Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 10. Mai 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/10144 19. Wahlperiode 13.05.2019 Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage der Abgeordneten Stefan Keuter, Kay Gottschalk, Dr. Bruno Hollnagel, Franziska Gminder und der Fraktion der AfD – Drucksache 19/8124 – De-facto-Besteuerung und -Entwertung von Bargeld V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Der Internationale Währungsfonds (IWF) hat am 5. Februar 2019 ein Arbeitspapier veröffentlicht mit dem Titel „Cashing In: How to Make Negative Intererst Rates Work“ [1], zu Deutsch: „Profitieren: Wie negative Zinssätze funktionieren können“. Autoren sind der Volkswirt Ruchir Agarwal und Signe Krogstrub, Beraterin beim IWF (https://blogs.imf.org/2019/02/05/cashing-inhow -to-make-negative-interest-rates-work/). In den Jahren der Finanzkrise haben zahlreiche Notenbanken, so auch die Europäische Zentralbank (EZB), die Zinssätze drastisch gesenkt. Zehn Jahre später sind die Zinssätze in den meisten Ländern immer noch sehr niedrig. Auch wenn sich die Weltkonjunktur in den letzten Jahren wieder positiv zeigte, sind Abschwünge in der Zukunft nicht zu vermeiden. Nur wenige Notenbanken haben noch den Spielraum für weitere – in einem Abschwungszenario erforderliche – Zinssenkungen, ohne in den negativen Bereich zu geraten (https://blogs.imf. org/2019/02/05/cashing-in-how-to-make-negative-interest-rates-work/). Zunächst stellt die Studie fest, dass es in einer bargeldlosen Welt keine Untergrenze für negative Zinsen gibt. Bankkunden würden die negativen Zinsen von ihren Ersparnissen abgezogen bekommen und hätten so einen Anreiz zum Konsum und zu Investments. Auch Kredite sollten in einem solchen Szenario günstiger werden und so insgesamt die Konjunktur gestützt werden. Da man Bargeldbestände nicht mit negativen Zinsen belegen kann, legt der IWF die genannte Studie vor, die Zentralbanken zeigt, wie stark negative Zinsen möglich gemacht werden können. Nach Ansicht des IWF gibt es für Bargeld eine Zinsuntergrenze („Floor“) von 0 Prozent, was einer „free Option“ auf eine Zinsuntergrenze entspricht. Dass es auf Bargeld auch keine Zinsobergrenze geben kann und der Zinssatz auf Bargeld natürlicherweise 0 Prozent beträgt, wird unerwähnt gelassen. Als eine Möglichkeit, negative Zinsen einzuführen, wird die Abschaffung des Bargelds genannt, aber als nicht einfach klassifiziert, da Bargeld in vielen Ländern eine signifikante Rolle spielt. Drucksache 19/10144 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Der IWF schlägt vor, die lokale Währung in zwei Währungen aufzuspalten. In Bargeld („Cash“) und elektronisches Geld („e-Money“). Beim Geldabheben würde das elektronische Geld mit einem Umrechnungskurs in Bargeld transferiert . Dieser Umrechnungskurs soll den negativen Zinssatz reflektieren. Bei einem negativen Zinssatz von 3 Prozent pro Jahr würde der Umrechnungskurs 0,97 Prozent betragen. Für 100 Euro Bankguthaben erhielte der Kunde nur 97 Euro Bargeld. Das Bankguthaben würde durch den negativen Zins im Zeitraum von einem Jahr auf den gleichen Betrag abschmelzen. Gleichzeitig sollen Geschäfte die Preisauszeichnung für E-Geld und Bargeld differenziert durchführen. Dadurch würde Bargeld an Wert verlieren, sowohl gegenüber dem E-Geld als auch gegenüber Konsumgütern. Mit diesem System wäre es Zentralbanken möglich, sehr niedrige negative Zinsen zu implementieren , ohne dass es zu Bargeldabhebungen in größerem Umfang käme. Zum Schluss wird noch auf die Herausforderungen bei der Einführung eines solchen Systems hingewiesen. Es erfordert bedeutende Modifikationen im Finanz - und Rechtssystem und einen sehr hohen Kommunikationsaufwand, um den Bürgern dieses neue System schmackhaft zu machen (https://blogs.imf.org/ 2019/02/05/cashing-in-how-to-make-negative-interest-rates-work/). 