Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat vom 21. Mai 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/10431 19. Wahlperiode 23.05.2019 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Andrej Hunko, Martina Renner, Dr. André Hahn, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 19/9869 – Nutzung von Fluggastdaten beim Zoll V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Zur Umsetzung der EU-Richtlinie über die Verwendung von Fluggastdaten hat die Bundesregierung eine Fluggastdatenzentralstelle beim Bundeskriminalamt (BKA) eingerichtet. Das Bundesverwaltungsamt (BVA) betreibt ein Fluggastdaten -Informationssystem, an das Airlines, Reisebüros und andere Reiseanbieter vor jedem internationalen Flug „Passenger Name Records“ (PNR) zu Flugreisenden übermitteln müssen. Für die Lagerung der Daten in einem Rechenzentrum hat das BVA einen Vertrag mit dem neuen Informationstechnikzentrum Bund abgeschlossen. An das deutsche Fluggastdaten-Informationssystem sind mittlerweile 20 Fluglinien angeschlossen, die Hälfte davon allerdings im Testbetrieb (vgl. Bundestagsdrucksachen 19/9536 und 19/4755). Seit Inbetriebnahme des Fluggastdaten-Informationssystems fand die Software 94 098 „technische Treffer“ mit dem deutschen INPOL-System bzw. dem Schengener Informationssystem (SIS II), die sich zu 99,7 Prozent als nicht brauchbar erwiesen haben („Überwachung von Flugpassagieren liefert Fehler über Fehler“, www.sueddeutsche.de vom 24. April 2019). Derzeit sind für die Umsetzung der Richtlinie mindestens 518 Stellen beim BKA, der Bundespolizei, dem BVA sowie dem Zoll vorgesehen. Das Zollkriminalamt hat über das BKA-Vorgangsbearbeitungssystem eigenen Zugriff auf die PNR-Daten. Die gefundenen Treffer dürfen gemäß dem Fluggastdatengesetz nicht automatisiert mit weiteren Datenbanken abgeglichen werden. Deshalb wird in der Fluggastdatenzentralstelle jede verdächtige Person manuell überprüft . In Zukunft rechnet die Bundesregierung mit einem erheblichen Mehraufwand für Kontrollen von Personen und Sachen in Zusammenhang mit der Reiseüberwachung . Für die Zollverwaltung sind hierfür 41 Stellen eingeplant. Die EU-Kommission erwägt die Ausdehnung auf andere Transportmittel, darunter Fährverbindungen oder Hochgeschwindigkeitszüge auf bestimmten Strecken („Belgien will Reisende schärfer kontrollieren“, www.sueddeutsche.de vom 3. Januar 2017). Drucksache 19/10431 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode V o r b e me r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Die Ausführungen in der Vorbemerkung der Fragesteller, wonach das Zollkriminalamt (ZKA) über das BKA-Vorgangsbearbeitungssystem eigenen Zugriff auf die PNR-Daten habe, sind nicht zutreffend. Die Übermittlung von Fluggastdaten und die Ergebnisse der Verarbeitung dieser Daten durch die Fluggastdatenzentralstelle an die zuständigen Behörden im Inland richtet sich nach den Bestimmungen des § 6 Fluggastdatengesetzes. Die dort genannten Behörden sind nicht an das Fluggastdaten-Informationssystem angebunden und können daher keine eigenständigen Abfragen im Datenbestand vornehmen (vgl. Antwort der Bundesregierung zu Frage 19 auf Bundestagsdrucksache 19/4755). 