Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat vom 27. Mai 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/10513 19. Wahlperiode 29.05.2019 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Filiz Polat, Dr. Franziska Brantner, Dr. Konstantin von Notz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 19/10117 – Minority-SafePack-Initiative V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r In der Europäischen Union leben über 50 Millionen Angehörige nationaler Minderheiten . Neben den 23 Amtssprachen existieren über 60 Regional- und Minderheitensprachen . Jede siebte Bürgerin bzw. jeder siebte Bürger der Europäischen Union ist Mitglied einer Minderheit oder spricht eine Minderheitensprache . Die Europäische Bürgerinitiative „Minority SafePack – eine Million Unterschriften für die Vielfalt Europas“ fordert die Stärkung der Rechte von sprachlichen und ethnischen autochthonen, nationalen Minderheiten in den EU- Staaten. Die Initiative entstand durch das Engagement der Mitgliedsorganisationen der Föderalistischen Union Europäischer Nationalitäten (FUEN). Es wurde ein Paket von Rechtsinstrumenten und Maßnahmen zum Schutz und zur Förderung nationaler Minderheiten ausgearbeitet (www.minority-safepack.eu/). Dieses umfasst eine Reihe von EU-Rechtsakten, die die Förderung von Rechten der Europäischen Minderheiten, den Schutz der Regional- und Minderheitensprachen sowie ihrer Kulturen ermöglichen sollen. Damit soll die Europäische Union Verantwortung übernehmen und zu einem wahrhaften Förderer der kulturellen und sprachlichen Vielfalt in ganz Europa werden. Die Minority-SafePack-Initiative umfasst ursprünglich elf Vorschläge, von denen neun von der Europäischen Kommission registriert wurden (www.fuen.org/ de/news/einzelansicht/article/legal-experts-work-on-legislative-proposals-basedon -the-minority-safepack-initiative/): – EU-Empfehlung zum Schutz und zur Förderung der kulturellen und sprachlichen Vielfalt, – Förderprogramme für kleine Sprachgemeinschaften, – die Schaffung eines Zentrums für Sprachenvielfalt, – den Schutz nationaler Minderheiten und die Förderung der kulturellen und sprachlichen Vielfalt aufzunehmen in die Ziele des EU-Fonds für regionale Entwicklung, Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/10513 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – die Forschung über den Mehrwert von Minderheiten in unserer Gesellschaft und Europa voranzutreiben, – Anstrebung der Gleichheit für staatenlose Minderheiten, z. B. Roma, – ein übergreifendes europäisches Urheberrechtsgesetz, damit Medien und Dienstleistungen in der Muttersprache wahrgenommen werden können, – Freiheit der Leistung und Inanspruchnahme audiovisueller Inhalte in den Minderheitenregionen, – bedingungslose Einbeziehung der Minderheiten in regionale und staatliche Förderprogramme zum Erhalt von Kultur, Medien und Kulturerbe. Die Europäische Bürgerinitiative ist aus Sicht der Fragesteller eine der relevantesten Initiativen der autochthonen, nationalen Minderheiten in Europa in den letzten Jahren. Die Europäische Kommission registrierte – nach ursprünglicher Ablehnung und nachfolgendem Rechtsstreit vor dem Europäischen Gerichtshof – die Initiative am 3. April 2017. Die Initiative sammelte innerhalb eines Jahres 1 128 385 Millionen Unterschriften (www.minority-safepack.eu/). Die Vorlage der validierten Unterschriften an die Europäische Kommission soll nach Aussage der Initiatoren nach der Konstituierung der neuen Kommission nach den Europawahlen im Mai 2019 erfolgen (www.fuen.org/de/news/einzel ansicht/article/the-statements-of-support-for-the-minority-safepack-initiativewill -be-presented-only-to-the-new-european-commission/). Eine öffentliche Anhörung im Europäischen Parlament und eine Positionierung der Europäischen Kommission bezüglich der Minority-SafePack-Initiative steht damit noch aus. 1. Wie beurteilt die Bundesregierung die in der Vorbemerkung der Fragesteller genannten neun Vorschläge der Minority-SafePack-Initiative zur Stärkung der Rechte von Angehörigen nationaler Minderheiten? 