Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien vom 1. März 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/1045 19. Wahlperiode 02.03.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Harald Weyel, Dr. Anton Friesen, Markus Frohnmaier, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der AfD – Drucksache 19/767 – Rückführung deutscher Kunstschätze und Kulturgüter aus Polen, Russland und den Nachfolgestaaten der Sowjetunion V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Die kulturelle Identität eines Volkes manifestiert sich – nach Auffassung der Fragesteller – in seinen geschichtlichen Denkmälern und Werken in Kunst und Wissenschaft. Der Schutz von Kulturgütern nimmt deshalb im Völkerrecht eine herausgehobene Stellung ein, die seit 1907 in der Haager Landkriegsordnung festgeschrieben ist. Nach der Niederlage des Deutschen Reiches 1945 haben die alliierten Siegermächte entgegen diesen Bestimmungen zahlreiche deutsche Kulturgüter und Kunstschätze in ihren Besitz gebracht, wo sie sich größtenteils bis heute befinden (https://de.wikipedia.org/wiki/ Beutekunst_(Zweiter_Weltkrieg). Die Sowjetunion setzte zwischen 1945 und 1947 sog. Trophäenkommissionen ein, deren Auftrag u. a. das Aufspüren, Sicherstellen und Erbeuten von Kulturgütern war (https://de.wikipedia.org/wiki/Troph%C3%A4enkommission). In diesem Rahmen wurden Kulturgüter in einem bis heute nicht gänzlich geklärten Umfang als Beutekunst konfisziert und in die Sowjetunion verbracht. Während der deutschen Teilung fanden einzelne Rückgaben an die DDR statt, darunter 1955 ein Großteil der Bilder aus der Dresdner Gemäldegalerie. Die letzte Rückführung während der deutschen Teilung fand 1986 statt, Bestände aus Westberlin sowie der Bundesrepublik Deutschland waren davon ausgenommen (https:// de.wikipedia.org/wiki/Von_der_UdSSR_zur%C3%BCckgef%C3%BChrte_ Gem%C3%A4lde_der_Dresdner_Gem%C3%A4ldegalerie; FAZ vom 29. September 2004: Rückgabe vereinbart: Beutekunst aus dem Zweiten Weltkrieg als Problem der deutsch-russischen Beziehungen. Buchbesprechung: Susanne Schoen: Der rechtliche Status von Beutekunst. Eine Untersuchung am Beispiel der aufgrund des Zweiten Weltkrieges nach Rußland verbrachten deutschen Kulturgüter. Duncker & Humblot, Berlin 2004. Zitat: (...) 1955 und 1988 gab die Sowjetunion an die DDR nicht weniger als 1 569 176 Kunstwerke zurück, (...)). Im Jahr 1993 schlossen die Regierung der Bundesrepublik Deutschland und die Regierung der Russischen Föderation ein Abkommen über „kulturelle Zusammenarbeit“ (BGBl. 1993 II S. 1256 bis 1260), in dem die Rückgabe „unrechtmäßig verbrachter Kulturgüter an den Eigentümer“ vereinbart wurde. Das Bundesministerium des Innern ging 1997 davon aus, „daß in Rußland noch über Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/1045 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode eine Million Kunstgegenstände, einschließlich 20000 Kunst- und Kulturschätze von besonderer musealer Bedeutung, 4,6 Millionen Bücher aus deutschen Museen und Privatsammlungen und Archivgut von drei Regalkilometern lagern“ (Waldemar Ritter: Kulturerbe als Beute?, 1997, S. 14). Im April 1998 beschloss die Duma der Russischen Föderation ein Bundesgesetz über die infolge des Zweiten Weltkriegs in die UdSSR verbrachten und im Hoheitsgebiet befindlichen Kulturgüter (Archiv des Völkerrechts 38/2000, S. 72 bis 84), dass die Beutekunst zu russischem Eigentum erklärt. Seitdem ist die russische Seite, von einzelnen Gesten wie der Rückgabe der Kirchenfenster aus Frankfurt (Oder) oder des Leipziger Bach-Archivs abgesehen, ihren Verpflichtungen nur „unzureichend “ nachgekommen (Antwort der Bundesregierung