Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat vom 15. Mai 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/10327 19. Wahlperiode 17.05.2019 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Hagen Reinhold, Frank Sitta, Grigorios Aggelidis, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/9743 – Laufende und abgeschlossene Bauvorhaben des Bundes V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Die Bilanz des Bundes bei Planung und Bau seiner Liegenschaften ist nach Ansicht der Fragesteller besorgniserregend und wirft Fragen nach mangelnder Kompetenz und Verantwortungsübernahme bei den zuständigen Behörden auf. Es steht nach Ansicht der Fragesteller die Möglichkeit im Raum, dass die Bundesregierung als Bauherrin, vertreten durch das Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR), ihren Verpflichtungen gegenüber dem Bürger nicht nachkommt . Die Kosten- und Zeitpläne von Bauvorhaben des Bundes werden systematisch überschritten (www.tagesspiegel.de/politik/bauten-des-bundes-fastalle -projekte-laufen-aus-dem-ruder/22986458.html) und es besteht der Verdacht , dass die Bundesregierung keine Konsequenzen zieht. Auch scheinen innerhalb des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat (BMI) die für den Bau der Liegenschaften zuständigen Referate mit verschiedenen Zahlen zu arbeiten. Auf eine Schriftliche Frage und auf eine Nachfrage im Ausschuss für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Kommunen des Abgeordneten Hagen Reinhold hat das BMI dem Deutschen Bundestag durch den Parlamentarischen Staatssekretär Marco Wanderwitz und den Staatssekretär Gunther Adler widersprüchliche Informationen zu den Bundesliegenschaften Wilhelmstraße 64 und 65 zukommen lassen. Außerdem sprechen beide Antworten von Kostensteigerungen , Zeitverzögerungen, sowie Fehlern bei der Planung und beim Bau (Bundestagsdrucksache 19/7585 sowie die Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Marco Wanderwitz auf die Nachfrage, Protokoll Nummer 19/5 – Ausschuss für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Kommunen). Ebenfalls hat der Bundesrechnungshof in seiner Unterrichtung 2017 Versäumnisse und Intransparenz seitens des BBR und der damals zuständigen Bundesministerien für Umwelt, Natur-schutz und nukleare Sicherheit (BMU) und für Wirtschaft und Energie (BMWi) bei der Sanierung der Berliner Liegenschaft des BMWi festgestellt (Bundestagsdrucksache 19/170). Drucksache 19/10327 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode V o r b e me r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Die Bundesregierung weist die in den Vorbemerkungen der Fragesteller erhobene pauschale Kritik an der Termin- und Kostensicherheit von größeren Bundesbauvorhaben und den Vorwurf, sie ziehe keine Konsequenzen aus bestehenden Termin - und Kostendefiziten, entschieden zurück. Die Probleme bei größeren Bauprojekten sind nicht nur in Deutschland vorhanden, vielschichtiger Natur und betreffen sowohl den öffentlichen als auch den nicht-öffentlichen Sektor. Um diesen zu begegnen hat die Bundesregierung bereits im Jahre 2013 die Reformkommission Bau von Großprojekten eingerichtet, die umfangreiche Vorschläge zur Verbesserung der Situation aufgezeigt hat. Soweit diese Vorschläge auf die Baumaßnahmen des Bundes (verkehrliche Infrastruktur und Bundesbau) übertragbar waren , wurden sie als Handlungsempfehlungen im „Aktionsplan Großprojekte“ von der Bundesregierung beschlossen. Zeitlich versetzt dazu hat das Bundesbauministerium beginnend in 2016 speziell die Kosten- und Terminsicherheit größerer Hochbauvorhaben des Bundes umfassend analysiert. Dabei hat sich gezeigt, dass die Probleme und Defizite multifaktoriell sind und alle Baubeteiligten betreffen. Mit dem „Reformkonzept Bundesbau“ (www.bundesregierung.de/breg-de/service/ publikationen/reform-bundesbau-1145384) hat das Bundesbauministerium den Handlungsbedarf definiert und eine Vielzahl von Maßnahmen zur Verbesserung der Situation aufgezeigt. Diese werden nun sukzessive konkretisiert, im erforderlichen Umfang mit den betroffenen Ressorts abgestimmt und umgesetzt. I. Zur Bundestagsliegenschaft Wilhelmstraße 65: 1. Warum erwies sich die Planungsgrundlage und die darauf aufbauende Kostenermittlung der Entscheidungsunterlage – Bau im weiteren Prozess als nicht belastbar? Die Entscheidungsunterlage-Bau (ES-Bau) wurde in 2004 unter der Maßgabe einer weitgehend flexiblen Nutzung der Liegenschaft für die Bundestagsverwaltung mit der Option einer alternativen Abgeordnetennutzung aufgestellt. Die ES-Bau beruhte regelkonform auf einer begrenzten Planungstiefe und einer Kostenschätzung über Kennwerte aus Vergleichsobjekten. Als Kostenvergleich wurden die Liegenschaften „Wilhelmstraße 60“ und „Unter den Linden 50 und 71“ auf Basis von Bauelementen mit den dort realisierten Standards einbezogen. Nach Realisierungswettbewerb und VOF-Verfahren wurde in 2007 die Entwurfsunterlage -Bau (EW-Bau) auf der Grundlage einer vertieften Planung (Entwurfsplanung , Leistungsphase 3 HOAI) mit detaillierter objektspezifischer Kostenberechnung auf Basis eines stark veränderten architektonischen Konzeptes aufgestellt . Gemäß Abschnitt E Nummer 3.3 der Richtlinien für die Durchführung von Bauaufgaben des Bundes (RBBau) ist für