1. Ist die Bundesregierung der Ansicht, dass die PNR-Daten für die Zollkontrolle nützlich sind (falls ja, bitte wie im Ratsdokument 8430/1/19 REV 1 gewünscht erläutern)? Die PNR-Daten sind aus Sicht der Bundesregierung auch für die Zollverwaltung ein wichtiger Baustein in der Bekämpfung von schwerer und organisierter Kriminalität , da die frühzeitige Übermittlung der Daten bei einer Übereinstimmung mit Fahndungsdatenbeständen eine effektivere und effiziente Durchführung von Zollkontrollen ermöglicht. Die Möglichkeit zur Erstellung von Mustern könnte dabei zukünftig die Effizienz weiter steigern. a) Inwiefern haben die Behörden des deutschen Zolls Zugriff auf die Daten des API-Systems und des PNR-Systems? Die Zollverwaltung hat weder Zugriff auf die Daten des API- noch auf Daten des PNR-Systems. Die Daten werden von der Fluggastdatenzentralstelle (PIU) bei relevanten Treffern im Einzelfall zur Verfügung gestellt. Auf die Vorbemerkung wird ergänzend verwiesen. b) Inwiefern verfügt die Bundesregierung über Statistiken über die Anzahl der Abfragen der PNR-Datenbank durch Zollbehörden? Seit dem 29. August 2018 gab es seitens der Zollverwaltung 26 Auskunftsersuchen gemäß § 4 Absatz 5 des Fluggastdatengesetzes (FlugDaG) (Stand: 10. Mai 2019). 2. In wie vielen Fällen hat die Analyse der PNR-Daten durch den Zoll zu Treffern oder im Nachgang zu positiven Ergebnissen geführt? Eine Analyse der PNR-Daten erfolgt ausschließlich durch die PIU. Bisher gab es für die Zollverwaltung fünf relevante Folgemaßnahmen nach Trefferausleitung durch die PIU, wobei in zwei Fällen konkrete Maßnahmen seitens der zuständigen Flughafendienststelle durchgeführt worden sind. a) In wie vielen Fällen haben die Zollverwaltung, die Bundespolizei oder das BKA die Fluggastdatenzentralstelle aufgefordert, bei einer anderen Fluggastdatenzentralstelle Informationen abzufragen (bitte für die Behörden einzeln angeben)? Bisher hat in drei Fällen eine Fachabteilung des BKA die Fluggastdatenzentralstelle gebeten, bei einer anderen Fluggastdatenzentralstelle Informationen abzufragen . Bundespolizei und Zoll haben bisher keine derartigen Anfragen gestellt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/10431 b) Wie viele dieser Anfragen wurden mit welchem Ergebnis beantwortet? Bezüglich der drei genannten Anfragen an ausländische Fluggastdatenzentralstellen wurden keine Treffer in den dortigen Fluggastdatenbanken festgestellt. 3. Welche Verfahren und Kriterien nutzen die deutsche Fluggastdatenzentralstelle zum Profiling oder Targeting von Reisenden? Die technischen Funktionalitäten für den Abgleich von Mustern werden erst in einer späteren Ausbaustufe des Fluggastdaten-Informationssystems zur Verfügung stehen. Diese werden den Vorgaben des FlugDaG entsprechen. Die EU- PNR-Richtlinie und das FlugDaG sprechen weder von „Profiling“ noch von „Targeting “. 4. Welche Listen mit Verdächtigen oder Beschuldigten (sogenannte Watchlists ) werden von der deutschen Fluggastdatenzentralstelle genutzt, und wo werden diese geführt und aktualisiert? Die deutsche Fluggastdatenzentralstelle führt keine Listen mit Verdächtigen oder Beschuldigten (sogenannte Watchlists). 5. Wie viele deutsche PNR-Daten wurden bereits depersonalisiert, und in wie vielen ist anschließend eine Offenlegung erfolgt? Mit Stand vom 8. Mai 2019 wurden 133 120 Passagierdatensätze im PNR-System depersonalisiert. Eine anschließende Offenlegung erfolgte bis dato nicht. 6. Was ist der Bundesregierung aus ihrer Mitarbeit in der Expertengruppe „Informal Working Group meeting“ (IWG) darüber bekannt, ob die Zahl der 41 Personen, die in der deutschen Fluggastdatenzentralstelle Zugang zu den nicht pseudonymisierten PNR-Daten haben (Bundestagsdrucksache 19/9536), im EU-Vergleich hoch oder niedrig ist bzw. welchen Durchschnitt die EU-Kommission in der IWG bzw. den zuständigen Ratsarbeitsgruppen mitgeteilt hat? Nach Kenntnis der Bundesregierung hat die EU-Kommission keine Angaben zu Durchschnittswerten im Sinne der Fragestellung mitgeteilt. 