auf die Schriftliche Frage 7 des Abgeordneten Dr. Andreas Scheuer auf Bundestagsdrucksache 16/1386, S. 7). Die Volksrepublik Polen gelangte durch Abtrennung der deutschen Ostgebiete, die danach größtenteils unter polnische Verwaltung gestellt wurden, in den Besitz der dorthin zum Schutz vor dem alliierten Bombenkrieg aus der Preußischen Staatsbibliothek zu Berlin ausgelagerten Kulturgüter. Deren Existenz wurde lange geleugnet, dementsprechend galten die Bestände als Kriegsverlust. Erst seit 1981 ist bekannt, dass sich die sog. Berlinka-Sammlung im Besitz der Jagiellonenbibliothek in Krakau befindet. Sie umfaßt ca. 300 000 Bände mit wertvollen Handschriften, darunter Autografen von Luther, Goethe und Schiller sowie Musikhandschriften von Bach, Mozart und Beethoven, von denen bislang nur Einzelstücke nach Deutschland zurückgekommen sind (Marta Kijowska: Zerstört, verschleppt, versteckt, gefunden, NZZ vom 10. September 2007). 1. Durch welche konkreten Maßnahmen hat sich die Bundesregierung seit 2006 für die Rückgabe kriegsbedingt abhandengekommener Kunstgegenstände und Kulturgüter in der Russischen Föderation und den Nachfolgestaaten der Sowjetunion eingesetzt (bitte einzeln auflisten)? Die Frage der Rückführung kriegsbedingt verbrachter Kulturgüter ist regelmäßig Gegenstand der deutsch-russischen Regierungskonsultationen, die allerdings seit dem Jahr 2014 (Annexion der Krim) suspendiert sind. Auch darüber hinaus hat die für die Rückführungsverhandlungen mit der Russischen Föderation zuständige Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) das Thema wiederholt auf höchster staatlicher Ebene angesprochen und die russische Seite darauf hingewiesen, dass die Bundesrepublik Deutschland den Anspruch auf Rückführung der kriegsbedingt aus Deutschland verbrachten Kulturgüter auch in Zukunft aufrecht erhält. Die Bundesregierung fordert unter Berufung auf das Völkerrecht (Recht der Staatenverantwortlichkeit, Haager Landkriegsordnung von 1907, deutsch-sowjetischer Vertrag von 1990, deutsch-russisches Abkommen über kulturelle Zusammenarbeit von 1992) grundsätzlich die Rückführung aller Kulturgüter, die am Ende des Zweiten Weltkriegs unter Verletzung des Völkerrechts in die UdSSR abtransportiert wurden und sich heute auf dem Staatsgebiet der Russischen Föderation befinden. Die Verhandlungen werden durch das aus deutscher Sicht völkerrechtswidrige russische „Beutekunstgesetz“ von 1998 erschwert , das kriegsbedingt verbrachte Kulturgüter zu russischem Staatseigentum erklärt. Seit einiger Zeit stagnieren die Gespräche, auch in den anlässlich der 7. deutschrussischen Regierungskonsultationen 2004 eingerichteten vier bilateralen Arbeitsgruppen , die sich der Erörterung einzelner Fälle kriegsbedingt verlagerten Kulturgutes widmen. Die Bundesregierung hat 2016 erneut ihre Absicht zur Fortsetzung der Gespräche gegenüber dem russischen Kulturminister betont. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/1045 Die Bundesregierung begrüßt und unterstützt zudem fachliche Kooperationen von kulturgutbewahrenden Einrichtungen in Deutschland mit Kultureinrichtungen in Russland, in denen kriegsbedingt aus Deutschland verlagerte Kulturgüter verwahrt werden. Mit der Ukraine finden regelmäßig offizielle Gespräche über kriegsbedingt verlagerte Kulturgüter im Rahmen der „Deutsch-Ukrainischen Gemischten Kommission zu Fragen der Rückführung und Restitution von während und in der Folge des Zweiten Weltkriegs verschollenen oder unrechtmäßig verbrachten Kulturgütern “ statt. Die XI. Sitzung dieser Kommission fand im November 2016 in Berlin statt, der Termin für die nächste Sitzung in der Ukraine steht noch nicht fest. Mit anderen Nachfolgestaaten der Sowjetunion finden bei Bedarf Gespräche über einzelne Rückführungsfälle statt. 