Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 16. Mai 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/10321 19. Wahlperiode 17.05.2019 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Frank Schäffler, Christian Dürr, Dr. Florian Toncar, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/9530 – Empfehlungen der ESMA zu Initial Coin Offerings und Kryptoassets V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (Abkürzung ESMA von European Securities and Markets Authority) hat im Januar 2019 eine Studie zu Initial Coin Offerings und Kryptoassets veröffentlicht, in der sie auf politischen Handlungsbedarf in dem Bereich hinweist und Lösungsansätze für einen europaweiten Umgang mit Kryptogeschäften vorschlägt (www.esma.europa.eu/ sites/default/files/library/esma50-157-1391_crypto_advice.pdf.). In der Studie fordert die ESMA unter anderem eine klare Definition von Kryptoassets , um den Markt effektiv und einheitlich regulieren zu können. Nur so könne der Verbraucher zuverlässig vor Betrug geschützt sowie Geldwäsche und Marktmanipulationen effektiv entgegengewirkt werden. Unsicherheit herrscht nach Ansicht der Fragesteller in Deutschland unter anderem , weil das Kammergericht Berlin geurteilt hatte, dass es sich bei Bitcoin weder um eine Rechnungseinheit noch um ein Finanzinstrument nach dem Kreditwesengesetz handelt, während die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) diese als solche klassifiziert. Dies würde auch die Erlaubnispflichten in dem Bereich grundsätzlich in Frage stellen. In der Antwort auf die Kleine Anfrage der FDP-Fraktion aus November 2018 gab die Bundesregierung dazu an, dass sie derzeit prüft, „ob die Fortführung der Verwaltungspraxis der BaFin zur Erlaubnispflicht von Geschäften mit Kryptowährungen und Token durch gesetzgeberische Maßnahmen flankiert werden sollte“ (Bundestagsdrucksache 19/6034). 1. Nutzt die Bundesregierung die gleiche Definition für „Kryptoassets“ wie die ESMA in ihrem Report (17)? Wenn nein, wie definiert die Bundesregierung derzeit Kryptoassets? Eine Legaldefinition des Begriffes „Kryptoassets“ existiert weder auf europäischer noch auf nationaler Ebene. Die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) verwendet diesen Begriff in ihrer Empfehlung zu Initial Coin Offerings and Crypto-Assets vom 9. Januar 2019 in Anlehnung an eine Definition des Financial Stability Boards (FSB). Danach sind „Kryptoassets“ private Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/10321 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Vermögenswerte, die in erster Linie von der Kryptographie und der Distributed- Ledger-Technologie als Teil ihres wahrgenommenen oder inhärenten Wertes abhängen . ESMA nutzt diesen Begriff, um sowohl auf sogenannte virtuelle Währungen /Kryptowährungen als auch auf digitale Token, die über Initial Coin Offerings (ICOs) ausgegeben werden, sowie auf Vermögenswerte, die weder von einer Zentralbank ausgegeben noch garantiert werden, zu verweisen. Der Begriff dient damit als Oberbegriff für mit unterschiedlichen Funktionen und Rechten ausgestatteten Token. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) hat bisher für diesen Zweck die Oberbegriffe „Kryptotoken“ und „Token“ verwendet (vgl. Hinweisschreiben zur aufsichtsrechtliche Einordnung von sog. Initial Coin Offerings (ICOs) zugrunde liegenden Token bzw. Kryptowährungen als Finanzinstrumente im Bereich der Wertpapieraufsicht, www.bafin.de/SharedDocs/Downloads/DE/ Merkblatt/WA/dl_hinweisschreiben_einordnung_ICOs.html) und den Artikel „Kryptotoken bleiben Risiko für Verbraucher“ in BaFinJournal, Februar 2019, www.bafin.de/SharedDocs/Veroeffentlichungen/DE/Fachartikel/2019/fa_bj_ 1902_kryptowaehrung.html). 