die EW-Bau die Kostenermittlung zum Zeitpunkt der Aufstellung maßgebend. Preisentwicklungen und Risikovorsorgekosten werden in den Haushaltsunterlagen nach den geltenden haushaltsrechtlichen Anforderungen nicht veranschlagt. Die zwischen ES-Bau-Anerkennung und EW-Bau-Genehmigung eingetretenen Baupreissteigerungen sowie die Erhöhung der Umsatzsteuer von 16 auf 19 Prozent führten zu Kostensteigerungen gegenüber der ES-Bau. Dementsprechend wurden die EW-Bau mit 33,99 Mio. Euro genehmigt und haushaltsmäßig anerkannt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/10327 Eine gravierende Veränderung der Bedarfsgrundlage erfolgte bei fortgeschrittener Planung im Jahr 2008 durch den Beschluss des Deutschen Bundestages, die Liegenschaft im Zuge der Herrichtung unterirdisch an das Jakob-Kaiser-Haus (JKH) anzubinden. Diese Projektänderung wurde in einem 1. Nachtrag zur Haushaltsunterlage mit 7,49 Millionen Euro bewertet und haushaltsmäßig anerkannt. 2. In welchen Kostengruppen (Kostengruppe 300 bitte aufschlüsseln) finden sich die im Jahr 2007 genehmigten Mehrkosten zwischen Entscheidungsund Entwurfsunterlage in Höhe von 6,858 Mio. Euro wieder? Die geltenden Regelungen des Bundes (RBBau) sehen bei Großen Neu-, Um- und Erweiterungsbauten für die Aufstellung von Haushaltsunterlagen ein 2-stufiges Verfahren vor. Die ES-Bau soll in der Regel als erste Stufe auf der Grundlage einer begrenzten Planungstiefe mit einer Kostenschätzung nach DIN 276-1 anhand von Kostenkennwerten erstellt werden. Erst mit Vorliegen der Planung in Entwurfsplanungstiefe (EW-Bau) auf der Grundlage einer abgeschlossen Entwurfsplanung (Leistungsphase 3 HOAI) ist in der zweiten Stufe eine objektspezifische , detaillierte Kostenberechnung möglich. a) Woraus ergaben sich im Detail die Mehrkosten? Kostengruppe (KGr) ES-Bau-Kosten Kostenber. EW-Bau 16% MWSt. nach Prüfung FfE vom 25.10.2007 (19%MWSt.) Mehr- und Minderkosten KGr 200 - Herrichten und Erschließen 118.000 € 178.367 € 60.367 € KGr 300 - Baukonstruktionen 13.225.000 € 17.562.359 € 4.337.359 € Abbrucharbeiten Gebäudeecke 600.000 € Rohbaukonstruktion Gebäudeecke und Decke über 5. OG 1.065.000 € zusätzliche Brandschutzertüchtigung 150.000 € Erhöhung Ausbaustandard (z. B. Besprechungsräume) 320.000 € Preissteigerung Fassadenkonstruktionen (für Glas- und Metallkonstruktionen im Mittel ca. 18 %) 915.000 € Erkerfassade mit außenliegendem Sonnenschutz 860.000 € Baupreissteigerung von 05/06 bis 01/07 um 4 % 388.000 € Reduzierung Hoffassade, etc. -364.667 € Änderungen aus Nutzeranforderung mit Nutzereinverständniserklärung 62.000 € Mehrwertsteuererhöhung 342.026 € KGr 400 - Technische Anlagen 8.763.500 € 8.828.061 € 64.561 € KGr 500 - Außenanlagen 438.000 € 500.830 € 62.830 € KGr 600 - Ausstattung und Kunstwerke 65.000 € 346.150 € 281.150 € KGr 700 - Baunebenkosten 4.522.000 € 6.570.000 € 2.048.000 € Bruttosumme 27.131.500 € 33.985.767 € 6.854.267 € Aufrundung 500 € 4.233,00 € 3.733 € ES- Bau Summe 27.132.000 € EW-Bau-Summe geprüft: 33.990.000 € Kostenerhöhung 6.858.000 € Drucksache 19/10327 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode b) Wie unterschieden sich die Planungen in der Entscheidungsphase und Entwurfsplanung? In der Aufstellung der ES-Bau wurde noch eine Lochfassade (Ensembleschutz- Systemplattenbau) angesetzt. Zudem erschien ein sehr weitgehender Erhalt der vorhandenen Rohbausubstanz möglich. In Fortschreibung des von der Jury prämierten und von der Bauverwaltung beauftragten Wettbewerbsentwurfes mit der prägenden Glasfassade wurde eine aufwendigere Konstruktion der Straßenfassade mit außenliegendem Sonnenschutz eingeplant. Erst im Zuge der EW-Bau-Erstellung mögliche tiefergehende statische Untersuchungen und Schadstoffentnahmen zeigten die Notwendigkeit zu weitergehenden Ertüchtigungsmaßnahmen der weiterverwendbaren Rohbausubstanz sowie zum Rückbau der Gebäudeecke. Aufgrund des hohen Anteils an Glasfassaden wirkten sich die zwischenzeitlichen massiven Preiserhöhungen für Stahl, Glas und Aluminium zudem sehr deutlich auf die Kostenentwicklung des Vorhabens aus. Auch die Technische Gebäudeausstattung zur Raumklimatisierung wurde aufgrund des erhöhten Glasflächenanteils in den Fassaden deutlich aufwändiger und mängelanfälliger in Planung und Ausführung. 3. In welchen Kostengruppen (Kostengruppe 300 bitte aufschlüsseln) finden sich die im Jahr 2016 genehmigten Mehrkosten in Höhe von weiteren 11,194 Mio. Euro wieder? Woraus ergaben sich im Detail die Mehrkosten? 1. Nachtrag zur EW-Bau in 2008: Im laufenden Planungsprozess beschloss der Deutsche Bundestag die Einbindung des Gebäudes in das unterirdische Erschließungssystem (UES) mit einem Tunnel unter der Wilhelmstraße zum Jakob-Kaiser-Haus (JKH) hin. Die Kostenerhöhung dieser Projektänderung/-ergänzung schlugen sich mit 7,49 Mio. Euro nieder. 2. Nachtrag zur EW-Bau in 2013: Zu erwartende Baupreissteigerungen werden entsprechend den geltenden haushaltsrechtlichen Anforderungen bei der Veranschlagung der EW-Bau nicht berücksichtigt . Eingetretene Preissteigerungen werden stattdessen bei Bedarf in einem vereinfachten Nachtragsverfahren bewilligt. Im Jahr 2013 musste aufgrund der eingetretenen Baupreissteigerungen ein Baupreisindexnachtrag in Höhe von 1,33 Mio. Euro genehmigt werden. 