Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Gesundheit vom 24. Mai 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/10462 19. Wahlperiode 24.05.2019 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Axel Gehrke, Paul Viktor Podolay, Dr. Robby Schlund, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der AfD – Drucksache 19/9940 – Koran-Sure in Türkisch und Deutsch auf Beipackzetteln von Medikamenten für den deutschen Arzneimittelmarkt V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Das in Deutschland in Verkehr gebrachte Fertigarzneimittel „Pankreatin Mikroratiopharm 20 000“ enthält den Wirkstoff Pankreas-Pulver vom Schwein (Pankreatin ) entsprechend 20 000 Ph.Eur.-Einheiten Lipase pro Kapsel ( w w w . ratiopharm.de/produkte/praeparate-details/praeparate/praeparatedaten/detail/pzn- 7097563.html). Das Fertigarzneimittel „Pankreatin Mikro-ratiopharm 20 000“ wurde von der zuständigen Bundesoberbehörde, dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) unter der Zulassungsnummer 6760053.00.00 amtlich zugelassen. Teil der amtlichen Zulassung ist neben der Beschriftung der Faltschachtel und dem Text der Fachinformation auch der Text der Packungsbeilage (§ 22 Absatz 7 des Arzneimittelgesetzes – AMG). Näheres zur Gestaltung der Packungsbeilage regelt das BfArM in der „Bekanntmachung von Empfehlungen zur Gestaltung von Packungsbeilagen nach § 11 des Arzneimittelgesetzes (AMG) für Humanarzneimittel (gemäß § 77 Absatz 1 AMG) und zu den Anforderungen § 22 Absatz 7 Satz 2 AMG (Überprüfung der Verständlichkeit von Packungsbeilagen)“ vom 14. April 2015. Dort heißt es, über die Angaben gemäß § 11 AMG hinaus könnten in der Packungsbeilage weitere Angaben gemacht werden. Diese müssten dann, „für die gesundheitliche Aufklärung wichtig sein“. Zu den dort genannten weiteren Vorgaben gehört auch der „Verzicht auf inhaltliche Wiederholungen“. § 11 AMG schreibt die Formulierung „allgemein verständlich in deutscher Sprache“ vor. „Sofern die Angaben nach Satz 1 in der Packungsbeilage zusätzlich in einer anderen Sprache wiedergegeben werden, müssen in dieser Sprache die gleichen Angaben gemacht werden“, heißt es weiter. Der Beipackzettel enthält folgenden Text: „Pankreatin Mikro-ratiopharm® 20 000 enthält wirksame Enzyme der Bauchspeicheldrüse vom Schwein, die einen Enzymmangel bei einer Störung der Bauchspeicheldrüsenfunktion beheben . Auch muslimische Patienten dürfen Pankreatin Mikro-ratiopharm® 20 000 Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/10462 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode einnehmen. Der 174. Vers der 2. Sure des Korans sagt: Türkisch: Allah size ölü (boğazlanmamış hayvanın) etini, akan kanı, domuz etini ve Allah‘ dan başkası (put veya şahıslar) için kesilmiş hayvanı haram etmiştir. Fakat helâk olacak derecede zorda kalan, istemeyerek ve zaruret miktarını aşmayarak bunlardan yerse, günah işlemiş sayılmaz. Şüphesiz ki, Allah çok bağışlayıcı ve çok rahmet sahibidir. Deutsch: Euch ist nur verboten: das, was verendet ist, und Blut und Schweinefleisch, und was nicht im Namen Allahs geschlachtet (oder Götzen geopfert) ist. Wer aber (aus Not) gezwungen, unfreiwillig, ohne böse Absicht und nicht unmäßig davon genießt, der hat keine Sünde damit (begangen); denn Allah verzeiht und ist barmherzig“ (www.ratiopharm.de/assets/products/de/ pkg_insert/Pankreatin_Mikro-ratiopharm_20_000.pdf?pzn=7097563). Hindus ist es aus religiösen Gründen nicht erlaubt, Kühe zu verzehren (Hans Bonnet: Kuh. In: Lexikon der ägyptischen Religionsgeschichte, Hamburg 2000, S. 402-405). Eine Vielzahl von Arzneimitteln enthält Bestandteile vom Rind, zum Beispiel Gelatine (www.tagesspiegel.de/politik/bse-teile-vom-rind-intabletten /183532.html). Auch „Pankreatin Mikro-ratiopharm 20 000“ enthält Gelatine. Ob sie vom Rind stammt, lässt sich der Packungsbeilage nicht entnehmen . Wie Muslimen ist es auch Juden aus religiösen Gründen untersagt, Schweine zu essen (3. Buch Mose, Kapitel 11, 7.). Die Vorschrift im 2. Buch Mose, Kapitel 23, Vers 19 („Koche nicht das Fleisch des Geißleins in der Milch seiner Mutter “) macht die Einnahme einer Laktose-haltigen Tablette nach einer Fleischmahlzeit an sich problematisch. Andererseits gelten die strengen Regeln auch für Juden nicht uneingeschränkt: Für sie gilt nämlich das Prinzip der Erhaltung der Gesundheit für jeden Einzelnen (5. Buch Mose, Kapitel 4, 15). Jeder ist verpflichtet , seinem Schöpfer zu dienen, was nur bei guter Gesundheit in vollem Umfang möglich ist (www.juedisches-recht.de/rabbi/gesundheit_erste_hilfe.php). Christen verzichten am Karfreitag darauf, Fleisch zu essen (www.theology. de/kirche/kirchenjahr/karfreitag.php.) Aber auch für Christen gelten die Fastenregeln nicht uneingeschränkt. Die Deutsche Bischofskonferenz dazu: „Entschuldigt ist wer durch Krankheit […] am Fasten oder an der Abstinenz gehindert ist“ (https://bistum-augsburg.de/Hauptabteilungen/Hauptabteilung-VI/ Glaube-und-Lehre/Glaubenslehre/Glaubensfragen/Fastenzeit-frueher-und-heute). V o r b e m e r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Die Regelungen zum Inhalt von Packungsbeilagen für Arzneimittel sind durch die Richtlinie 2011/83/EG europäisch harmonisiert und im Arzneimittelgesetz (AMG) umgesetzt. Dabei zu unterscheiden sind gesetzlich vorgeschriebene Pflichtinhalte in der Packungsbeilage nach § 11 AMG und weitere zusätzliche Angaben durch den Zulassungsinhaber. Mit dem Antrag auf Zulassung eines Arzneimittels ist ein Textentwurf der Packungsbeilage vorzulegen, welcher im Rahmen der Zulassung einer behördlichen Bewertung unterzogen wird. 1. Stimmen die oben zitierten Passagen der Packungsbeilage mit der amtlichen Zulassung überein? Die zitierten Passagen der Packungsbeilage für das Arzneimittel Pankreatin Mikro-ratiopharm® 20 000 stimmen mit der genehmigten Fassung überein. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/10462 2. Falls ja, warum ist es aus Sicht der Bundesregierung „für die gesundheitliche Aufklärung wichtig“ bzw. vereinbar mit der Forderung nach „Verzicht auf inhaltliche Wiederholungen“, nachdem die Zusammensetzung des Arzneimittels und damit seine Herkunft vom Schwein im Gebrauchsinformationsteil der Packungsbeilage bereits zweimalig explizit genannt wurde, anschließend eine „Patienteninformation“ anzufügen, in der die Herkunft des Wirkstoffs ein drittes Mal beschrieben wird? 3. Wieso handelt es sich dann aus Sicht der Bundesregierung bei der exklusiven „Patienteninformation“ für Muslime im Beipackzettel – in Anbetracht der Tatsache, dass die Zusammensetzung des Arzneimittels und damit seine Herkunft vom Schwein im Gebrauchsinformationsteil der Packungsbeilage bereits zweimalig explizit genannt wurde und der welcher Glaubensrichtung auch immer anhängende Anwender damit seine eigenen Schlüsse für sein Verhalten bereits ziehen kann – um eine für die gesundheitliche Aufklärung wichtige Zusatzangabe zur Anwendung des Arzneimittels und nicht um eine reine Unterrichtung zu muslimischen Glaubensfragen? 