2. Welche konkreten Maßnahmen plant die Bundesregierung für die nächste Zeit? Die Bundesregierung wird auch künftig den Anspruch auf Rückführung der kriegsbedingt aus Deutschland verbrachten Kulturgüter aufrechterhalten. Hierzu wird sie das Thema bei sich bietender Gelegenheit erneut aktiv in die gemeinsamen Gespräche einbringen. 3. Sind seit 2006 Zusagen von russischer Seite bezüglich der Rückgabe von Kunstgegenständen und Kulturgütern erfolgt? 4. Wenn ja, welche? 5. Wurden diese umgesetzt? 6. Wenn nein, aus welchen Gründen? Die Fragen 3 bis 6 werden gemeinsam beantwortet. Im Oktober 2008 sagte die russische Seite die Rückgabe von sechs kriegsbedingt verlagerten Fensterfeldern der Marienkirche Frankfurt (Oder) nach Deutschland zu, nachdem bereits im Juni 2002 eine große Zahl Fensterfelder der Marienkirche zurückgegeben worden waren. Die Rückgabe der letzten bis dahin noch fehlenden sechs Fensterbilder erfolgte im November 2008. Weitere Rückgaben sind seither nicht erfolgt. 7. Wie hat sich die Rückgabe von Kulturgütern zwischen Deutschland und der Russischen Föderation sowie der Nachfolgestaaten der Sowjetunion seit 2006 entwickelt, und welche Kunstgegenstände und Kulturgüter wurden seither wechselseitig zurückgegeben (bitte einzeln auflisten)? Bezüglich der Entwicklung der Verhandlungen über die Rückgabe von Kulturgütern zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Russischen Föderation seit 2006 wird auf die Ausführungen zur Beantwortung der Frage 1 verwiesen. Nach Kenntnis der Bundesregierung wurden seit 2006 die folgenden kriegsbedingt verbrachten Kulturgüter in die Russische Föderation zurückgegeben: Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/1045 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 6. März 2006: Übergabe eines Buches aus der Bibliothek des Schlossmuseums Pawlowsk an einen Vertreter der russischen Botschaft 16. Juli 2009: Übergabe von sechs barocken Schmuckelementen des Treppenhauses und Balkons von Schloss Peterhof bei St. Petersburg an Kulturminister Avdeev 18. November 2013: Übergabe von Büchern mit Eigentumszeichen des Staatlichen Museums Pawlowsk 16. November 2015: Übergabe eines Messbuchs von 1651 und eines kaukasischen Kurzschwertes an das Staatliche Museum Nowgorod 20. September 2017: Übergabe von 45 historischen Fotografien des Zarenpalastes Gatschina an das Schloss- und Parkmuseum Gatschina 26. September 2017: Übergabe des Gemäldes „Waldweiher“ von Vasilij Polenov an den Staatlichen Literatur- und Architekturhistorischen Museumspark in Taganrog 27. Oktober 2017: Übergabe eines Buches von Johann Joachim Eschenburg aus der Bibliothek des Alexanderpalastes in Zarskoje Selo 21. November 2017: Übergabe eines Buches von Jean-Baptiste Capefigue aus der Bibliothek des Alexanderpalastes in Zarskoje Selo. Hinsichtlich der Rückgaben aus der Russischen Föderation in die Bundesrepublik Deutschland wird auf die Antwort zu den Fragen 3 bis 6 verwiesen. Rückgaben aus und in Nachfolgestaaten der Sowjetunion finden gelegentlich direkt zwischen den betroffenen Einrichtungen oder Privatpersonen statt. Die Bundesregierung hat dazu keinen vollständigen Überblick. Im Juni 2013 wurden aus der Ukraine 713 Bände der Bibliothek des Berliner Instituts für Zuckerindustrie zurückgegeben. Aus Georgien wurden bis 2003 knapp 100 000 kriegsbedingt verbrachte Bücher deutscher Provenienz zurückgeführt. Georgien hat die Rückgabe von rund 70 000 weiteren Büchern deutscher Provenienz angeboten, die 2006 im Keller der Universitätsbibliothek Tiflis aufgefunden wurden. Aufgrund von Durchfeuchtung und Schimmelbefall erwiesen sich jedoch die zunächst geplante Sanierung und Rückführung des Buchbestandes als mit vertretbarem Aufwand nicht realisierbar. 