3. Nachtrag zur EW-Bau in 2016: Dieser Nachtrag umfasst 2,37 Mio. Euro und umfasste bis diesem Zeitpunkt erkennbare Schadens- und Gerichtskosten, Kosten zur Herstellung des mangelfreien Sollzustandes in der Technischen Gebäudeausstattung, im Bauprozess entstandene Mehraufwendungen sowie zusätzlich Baunebenkosten. Diese Mehrkosten sollen möglichst weitgehend im Ergebnis unvermeidbarer rechtlicher Auseinandersetzungen mit den Baubeteiligten refinanziert werden. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/10327 Insbesondere bei der Herstellung der unterirdischen Anbindung an das Jakob Kaiser Haus (JKH) gab es Leistungen, die im Vorfeld der Entwurfsplanung nicht erkannt bzw. vollständig erfasst werden konnten und zu Mehrkosten führten. Exemplarisch dafür stehen: Schadensfall Trogbaugrube, verlängerte und erhöhte Grundwasser-Einleitung Sicherungsmaßnahmen der 110 KV-Trasse mit dem vom Energieversorgungsunternehmen geforderten Umfang und der Abhängigkeit vom Leitungsträger Umfang der von den Berliner Wasserbetrieben verlangten Maßnahmen Umfang und Schwierigkeit der Umverlegung von vielen, teils auch sehr alten, Ver- und Entsorgungsleitungen mit vielen erforderlichen örtlich festzulegenden Leitungsprovisorien. 4. Welche Konsequenzen zog die Bundesregierung aus den gestiegenen Kosten , beispielsweise für zukünftige Bauprojekte, um nachträgliche Erhöhung von Haushaltsmitteln zukünftig zu vermeiden? Die Fragen 4, 6c und 8b werden wegen des Sachzusammenhangs zusammen beantwortet . Die Auswertung zu den Gründen für Kosten- und Terminüberschreitungen erfolgte sukzessive. Sie wurden in den einzelnen nachtragsbegründenden Unterlagen umfassend erläutert. Davon ausgenommen ist der in der Antwort zu Frage 8a erläuterte und noch nicht abgeschlossene Einzelsachverhalt. Es handelt sich um folgende wesentliche Gründe und eingetretene Risiken: Störungen und nachträgliche Anforderungserweiterungen aufgrund geänderter Nutzeranforderungen in der laufenden Planungsphase Störungen während der Bauphase aufgrund von im Vorfeld nicht vorhersehbarem Umfang von Schadstofffunden und Bausubstanzmängeln Baupreissteigerungen Unzureichende Bereitstellung von Personalkapazitäten und -qualitäten der beauftragten ausführenden Unternehmen und Planungsbüros, insbesondere im Bereich der Technischen Gebäudeausstattung Mangelhafte Planung und Ausführung beauftragter Unternehmen. Die Ursachen für die eingetretenen Kosten-, Qualitäts- und Termindefizite bei der Baumaßnahme Wilhelmstraße 65 sind überwiegend nicht konkret projektspezifischer Natur. Deshalb hat das Bundesbauministerium beginnend in 2016 die unbefriedigende Kosten-, Termin- und Qualitätssicherheit bei größeren Hochbauvorhaben des Bundes untersucht. Da die Ursachen der Probleme multifaktoriell sind und alle am Bau Beteiligten betreffen, wurde ein umfassendes Reformkonzept für den Bundesbau mit einer Vielzahl von Einzelmaßnahmen zur perspektivischen Verbesserung der Situation entwickelt. Ein Ergebnis des Reformprozesses ist unter anderem die bereits erfolgte Vorgabe, dass in künftigen Haushaltsunterlagen Aussagen zu Risiken und zum projektspezifischen Risikomanagement enthalten sein sollen, und die Einrichtung einer bauverwaltungsübergreifenden Stabsstelle Risikomanagement im Bundesbau. Sie wird auf der Grundlage von Auswertungen größerer Hochbaumaßnahmen des Bundes eine Risikodatenbank bereitstellen, praxistaugliche Instrumente zum Umgang mit Risiken entwickeln, dazu Fortbildungen organisieren Drucksache 19/10327 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode und Vorschläge zur Implementierung eines einheitlichen Risikomanagements in der Bundesbauverwaltung entwickeln, aber auch den für den Bund tätigen Bauverwaltungen Beratungsleistungen in konkreten Einzelprojekten anbieten. 5. Woraus entstanden die erwähnten eingetretenen Risiken, die zu einer weiteren Kostensteigerung im Oktober 2016 führten, genau? Es wird auf die Antwort zu Frage 3a verwiesen. 6. Waren diese Risiken vermeidbar? a) Wenn ja, wurden diese Risiken dennoch in Kauf genommen? Nein. b) Wenn nein, warum waren diese Risiken nach Auffassung der Bundesregierung nicht vermeidbar? Die Bauverwaltung hatte keinen Einfluss auf allgemeine (projektunspezifische) Risiken, wie zum Beispiel Bedarfsänderungen des Deutschen Bundestages, die mit Nachträgen beim Bundesministerium der Finanzen (BMF) angemeldet und anerkannt wurden, oder auch die eingetretenen Baupreissteigerungen (Nachtrag 1 + 2). Eine Veranschlagung von Risiken aufgrund von Ein- und Abschätzungen in den Haushaltsunterlagen ist im Übrigen entsprechend den geltenden haushaltsrechtlichen Anforderungen nicht möglich. Unbeschadet dessen können projektspezifische Risiken identifiziert und deren Eintrittswahrscheinlichkeit baufachlich bewertet werden. Deshalb hat das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (BMI) die für den Bund tätigen Bauverwaltungen inzwischen aufgefordert, dass ab sofort entsprechend dem erreichten Planungsstand nicht sicher ausschließ- oder begrenzbare Risiken zu benennen und zu bewerten sind. Qualitätsdefizite in der Planung lassen sich mit entsprechendem Prüfaufwand und den erforderlichen entsprechenden Prüfzeiträumen zwar eingrenzen, jedoch nicht vollumfänglich vermeiden. Die für das Vorhaben zuständige Bauverwaltung hat mit Blick auf die eigenen begrenzten Ressourcen für die Qualitätsprüfungen einen externen Projektsteuerer eingeschaltet und seine eigenen Prüfungen dementsprechend begrenzt. Rückblickend hat sich dies als nicht ausreichend erwiesen, so dass insbesondere Planungsdefizite in der Gebäudetechnikplanung über einen längeren Zeitraum hinweg unerkannt blieben. c) Welche Konsequenzen zog die Bundesregierung aus den eingetretenen Risiken, beispielsweise für zukünftige Bauprojekte? Es wird auf die Antwort zu Frage 4 sowie auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. 