2. Welche sind nach Ansicht der Bundesregierung die wichtigsten noch ungelösten Fragen bezüglich der Förderung und des Schutzes nationaler Minderheiten in Europa? Die Fragen 1 und 2 werden zusammen beantwortet. Grundsätzlich befürwortet die Bundesregierung stets weitere Bestrebungen zum Schutz und zur Förderung nationaler Minderheiten. Zu den einzelnen Forderungen der Europäischen Bürgerinitiative „Minority SafePack“ gibt es noch keine Position der Bundesregierung. Es bleibt zunächst abzuwarten, ob und wann die Organisatoren der Initiative diese mit den validierten Unterschriften der Europäischen Kommission offiziell vorlegen und inwieweit die Kommission gegebenenfalls die einzelnen Forderungen der Initiative aufgreift. Das Rahmenübereinkommen des Europarats zum Schutz nationaler Minderheiten und die Europäische Charta der Regional- oder Minderheitensprachen gewährleisten bereits ein hohes Schutzniveau für die nationalen Minderheiten in Europa. Beim Umgang mit der „Minority SafePack“-Initiative wird daher aus Sicht der Bundesregierung zu berücksichtigen sein, dass auf Ebene der Europäischen Union kein „Konkurrenzregime “ zu diesen beiden Europaratsabkommen etabliert werden sollte, durch das ineffektive Parallelstrukturen geschaffen werden. Mit der Etablierung eines eigenständigen Schutzregimes für nationale Minderheiten auf der Ebene der Europäischen Union könnte zudem die Gefahr einhergehen, dass sich in Fragen des Minderheitenschutzes der Fokus vom Europarat auf die Europäische Union – mit gegebenenfalls niedrigerem Schutzniveau als auf der Ebene des Europarats – verschiebt und dadurch auch die Gewährleistung des Minderheitenschutzes in Mit- Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/10513 gliedstaaten des Europarats, die nicht der Europäischen Union angehören, aus dem Blick der Mitgliedstaaten der Europäischen Union und der Öffentlichkeit gerät. 3. Wie viele Mittel sind für welche Maßnahmen der Förderung und Unterstützung autochthoner, nationaler Minderheiten in Deutschland im Bundeshaushalt 2019 und im Bundeshaushalt 2020 vorgesehen (bitte nach Einzelplänen differenzieren)? Hinsichtlich der Höhe der Mittel für Maßnahmen der Förderung und Unterstützung der nationalen Minderheiten in Deutschland im Bundeshaushalt 2019 wird auf den allgemein zugänglichen Haushaltsplan des Bundes für das Jahr 2019 verwiesen . Der Bundeshaushalt für das Haushaltsjahr 2020 befindet sich zurzeit im Aufstellungsverfahren, so dass keine abschließenden Beträge genannt werden können. 4. Welche Förderprogramme und wie viele Finanzmittel sollen für kleine und/oder bedrohte Sprachgemeinschaften nach Auffassung der Bundesregierung durch die Europäische Union bereitgestellt werden? Wie setzt sich die Bundesregierung dafür ein, den Zugang zu finanzieller Förderung für kleine Sprachgemeinschaften innerhalb der Europäischen Union zu verbessern? Die Förderung kleiner Sprachgemeinschaften ist Teil der Forderungen der „Minority SafePack“-Initiative. Insofern wird auf die Antwort zu den Fragen 1 und 2 verwiesen. 