Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Verteidigung vom 28. Mai 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/10543 19. Wahlperiode 31.05.2019 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Tobias Pflüger, Dr. Alexander S. Neu, Matthias W. Birkwald, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 19/9694 – Bundeswehr-Werbung bei Stellenabbau von Unternehmen V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Nachdem die Autobauer Ford und Volkswagen einen massiven Stellenabbau angekündigt hatten, warb die Bundeswehr vor den Werkstoren in Köln beziehungsweise Wolfsburg mit vermeintlich lustigen Sprüchen für sich als Arbeitgeber . „Job Fort? Mach, was wirklich zählt.“ lautete der Bundeswehr-Werbeslogan in Köln, „Jetzt Job fürs Volk wagen! Mach, was wirklich zählt.“ lautete der Slogan in Wolfsburg. Zur Werbekampagne bei Ford gehörte zudem eine Anzeige in einer Kölner Boulevard-Zeitung und entsprechende Posts auf Instagram , Facebook („Bereit für einen Spurwechsel? Vom Autobauer zur Bundeswehr !“) und im Internet (www.bundeswehrkarriere.de/ihr-arbeitgeber-bundeswehr/ highlights/spurwechsel). Die Werbeaktion löste massive Proteste bei den Betroffenen aus (z. B. Express, 5. April 2019). Denn die beiden Autobauer haben umfangreiche Stellenstreichungen angekündigt, bei Ford sollen 5 400 Stellen wegfallen, davon 3 800 in Köln, in Saarlouis rund 1 600. Bei Volkswagen stehen 7 000 Stellen vor dem Aus. Vor diesem Hintergrund wurden Werbeslogans wie „Job Fort“ vor Ort – von Unternehmen, Betriebsrat, Medien – in fast gleichlautender Wortwahl als zynisch und geschmacklos bewertet. Nach Kenntnis der Fragestellenden bestand im unmittelbaren Vorfeld der Werbeaktion Kontakt zwischen Ford und der Leitungsebene des Bundesministeriums der Verteidigung. Dringende Bitten, die Kampagne zu unterlassen, um die Beschäftigten nicht zusätzlich zu verunsichern, wurden seitens des Bundesministeriums ignoriert. V o r b e m e r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Die Wehrpflicht ist seit sieben Jahren ausgesetzt. Die Bundeswehr ergreift daher Maßnahmen der Personalwerbung, die – wie bei jedem anderen Arbeitgeber auch – notwendig sind, um interessierten Bürgerinnen und Bürgern ein Bild von der Vielfalt der attraktiven beruflichen Möglichkeiten und Perspektiven in ihrem Aufgabenbereich zu vermitteln. Die Kommunikation der Arbeitgebermarke Bun- Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/10543 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode deswehr unter dem Claim „Mach, was wirklich zählt.“ adressiert junge, an einem Dienst in der Bundeswehr Interessierte unter den Aspekten Sinnstiftung und Qualifizierung . Die Bundeswehr sucht auch bereits ausgebildetes Fachpersonal in den Bereichen Technik und Handwerk und bietet im militärischen und zivilen Bereich krisenfeste Jobs und sichere Perspektiven auch für ehemalige Beschäftigte der Autohersteller . Diese betrachteten bisher die Bundeswehr nicht als potenziellen Arbeitgeber . Vor diesem Hintergrund war diese personalwerbliche Aktion bei den Autobauern Ford und VW direkt auf die personelle Nachfragesituation der Bundeswehr zugeschnitten . In dem für die Betroffenen ohne Zweifel schwierigen Prozess des Stellenabbaus will die Bundeswehr den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die von den Umstrukturierungs- und Sparmaßnahmen betroffen sind, eine attraktive und krisensichere Perspektive für den weiteren beruflichen Weg bieten. Abschließend ist in die Bewertung zur Sensibilität der Werbeaktion mit einzubeziehen , dass in den sozialen Netzwerken neben Kritik auch sehr viele positive Rückmeldungen – auch aus den Regionen und aus den angesprochenen Belegschaften – eingegangen sind. 1. Was haben die Kampagnen bei Ford und Volkswagen gekostet, und an welchen Standorten der beiden Automobilhersteller wurde geworben (bitte die Kosten nach Standort und Personaleinsatz vor Ort sowie für die Medienkampagne – Druckerzeugnisse, Facebook, Twitter, Instagram etc. – differenzieren )? Die Kosten der Einzelanzeigen und der beiden mobilen Ausstellungswände betrugen ca. 18 000 Euro. 2. Aus welchem Haushaltstitel stammen die dafür aufgewendeten Mittel (bitte unter nachvollziehbarer, konkreter Angabe von Kapitel und Titel angeben)? Die aufgewandten Haushaltmittel stammen aus dem Einzelplan 14, Kapitel 1403 Titel 53801 „Nachwuchswerbung“. 3. Inwiefern ist der Spruch „Job Fort?