7. Wenn eines der eingetretenen Risiken Streitigkeiten mit Freischaffenden und Firmen war, a) war dies ein erstmalig bei Bauten des Bundes eingetretenes Risiko, Nein. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 7 – Drucksache 19/10327 b) und wenn nein, wie ist dieses Risiko in der Entscheidungsgrundlage berücksichtigt gewesen, und Dieses allgemeine Risiko war in der ES-Bau nicht berücksichtigt. Der Bauherr muss bei Vertragsabschluss grundsätzlich unterstellen dürfen, dass die von ihm beauftragten Freischaffenden und Baufirmen ihre Leistungen vertragsgemäß erbringen . Dem Problem der vielfach auftretenden mangelhaften Leistungserbringung beauftragter Dritter muss die Bauverwaltung prioritär durch ein professionelleres Risikomanagement von Anfang an entgegenwirken. Deshalb hat das BMI die für den Bund tätigen Bauverwaltungen inzwischen aufgefordert, dass allen neuen Haushaltsunterlagen für zivile Bauvorhaben Aussagen zu Risiken und zum Risikomanagement enthalten müssen. c) mit welchem System (z. B. Mediationsverfahren) tritt der Bund als Bauherr diesen Risiken entgegen? Bei der Ausführung von Bauleistungen des Bundes wird regelmäßig die Vergabeund Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB) Teil B vertraglich vereinbart. Gemäß § 18 Absatz 2 VOB/B soll der Auftragnehmer bei Meinungsverschiedenheiten zunächst die der Auftrag gebenden Stelle unmittelbar vorgesetzte Stelle anrufen . Zudem kann nach Absatz 3 ein Verfahren zur Streitbeilegung vereinbart werden . Die Weiterführung von Streitigkeiten vor Gericht ist erst dann notwendig, wenn vorher alle Einigungsversuche zwischen Bauverwaltung und Auftragnehmer erfolglos gewesen sind. Selbst bei Gerichtsanhängigkeit wird oftmals noch ein Mediationsverfahren vorgeschlagen und durchgeführt. Im Zuge des Reformprogramms Bundesbau des BMI wird derzeit die Thematik Konfliktmanagement und Streitschlichtung umfassend betrachtet. Es zeichnet sich ab, dass die Projektleiter/innen in der Bundesbauverwaltung verstärkt durch gezielte bauverwaltungsübergreifende Fortbildungsmaßnahmen im Konfliktmanagement zu qualifizieren und interne praxistaugliche Streitschlichtungsverfahren in der Bundesbauverwaltung für relevante Vorhaben zu implementieren sind. 8. Gab es eine nachträgliche Auswertung über die Verantwortlichkeiten für die Kostensteigerungen? Die Ursachen und Verantwortlichkeiten für Kosten- und Terminsteigerungen bei der Baumaßnahme Wilhelmstraße 65 sind aus Sicht der Bauverwaltung weitgehend geklärt; die Nachverfolgung ist jedoch noch nicht vollumfänglich abgeschlossen . a) Wenn nein, wann wird diese Auswertung erfolgen? Für die noch nicht abgeschlossene planerische und bauliche Umsetzung mangelfreier Sanitär- Heizungs-, Lüftungs- und Kälteanlagen und deren Steuerung hat das für die Ausführungsplanung beauftragte Planungsbüro ein selbstständiges Beweisverfahren im Jahr 2019 beim Landgericht Berlin beantragt. Die abschließende Auswertung erfolgt im Zuge dieses noch nicht abgeschlossenen gerichtlichen Beweissicherungsverfahrens. Auf die regelmäßig sehr lange Laufzeit von gerichtlichen Beweissicherungsverfahren in Bausachen hat die Bauverwaltung keinen Einfluss. Ungeachtet dessen hat die Bauverwaltung in der Zwischenzeit gesonderte eigene Sachverständigengutachten (unter anderem durch TÜV) und Drucksache 19/10327 – 8 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Planungsleistungen beauftragt mit dem Ziel, die notwendigen Sanierungsmaßnahmen während des laufenden Gebäudebetriebs ohne wesentliche Nutzungseinschränkungen bis 2020 in Abschnitten umzusetzen. b) Wenn ja, zu welchen Ergebnissen kam die Bundesregierung, und welche Konsequenzen zog die Bundesregierung aus der Auswertung? Es wird auf die Antwort zu Frage 4 verwiesen. II. Zur Bundestagsliegenschaft Wilhelmstraße 64: 1. Welche Nutzung der Liegenschaft war vor 2015 vorgesehen, und wie unterscheiden sich die Anforderungen an die geänderte Nutzung? Die ES-Bau sah eine Nutzung durch die Verwaltung des Deutschen Bundestages (Unterabteilung PM Mandatsdienste) vor. In der weiteren Planung war anschließend eine flexible Nutzung als Büro- und Verwaltungsgebäude für den Deutschen Bundestag unter Berücksichtigung einer Vorrüstung zur Nutzung für parlamentarische Zwecke vorgegeben worden. Im weiteren Verlauf der bereits seit 2014 laufenden Maßnahme beschloss die Kommission des Ältestenrates für Bau- und Raumangelegenheiten des Deutschen Bundestages Ende 2015, die Liegenschaft nach Fertigstellung für parlamentarische Zwecke zu nutzen. Im Jahr 2017 musste die Planungsgrundlage von 4- auf 3-Raummoduleinheiten umgestellt werden. Die vorgenommenen Änderungen waren jeweils mit anderen Raumanforderungen verbunden. 