Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit vom 7. Mai 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/10105 19. Wahlperiode 09.05.2019 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Karlheinz Busen, Frank Sitta, Dr. Gero Clemens Hocker, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/9606 – Invasive gebietsfremde Tierarten V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Invasive, gebietsfremde Tierarten werden durch menschliche Hilfe entweder bewusst oder unbewusst aus ihren natürlichen Verbreitungsgebieten nach Deutschland verschleppt. Bereits etablierte oder unbeständige invasive Tierarten gefährden an vielen Stellen die biologische Vielfalt und richten massive Schäden an. Heimische Wildtiere konkurrieren mit den gut angepassten invasiven Tierarten um Lebensraum und Nahrung. Die Einschleppung neuartiger Krankheitserreger und Parasiten durch invasive Tierarten stellt neben der Hybridisierung durch Verpaarung ein weiteres Problem für die heimische Artenvielfalt dar. Bereits 2013 hat die Europäische Kommission einen Aktionsplan vorgelegt, der einen EU-weiten Umgang mit invasiven Arten vorsieht. Die negativen Auswirkungen invasiver Arten auf die biologische Vielfalt und andere Ökosystemleistungen sollen damit eingedämmt werden. Die jährlichen Kosten zur Ausrottung und Bekämpfung betragen EU-weit mehrere Milliarden Euro. Ein bundesweit abgestimmtes Management invasiver Tierarten ist notwendig, denn Wildtiere kennen keine Ländergrenzen. Artensterben und Biodiversitätsverlust können durch ein Management und die Bekämpfung invasiver, gebietsfremder Tierarten vermindert werden. 1. Durch welche Maßnahmen und Behörden stellt die Bundesregierung die Beobachtung invasiver gebietsfremder Tierarten gemäß § 6 Absatz 3 Nummer 4 des Bundesnaturschutzgesetzes sicher? a) Welche Erkenntnisse konnte die Bundesregierung bis dato aus der Beobachtung invasiver, gebietsfremder Tierarten gewinnen? Die Einrichtung eines Überwachungssystems zur Beobachtung invasiver Tierarten gemäß § 6 Absatz 3 Nummer 4 des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG) liegt nach § 48a BNatSchG ganz überwiegend in der Zuständigkeit der Länder. Im Rahmen der Berichterstattung nach Artikel 24 Verordnung (EU) Nr. 1143/ 2014 sind entsprechende Überwachungssysteme zu beschreiben; der nationale Bericht befindet sich aktuell in Vorbereitung. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/10105 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode b) Welche Managementmaßnahmen und Bekämpfungsstrategien hinsichtlich invasiver, gebietsfremder Tierarten erachtet die Bundesregierung als sinnvoll? Das Management und die Bekämpfung invasiver Tierarten sind nach § 48a BNatSchG ganz überwiegend Aufgabe der Länder. Für weit verbreitete invasive Arten, die auf der Liste invasiver gebietsfremder Arten von unionsweiter Bedeutung (Unionsliste) aufgeführt sind, werden durch die Länder Managementmaßnahmen nach Artikel 19 Absatz 1 Verordnung (EU) Nr. 1143/2014 festgelegt. 2. Welche volkswirtschaftlichen Schäden werden durch invasive gebietsfremde Tierarten jährlich verursacht? Wie werden die Schäden, die durch invasive, gebietsfremde Tierarten verursacht werden, durch die Bundesregierung erfasst? Die Gefährdung der Biodiversität wird mittels einer sogenannten „Naturschutzfachlichen Invasivitätsbewertung“ für gebietsfremde Arten erfasst (vgl. https:// neobiota.bfn.de/invasivitaetsbewertung.html). Zur Höhe der jährlich verursachten volkswirtschaftlichen Schäden liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. Eine systematische Erfassung erfolgt nicht. 