8. Welche „kriegsbedingt verlagerten“ Kunstgegenstände aus deutschem Besitz lagern derzeit noch auf dem Gebiet der Russischen Föderation sowie der Nachfolgestaaten der Sowjetunion (bitte einzeln auflisten)? Auf dem Gebiet der Russischen Föderation werden nach groben Schätzungen noch über eine Million kriegsbedingt verbrachte Kunst- und Kulturgüter (dazu gehören ca. 200 000 Kunst- und Kulturschätze von besonderer musealer Bedeutung ), rund 3,6 Millionen Bücher aus öffentlichen Einrichtungen und Privatsammlungen sowie Archivgut von drei Regalkilometern Länge vermutet. Hierunter befinden sich Sammlungsbestände aus öffentlichen Einrichtungen, Gegenstände aus Privatbesitz sowie Nachlässe von Persönlichkeiten der Zeitgeschichte. Auch aufgrund der Zerstörungen und Wirren vor und nach Ende des Zweiten Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/1045 Weltkrieges ist es nicht möglich, die Verlagerungen und Verluste deutscher Kulturgüter vollständig zu erfassen. Zahlreiche kulturgutbewahrende Einrichtungen haben ihre Forschungsergebnisse zu kriegsbedingten Verlusten öffentlich dokumentiert und entsprechende Suchmeldungen in der Lost-Art-Datenbank eingestellt . Die Datenbank beinhaltet darüber hinaus Informationen zu Kulturgutverlusten von Privatpersonen. Wie viele kriegsbedingt verlagerte Kulturgüter aus Deutschland sich noch in den übrigen Nachfolgestaaten der Sowjetunion befinden, ist der Bundesregierung nicht bekannt. Dazu gehören u. a. sechs Gemälde (aus Dessau, Dresden und Berlin ), die sich in Kunstmuseen der Ukraine befinden, sowie 74 Gemälde aus Aachen im Museum Simferopol auf der Krim (siehe Antwort zu den Fragen 15 und 16). 9. Welche Initiativen hat es seit der anlässlich der Ausstellungseröffnung „Bronzezeit – Europa ohne Grenzen“ in Sankt Petersburg von der Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel am 21. Juni 2013 geforderten Rückgabe (www. zeit.de/politik/ausland/2013-06/putin-merkel-beutekunst) der Ausstellungstücke (darunter der „Eberswalder Goldschatz“ und weitere 600 Exponate) gegeben, diese wieder nach Deutschland zu holen? Der im Rahmen der Ausstellungseröffnung „Bronzezeit. Europa ohne Grenzen“ in St. Petersburg von Frau Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel gegenüber dem russischen Staatspräsidenten Wladimir Putin formulierte Anspruch auf Rückführung der kriegsbedingt verbrachten Kulturgüter in die Bundesrepublik Deutschland wird weiterhin aufrechterhalten. Auf die Antwort zu Frage 1 wird verwiesen. Unabhängig von der Frage nach der Rückführung der ausgestellten Objekte begrüßt die Bundesregierung, dass durch das Ausstellungsprojekt die Zusammenarbeit russischer und deutscher Fachleute intensiviert und eine gemeinsame Erschließung , Dokumentation sowie Restaurierung und Konservierung der kriegsbedingt verbrachten Kulturgüter ermöglicht wurden. 10. Wurde die Ausstellung „Bronzezeit – Europa ohne Grenzen“ in Sankt Petersburg finanziell aus Bundesmitteln unterstützt? 11. Wenn ja, in welcher Höhe? Die Fragen 10 und 11 werden gemeinsam beantwortet. Aus dem Betriebshaushalt der Stiftung Preußischer Kulturbesitz wurden für die kuratorisch gemeinsam mit der Eremitage erarbeitete Ausstellung „Bronzezeit – Europa ohne Grenzen“ Mittel in Höhe von 172 000 Euro bereitgestellt. Der Betriebshaushalt der Stiftung Preußischer Kulturbesitz wird grundsätzlich zu 75 Prozent aus Bundesmitteln und zu 25 Prozent von allen Ländern finanziert. 