2. Wann war die bei Baubeginn geplante Fertigstellung der Liegenschaft? Mit Baubeginn am 1. April 2014 (Baustelleneinrichtung) war im fortgeschriebenen Bauablaufplan eine bauliche Fertigstellung zu Mai 2016 geplant, an die sich eine Inbetriebnahmephase vor Übergabe Ende Oktober 2016 anschließen sollte. 3. Warum erwies sich die Planungsgrundlage und Kostenermittlung der Entscheidungsunterlage – Bau als inhaltlich und kostenmäßig nicht belastbar? Die auf einer vertieften Planung aufbauende Kostenberechnung zur EW-Bau zeigte eine Kostenerhöhung von 4,27 Mio. Euro gegenüber der auf begrenzter Planungstiefe und auf der Grundlage einer Kostenschätzung auf Kennwertebasis erstellten ES-Bau (14,11 Mio. Euro) Diese Mehrkosten sind im Wesentlichen begründet mit der Baupreisentwicklung (Anstieg Baupreisindex um 6,7 Prozent bzw. 0,95 Mio. Euro zusätzlich Nutzungsanforderungen nach ES-Bau (0,25 Mio. Euro) erforderliche statische Maßnahmen in der vorhandenen Altbausubstanz und zur Abdichtung (0,54 Mio. Euro) Kosten für Planungsfortschreibung (1,49 Mio. Euro) Erhöhung der Baunebenkosten (0,87 Mio. Euro). Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 9 – Drucksache 19/10327 4. In welchen Kostengruppen (Kostengruppe 300 bitte aufschlüsseln) finden sich die im Jahr 2013 bewilligten Mehrkosten in Höhe von 4,288 Mio. Euro wieder? a) Woraus ergaben sich im Detail die Mehrkosten? Kostengruppe 300: Die Mehrkosten der Kostenberechnung der EW-Bau im Vergleich zur Kostenschätzung der ES-Bau betragen 2,83 Mio. Euro. Die Mehrkosten sind begründet mit: Baupreissteigerungen erst durch vertiefte Planung erkennbare notwendige Maßnahmen zur Wasserhaltung erst durch vertiefte Planung erkennbare notwendige Maßnahmen zur statischen Ertüchtigung (Standsicherheit des Gebäudes) erst durch vertiefte Planung erkennbarer besonderer Aufwand notwendiger statischer und konstruktiver Maßnahmen zusätzlich zwingend notwendige Maßnahmen zur Abdichtung gegen drückendes Wasser und nicht drückendes Wasser zur Sicherstellung der Standsicherheit des Gebäudes sowie der geplanten Nutzung des Bestandskellers, welche zum Zeitpunkt der Aufstellung der ES-Bau für die Maßnahmen gegen drückendes Wasser nicht berücksichtigt und für die Maßnahmen gegen nicht drückendes Wasser nicht ausreichend bewertet waren zusätzlich zwingend erforderliche Maßnahmen zur Einhaltung der Forderungen des Landesdenkmalamtes zusätzlichen Kosten beim Rückbau und der Entsorgung zusätzlich erforderliche Maßnahmen wegen Winterbaumaßnahmen. b) Welche Konsequenzen zog die Bundesregierung aus den gestiegenen Kosten, beispielsweise für zukünftige Bauprojekte? Auf die Antwort zu Frage 4 im Fragenblock I wird verwiesen. 5. Aus welchem Grund war die Koordination der fachtechnischen Gewerke bei Defiziten in der Werk- und Montageplanung der vom BBR beauftragten Technik-Planungsbüros deutlich komplizierter und zeitintensiver als geplant ? Die Ausführungsplanung der Fachtechnik hatte nicht die erforderliche und vertraglich zugesicherte Qualität. Sie musste in der Leistungsphase 8 HOAI (Baudurchführung ) baubegleitend nachgebessert werden. Drucksache 19/10327 – 10 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode a) Welche Kosten sind aus diesen Defiziten für den Bund entstanden, und wurden Schadenersatzansprüche an die entsprechenden Technik-Planungsbüros gestellt? b) Welche Konsequenzen zog die Bundesregierung aus diesen Schwierigkeiten ? Die Schlussrechnungen liegen noch nicht vollständig vor. Die Fragen 5a und 5b können deshalb zum jetzigen Zeitpunkt nicht abschließend beantwortet werden. Schäden, die dem Bund aus den Defiziten entstanden sind, werden von der Bauverwaltung gegenüber den Verursachern umfassend geltend gemacht. 6. Sind oder waren die betreffenden Technik-Planungsbüros noch anderweitig für die BBR tätig? a) Wenn ja, gab es ähnliche eingetretene Risiken oder anderweitige Schwierigkeiten mit diesen Auftragnehmern? Das beauftragte Technik-Planungsbüro war und ist in weiteren Maßnahmen des Bundesamtes für Bauwesen und Raumordnung (BBR) tätig, unter anderem in den Projekten Pergamon-Museum (PMU) und Humboldt Forum (HUF). Auch in diesen Projekten kam es zu erheblichen Konflikten aufgrund mangelhafter und verspäteter Leistungserbringung, die zudem mit deutlichen Honorarmehrforderungen einhergingen. Im Projekt Pergamon-Museum hat die Bauverwaltung den Vertrag mit dem Büro kündigen müssen. Im Projekt Humboldt Forum erfolgte ein außergerichtliches Schlichtungsverfahren mit dem Büro. 7. Gab es eine nachträgliche Auswertung über die Verantwortlichkeiten für die Kostensteigerungen? a) Wenn nein, wann wird diese Auswertung erfolgen? b) Wenn ja, zu welchen Ergebnissen kam die Bundesregierung, und welche Konsequenzen zog die Bundesregierung aus der Auswertung? Es wird auf die Ausführungen in der Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen . III. Zu beiden Bundestagsliegenschaften Wilhelmstraße 64 und 65: 1. Hat das BBR alle Planungsunterlagen, die Grundlage der unterschiedlichen Kostenobergrenzen waren, selbst erstellt? Nein. Die Bauverwaltung hat die Planungsunterlagen von damit beauftragten Planungsbüros erstellen lassen. Mit der Überprüfung hat es zudem freiberuflich tätige Projektsteuerungsbüros beauftragt. a) Wenn nein, sind oder waren die entsprechenden Auftragnehmer noch anderweitig für das BBR tätig, und gibt es auch hier Schwierigkeiten? Ja. Es wird auf die Antwort zu Frage 5 im Fragenblock II verwiesen. Die analogen Schwierigkeiten wurden aufgrund der Erfahrungen aus der Wilhelmstraße 64 durch erhöhten Personaleinsatz des BBR kompensiert. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 11 – Drucksache 19/10327 b) Wenn nein, sind oder waren die entsprechenden Auftragnehmer noch anderweitig für den Bund tätig, und gab es auch hier Schwierigkeiten? Entfällt. 2. Welche Konsequenzen zog die Bundesregierung aus den falsch kalkulierten Kostenobergrenzen der Planungsunterlagen? Hierzu wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. 3. Wie entstehen nach Ansicht der Bundesregierung die Differenzen zwischen den Angaben zu Baukosten pro Quadratmeter Bruttogeschossfläche in den Antworten des Parlamentarischen Staatssekretärs Marco Wanderwitz (Wilhelmstr . 64: 5 375 Euro/m²; Wilhelmstr. 65: 3 300 Euro/m²) und des Staatssekretärs Gunther Adler (Wilhelmstr. 64: 5 774 Euro/m²; Wilhemstr. 65: 3 935 Euro/m²)? Die Kostenkennwerte unterscheiden sich durch den jeweils zugrunde liegenden Zeitpunkt Baupreisindizierung (2016 und 2018). Im Schreiben von Herrn PSt Wanderwitz ist bei der Wilhelmstraße 65 durch ein Büroversehen ein zu geringer Kostenkennwert übermittelt worden. IV. Zur Sanierung der Bundestagsliegenschaft Marie-Elisabeth-Lüders-Haus (MELH): Seitens der Bundesregierung wird davon ausgegangen, dass die Baumaßnahme „Erweiterung des Marie-Elisabeth-Lüders-Hauses“ (EMELH) gemeint ist. 1. Mit welcher Kostensteigerung rechnet die Bundesregierung (oder das BBR – gilt auch für die folgenden Fragen) bis zum Abschluss des Bauvorhabens? Kosten (Brutto) Kostensteigerung absolut Prozent Kosten EW-Bau (Stand 2010) 189.823.000 € 100% Kosten mit bestätigtem 2. NT zur EW Bau (Stand 2017) 246.768.000 € 56.945.000 € 130,00% Der unter anderem aus Gründen der Bauzeitverlängerung und notwendiger Sanierungsarbeiten an der Bodenplatte erforderliche 3. Nachtrag zur EW-Bau befindet sich in Aufstellung und lässt noch keine belastbaren Kostenaussagen zu. Im Projekt Erweiterung MELH sind umfangreiche Rechtsstreitigkeiten und Versicherungsvorgänge anhängig. Die Forderungen des Bundes gegenüber Versicherern und sonstigen Dritten liegen deutlich im zweistelligen Millionenbereich. Bei positivem Ausgang der vorgenannten rechtlichen Auseinandersetzungen ergibt sich demzufolge eine deutliche Reduzierung der derzeit bestehenden Kostensituation . Zusätzliche Mehrkosten können sich aus der Umsetzung der MCP- Richtlinie ergeben , über die im zweiten Quartal 2019 ein Beschluss des Deutschen Bundestags erwartet wird. Drucksache 19/10327 – 12 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 2. Mit welchem Fertigstellungsdatum rechnet die Bundesregierung? Die aktuelle Terminplanung der Bauverwaltung ist auf die Fertigstellung der Baumaßnahme in 2021, das heißt noch in dieser Legislaturperiode, ausgerichtet. Das BMI bewertet diese Terminplanung als unter den erkennbaren Randbedingungen als plausibel und umsetzbar. 3. Wann hat die Bundesregierung zum ersten Mal von den „Planungs-, Überwachungs - und Ausführungsfehlern“ erfahren? Nach baulicher Fertigstellung der Bodenplatte traten konstruktionsbedingt und deshalb nicht unerwartet im Jahr 2012 Risse auf, die entsprechend den Dokumentationsunterlagen der beauftragten Firma auch überwiegend eine zulässige Rissbreite von maximal 0,2 mm aufwiesen. Anders als erwartet, setzte jedoch der sogenannte „Selbstheilungsprozess“ (selbsttätiges Verschließen der Risse innerhalb eines überschaubaren Zeitraums) nicht überall wie geplant ein. Die bis 2015 durchgeführten Nachverpressarbeiten relevanter Rissbildungen durch die mit den Betonarbeiten beauftragte Firma führten nicht zum erwünschten und notwendigen Ergebnis. Zur Klärung der technischen Sachverhalte wurden von beiden Seiten mehrere Gutachten mit in sich teilweise widersprüchlichen Ergebnissen erstellt. Um in dieser Situation weiterzukommen, beantragte das BBR am 4. November 2015 die Durchführung eines selbstständigen Beweisverfahrens beim zuständigen Landgericht , um die in den Gutachten und Parteivorträgen enthaltenen Widersprüche durch ein neutrales Gutachten eindeutig zu klären. BMI und Bauverwaltung haben die für die Bauangelegenheiten des Deutschen Bundestages zuständige Bau- und Raumkommission des Ältestenrats des Deutschen Bundestages unverzüglich und kontinuierlich informiert. Die Bundestagskommission hat sich mehrfach zu den entstandenen Problemen und zum Fortschritt der Maßnahme berichten lassen und beraten. 