4. Warum hält es die Bundesregierung für geboten, wenn die Zusatzinformation als für die gesundheitliche Aufklärung als wichtig angesehen wird und dem BfArM im Zulassungsverfahren so vorlag, diese in der Packungsbeilage im Anschluss an den gesetzlich vorgeschriebenen Text der „Gebrauchsinformation “ (Untertitel „Information für den Anwender“) in Form einer zweisprachigen Koran-Sure zu genehmigen und Christen, Juden und Hindus, für die entsprechende religiöse Zitate fehlen, somit nach Ansicht der Fragesteller zu diskriminieren, während man sich ausschließlich an Muslime wendet? 5. Warum genehmigt das BfArM eine Packungsbeilage, die zwar die Herkunft des Arzneimittels vom Schwein und damit eine wichtige Information für die davon betroffenen Gläubigen dargelegt, die nach Ansicht der Fragesteller Hindus aber diskriminiert, weil die für sie relevante Information zur fraglichen Herkunft vom Rind weder in den Pflichtangaben im Teil „Gebrauchsinformation “ noch im Teil „Patienteninformation“ der Packungsbeilage enthalten ist? Die Fragen 2 bis 5 werden aufgrund ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Bei den angesprochenen Angaben in der Packungsbeilage des Arzneimittels Pankreatin Mikro-ratiopharm® 20 000 handelt es sich um freiwillige Angaben des Zulassungsinhabers. Diese weiteren, freiwilligen Angaben auf Antrag des pharmazeutischen Unternehmers sind zulässig, wenn sie mit der Anwendung des Arzneimittels im Zusammenhang stehen, für die gesundheitliche Aufklärung der Patientinnen und Patienten wichtig sind und den Angaben der Fachinformation nicht widersprechen. Die weiteren Angaben müssen deutlich von den Angaben nach § 11 Absatz 1 bis 4 abgegrenzt sein. Die Einhaltung dieser Vorgaben wird im Rahmen der Zulassung geprüft. Die von den Fragestellern zitierte Bekanntmachung des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte von Empfehlungen zur Packungsbeilage enthält eine allgemeine Vorgabe, auf inhaltliche Wiederholungen zu verzichten, um die Verständlichkeit zu verbessern. Die nach dem Gesetz zulässigen weiteren Angaben sollen insbesondere der Verbesserung der Einnahmetreue dienen oder die Eigenschaften des Arzneimittels und der Stoff- oder Indikationsgruppe oder ihre Wirkweise erklären. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/10462 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 6. Warum ist es aus Sicht der Bundesregierung nach den Maßgaben zur Gestaltung von Packungsbeilagen „für die gesundheitliche Aufklärung wichtig“, die Koran-Sure im Beipackzettel in Türkisch und Deutsch zu zitieren, während die Pflichtangaben gemäß § 11 Absatz 1 AMG ausschließlich in Deutsch erfolgen, eine für die sichere Anwendung hinreichende deutsche Sprachkenntnis der Anwender also eigentlich vorausgesetzt wird? Die Packungsbeilage muss in deutscher Sprache gefasst sein. Sofern die Angaben in der Packungsbeilage zusätzlich in einer anderen Sprache wiedergegeben werden, müssen in dieser Sprache die gleichen Angaben gemacht werden. Ergänzend wird auf die Antwort zu den Fragen 2 bis 5 verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333