12. Was unternimmt die Bundesregierung aktuell, um die Baldin-Sammlung aus Moskau zurück in die Bremer Kunsthalle zu bringen? 13. Was unternimmt die Bundesregierung im Fall der Silbersammlung des Herzogs von Anhalt? Die Fragen 12 und 13 werden gemeinsam beantwortet. Die Bundesregierung ist weiterhin bemüht, durch Fortsetzung der Gespräche in den seit 2004 bestehenden deutsch-russischen Arbeitsgruppen zur sog. Baldin- Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/1045 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Sammlung und der sog. Silbersammlung von Anhalt die Frage der Rückführung dieser kriegsbedingt verbrachten Kulturgüter in die Bundesrepublik Deutschland zu lösen. Die Bundesregierung hat im April 2016 dem russischen Kulturminister Medinski den Vorschlag zur Fortsetzung der Gespräche in den bilateralen Arbeitsgruppen unterbreitet. Der Vorschlag wurde seitens der Russischen Föderation jedoch als verfrüht zurückgewiesen. Die Bundesregierung hat der russischen Seite hierauf erneut den deutschen Standpunkt verdeutlicht und ihre Absicht bekundet , zur Lösung des Problems auch künftig Gespräche zur Rückführung kriegsbedingt verbrachter Kulturgüter zu führen. 14. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über den Verbleib der 1946 von der Roten Armee beschlagnahmten und seit 1947 verschollenen Rüstkammer der Wartburg? Die Sammlungsobjekte der Wartburger Rüstkammer sind Teil einer Vielzahl kriegsbedingt verbrachter Kunst- und Kulturgüter, über deren möglichen Verbleib oder Untergang bislang Unklarheit herrscht. Bekannt ist, dass die Waffensammlung 1946 zunächst außerhalb der Wartburg in der Stadt Eisenach eingelagert wurde. Zum zwischenzeitlichen Verbringungsort der Sammlungsobjekte sowie der mittelalterlichen Pavese, die sich unter den 1958 von der Sowjetunion an die DDR zurückgegebenen Kulturgütern befand und als Teil der Rüstkammer- Sammlung seit 1961 wieder im Besitz der Wartburg-Stiftung ist, liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. 15. Was hat die Bundesregierung unternommen, um die Rückführung der 74 Gemälde aus dem Museum Simferopol (Krim) ins Suermondt-Ludwig-Museum nach Aachen zu erreichen? Diese Gemälde aus Aachen waren mehrfach Gegenstand der Sitzungen der Deutsch-Ukrainischen gemischten Kommission. Aufgrund der Annexion der Krim durch Russland ist es der Ukraine derzeit nicht möglich, Bilder aus dem Bestand des Museums in Simferopol zurückzugeben. 16. Was beabsichtigt die Bundesregierung, in dieser Frage noch zu tun? Deutschland erkennt die Annexion der Krim nicht an und betrachtet weiterhin die Ukraine als Gesprächspartner für auf der Krim verbliebene kriegsbedingt verlagerte Kulturgüter aus Deutschland. 17. Was hat die Bundesregierung seit 2006 unternommen, um die Vereinbarungen im deutsch-polnischen Freundschaftsvertrag vom Juni 1990 bezüglich der Kulturgüterrückführung umzusetzen? Die auf der Grundlage von Artikel 28 Absatz 3 des deutsch-polnischen Nachbarschaftsvertrags von 1991 geführten Kulturgüterrückführungsgespräche wurden 2005 von polnischer Seite nicht weiter geführt. In der deutsch-polnischen Erklärung vom 21. Juni 2011 zum 20. Jahrestag des Nachbarschaftsvertrages gelang es, die Absichtserklärung aufzunehmen, über die noch ungelösten Fragen der wechselseitigen Rückgabe von Kulturgütern Gespräche zu führen. Auf deutscher Seite wurde Staatssekretär a. D. Dr. Pleuger zum persönlichen Beauftragten für die 2012 aufgenommenen Sondierungsgespräche benannt. Die polnische Seite bestätigte den langjährigen Verhandlungsführer Prof. Kowalski. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 7 – Drucksache 19/1045 Die Sondierungsgespräche fanden zuletzt im Mai 2014 statt. Die für Juli 2014 in Warschau vorgesehene Verhandlungsrunde wurde von polnischer Seite abgesagt, ein neuer Termin bisher nicht angeboten. 