7. Sollte die deutsche Fluggastdatenzentralstelle PNR-Daten aus Sicht der Bundesregierung zukünftig auch Daten des Einreise-/Ausreisesystem (EES) und des europäischen Reiseinformations- und Genehmigungssystems (ETIAS) abgleichen bzw. den Systemen Zugang auf PNR-Daten gewähren? Der Zugriff auf die Daten des Einreise-/Ausreisesystem (EES) und des europäischen Reiseinformations- und Genehmigungssystems (ETIAS) ist in den entsprechenden Verordnungen geregelt. Die in der Fragestellung genannten Möglichkeiten sind darin nicht vorgesehen, so dass sich die Frage gegenwärtig nicht stellt. 8. Welchen Mehrwert sähe die Bundesregierung hinsichtlich der Ausweitung des EU-PNR-Systems auf andere Verkehrsträger, und was hat sie der EU- Kommission hierzu in Antworten auf einen Fragebogen kommuniziert (Ratsdokument 6300/19; bitte zu den Verkehrswegen Schiene, Straße und Schifffahrt präzisieren)? Es wird auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 22 auf Bundestagsdrucksache 19/9536 verwiesen. Drucksache 19/10431 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 9. Was ist der Bundesregierung darüber bekannt, welche Pläne im Rahmen der EU-VN-Partnerschaft zur Terrorismusbekämpfung („Framework on Counter -Terrorism“) zur Ausweitung der Verarbeitung von Passagierdaten diskutiert oder beschlossen wurden (vgl. https://eeas.europa.eu/sites/eeas/files/ 2019042019_un-eu_framework_on_counter-terrorism.pdf)? Im Rahmen des Frameworks on Counter-Terrorism zwischen der EU und den Vereinten Nationen sollen auch die Möglichkeiten zur Unterstützung von VN- Mitgliedstaaten bei der Einrichtung von Advance Passenger Information (API) und Passenger Name Records (PNR) Systemen in Übereinstimmung mit einschlägigen Sicherheitsratsresolutionen und Erklärungen des Vorsitzes thematisiert werden. 10. Was ist der Bundesregierung über Pläne bekannt, zur Bekämpfung von Geldwäsche und Finanzkriminalität auf Ebene des Rates der Europäischen Union ein eigenes Netzwerk einzurichten? a) Aus welchen Erwägungen hält die Bundesregierung ein solches Netzwerk für notwendig oder überflüssig? b) Welche Informationen sollten aus Sicht der Bundesregierung über ein solches Netzwerk ausgetauscht werden (etwa strategisch, analytisch, operativ )? c) Welche ähnlichen, internationalen Netzwerke zur Bekämpfung von Geldwäsche und Finanzkriminalität existieren hierzu bereits bzw. welche kennt die Bundesregierung? Die Fragen 10, bis 10c werden aufgrund ihres sachlichen Zusammenhangs gemeinsam beantwortet: Bezogen auf den internationalen Austausch von strategischen und operativen Informationen im Zusammenhang mit der Verhinderung und der Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung (und damit im Zusammenhang stehender möglicher sonstiger Straftaten) erfolgt ein Austausch insbesondere im Rahmen der EGMONT-Gruppe, einer der führenden internationalen Organisationen, die sich mit der Bekämpfung der Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung befasst . Daneben erfolgt ein entsprechender Austausch auch über die von der Europäischen Kommission seit dem Jahr 2006 für Financial Intelligence Units (FIUs) der EU-Mitgliedstaaten eingerichtete Plattform „EU-FIU platform“. Der Bundesregierung ist bekannt, dass am 15. April 2019 in der „Law Enforcement Working Party“ (LEWP) die Einrichtung eines Netzwerks zur Bekämpfung von Geldwäsche erörtert wurde. Der Vorsitz stellte die Maßnahmen auf EU- Ebene zur Bekämpfung von Geldwäsche und Finanzverbrechen vor (u. a. Aktionsplan aus dem Jahr 2016, EU-Politikzyklus, FIU-Richtlinie) und erläuterte, warum aus seiner Sicht hierfür ein eigenes Netzwerk eingerichtet werden sollte (Dok. 8267/19). Zwar bestünden bereits Plattformen der internationalen Zusammenarbeit (s. o.), aber kein Netzwerk mit ausschließlichem Fokus auf Strafverfolgung . Vor dem Hintergrund der Vielzahl bereits etablierter Gremien bzw. Expertengruppen im Bereich der Geldwäschebekämpfung und Vermögensabschöpfung steht die Bundesregierung der Einrichtung eines weiteren Netzwerks ablehnend gegenüber. Es steht insbesondere zu befürchten, dass dadurch Redundanzen erzeugt werden. Die meisten Mitgliedstaaten stehen dem Vorschlag ebenfalls ablehnend gegenüber . Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/10431 Auf europäischer Ebene bestehen bereits folgende Netzwerke bzw. Expertengruppen im Bereich der Geldwäschebekämpfung und Vermögensabschöpfung: AMON (Anti-Money Laundering Operational Network) ist ein internationales Netzwerk für Mitarbeiter von Strafverfolgungsbehörden auf dem Gebiet der Geldwäschebekämpfung. Operative Analysedatei SUSTRANS AP – Operational Analysis Project, SUSTRANS (suspicious financial transactions) ist eine der zu unterschiedlichen Deliktsfeldern eingerichteten Operativen Analysedateien bei Europol. EMPACT (EU Policy Cycle) (European Multidisciplinary Platform Against Criminal Threats) dient auf EU-Ebene zur Festlegung, Durchführung und Evaluierung gemeinsamer Prioritäten zur Bekämpfung der Schweren und Organisierten internationalen Kriminalität. Europol Financial Initiative Public Private Partnership (EFIPPP) hat das Ziel, auf europäischer Ebene eine Plattform zu schaffen, über die Informationen sowohl strategischer als auch (bei bestehenden rechtlichen Möglichkeiten) operativer Art zwischen Strafverfolgungsbehörden und dem Banken-/Finanzsektor ausgetauscht werden können. ARO (Asset Recovery Office) besteht aus den nationalen zentralen Vermögensabschöpfungsdienststellen (Asset Recovery Offices) der Mitgliedsstaaten der Europäischen Union und dient der Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen den zuständigen Stellen und damit der Gewährleistung einer effektiven Vermögensabschöpfung. CARIN (Camden Asset Recovery Inter-Agency Network, internationale Ebene ) ist zusammen mit seinen Schwesternorganisationen in Afrika, Asien und Südamerika ein informelles internationales, nahezu weltumspannendes Netzwerk auf dem Gebiet der Vermögensabschöpfung. FIU.net ist ein dezentrales Computernetzwerk, das die FIUs in der Europäischen Union in ihrem Kampf gegen Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung unterstützt. Im Bereich der Bekämpfung der Terrorismusfinanzierung bestehen ebenfalls international aufgestellte Initiativen. So wird in diesem Themengebiet bereits seit Dezember 2018 unter Federführung des BKA ein zweijähriges, aus EU-Mitteln finanziertes Projekt unter dem Titel „BeCaNet“ (Best practice, Capacity building and Networking initiative among public and private actors against terrorism financing ) geführt. Die Ziele dieses Projekts liegen darin, die Zusammenarbeit mit wichtigen, auch nicht-behördlichen Akteuren des Finanzsektors zu intensivieren, ein Kontaktnetzwerk mit ausländischen Partnerdienststellen aufzubauen und die Expertise bei der Auswertung von Finanztransaktionsdaten zu fördern. 