Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 31. Mai 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/10580 19. Wahlperiode 03.06.2019 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Daniel Föst, Katja Suding, Grigorios Aggelidis, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/10269 – Entwicklung der Hilfen zur Erziehung V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Im Jahr 2017 hat die Inanspruchnahme von Hilfen zur Erziehung (HzE) einen neuen Höchststand erreicht. Bundesweit wurden knapp eine Million erzieherische Hilfen für Kinder und Jugendliche durch die Jugendämter und Träger der Kinder- und Jugendhilfe gewährt. Der bereits seit 2008 anhaltende Anstieg setzt sich somit fort. Von 2008 bis 2017 entspricht das einer Erhöhung um 23,6 Prozent (Statistisches Bundesamt, www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/ Soziales/Kinderhilfe-Jugendhilfe/aktuell-erzieherische-hilfe.html). Bei Hilfen zur Erziehung handelt es sich um einen Rechtsanspruch, auf den Eltern minderjähriger Kinder laut § 27 des Achten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VIII) Anspruch haben, wenn sie eine dem Kindeswohl entsprechende Erziehung nicht gewährleisten können oder die Hilfe für die Entwicklung geeignet und notwendig ist. Die im SGB VIII aufgeführten Hilfen sind in bis zu acht Arten untergliedert; die am häufigsten abgerufenen Hilfen zur Erziehung konzentrieren sich nach Ansicht der Fragesteller auf ˗ Erziehungsberatung ˗ Betreuung einzelner junger Menschen ˗ sozialpädagogische Familienhilfe ˗ Vollzeitpflege ˗ Heimerziehung und sonstige betreute Wohnform ˗ intensive sozialpädagogische Einzelbetreuung. Bei den aufgeführten Hilfen zur Erziehung ist zum Teil ein aus Sicht der Fragesteller dramatischer Anstieg zu verzeichnen. So stieg die Inanspruchnahme der Heimerziehung und sonstige betreute Wohnformen (laufende Hilfen zum 31. Dezember 2017) im Vergleich zu 2008 um fast 65 Prozent. Auch bei der intensiven sozialpädagogischen Einzelbetreuung ist ein Anstieg im gleichen Zeitraum von fast 50 Prozent zu verzeichnen. Im Vergleich sind vor allem die Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/10580 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Fallzahlen bei stationären Hilfen in den letzten Jahren (seit 2008 um 52 Prozent) gestiegen (Kinder- und Jugenhilfereport 2018, S. 67, https://shop.budrichacademic .de/wp-content/uploads/2019/01/9783847413400.pdf?v=3a52f3c22ed6). 1. Wie erklärt sich die Bundesregierung den Anstieg bestimmter Hilfen zur Erziehung , die durch das Jugendamt genehmigt werden müssen (bitte nach den in der Vorbemerkung der Fragesteller genannten Hilfen – §§ 28, 30, 31, 33, 34, 35 SGB VIII –, Geschlecht, unbegleiteten minderjährigen Ausländern – UMA – und anderen Gruppen aufschlüsseln)? Der Monitor Hilfen zur Erziehung 2019 (www.hzemonitor.akjstat.tu-dortmund.de; Zugriff: 20. Mai 2019) weist auf Basis der amtlichen Kinder- und Jugendhilfestatistik aus, dass die Zahl der Hilfen zur Erziehung einschließlich der Hilfen für junge Volljährige zunimmt. Für das Berichtsjahr 2017 – aktuellere Daten liegen zurzeit nicht vor – zählt die amtliche Statistik 985 628 Hilfen mit 1 118 347 erreichten jungen Menschen. Zum Vergleich: Für das Jahr 2010 werden über die amtlichen Daten 866 405 Hilfen sowie darüber 986 026 erreichte junge Menschen ausgewiesen. Die tabellarische Darstellung ausgewählter Hilfearten zeigt auch die Zunahme der Zahl der Hilfen zur Erziehung, wenngleich die Zuwächse je nach Hilfeart unterschiedlich ausfallen (vgl. Tabelle 1 bis 6). Die Inanspruchnahme von Leistungen der Hilfen zur Erziehung ist seit Beginn der 1990er-Jahre bis heute aus unterschiedlichen Gründen