“, offenbar eine Anspielung auf den geplanten Stellenabbau, witzig? Die Bewertung, dass der Spruch witzig sein soll, stammt nicht von der Bundesregierung und wird daher von der Bundesregierung nicht weiter kommentiert. 4. Teilt die Bundesregierung die Kritik, dass der Spruch als geschmacklos und zynisch bewertet wird, angesichts der Tatsache, dass viele Beschäftigte ihre Arbeitsplätze verlieren werden? Die Bundesregierung wertet keine derartigen Meinungsäußerungen. Mit der Aktion wollte die Bundeswehr niemanden beleidigen. Die Bundeswehr beabsichtigte , mit der angesprochenen personalwerblichen Aktion in dem für die Betroffenen ohne Zweifel schwierigen Prozess des Stellenabbaus den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die von den Umstrukturierungs- und Sparmaßnahmen betroffen sind, eine attraktive und krisensichere Perspektive für den weiteren beruflichen Weg zu bieten. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/10543 5. Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus der Kritik, die Kampagne sei „respektlos“ und „beleidigend“, so der Ford-Betriebsrat, beziehungsweise „billige Menschenfängerei“ (Kölner Stadtanzeiger, 5. April 2019)? Auf die Antwort zu Frage 4 wird verwiesen. 6. Inwiefern teilt die Bundesregierung die Ansicht des nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Armin Laschet, die Kampagne sei „geschmacklos und nicht akzeptabel“, und welche Konsequenzen zieht sie daraus? Auf die Antwort zu Frage 4 wird verwiesen. 7. Gab es wegen dieser Kampagne Kontakte zwischen dem nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Armin Laschet und dem Bundesverteidigungsministerium , und wenn ja, welcher Art? Zu vertraulichen, bilateralen Gesprächen werden grundsätzlich keine Auskünfte gegeben. 8. Gab es wegen dieser Kampagne Kontakte zwischen dem früheren Ford-Chef und heutigem Verbandschef der Automobilindustrie, Bernhard Mattes, und dem Bundesverteidigungsministerium, und wenn ja, welcher Art? Nach Durchführung der personalwerblichen Maßnahme wandte sich der Verbandschef der Automobilindustrie per E-Mail an das BMVg. 9. Wie bewertet die Bundesregierung die Kritik von Ford-Geschäftsführung und Ford-Gesamtbetriebsrat in einer gemeinsamen Presseerklärung (u. a. via Facebook), die Bundeswehr versuche, „ohne Rücksicht auf die schwierige Situation unseres Unternehmens und die sensible Stimmung in der Belegschaft eigene Interessen durchzusetzen“? Auf die Antwort zu Frage 4 wird verwiesen. 10. Inwiefern war die Werbekampagne mit Ford abgestimmt? Die Bundeswehr führt Maßnahmen zur Kommunikation der Arbeitgebermarke Bundeswehr und Personalwerbung in eigener Verantwortung durch und hat im Vorfeld durch das Bundesamt für Personalmanagement der Bundeswehr (BAPersBw) Ford auf die beabsichtige Werbeaktion hingewiesen. 11. Inwiefern hat Ford im Vorfeld versucht, die Kampagne zu verhindern (Kölner Stadtanzeiger, 5. April 2019), und warum ist das Bundesverteidigungsministerium darauf nicht eingegangen, und wer hat darüber entschieden? Die Hauptstadtrepräsentanz von Ford hat in Telefonaten mit dem BMVg auf die eventuellen Probleme des Unternehmens hingewiesen. Letztendlich wurde die Aktion des BMVg nach sorgfältiger Abwägung aller Interessen und einer finalen Leitungsentscheidung durchgeführt. 12. Welche Stellen im Bundesverteidigungsministerium hatten in diesem Zusammenhang welche Art Kontakt mit Ford? Die Hauptstadtrepräsentanz von Ford hatte telefonischen Kontakt mit einigen Leitungsbüros des BMVg sowie dem Presse- und Informationsstab. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/10543 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 13. Welche Stellen im Bundesverteidigungsministerium erhielten Kenntnis von a) der geplanten Aktion, Die Leitungsbüros sowie der Presse- und Informationsstab waren informiert. b) von den Versuchen seitens Ford, die Durchführung dieser Aktion gänzlich zu verhindern? Die Leitungsbüros sowie der Presse- und Informationsstab waren informiert. 14. Inwieweit war die Leitungsebene des Bundesverteidigungsministeriums eingebunden ? Welche Kenntnisse hatten die Bundesministerin der Verteidigung selbst, einer der Staatssekretäre oder deren Büros zu welchem Zeitpunkt von der Kommunikation mit Ford? Auf die Antwort zu Frage 13 wird verwiesen. 