmen verstoßen ? b) Warum hat die Bundespolizeidirektion München erst jetzt festgestellt, dass die genannten Maßnahmen rechtswidrig waren, obwohl die davon betroffene Person bereits vor Jahren Klage vor dem Verwaltungsgericht München erhoben hat? Inwieweit gibt es einen Zusammenhang zu der Berufungsverhandlung vor dem VGH Bayern, die für den 8. April 2019 terminiert war, nun aber aufgrund der Mitteilung der Bundespolizeidirektion München nicht stattgefunden hat? Die Fragen 15 bis 15b werden im Zusammenhang beantwortet. Gegenstand des Klageverfahrens war eine Identitätsfeststellung am 7. Januar 2014 nach § 23 Absatz 1 Nummer 3 BPolG und ein sich anschließender Datenabgleich . Das Verwaltungsgericht München hatte mit Urteil vom 27. Juli 2016, AZ 7 K 14.1468, die Maßnahmen noch für rechtmäßig erachtet und ging von einer europa-rechtskonformen Auslegung aus. Dass keine Kontrolle aufgrund der Hautfarbe stattfand, hatte sich bereits durch die erstinstanzlichen Beweiserhebungen ergeben. Die Anerkennung erfolgte aufgrund des zwischenzeitlich ergangenen Urteils des EuGH zu § 23 Absatz 1 Nummer 3 BPolG und § 22 Absatz 1a BPolG (EuGH, Urteil vom 21. Juni 2017, AZ C-9/16). c) Welche Konsequenzen zieht die Bundespolizei aus der Feststellung, dass die genannten Maßnahmen rechtswidrig waren? Wie wird sie sicherstellen, dass solche rechtswidrigen Kontrollen in Zukunft vermieden werden? Auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 4 der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 19/2151 wird verwiesen. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333