gestiegen. Die zu beobachtende Zunahme erfolgte nicht kontinuierlich, sondern in Etappen. Verantwortlich für die Entwicklungen der letzten Jahre sind insbesondere die mit der Gesetzgebung zur Verbesserung des Kinderschutzes in den Ländern und durch den Bund vorgegebenen bzw. angestoßenen Entwicklungen im institutionellen Kinderschutz zur Konkretisierung und Wahrnehmung des staatlichen Schutzauftrags bei Kindeswohlgefährdung und eine damit einhergehende Sensibilisierung für das Thema. Tabelle 1: Erziehungsberatungen (Hilfen zur Erziehung gemäß § 28 SGB VIII inkl. damit verbundener Hilfen für junge Volljährige) insgesamt und nach Geschlecht (Deutschland; 2010, 2015; 2017; Summe aus andauernden und beendeten Hilfen)1 Insgesamt Männlich Weiblich 2010 453.390 249.063 204.327 2015 447.360 238.895 208.465 2017 459.220 247.377 211.843 1 Die Inanspruchnahme von Leistungen der Erziehungsberatungen zeichnet sich durch einen besonders niedrigschwelligen Zugang aus. Die Leistung wird – entgegen der Formulierung der Fragestellung – im Gegensatz zu anderen Hilfen zur Erziehung größtenteils eigenständig von den Familien – in der Regel ohne Beteiligung des Jugendamts – in Anspruch genommen und erbracht. Quelle: Statistisches Bundesamt: Statistiken der Kinder- und Jugendhilfe – Erzieherische Hilfe, Eingliederungshilfe , Hilfe für junge Volljährige; versch. Jahrgänge; Datenzusammenstellung und Berechnungen der Arbeitsstelle Kinder- und Jugendhilfestatistik Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/10580 Tabelle 2: Erziehungsbeistandschaften und Betreuungshilfen (Hilfen zur Erziehung gemäß § 30 SGB VIII inkl. damit verbundener Hilfen für junge Volljährige) insgesamt und nach Geschlecht (Deutschland; 2010, 2015; 2017; Summe aus andauernden und beendeten Hilfen) Insgesamt Männlich Weiblich 2010 51.265 31.714 19.551 2015 56.453 33.771 22.682 2017 63.624 40.043 23.581 Quelle: Statistisches Bundesamt: Statistiken der Kinder- und Jugendhilfe – Erzieherische Hilfe, Eingliederungshilfe , Hilfe für junge Volljährige; versch. Jahrgänge; Datenzusammenstellung und Berechnungen der Arbeitsstelle Kinder- und Jugendhilfestatistik Tabelle 3: Sozialpädagogische Familienhilfen (Hilfen zur Erziehung gemäß § 31 SGB VIII) (Deutschland; 2010, 2015; 2017; Summe aus andauernden und beendeten Hilfen)1 Insgesamt 2010 100.453 2015 116.068 2017 119.966 1 Bei der Sozialpädagogischen Familienhilfe handelt es sich um eine familienorientierte Leistung. Ausgewiesen werden hier die Fallzahlen, also die Familien, die eine solche Leistung erhalten. Quelle: Statistisches Bundesamt: Statistiken der Kinder- und Jugendhilfe – Erzieherische Hilfe, Eingliederungshilfe , Hilfe für junge Volljährige; versch. Jahrgänge; Datenzusammenstellung und Berechnungen der Arbeitsstelle Kinder- und Jugendhilfestatistik Tabelle 4: Vollzeitpflegehilfen (Hilfen zur Erziehung gemäß § 33 SGB VIII inkl. damit verbundener Hilfen für junge Volljährige) insgesamt und nach Geschlecht (Deutschland; 2010, 2015; 2017; Summe aus andauernden und beendeten Hilfen) Insgesamt Männlich Weiblich 2010 73.692 37.443 36.249 2015 86.216 44.156 42.060 2017 91.420 48.181 43.239 Quelle: Statistisches Bundesamt: Statistiken der Kinder- und Jugendhilfe – Erzieherische Hilfe, Eingliederungshilfe , Hilfe für junge Volljährige; versch. Jahrgänge; Datenzusammenstellung und Berechnungen der Arbeitsstelle Kinder- und Jugendhilfestatistik Tabelle 5: Heimerziehung und sonstige betreute Wohnformen (Hilfen zur Erziehung gemäß § 34 SGB VIII inkl. damit verbundener Hilfen für junge Volljährige) insgesamt und nach Geschlecht (Deutschland; 2010, 2015; 2017; Summe aus andauernden und beendeten Hilfen) Insgesamt Männlich Weiblich 2010 95.205 52.718 