3. Welche Managementmaßnahmen hat die Bundesregierung gemäß Artikel 19 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 1143/2014 bisher definiert, nachdem die Nilgans im August 2017 in die Liste der invasiven gebietsfremden Tierarten von unionsweiter Bedeutung aufgenommen wurde? Auf die Antwort zu Frage 1b wird verwiesen. a) Welche Auswirkung hat die Anwesenheit der Nilgans auf heimische Tierarten und Ökosysteme? Nilgänse können aggressives und dominantes Verhalten gegenüber anderen Vogelarten zeigen und können mit heimischen Vogelarten um Brutplätze und Territorien konkurrieren. b) Wie schätzt die Bundesregierung die Gefahr der Vermehrung von Salmonellen ein, die durch den Kot der Nilgans in Freibäder übertragen werden, und wie schätzt sie die Gefährdung für den Menschen ein? Nach den vorliegenden wissenschaftlichen Erkenntnissen ist die Bedeutung von wildlebenden Wasservögeln als Überträger von Salmonellen über den Kot als gering einzuschätzen (vgl. Elmberg, J. et al. (2017) Potential disease transmission from wild geese and swans to livestock, poultry and humans: a review of the scientific literature from a One Health perspective, Infection Ecology & Epidemiology , 7:1). Zu der Gefährdung des Menschen durch die Übertragung von Salmonellen über den Kot von Nilgänsen liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/10105 4. Hält die Bundesregierung Maßnahmen zur konsequenten Bejagung der Rostgans für notwendig? Ist ein gemeinsames Vorgehen gegen die Rostgans mit anderen Europäischen Ländern wie beispielsweise der Schweiz geplant? Die Rostgans wird als lediglich potentiell invasiv eingeschätzt (vgl. Nehring, S., Rabitsch, W., Kowarik, I. & Essl, F. (Hrsg.; 2015), Naturschutzfachliche Invasivitätsbewertung für in Deutschland wild lebende gebietsfremde Wirbeltiere, BfN- Skripten 409). Die negativen Auswirkungen sind aufgrund eines ungenügenden Wissensstandes nicht endgültig zu beurteilen. Eine mögliche Festlegung lokaler Managementmaßnahmen ist Sache der Länder. 5. Welche heimischen Arten sind durch die Anwesenheit des Waschbären in Deutschland bereits bedroht? Waschbären stellen durch Prädation eine erhebliche Gefährdung für die in Deutschland vom Aussterben bedrohte Europäische Sumpfschildkröte und lokal auch für stark gefährdete Amphibienarten, wie z. B. die Gelbbauchunke, dar. Neben anderen Prädatoren kann der Waschbär Gelegeverluste bei gefährdeten bodenbrütenden Vogelarten verursachen und ist weiterhin in der Lage, Verluste bei Fledermäusen und höhlen- sowie baumbrütenden Vögeln herbeizuführen. Ob und in welchem Umfang diese Verluste in bestimmten Gebieten eine lokale Bestandsgefährdung heimischer Arten verursachen, ist in jedem Einzelfall zu betrachten . a) Welche Dichte an Waschbären herrscht im Bundesgebiet, und welche Kosten für Regulierung und Schadenbeseitigung entstehen jährlich durch den Waschbären? Daten zu Vorkommen von invasiven Arten sind Teil des nationalen Berichts gemäß Artikel 24 Verordnung (EU) Nr. 1143/2014, der sich aktuell in Vorbereitung befindet. Das Management des Waschbären ist Aufgabe der Länder. Es liegen daher keine bundesweiten Daten zum Umfang der Kosten für Regulierung und Schadenbeseitigung vor. b) Wie schätzt die Bundesregierung die Gefährdung des Menschen durch den Spulwurm ein, der durch den Waschbären auf den Menschen übertragen werden kann? Der Waschbär ist als Träger des Spulwurms beschrieben. Aufgrund internationaler Studien ist derzeit von einer sehr geringen Gefährdung der Bevölkerung durch die mit dem Waschbärspulwurm durchseuchte Waschbärpopulation auszugehen. c) Wie schätzt die Bundesregierung die Schäden durch den Waschbären ein, der sich vorwiegend tierisch ernährt und Millionen Wirbeltiere in den naturschutzfachlich sensiblen Zeiten von Fortpflanzung und Aufzucht tötet? Auf die Antwort zu Frage 5a wird verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/10105 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode d) Ausgehend von Frage 6, welche Widersprüchlichkeit sieht die Bundesregierung in der Erreichung naturschutzfachlicher Ziele bei gleichzeitiger Ausbreitung wildlebender invasiver Arten wie beispielsweise dem Waschbären, der ein erhebliches Gefährdungspotenzial für die biologische Vielfalt Europas darstellt? Die Verringerung der negativen Auswirkungen invasiver Arten auf die Biodiversität steht im Einklang mit den Zielen des Naturschutzes u. a. aufgrund des Übereinkommens über die biologische Vielfalt sowie der Verordnung (EU) Nr. 1143/2014. 