18. Was beabsichtigt die Bundesregierung, in dieser Frage noch zu tun? Die Bundesregierung wird diese Fragen zu gegebener Zeit erneut mit Polen aufnehmen . 19. Gab es von Seiten der Bundesregierung in den letzten Jahren Initiativen, die Originalhandschrift „Das Lied der Deutschen“ von Hoffmann von Fallersleben wieder nach Deutschland zu holen (www.kas.de/wf/doc/kas_11993- 544-1-30.pdf?071031152701)? 20. Wenn ja, welche? 21. Wenn nein, warum nicht? Die Fragen 19 bis 21 werden gemeinsam beantwortet. Ein Teil des Nachlasses von Hoffmann von Fallersleben befindet sich heute, als Teil der im Krieg ausgelagerten Bestände der ehemaligen Preußischen Staatsbibliothek , in Krakau. Die Bundesregierung erhält gegenüber der Republik Polen ihren Anspruch auf Rückgabe dieser Bestände aufrecht. Es ist jedoch nicht bekannt, welches die erste Handschrift („Urschrift“) des Liedes ist. In der Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz befindet sich eine von Hoffmann von Fallersleben selbst geschriebene Handschrift mit dem Datum 26. August 1841. Eine weitere Handschrift mit demselben Datum befindet sich in der Stadt- und Landesbibliothek Dortmund. 22. Wie hoch war die finanzielle Förderung aus Bundesmitteln für die Erschließung eines Teils des Berlinka-Bestandes, der Sammlung Autographa, in den Jahren zwischen 2014 und 2017 durch Katalog und Digitalisierung? Die Sammlung Autographa als ein Teil des Berlinka-Bestandes ist bislang nur durch einen Katalog erschlossen, der 2007 erschien, und wurde bisher nicht digitalisiert . Diese Erschließung wurde nicht durch Bundesmittel gefördert. 23. Hat die Bundesregierung seit 2006 Schritte unternommen, um die Rückführung von Kunstgegenständen und Kulturgütern aus der Republik Polen, der Russischen Föderation und den Nachfolgestaaten der Sowjetunion mittels eines internationalen Schieds- oder Gerichtsverfahrens zu erreichen? Nein, die Bundesregierung bemüht sich um einvernehmliche Lösungen durch Verhandlungen. 24. Mit Mitteln in welcher Höhe unterstützt der Bund die Stiftung Deutsches Zentrum Kulturgutverluste? Die Fragen 24 und 26 werden gemeinsam beantwortet. Die 2015 errichtete Stiftung Deutsches Zentrum Kulturgutverluste wird institutionell aus dem Haushalt der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) gefördert. Die Höhe der institutionellen Förderung und die Höhe der sächlichen Verwaltungsausgaben stellt sich für die Haushaltsjahre 2015 bis 2017 wie folgt dar: Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/1045 – 8 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Haushaltsjahr 2015 (in T €) 2016 (in T €) 2017 (in T €) Institutionelle Förderung durch den Bund (BKM) 5.300 4.484 5.660 davon sächliche Verwaltungsausgaben 523 379 503 (vorl. Ist) Hinzu kommen einzelne gesonderte Förderungen für konkrete Projekte der Stiftung . Die Förderung der Stiftung für das Jahr 2018 erfolgt bislang im Rahmen der vorläufigen Haushaltsführung auf Grundlage des 1. Regierungsentwurfs zum Bundeshaushalt 2018. 25. Wie viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind bei der Stiftung Deutsches Zentrum Kulturgutverluste nach Kenntnis der Bundesregierung aktuell beschäftigt , und welche Qualifikation haben sie? Die Stiftung Deutsches Zentrum Kulturgutverluste wird von einem hauptamtlichen und einem ehrenamtlichen wissenschaftlichen Vorstand geleitet. Darüber hinaus sind bei der Stiftung derzeit 20 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt. Deren Qualifikation reicht von für die Aufgabenstellungen einschlägigen Ausbildungs- bis hin zu wissenschaftlichen Hochschulabschlüssen. Einen Überblick über die Organisationsstruktur der Stiftung bietet der Internetauftritt des Deutschen Zentrums Kulturgutverluste unter www.kulturgutverluste. de/Webs/DE/Stiftung/Organisation/Team/Index.html. 26. Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung der Sachmittelhaushalt der Stiftung? Auf die Antwort zu Frage 24 wird verwiesen. 27. Wie hoch sind nach Kenntnis der Bundesregierung die jährlich in der Stiftung durch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geleisteten Vollzeitäquivalente (VZÄ)? Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und des Deutschen Zentrums Kulturgutverluste arbeiten jeweils in Vollzeit. 28. Wie viele in der Stiftung geleisteten VZÄ entfallen nach Kenntnis der Bundesregierung auf a) allgemeine Verwaltungsarbeiten, b) Projekte im Zusammenhang mit NS-Raubkunst und c) Projekte im Zusammenhang mit kriegsbedingt verlagerten Kulturgütern (bitte die Daten seit Gründung gegliedert nach Jahren aufschlüsseln)? Angaben zur Verteilung von Vollzeitäquivalenten nach den vorgegebenen Kategorien werden nicht erhoben und liegen der Bundesregierung daher nicht vor. Nach § 2 Absatz 2 der Stiftungssatzung ist der Schwerpunkt der Tätigkeit der Stiftung die Beratung und Unterstützung von Kultur- und Wissenschaftseinrichtungen im Bund, den Ländern und den Kommunen, insbesondere beim Umgang Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 9 – Drucksache 19/1045 mit Kulturgütern, die im Zusammenhang mit Verfolgungsmaßnahmen in der Zeit des Nationalsozialismus entzogen oder in Folge des Zweiten Weltkrieges verlagert wurden oder abhandengekommen sind. 29. Wie bewertet die Bundesregierung die nach Ansicht der Fragesteller zurückhaltende Beteiligung der Republik Polen, der Russischen Föderation und der Nachfolgestaaten der Sowjetunion an der Seite www.lostart.de, wenn es darum geht, eigene Funde anzuzeigen? Die Bundesregierung geht davon aus, dass Art und Umfang der Nutzung der Lost- Art-Datenbank zu kriegsbedingt verbrachten Objekten durch die genannten Staaten ihrer Grundhaltung auf diesem Politikfeld entspricht. Auf die Antwort zu den Fragen 1 und 17 wird verwiesen. 30. Welchen Einfluss hat nach Ansicht der Bundesregierung die Arbeit der Stiftung seit 2005 auf die Rückgabeverhandlungen der Bundesregierung mit der Republik Polen, der Russischen Föderation und den Nachfolgestaaten der Sowjetunion? Das Deutsche Zentrum Kulturgutverluste wurde im Jahr 2015 gegründet. Seine beiden Vorgängereinrichtungen, die ehemalige Koordinierungsstelle Magdeburg (tätig von 1994 bis 2014) und die ehemalige Arbeitsstelle für Provenienzforschung (tätig von 2008 bis 2014), waren im Rahmen der internationalen Fachaktivitäten zur Thematik der kriegsbedingt verbrachten Kulturgüter eingebunden. Das Deutsche Zentrum Kulturgutverluste hat gemäß § 2 Absatz 2 Satz 3 der Stiftungssatzung die Aufgabe, in den Fällen kriegsbedingt verlagerter oder abhanden gekommener Kulturgüter in Abstimmung mit den jeweils federführenden obersten Bundesbehörden, Kultur- und Wissenschaftseinrichtungen im Bund, den Ländern und den Kommunen bei der Herbeiführung völkerrechtskonformer Lösungen zu beraten und zu unterstützen. Darin knüpft das Zentrum an die genannte Tätigkeit seiner Vorgängereinrichtungen an. Bei der Dokumentation von kriegsbedingten Kulturgutverlusten in der Lost-Art- Datenbank wie auch als Ansprechpartner und Unterstützer bei dem fachlichen Austausch Deutschlands mit den Staaten, die entsprechende Kulturgüter besitzen, kommt dem Zentrum eine besondere Bedeutung zu. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333