2. Hat die Bundesregierung Kenntnisse darüber, dass es im Bereich von Kryptoassets bereits zu Cyberattacken, Betrug, Geldwäsche oder Marktmanipulationen gekommen ist? Wenn ja, wie hoch ist der bisher entstandene Schaden in den jeweiligen Feldern in Deutschland bzw. der Europäischen Union? Der BaFin liegen keine Informationen vor, dass es zu Cybervorfällen auf Handelsplattformen für Kryptoassets in Deutschland gekommen ist. Dies gilt auch für Marktmanipulationen. Betrugsfälle im Bereich von Kryptoassets werden in der Polizeilichen Kriminalstatistik nicht gesondert ausgewiesen. Der Bundesregierung liegen, über öffentlich bekannte Vorfälle hinaus, keine Informationen zu Betrugsfällen im Bereich von Kryptowährungen und ICOs in Deutschland bzw. der Europäischen Union vor. Die Aufklärung und Verfolgung solcher Straftaten obliegt in Deutschland den zuständigen Strafverfolgungsbehörden der Länder und den unabhängigen Gerichten. Geschäfte mit illegalen Gütern auf sogenannten Darknet-Märkten im Internet werden grundsätzlich über Bitcoin und ähnliche Kryptowährungen abgewickelt. Es besteht hier die Gefahr, dass die illegalen – in Kryptowährungen anfallenden – Einnahmen der Verkäufer gewaschen werden, um im realen Wirtschaftsleben in traditionellen Währungen eingesetzt werden zu können. Darüber hinaus besteht das Risiko, dass illegale Einnahmen, beispielsweise aus Betrugs- oder Rauschgiftdelikten , durch den Umtausch in Kryptowährungen gewaschen werden könnten . Dem Bundeskriminalamt sind Ermittlungsverfahren und Verurteilungen wegen Geldwäsche bekannt, in denen illegale Bitcoin-Einnahmen aus Rauschgiftgeschäften im Darknet über Bankkonten gewaschen wurden, beziehungsweise in denen im Darknet Geldwäscheservices für illegale Einnahmen aus Rauschgiftgeschäften mit einer Auszahlung in Bitcoin angeboten wurden. Bei der seit dem 26. Juni 2017 in der Generalzolldirektion neu eingerichteten Financial Intelligence Unit (FIU) gehen regelmäßig Verdachtsmeldungen mit möglichen Bezügen zu Kryptowährungen ein. Im Rahmen der Nationalen Risikoanalyse befasst sich die Bundesregierung aktuell mit den Risiken, die Deutschland im Bereich Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung betreffen. Der Abschluss ist im Jahr 2019 geplant. Im Rahmen dieser Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/10321 Analyse befasst sich die Bundesregierung auch mit dem Themenkomplex Kryptoassets und dem einhergehenden Risiko in Bezug auf Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung . Eventuell bestehender Handlungsbedarf soll hierbei identifiziert und adressiert werden. 3. Teilt die Bundesregierung die Einschätzung der ESMA, dass es derzeit regulatorische Grauzonen bei Kryptoassets gibt, selbst wenn diese als Finanzmarktinstrumente nach MiFID II (Markets in Financial Instruments Directive ) klassifiziert sind? Teilt die Bundesregierung die Forderungen der ESMA (171-177), die regulatorischen Grauzonen zu schließen? ESMA sieht in ihrer Empfehlung zu Initial Coin Offerings and Crypto-Assets vom 9. Januar 2019 keine „Grauzonen“ bei Kryptoassets, die Finanzinstrumente nach der Richtlinie 2014/65/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 über Märkte für Finanzinstrumente sowie zur Änderung der Richtlinien 2002/92/EG und 2011/61/EU (MiFID II) sind. Vielmehr sieht ESMA in bestimmten Bereich Herausforderungen bei der Anwendung des bestehenden europäischen Regulierungsrahmen auf Kryptoassets, die Finanzinstrumente sind, da der Regulierungsrahmen nicht auf Spezifika von Kryptoassets und Dienstleistungen rund um Kryptoassets zugeschnitten ist. Die Bundesregierung teilt diese grundsätzliche Einschätzung von ESMA, insbesondere auch die Empfehlung, die bestehenden Herausforderungen durch europäische Regulierungsmaßnahmen zu adressieren. 