4. Kann die Bundesregierung die „Planungs-, Überwachungs- und Ausführungsfehler “ genauer benennen? Zum Schadensfall Bodenplatte: Die Schadensbilder sind sehr komplex und Gegenstand eines noch laufenden und beim Landgericht Berlin beantragten selbstständigen Beweisverfahrens. Das Gutachten des gerichtlich bestellten Sachverständigen bestätigt den Planungsfehler der wasserleitenden Ummantelung der TGA-Grundleitungen. Ebenfalls bestätigt wird die mangelhafte Ausführung von Verpressarbeiten, die zu Gefügestörungen im Bereich der oberen Bewehrungslagen geführt haben. Aus diesen beiden Sachverhalten leitet der Sachverständige notwendige Sanierungsarbeiten der Bodenplatte ab. Sonstige Planungsfehler und Restleistungen: Planung Technische Gebäudeausstattung: Die bis zur Aufstellung der EW-Bau und zu ihrer Auflösung für das Projekt MELH verantwortliche Bundesbaugesellschaft stellte bereits im Zuge der Vor- und Entwurfsplanung schwerwiegende Mängel in der Gebäudetechnikplanung fest. Sie hatte den Vertrag mit dem Planungsbüro aus wichtigem Grund im Juni 2006 gekündigt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 13 – Drucksache 19/10327 Planung Architekturbüro: Das Architekturbüro stellte im August 2016 die Arbeit ein. Das BBR musste daraufhin den Vertrag aus wichtigem Grund kündigen. a) Welche Konsequenzen zog die Bundesregierung für die weiteren Arbeiten am MELH aus den oben genannten Fehlern? Zum Schadensfall Bodenplatte: Das BBR ließ ein Sanierungskonzept erstellen und leitete im September 2016 ein Vergabeverfahren zur Sanierung der Bodenplatte ein. Der Vergabevorgang konnte aufgrund von Vergabebeschwerden erst Ende 2018 mit Erteilung eines Bauauftrags abgeschlossen werden. Mit den Sanierungsarbeiten wurde im Januar 2019 begonnen. Zu sonstigen Planungsfehlern und Restleistungen: Gebäudetechnikplanung: Die Bundesbaugesellschaft trennte sich noch vor Abschluss der EW-Bau vom ursprünglich beauftragten TGA-Planungsbüro und beauftragte ein anderes Planungsbüro mit der Überarbeitung und Fertigstellung der Entwurfsplanung in 2009. Architekturplanung: Nach Kündigung des Architektenbüros beauftragte das BBR ein anderes Architektenbüro mit der Fertigstellung der Planungsleistungen. Dieses Büro hatte zuvor bereits als Sub-Planer im Auftrag des ursprünglichen Architektenbüros an den Planungen für das MELH mitgewirkt. b) Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus den oben genannten Fehlern für weitere Bauvorhaben des Bundes? Abschließende projektspezifische Aussagen über Konsequenzen zu den oben genannten Fehlern sind mit Verweis auf die noch laufenden rechtlichen Auseinandersetzungen und vor dem Hintergrund der beschriebenen technischen Komplexität und vertraglichen Gemengelagen noch nicht möglich. Viele der bei dem Projekt aufgetretenen Probleme decken sich jedoch mit der vom Bundesbauministerium in 2016 vorgenommenen Analyse von größeren Hochbauvorhaben des Bundes in den letzten Jahren. Sie sind im Reformkonzept Bundesbau beschrieben. Dort sind Handlungsfelder und Einzelmaßnahmen aufgezeigt , mit denen die Kosten- und Terminsicherheit größerer Hochbauvorhaben des Bundes perspektivisch verbessert werden kann. Einzelne Maßnahmen wurden bereits umgesetzt, andere werden zurzeit noch konkretisiert. 5. Welche Gründe gab es für die Vergabebeschwerde (Erstellung der Baugrube ), die gleich zu Beginn der Baumaßnahme eingereicht wurde? a) Ging dieses Verfahren zum Vor- oder Nachteil der Bundesregierung aus? Der nach Angebotseröffnung an zweiter Stelle platzierte Bieter reichte eine Vergabebeschwerde ein, da nach Auffassung des Zweitbieters das zur Beauftragung vorgesehene Unternehmen nicht über die erforderliche Zulassung zur Herstellung der ausgeschriebenen „Weichgelsohle“ verfüge. Drucksache 19/10327 – 14 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Das Angebot des Zweitbieters lag ca. 1 Mio. Euro über dem Angebot des Erstbieters . Das Verfahren ging zum Nachteil des Bundes aus. Die Vergabekammer des Bundes beim Bundeskartellamt Bonn bestätigte in erster Instanz die Auffassung des Zweitbieters. Der Erstbieter legte daraufhin in zweiter Instanz Beschwerde beim Oberlandgericht (OLG) Düsseldorf ein, zog diese aber während des laufenden Verfahrens vor einer Entscheidung des OLG zurück. Der Bauauftrag konnte erst mit einem zehn monatigen Verzug an den Zweitbieter erteilt werden. 6. Gab es eine nachträgliche Auswertung über die Verantwortlichkeiten für die Kostensteigerungen beim Bau des MELH? a) Wenn nein, wann wird diese Auswertung erfolgen? b) Wenn ja, welche Konsequenzen zog die Bundesregierung aus der Auswertung ? Eine abschließende nachträgliche Auswertung ist noch nicht erfolgt. Die Auswertung erfolgt projekt- und prozessbegleitend, wobei eine zusammenfassende Auswertung erst nach Abschluss der Baumaßnahme und der anhängigen rechtlichen Auseinandersetzung möglich und sinnvoll ist. Die Klärung der Verantwortlichkeiten von Kostensteigerungen ist Gegenstand der laufenden rechtlichen Auseinandersetzungen. IV. Zum Berliner Dienstsitz des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) und bezogen auf den Bericht des Bundesrechnungshofes 2017: 1. Sind der Bundesregierung die Gründe bekannt, warum die BBR bei der Sanierung der Liegenschaft des BMWi keine abschließende Qualitätskontrolle vor der Schlüsselübergabe durchgeführt hatte? a) Liegen die erforderlichen Abnahmebescheinigungen vor? b) Welche Konsequenzen zog die Bundesregierung aus diesen Versäumnissen beim BBR? c) Wie viele Mängel gab es bei der Abnahme (bitte mit Gesamtwert der Leistung in Euro angeben), und wie viele wurden davon bis zur Inbetriebnahme des Gebäudes abgestellt? Für die Bauten, die im Zuge des Regierungsumzugs in Berlin fertigzustellen waren , wurden aufgrund der begrenzten Kapazitäten auf Bauherrnseite die bauherrnseitigen Steuerungs- und