15. An welcher Stelle blieb der Protest ggf. unterhalb dieser Leitungsebene hängen ? Die Stellungnahmen von Ford waren der Leitung des BMVg bekannt. Letztendlich gab es seitens der Hauptstadtrepräsentanz des Unternehmens keinen Protest, sondern lediglich die Bitte, die geplante Werbeaktion um eine Woche zu verschieben , was aufgrund von Mediabuchungsfristen kurzfristig nicht mehr ohne hohe Kostenverluste möglich war. 16. Von welcher Stelle im Bundesverteidigungsministerium oder nachgeordneten Behörden wurde die Kampagne verantwortet, von welcher Stelle oder welchem Unternehmen wurde sie entworfen und realisiert? Für Maßnahmen der Kommunikation der Arbeitgebermarke Bundeswehr ist der Presse- und Informationsstab verantwortlich 17. Wer hat seitens der Bundeswehr bzw. des Bundesverteidigungsministeriums über die Druckfreigabe der beschriebenen Anzeigen in Köln und Wolfsburg entschieden, und welches war jeweils die höchstrangige an dieser Entscheidung beteiligte Ebene der Bundeswehr und im Bundesministerium der Verteidigung ? Auf die Antwort zu Frage 16 wird verwiesen. 18. Inwiefern hat sich das Bundesverteidigungsministerium vor der Kampagne Gedanken darüber gemacht, welche Auswirkungen so eine Kampagne auf das betroffene Unternehmen, seinen Ruf und sein Image hat? Auf die Antwort zu Frage 4 wird verwiesen. 19. Führte oder führt die Bundeswehr Gespräche mit Ford zur Übernahme von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern (Kölner Stadtanzeiger, 5. April 2019), und wenn ja, mit welchem Ergebnis? Vor der Durchführung der Werbeaktion wurden zwischen der Präsidentin des Bundesamts für das Personalmanagement der Bundeswehr und dem Personalvorstand der Kölner Ford-Werke erste Gespräche zu Möglichkeiten einer Tätigkeit Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/10543 in den verschiedenen Bereichen der Bundeswehr geführt. Nach Durchführung der Werbeaktion wurde der Gesprächskontakt durch die Firma Ford abgebrochen und bis zum jetzigen Zeitpunkt auch nicht wiederaufgenommen. Diese Entscheidung des Personalmanagements von Ford wird von der Bundeswehr bedauert. 20. Welche Medien oder Medienvertreterinnen und Medienvertreter wurden seitens des Bundesverteidigungsministeriums, nachgeordneter Stellen oder sonstiger in die Erarbeitung oder Realisierung der Kampagne involvierter Personen bzw. Stellen gezielt auf die Aktionen in Köln bzw. Wolfsburg hingewiesen ? Über die Aktion wurden vorab die bundeswehreigenen Medien informiert. Darüber hinaus wurden Anzeigen im „Kölner Express“ und in der „Wolfsburger Allgemeinen Zeitung“ geschaltet. Ob diese Information an die jeweiligen Redaktionen herangetragen wurde, entzieht sich der hiesigen Kenntnis. 21. Inwieweit waren die Provokation, auch zum Preis einer Instrumentalisierung der Beschäftigten der betroffenen Unternehmen als Resonanzkörper, und die erwarteten Reaktionen in Medien und Öffentlichkeit Teil des Konzepts der Kampagnen, um die Reichweite zu erhöhen und Aufmerksamkeit zu generieren ? Die einmalige Werbeaktion der Bundeswehr in Köln und Wolfsburg, die im Zeitraum vom 3. bis 5. April 2019 crossmedial stattfand, richtete sich gegen niemanden und sollte auch niemanden beleidigen. Aber: Angesichts eines durch Fachkräftemangel gekennzeichneten Arbeitsmarktes soll und muss effiziente Werbung auffallen. 22. Inwiefern betrachtet das Bundesverteidigungsministerium diese Kampagnen als Erfolg bzw. Misserfolg? Es wird festgestellt, dass mit einem verhältnismäßig geringen Einsatz von Haushaltsmitteln eine erhebliche Resonanz auf die Werbeaktion erzeugt werden konnte. Mit bundesweit ca. 588 Meldungen auf die Anzeigen wurde eine Reichweite von ca. 152,4 Millionen Kontakten generiert. 23. Inwiefern hat die Bundeswehr schon ähnliche Kampagnen bei anderen Unternehmen durchgeführt, die Stellenabbau ankündigen oder betreiben (bitte nach Jahr, Unternehmen, Zahl der abgebauten Stellen auflisten)? Im Oktober 2017 wurde mit einer personalwerblichen Maßnahme um Flugbegleiterinnen und Flugbegleiter der in Insolvenz geratenen Fluglinie Air Berlin geworben . 24. Plant die Bundeswehr ähnliche Werbekampagnen bei anderen Unternehmen, die Beschäftigte entlassen und/oder Stellen abbauen (bitte nach Jahr, Unternehmen , Zahl der abzubauenden Stellen auflisten)? Die Bundeswehr kann nicht prognostizieren, bei welchen Unternehmen und in welchem Umfang zukünftig Stellen abgebaut werden müssen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/10543 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 25. Wie gelangt die Bundeswehr an Informationen darüber, welche Unternehmen in nächster Zukunft Arbeitsplätze abbauen? Die Bundeswehr nimmt die Berichterstattung der Medien in ihrer Vielfalt bewusst wahr und wertet die hier übermittelten Informationen regelmäßig aus. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333