11. Welche Suchlösungen sind der Bundesregierung für die Nutzung in einem europäischen, nationalen Fluggastdaten-Informationssystem bekannt? Der Bundesregierung ist bekannt, dass auf europäischer Ebene ein durch die Niederlande geleitetes Projekt „PIU.net“ durchgeführt wird, das die mitgliedstaatenübergreifende Suche nach bei den Fluggastdatenzentralstellen gespeicherten Fluggastdaten adressiert. Die Bundesregierung ist an dem Projekt jedoch nicht beteiligt. Drucksache 19/10431 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode a) Welche Suchlösung kommt im deutschen Fluggastdaten-Informationssystem zum Einsatz? Im deutschen Fluggastdaten-Informationssystem werden keine Suchlösungen im Sinne der Antwort zu Frage 11 eingesetzt. b) Worin besteht der Unterschied zwischen den Systemen PIU.net und ADEP? PIU.net und ADEP verfolgen unterschiedliche Ziele: Bei PIU.net geht es nach Kenntnis der Bundesregierung um den Austausch von Informationen zwischen den PIUs im Bereich der Fluggastdaten (vgl. Antwort zu Frage 11), während es bei ADEP um die technische Unterstützung zum Stellen von Ersuchen in Bezug auf Kriminalakten geht. 12. Hinsichtlich welcher Drittstaaten nutzt die deutsche Fluggastdatenzentralstelle zum Informationsaustausch das Europol-System SIENA? Grundsätzlich ist vorgesehen, das Europol-System SIENA zum Informationsaustausch im Kontext PNR mit allen Drittstaaten zu nutzen, die über SIENA erreichbar sind. Hierbei gelten die Voraussetzungen für die Übermittlung von Fluggastdaten nach dem Fluggastdatengesetz. Nach Kenntnis der Bunddesregierung sind folgende Drittstaaten bzw. ihr Verbindungsbüro bei Europol über SIENA erreichbar: Albanien Australien Bosnien-Herzegowina Dänemark Nordmazedonien Georgien Island Kanada Kolumbien Liechtenstein Monaco Montenegro Moldawien Norwegen Serbien Schweiz Ukraine Vereinigten Staaten von Amerika. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 7 – Drucksache 19/10431 13. Welche deutschen Behörden haben lesenden und schreibenden Zugriff auf das Informationssystem ROVER, und wo ist dieses physisch angesiedelt? Bei ROVER handelt es sich nicht um ein Informationssystem, sondern um eine Kooperationsplattform, die weder PNR- noch andere operative Daten enthält. Die Kooperationsplattform ROVER ist bei Europol angesiedelt (Europol Platform for Experts). Einzelne Angehörige des BMI, BKA und BVA haben Zugriff auf ROVER. 14. Auf welche Weise und zu welchem Zweck ist die Europäische Organisation zur Sicherung der Luftfahrt EUROCONTROL mit der deutschen Fluggastdatenzentralstelle vernetzt? EUROCONTROL ist derzeit nicht mit der deutschen Fluggastdatenzentrale vernetzt . Es ist jedoch geplant, zukünftig Flugplandaten von EUROCONTROL zu erhalten . Sie sind eine notwendige Grundlage, um die eingegangenen PNR-Daten der Fluggesellschaften mit den tatsächlich stattgefundenen und stattfindenden Flügen abzugleichen. 15. Was kann die Bundesregierung dazu mitteilen, inwiefern und in welchem Umfang unterschiedliche Schreibweisen des Namens oder Vornamens von Reisenden bzw. unterschiedliche Schriftsysteme und Transkriptionsverfahren zu einem erhöhten Aufwand bei der Kontrolle und Überwachung der betreffenden Personen im Rahmen des deutschen Fluggastdaten-Informationssystems führen („Überwachung von Flugpassagieren liefert Fehler über Fehler “, www.sueddeutsche.de vom 24. April 2019)? Nach Einschätzung der Bundesregierung führen nicht die unterschiedlichen Schreibweisen des Namens oder Vornamens von Reisenden bzw. die unterschiedlichen Schriftsysteme und Transkriptionsverfahren zu einem erhöhten Aufwand bei der Verifikation von Treffern. Maßgeblich dafür ist vielmehr der Umstand, dass die Luftfahrtunternehmen überwiegend keine Geburtsdaten oder andere Daten , die bei der verlässlichen Identifizierung unterstützen würden, erheben und übermitteln. Im Übrigen besteht kein Erfordernis, PNR-Daten zu transkribieren, da der Zeichensatz der einkommenden Nachrichten (PNRGOV/PAXLST) keine zu transkribierenden Zeichen enthält (UN/EDIFACT Level A Character Set). 