5. Inwiefern und mit welchen Maßnahmen will die Bundesregierung dem Aussterben von Sprachen in Deutschland entgegenwirken, und welcher Zeitplan ist dafür vorgesehen? Die Bundesregierung sieht die Maßnahmen zur Verhinderung des Aussterbens der in Deutschland anerkannten Sprachen im Sinne der Europäischen Charta der Regional- oder Minderheitensprachen nicht als eine zeitlich begrenzte Aufgabe, sondern als Daueraufgabe für den Bund, die Länder und die Sprecher dieser Sprachen . Hinsichtlich der einzelnen Maßnahmen zum Schutz und zur Förderung der Minderheitensprachen und der Regionalsprache Niederdeutsch in Deutschland wird auf den fünften Bericht der Bundesrepublik Deutschland zum Rahmenübereinkommen des Europarats zum Schutz nationaler Minderheiten (abrufbar unter www.bmi.bund.de/SharedDocs/downloads/DE/veroeffentlichungen/themen/ heimat-integration/minderheiten/5-fuenfter-staatenbericht-rahmenuebereinkommen. pdf?__blob=publicationFile&v=2) und den sechsten Bericht der Bundesrepublik Deutschland zur Europäischen Charta der Regional- oder Minderheitensprachen (abrufbar unter www.bmi.bund.de/SharedDocs/downloads/DE/veroeffentlichungen/ themen/heimat-integration/minderheiten/6-sechster-staatenbericht-sprachcharta. pdf?__blob=publicationFile&v=3) verwiesen. 6. Inwiefern wird sich die Bundesregierung für die Gründung eines Europäischen Zentrums für Sprachenvielfalt (Language Diversity Centre) einsetzen, und wenn nein, warum nicht? Die Gründung eines Europäischen Zentrums für Sprachenvielfalt ist eine der Forderungen der „Minority SafePack“-Initiative. Insofern wird auf die Antwort zu den Fragen 1 und 2 verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/10513 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 7. Wird sich die Bundesregierung dafür einsetzen, den Schutz nationaler Minderheiten und die Förderung ihrer kulturellen und sprachlichen Vielfalt in die Zielvorgaben der EU-Kohäsionspolitik und des EU-Fonds für regionale Entwicklung aufzunehmen, und wenn ja, wie soll dieses Ziel erreicht werden ? Gemäß Artikel 174 AEUV zielt die EU-Kohäsionspolitik auf die Stärkung des wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalts in der Europäischen Union, um eine harmonische Entwicklung der Union als Ganzes zu fördern. Die Bundesregierung begrüßt im Grundsatz die Vorschläge, die die Europäische Kommission zur neuen Förderperiode 2021 bis 2027 für den Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung und den Europäischen Sozialfonds Plus (ESF +) vorgelegt hat. Die Bundesregierung begrüßt auch, dass nach dem Vorschlag der Europäischen Kommission die sozioökonomische Integration gefördert werden kann. Der ESF + unterstützt und ergänzt die politischen Maßnahmen der Mitgliedstaaten zur Gewährleistung von Chancengleichheit, des Zugangs zum Arbeitsmarkt , von fairen Arbeitsbedingungen, des Sozialschutzes und der Inklusion sowie eines hohes Gesundheitsschutzniveaus und verleiht diesen einen Mehrwert. In der aktuellen Förderperiode finden sich in allen Programmen der Europäischen Struktur- und Investitionsfonds Maßnahmen und Bedingungen, die eine Einhaltung und Stärkung des Querschnittsziels „Chancengleichheit und Nichtdiskriminierung “ unterstützen. Zu diesem Zweck ist in einigen Programmen zum Europäischen Sozialfonds eine Doppelstrategie aus indirekten und direkten Maßnahmen prominent verankert. In den Programmen zum Europäischen Fonds für regionale Entwicklung sind es vor allem indirekte Maßnahmen wie zum Beispiel im Bereich der Stadtentwicklung, die der Verbesserung der Integration benachteiligter gesellschaftlicher Gruppen in Bildung und Arbeit dienen. 