6. Wie hoch ist der jährlich verursachte Schaden durch den Bisam im Bundesgebiet ? Der Bisam kann wirtschaftliche Schäden in der Landwirtschaft, Fischzucht und der Wasserwirtschaft verursachen. Der Bundesregierung liegen keine Erkenntnisse zum Umfang von Schäden vor. Wie schätzt die Bundesregierung die Gefährdung des Menschen durch den Bisam ein, der Träger des Fuchsbandwurmes ist? Der Bisam ist als Träger des Fuchsbandwurms beschrieben. Zu einer Gefährdung des Menschen durch über den Bisam übertragene Fuchsbandwürmer liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. 7. Wie viele Goldschakale wurden bis jetzt in Deutschland gesichtet? Daten zum Goldschakal werden nicht bundesweit und nicht systematisch erfasst. Bislang sind nur vereinzelte Nachweise bekannt. Inwieweit hält die Bundesregierung die Aufnahme des Goldschakals in die unionsweite Liste der invasiven gebietsfremden Arten für sinnvoll, da der Goldschakal bereits in Italien und Österreich etabliert ist und in Deutschland und anderen EU-Staaten gesichtet wurde? Der Goldschakal gilt nicht als gebietsfremd, da die bisher nachgewiesenen Individuen ohne Hilfe des Menschen zugewandert sind. Er erfüllt somit nicht die Kriterien für eine Listung als invasive Art gemäß Artikel 4 der Verordnung (EU) Nr. 1143/2014. 8. Welchen Beitrag leistet der Nandu aus Sicht der Bundesregierung zur heimischen Artenvielfalt, obwohl dieser in den Savannen- und Graslandgebieten Südamerikas heimisch ist? Wie hoch ist der Schaden, der durch den Nandu bundesweit angerichtet wird? Der Nandu wird als potentiell invasiv eingeschätzt (vgl. Nehring, S., Rabitsch, W., Kowarik, I. & Essl, F. (Hrsg.; 2015), Naturschutzfachliche Invasivitätsbewertung für in Deutschland wild lebende gebietsfremde Wirbeltiere, BfN-Skripten 409). Eine Gefährdung heimischer Arten durch den Nandu durch Konkurrenz, Prädation, Herbivorie oder Krankheitsübertragung ist derzeit wissenschaftlich nicht eindeutig belegt. Der Nandu kann wirtschaftliche Schäden in der Landwirtschaft verursachen. Die Bundesregierung hat keine Erkenntnis zum bundesweiten Umfang von Schäden. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/10105 9. Befürwortet die Bundesregierung die Aufnahme der invasiven Arten Nutria, Waschbär, Nilgans und Marderhund als jagdbare Tierarten in allen Bundesländern ? Sieht die Bundesregierung die Aufnahme der vorgenannten Tierarten in das Bundesjagdgesetz als effektives und kostengünstiges Mittel an, um die Bestände somit nachhaltig zu reduzieren? 10. Wie beurteilt die Bundesregierung die effektive Methode der Fangjagd nach dämmerungs- und nachtaktiven invasiven Tierarten, wie dem Waschbär , dem Mink und dem Marderhund? Die Fragen 9 und 10 werden aufgrund ihres Zusammenhangs gemeinsam beantwortet . Die Festlegung von Managementmaßnahmen ist Aufgabe der zuständigen Landesbehörden . Gemäß Artikel 19 Absatz 1 Verordnung (EU) Nr. 1143/2014 umfasst das Management weit verbreiteter invasiven Arten der Unionsliste wie u. a. Nutria und Waschbär sowohl tödliche als auch nicht tödliche Maßnahmen. Die von den Arten ausgehenden Risiken, die Auswirkungen der Maßnahmen auf die Umwelt sowie die Kostenwirksamkeit der Maßnahmen sind in jedem Einzelfall zu beachten. 11. Welche Mittel und Maßnahmen hat die Bundesregierung eingeplant, um Ökosysteme wiederherzustellen, die durch invasive gebietsfremde Tierarten geschädigt wurden? Auf die Antwort zu Frage 1b wird verwiesen. 12. Welche konkreten finanziellen Mittel plant die Bundesregierung für die Kontrolle und zur Bekämpfung invasiver gebietsfremder Tierarten ein? Auf die Antwort zu Frage 1 b wird verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333