Kontrollaufgaben sehr weitgehend privaten Unternehmen übertragen (Projektsteuerer, Generalplaner und zum Teil Generalunternehmer ). Die Fertigstellung der Sanierungs- und Herrichtungsmaßnahmen stand unter besonderen Zeitdruck, da die Arbeitsfähigkeit der Bundesregierung nach dem beschlossenen Umzug im Sommer 2000 gewährleistet sein musste. Die mit Steuerungs- und Controllingaufgaben betrauten Dritten hatten jeweils der zuständigen Projektleitung der Bundesbauverwaltung zu berichten, um eine Qualitätskontrolle sowie die Kontrolle bezüglich der zu treffenden baufachlichen Entscheidungen sicherzustellen. Soweit bei den beauftragten Dritten im Einzelfall Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 15 – Drucksache 19/10327 Schlechtleistungen nachweisbar waren, wurden auch die entsprechenden Konsequenzen gezogen. Aus Sicht der Bundesregierung kann nicht festgestellt werden, dass eine mangelhafte Qualitätskontrolle durch das BBR erfolgte. Die Gebäude des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) (Geb. A-C, DG-Ausbau Gebäude D, E und F, G und Pförtnerhäuser H1 und H2) wurden in insgesamt 16 Abschnitten von 1998 bis 2001 saniert und an den Nutzer übergeben. Den Niederschriften zur Übergabeverhandlung gemäß RBBau lagen die Abnahmebescheinigungen sowie die Protokolle mit Auflistungen von Mängeln und Restleistungen bei. Ab dem Zeitpunkt der Übergabe wurden die festgestellten Mängel in Abstimmung zwischen dem BMWi, dem BBR, dem beauftragten externen Projektsteuerer und dem Generalplaner aufgenommen und deren Beseitigung im Rahmen der Projektphase „Restleistungen, Mängelbeseitigung“ veranlasst. Hierzu erfolgten regelmäßige Besprechungen und Terminsetzungen, um die Abarbeitung der Mängel im bereits laufenden Betrieb zu verfolgen und deren Abstellung zu gewährleisten . Die genaue Anzahl der Mängel aus den damaligen 16 Übergaben kann nur nach umfänglicher Akten- und Archivrecherche benannt werden, ebenso eine Einschätzung des damaligen Gesamtwertes. Zahlreiche Mängel, vor allem im Bereich der Anlagentechnik, traten erst mit einer Verschärfung der bauordnungsrechtlichen und sonstigen gesetzlichen Vorgaben, wie zum Beispiel dem Inkrafttreten der Anlagenprüfverordnung im Jahr 2004 (also deutlich später), zutage. Es handelt sich insoweit nicht um Mängel, sondern um neue Anforderungen aufgrund veränderter gesetzlicher Vorgaben. Da diese neuen Anforderungen in den ursprünglichen Aufträgen der Auftragnehmer nicht enthalten sein konnten, können die daraus resultierenden Mehrkosten auch nicht im Rahmen der Mängelbeseitigungsverpflichtung beim Auftragnehmer geltend gemacht werden. 2. Unter welchem Haushaltstitel wurde der erforderliche Gesamtsanierungsbedarf als große Baumaßnahme veranschlagt? Der Gesamtsanierungsbedarf wurde unter dem Haushaltstitel Kapitel 0912 Titel 712 01 veranschlagt. 3. Für welche anderweitigen Projekte bzw. Maßnahmen hatte die Bundesregierung die insgesamt 50 Mio. Euro Haushaltsmittel vorgesehen, die durch die mangelhafte Qualitätskontrolle für Mängelbeseitigung verwendet werden müssen? Die Haushaltsmittel in Höhe von 50 Mio. Euro waren nicht für die Mängelbeseitigung infolge mangelhafter Qualitätskontrolle vorgesehen. Drucksache 19/10327 – 16 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 4. Hatte die Bundesregierung schon vor dem Bericht des Bundesrechnungshofes Kenntnis davon, dass das BMUB und BMWi die Sanierung nicht nach dem Grundsatz der Haushaltsklarheit und Haushaltswahrheit veranschlagt hatten? a) Welche Konsequenzen zog die Bundesregierung aus den unklar veranschlagten Mitteln bei BMUB und BMWi? Die Bundesregierung hat in ihren Stellungnahmen zu dem Entwurf der Bemerkungen des Bundesrechnungshofes (BRH) und zu der vorausgegangenen Prüfungsmitteilung des BRH deutlich gemacht, dass nicht gegen den Grundsatz der Haushaltswahrheit und -klarheit verstoßen wurde. Die Bundesregierung setzt den Beschluss des Rechnungsprüfungsausschusses zu TOP 6 seiner 4. Sitzung vom 20. April 2018 um. 5. Wie wird die Bundesregierung bei derzeitigen und zukünftigen Bundesbauten entsprechend der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB) sicherstellen, dass eine mangelhafte Übergabe wie bei der Liegenschaft des BMWi nicht erneut geschieht? Die Abnahme von Planungs- und Bauleistungen erfolgt nach den geltenden Regelwerken für den Bundesbau nur dann, wenn die Leistungen frei von wesentlichen Mängeln sind. Gebrauchshemmende Mängel sind regelmäßig wesentliche Mängel, die einer Abnahme entgegenstehen. Die Übergabe von Gebäuden an den Nutzer setzt die Gebrauchstauglichkeit, das heißt die Freiheit von gebrauchshemmenden Mängeln voraus. Insofern besteht hier kein Regelungsdefizit im Bundesbau . Gleichwohl tragen die häufig nicht vertragsgemäßen oder nicht rechtzeitigen Leistungserbringungen von beauftragten Planern und Ausführungsunternehmen zu Problemen bei der Abwicklung von größeren Bundeshochbauvorhaben bei. Deshalb sind die angemessene personelle Ausstattung der für den Bund tätigen Bauverwaltungen, die Stärkung des bauherrnseitigen Projektmanagements und eine verbesserte Auswahl von im Bundesbau tätigen Planern und Ausführungsfirmen zentrale Anliegen des Reformkonzeptes Bundesbau des BMI. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333