8. Wie setzt sich die Bundesregierung dafür ein, die Forschung über den Mehrwert von nationalen Minderheiten in unserer Gesellschaft und Europa voranzutreiben ? Welche EU-Forschungsprogramme sollen nach Auffassung der Bundesregierung den Mehrwert nationaler Minderheiten vertiefend untersuchen, und in welcher Höhe sollen zusätzliche Mittel dafür bereitgestellt werden? Die Bundesregierung hat im Jahr 1998 zusammen mit den Regierungen des Königreichs Dänemark und des Landes Schleswig-Holstein das Europäische Zentrum für Minderheitenfragen (European Centre for Minority Issues – ECMI) in Flensburg als rechtsfähige Stiftung des bürgerlichen Rechts gegründet und fördert dieses gemeinsam mit den beiden anderen Stiftern. Das ECMI hat gemäß seiner Satzung den Zweck, sich in einer europäischen Perspektive durch Forschung, Information und Beratung mit Fragen von nationalen Minderheiten beziehungsweise autochthonen Volksgruppen und Mehrheiten und den daraus entstehenden Problemen zu befassen. Im Übrigen wird auf die Antwort zu den Fragen 1 und 2 verwiesen. 9. Für welche Maßnahmen setzt sich die Bundesregierung in der Europäischen Union ein, um staatenlosen Menschen, die Angehörige nationaler Minderheiten sind, die Angleichung ihrer Rechte zu gewähren? Der Schutz nationaler Minderheiten in Europa bestimmt sich gegenwärtig insbesondere nach den beiden einschlägigen Abkommen des Europarats: des Rahmenübereinkommens zum Schutz nationaler Minderheiten und der Europäischen Charta der Regional- oder Minderheitensprachen. Die Abkommen enthalten Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/10513 keine Definition des Begriffs der nationalen Minderheit. Es obliegt daher jedem Unterzeichnerstaat, die Voraussetzungen für die Anerkennung einer Bevölkerungsgruppe als nationale Minderheit festzulegen und zu bestimmen, welche Bevölkerungsgruppen diese Voraussetzungen erfüllen. Vor diesem Hintergrund ist es Sache des jeweiligen Unterzeichnerstaates, zu entscheiden, inwieweit die Staatsangehörigkeit ein Kriterium für die Anerkennung einer in dem betreffenden Staat lebenden Bevölkerungsgruppe als nationale Minderheit ist. 10. Welche Pläne verfolgt die Bundesregierung, damit Angehörige nationaler Minderheiten Übertragungen von audiovisuellen Inhalten (z. B. Nachrichten und Sportveranstaltungen) in Deutschland auch in den jeweiligen Regionaloder Minderheitensprachen in Anspruch nehmen können? 11. Wie setzt sich die Bundesregierung für die Freiheit und Inanspruchnahme audiovisueller Inhalte in den jeweiligen Regional- und Minderheitensprachen in den Minderheitenregionen ein? Die Fragen 10 und 11 werden wegen ihres Sachzusammenhangs zusammengefasst beantwortet. Aufgrund der verfassungsrechtlich geschützten Rundfunkfreiheit hat die Bundesregierung keinen Einfluss auf die Gestaltung von audiovisuellen Inhalten wie z. B. Nachrichten und Sportveranstaltungen. Hinzu kommt, dass die Zuständigkeit für den inländischen Rundfunk nicht der Bundesregierung, sondern den Ländern obliegt. Die Verantwortung für das Programm trägt die jeweilige Intendanz. 12. Wie setzt sich die Bundesregierung für die Einbeziehung des Schutzes von nationalen Minderheiten in die Förderrichtlinien regionaler und staatlicher Förderprogramme zum Erhalt von Kultur, Medien und Kulturerbe ein? Der Schutz nationaler Minderheiten erfolgt seitens der Bundesregierung durch die Umsetzung entsprechender völkerrechtlicher Verpflichtungen. Kulturelle Förder-programme aus dem Haushalt der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien werden unabhängig davon mit dem Ziel einer aktiven Bildungs - und Vermittlungsarbeit verbunden. Bislang unterrepräsentierte Zielgruppen erhalten dabei einen besonderen Stellenwert. Aussagen über regionale Förderprogramme , die ihrem Charakter nach in der Verantwortung der Länder und Kommunen liegen, können seitens der Bundesregierung nicht getroffen werden. 13. Welche weiteren Maßnahmen aus der Minority-SafePack-Initiative werden nach Kenntnis der Bundesregierung in Deutschland eingeführt? Es wird auf die Antwort zu den Fragen 1 und 2 verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333