4. Teilt die Bundesregierung die Einschätzung der ESMA, dass es derzeit Kryptoassets gibt, welche derzeit nicht unter den gesetzlichen Rahmen von Finanzmarktinstrumenten fallen? a) Hat die Bundesregierung Kenntnisse über den Marktumfang solcher derzeit nicht als Finanzmarktinstrumente regulierten Kryptoassets? b) Teilt die Bundesregierung die Forderungen der ESMA (178-181), die regulatorischen Grauzonen zu schließen? Welche der zwei Optionen (182-189) würde die Bundesregierung bevorzugen ? Die Bundesregierung teilt die Einschätzung der ESMA, dass es derzeit Kryptoassets gibt, die keine Finanzinstrumente im Sinne der MiFID II sind. Auf Grund der Einordnung von Kryptowährungen als Finanzinstrumente in Form von Rechnungseinheiten im Sinne des § 1 Absatz 11 Satz 1 Nummer 7 Alternative 2 KWG unterfallen Finanzdienstleistungen mit Kryptowährungen in Deutschland jedoch bereits jetzt der Erlaubnispflicht nach § 32 Absatz 1 Satz 1 KWG. Einer genauen Bestimmung des Marktumfangs von Kryptoassets, die keine Finanzinstrumente im Sinne der MiFID II sind, steht entgegen, dass Kryptoassets nicht standardisiert sind. Um den Marktumfang zu ermitteln, müßten daher mehrere tausend Kryptoassets auf die mit ihnen verbundenen Rechte und Funktionalitäten untersucht werden. Soweit Kryptoassets nicht als Wertpapiere oder Vermögensanlagen qualifiziert werden können, besteht derzeit in der Regel keine gesetzliche Verpflichtung zur Veröffentlichung eines Prospektes oder Informationsblattes vor dem öffentlichen Angebot dieser Kryptoassets. Die gleichwohl regelmäßig veröffentlichen soge- Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/10321 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode nannten „Whitepaper“ stellen kein vergleichbares Informations- und Haftungsdokument dar. Sie enthalten regelmäßig nur unzureichende Angaben u. a. zum Projekt, zu den Risiken, zu den mit den Kryptoassets verbunden Rechten und zu potentiellen Interessenkonflikten. Die Bundesregierung teilt daher die Auffassung der ESMA, dass auf europäischer Ebene angemessene Risikoaufklärungspflichten auch für Kryptoassets geschaffen werden sollten, die keine Finanzinstrumente sind. 5. Sind Bitcoin nach Ansicht der Bundesregierung Rechnungseinheiten? Auf die Antwort der Bundesregierung zur Frage 1 der Kleinen Anfrage der Fraktion der FDP – Die Rolle der Bundesanstalt für Finanzdienstleitungsaufsicht bei Kryptowährungen und Token – auf Bundestagdrucksache 19/6034 wird verwiesen . 6. Plant die Bundesregierung eine Präzisierung bzw. eine Änderung der Definition von Rechnungseinheiten? Wenn ja, welche Änderungen plant die Bundesregierung, und wann plant die Bundesregierung diese zu verabschieden? 7. Was hat die Prüfung der Bundesregierung hinsichtlich der Erlaubnispflichten von Geschäften mit Kryptowährungen und Token ergeben? a) Sieht die Bundesregierung Handlungsbedarf bezüglich der Klärung von grundsätzlichen Fragen bei der Erlaubnispflicht von Geschäften mit Kryptowährungen und Token? b) Wann plant die Bundesregierung die entsprechenden gesetzgeberischen Maßnahmen zu verabschieden? Die Fragen 6 und 7 werden zusammen beantwortet. Im Rahmen der Umsetzung der Änderungsrichtlinie (EU) 2018/843 zur Vierten EU-Geldwäscherichtlinie wird die Bundesregierung zeitnah etwaigen Anpassungsbedarf im Zusammenhang mit der aufsichtsrechtlichen Einordnung von Kryptowährungen und Kryptoassets im Kreditwesengesetz adressieren. Die o. g. Änderungsrichtlinie ist bis zum 10. Januar 2020 in nationales Recht umzusetzen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333