16. Wie erklärt die Bundesregierung die hohe Differenz zwischen den 94 098 im Fluggastdaten-Informationssystem gefundenen „technischen Treffern“ und den lediglich 277 nach manueller Überprüfung übrig bleibenden „fachlich positiv überprüften Treffer[n]“, die daraufhin an die „Leitstelle PNR-Folgemaßnahmen “ bei der Bundespolizei übergeben werden (bitte sämtliche Gründe anführen)? a) Handelt es sich dabei um eine Schwäche des Abgleichssystems beim BKA? Die Fragen 16 und 16a werden wegen ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Die Differenz zwischen den „technischen Treffern“ und den nach manueller Überprüfung verbleibenden „fachlich positiv überprüften Treffern“ stellt keine Schwäche des Abgleichsystems (ABS) oder sonst eine technische Schwäche dar, Drucksache 19/10431 – 8 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode sondern ist die Folge der Datenqualität der Fluggastdaten, insbesondere des Fehlens von Daten wie etwa des Geburtsdatums (vgl. die Antwort zu Frage 15), die für das Fluggastdaten-Informationssystem zur Verfügung stehen. b) Welche detaillierteren Angaben kann die Bundesregierung zum Hersteller und zur Funktionsweise dieses Abgleichssystems machen? Beim Abgleichservice (ABS) des BKA handelt es sich um eine Eigenentwicklung des BKA. Zur Funktionsweise des ABS wird auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 13 auf Bundestagsdrucksache 19/4755 verwiesen. 17. Inwiefern basiert das Fluggastdaten-Informationssystem bzw. dessen Abgleichskomponente für die Zuordnung von Datenlieferungen der Fluggesellschaften zu Personendatensätzen im Fahndungsbestand (INPOL/SIS) auf der im BKA verwendeten Abgleichskomponente für den Abgleich von Daten zwischen INPOL-Teilnehmersystemen und dem INPOL-Zentralbestand? Das Fluggastdaten-Informationssystem initialisiert den automatisierten Abgleich mit dem zentralen Fahndungsbestand in INPOL und SIS (vgl. Antwort der Bundesregierung zu Frage 13 auf Bundestagsdrucksache 19/4755) mittels des ABS. Es basiert im Übrigen nicht hierauf. a) Falls ja, wer hat diese Weiterentwicklung vorgenommen, und welche Personal - und evtl. Beschaffungskosten sind im Zusammenhang damit entstanden ? Für die Entwicklung des ABS, das auch außerhalb des PNR-Kontexts zum Einsatz kommt, wurden 2,2 Mio. Euro aufgewendet. Für PNR wurde das System erweitert. Hierbei sind bisher Kosten in Höhe von ca. 2,3 Mio. Euro entstanden. b) Falls nein, wer hat diese Komponente entwickelt, und welche Personalund evtl. Beschaffungskosten sind im Zusammenhang damit entstanden? Auf die Antwort zu Frage 17a wird verwiesen. 18. Wann gilt ein Fluggastdatensatz als identisch mit einem Personendatensatz im Fahndungsbestand von INPOL/SIS bzw. welche Übereinstimmung muss erreicht sein, damit zwei solche Datensätze als identisch oder ähnlich gelten? Zu der Frage, mit welcher Technik jeder einzelne Treffer von der Fluggastdatenzentralstelle überprüft und bewertet wird, wird auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 13 auf Bundestagsdrucksache 19/4755 vom 4. Oktober 2018 verwiesen . Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der PIU prüfen im Rahmen ihrer Verifikation jeden technischen Treffer im Einzelfall. Dies erfolgt durch einen Abgleich aller vorliegenden Angaben aus den übermittelten Passagierdaten mit den Fahndungstreffern . Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 9 – Drucksache 19/10431 19. Welche Namensbestandteile (wie z. B. Familiennamen, Vorname, Geburtsname , sonstige Namen bzw. identifzierende Merkmale – so vorhanden in einem Fluggast-Datensatz) werden beim automatisierten Abgleich im Fluggastdaten -Informationssystem herangezogen? Im Rahmen des automatisierten Abgleiches im Fluggastdaten-Informationssystem werden die von den Luftfahrtunternehmen an die Fluggastdatenzentral stelle übermittelten Fluggastdaten im Sinne von § 2 Absatz 2 Nummer 1 bis 20 FlugDaG herangezogen. a) Erfolgt der Abgleich der Passagierdatensätze nur mit den rechtmäßigen Personalien bzw. Führungspersonalien im INPOL/SIS-Fahndungsbestand oder auch mit den Alias-Personalien? Der automatisierte Abgleich erstreckt sich auch über Aliasnamen im INPOL-/ SIS-Fahndungsbestand. b) In welcher Weise trägt die im Fluggastdaten-Informationssystem eingesetzte Abgleichskomponente der Tatsache Rechnung, dass Personennamen , z. B. aus dem arabisch-muslimisch geprägten Kulturraum, aus bis zu fünf Namenskomponenten bestehen können? Die Anzahl der Namenskomponenten ist im ABS nicht begrenzt. c) Gibt es für INPOL-Nutzer allgemein gültige Regeln für die „hilfsweise“ Verwendung von in INPOL vorhandenen Datenfeldern (Familien- bzw. Ehename, Geburtsname, Vorname, sonstiger Name, ggf. noch Spitzname) für Namensbestandteile aus anderen Namenssystemen? Wenn nein, welche Bestandteile des Fluggastdaten-Namens fallen beim Vergleich mit INPOL weg? Für INPOL-Nutzer gibt es keine Regeln für die hilfsweise Verwendung von in INPOL vorhandenen Datenfeldern für Namensbestandteile aus anderen Namenssystemen . 20. In welcher Weise trägt die Abgleichskomponente im Fluggastdaten-Informationssystem der Tatsache Rechnung, dass Fluggastdaten u. U. transkribiert werden müssen? Es wird auf die Antwort zu Frage 15 verwiesen. 21. Nach welchem Verfahren werden Namen aus Ländern mit einem anderen Schriftsystem in INPOL bzw. SIS transkribiert? Eine Transkription erfolgt außerhalb des INPOL-Zentralsystems. Die Daten werden bereits transkribiert an INPOL-Zentral geliefert. Beim SIS erfolgt nach Kenntnis der Bundesregierung die Transkription gemäß den ICAO-Standards für die Machine Readable Zone (MRZ) von Ausweis- und Reisedokumenten. Drucksache 19/10431 – 10 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 22. Inwieweit gleichen bzw. unterscheiden sich die Transkriptionsverfahren im Fluggastdaten-Abgleichssystem und in INPOL bzw. SIS? a) Werden Thesauri eingesetzt, um z. B. bestimmte häufig vorkommende Formen eines Namens(bestandteils) vor dem Abgleich in eine normierte Form zu überführen? b) Falls ja, wird die gleiche Transformation auch für Personennamen aus dem INPOL-Fahndungsbestand vorgenommen? Die Fragen 22 bis 22b werden zusammen beantwortet. Es wird auf die Antworten zu den Fragen 15 und 21 verwiesen. 23. Wie sollen die falschen Treffer des Fluggastdaten-Informationssystems auf nationaler Ebene und auf EU-Ebene zukünftig reduziert werden (https://pbs. twimg.com/media/D5EQbzBXoAAdyf1.jpg)? a) Welche Verbesserungen der deutschen Umsetzung der EU-Richtlinie über die Verwendung von Fluggastdaten hält die Bundesregierung für notwendig? b) Wie sollen diese Verbesserungen implementiert werden, und welcher Zeitplan existiert hierfür? Die Fragen 23 bis 23b werden wegen ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Das Fluggastdaten-Informationssystem erzielt keine „falschen Treffer“, sondern es handelt sich um technische Treffer. Die manuelle Nachbereitung dieser technischen Treffer ist Teil des gesetzlich vorgesehenen Verfahrens der Verarbeitung von Fluggastdaten. Nach Einschätzung der Bundesregierung besteht im Rahmen der geltenden EU- PNR-Richtlinie kein Verbesserungspotenzial der nationalen rechtlichen oder technischen Umsetzung (vgl. Antwort zu den Fragen 16 und 16a). Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333