1. Sind der Bundesregierung die Bestrebungen des IWF bekannt? Falls nein, warum nicht? Bei dem Meinungsartikel von Ruchir Agarwal und Signe Krogstrup „Cashing In: How to Make Negative Interest Rates Work“ vom 5. Februar 2019 handelt es sich um einen Interneteintrag im „IMFBlog“, der öffentlich zugänglich ist. Wie man der entsprechenden Seite des Blogs entnehmen kann (https://blogs.imf.org/ about), spiegeln die vertretenen Ansichten nicht notwendigerweise die des IWF wider; es sind persönliche Äußerungen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des IWF. 2. Welche Schnittstellen und institutionellen Kommunikationswege gibt es zwischen dem IWF und der Bundesregierung? Als viertgrößter Anteilseigner des IWF verfügt die Bundesregierung über einen eigenen Vertreter im Exekutivdirektorium des IWF. Dieser wird durch einen Stellvertreter und eine Reihe von wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie Sekretariatspersonal unterstützt. 3. Wie schätzt die Bundesregierung den Vorschlag des IWF ein? Es handelt sich nicht um einen Vorschlag des IWF. 4. Wie steht die Bundesregierung zum Bargeld als gesetzliches Zahlungsmittel ? Wird sich die Bundesregierung auch weiterhin für den Erhalt des Bargelds als gesetzliches Zahlungsmittel einsetzen? In Deutschland und in allen anderen Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets sind die von der EZB und den nationalen Zentralbanken ausgegebenen und auf Euro lautenden Banknoten die einzigen Banknoten, die gesetzliches Zahlungsmittel sind (vgl. Artikel 128 AEUV, Artikel 10 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 974/98 über die Einführung des Euro, § 14 Absatz 1 Satz 2 BBankG). In beschränktem Umfang sind daneben Euro-Münzen gesetzliches Zahlungsmittel (Artikel 11 Satz 2 und 3 der Verordnung (EG) Nr. 974/98 über die Einführung Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/10144 des Euro). Die Bundesregierung strebt nicht an, hieran etwas zu ändern und bekennt sich zum Fortbestand des Bargeldes. Auch im Eurosystem gibt es keine derartigen Bestrebungen. 5. Wird die Bundesregierung internationale Initiativen zur Bargeldabschaffung unterstützen? Nein. 6. Kann die Bundesregierung die Abschaffung des Bargelds als gesetzliches Zahlungsmittel in Deutschland ausschließen? Ja. 7. Inwiefern beschäftigt sich die Bundesregierung mit den Themen „negative Zinsen“ und „Zurückdrängung des Bargelds“? Welche Einheiten sind mit diesen Themen befasst? Im Bundesministerium der Finanzen werden die Themen „negative Zinsen“ und „Zurückdrängung des Bargeldes“ aufmerksam beobachtet und bewertet. 8. Teilt die Bundesregierung die Auffassung der Fragesteller, dass mit dem beschriebenen System zur Rettung der Konjunktur die Sparer ausgebeutet werden sollen? Nein. 9. Ist die Bundesregierung der Auffassung, dass Deutschland im gegenwärtigen Konjunkturzyklus mit einer nationalen Währung ein höheres Zinsniveau haben müsste als dies derzeit von der EZB vorgegebene? Eine Vergleichbarkeit mit einer fiktiven Situation eines Mitgliedstaats der Eurozone mit nationaler Währung ist nach 20 Jahren mit einer gemeinsamen Währung nicht mehr gegeben. 10. Hielte die Bundesregierung im Falle der Einführung eines wie vom IWF beschriebenen Systems auf Euro-Ebene zum Schutze der Vermögen der Bürger den Austritt Deutschlands aus der Eurozone für geboten? Es handelt sich nicht um einen Vorschlag des IWF (siehe Antwort zu Frage 1). Mit hypothetischen Fragestellungen beschäftigt sich die Bundesregierung nicht. 11. Welche Maßnahmen zum Schutz der Einlagen und Altersvorsorgeprodukte vor negativen Auswirkungen internationaler Finanz- oder Wirtschaftskrisen sieht die Bundesregierung vor? Banken, Versicherungsunternehmen und Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung müssen spezielle gesetzliche Anforderungen zur Kapitalausstattung und zum Risikomanagement erfüllen, um ihre Verpflichtungen auch bei ungünstiger Entwicklung erfüllen zu können. Außerdem bestehen verschiedene Schutzsysteme für Einlagen und Altersvorsorgeprodukte für den Fall, dass ein Anbieter insolvent wird; hierzu wird auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 7 auf Bundestagsdrucksache 18/7221 verwiesen. Drucksache 19/10144 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 12. Hält die Bundesregierung die Interessen der eigenen Bürger für bedeutender als die Interessen der internationalen Finanzmarktakteure? Das Eintreten für die Interessen der eigenen Bürger steht nicht im Widerspruch zur Befassung mit Interessen der internationalen Finanzmarktakteure. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333