42.487 2015 121.958 74.627 47.331 2017 148.143 99.033 49.110 Quelle: Statistisches Bundesamt: Statistiken der Kinder- und Jugendhilfe – Erzieherische Hilfe, Eingliederungshilfe , Hilfe für junge Volljährige; versch. Jahrgänge; Datenzusammenstellung und Berechnungen der Arbeitsstelle Kinder- und Jugendhilfestatistik Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/10580 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Tabelle 6: Intensive sozialpädagogische Einzelbetreuungen (Hilfen zur Erziehung gemäß § 35 SGB VIII inkl. damit verbundener Hilfen für junge Volljährige) insgesamt und nach Geschlecht (Deutschland; 2010, 2015; 2017; Summe aus andauernden und beendeten Hilfen) Insgesamt Männlich Weiblich 2010 6.319 3.622 2.697 2015 7.805 5.076 2.729 2017 9.976 7.052 2.924 Quelle: Statistisches Bundesamt: Statistiken der Kinder- und Jugendhilfe – Erzieherische Hilfe, Eingliederungshilfe , Hilfe für junge Volljährige; versch. Jahrgänge; Datenzusammenstellung und Berechnungen der Arbeitsstelle Kinder- und Jugendhilfestatistik Insbesondere die jüngsten Entwicklungen in Bereichen der Heimerziehung, der betreuten Wohnformen oder auch der Vollzeitpflege standen seit 2015 im Zeichen eines erhöhten Bedarfs bei der Unterbringung, Versorgung und Betreuung junger Menschen, die als unbegleitete ausländische Minderjährige (UMA) eingereist sind. Zwischenzeitlich sind die UMA-Zahlen wieder deutlich zurückgegangen . Der Monitor Hilfen zur Erziehung 2018 stellt in diesem Zusammenhang fest, dass die steigenden Zahlen der UMA einen maßgeblichen Einfluss auf die Fallzahlenentwicklungen in den Hilfen zur Erziehung im Allgemeinen und der stationären Unterbringung gemäß § 34 SGB VIII im Besonderen haben. Allerdings erfasst die amtliche Kinder- und Jugendhilfestatistik nicht Hilfen für unbegleitet nach Deutschland eingereiste ausländische Kinder und Jugendliche mit einem eigenen Erhebungsmerkmal. Die auf Grundlage der Kinder- und Jugendhilfestatistik geschätzte Anzahl der UMA-Fälle war seit 2010 zwischenzeitlich stark angestiegen. Zum Beispiel sind es im Jahr 2016 etwas mehr als 25 700 begonnene Fälle. Im Jahr 2010 lag die Anzahl noch bei lediglich rund 1 700 begonnenen Fällen (vgl. Fendrich, Sandra; Pothmann, Jens; Tabel, Agathe (Hg.) (2018): Monitor Hilfen zur Erziehung 2018. Dortmund: Eigenverlag Forschungsverbund DJI/TU Dortmund, S. 59 f.). Aktueller als die amtlichen Daten zur Zahl der jugendhilferechtlichen Zuständigkeiten für UMA sind die Erfassungen des Bundesverwaltungsamtes. Das am 1. November 2015 in Kraft getretene Gesetz zur Verbesserung der Unterbringung , Versorgung und Betreuung ausländischer Kinder und Jugendlicher leistet in diesem Zusammenhang einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung der Datenlage zu UMA. Allerdings sind diese Angaben aus methodischen Gründen nicht vergleichbar mit den Ergebnissen der amtlichen Kinder- und Jugendhilfestatistik. Diese Angaben verdeutlichen, dass Hilfen zur Erziehung im Anschluss an Inobhutnahmen bis etwa Ende 2016 gestiegen sind und seither die Fallzahlen wieder zurückgehen. Bei den Hilfen für junge Volljährige steigen die Fallzahlen bis etwa zur ersten Jahreshälfte 2018. Seither zeigt sich das Fallzahlenvolumen vergleichsweise konstant (vgl. Abbildung 1). Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/10580 Abbildung 1: Tagesmeldungen zu (vorläufigen) Inobhutnahmen und Anschlussmaßnahmen für UMA sowie Hilfen für junge Volljährige (ehemalige UMA) in Zuständigkeit der Kinder- und Jugendhilfe (Deutschland; November 2015 bis Februar 2019; Angaben absolut zu ausgewählten Werktagen ohne Altfälle) Quelle: Bundesverwaltungsamt; Zusammenstellung Arbeitsstelle Kinder- und Jugendhilfestatistik 2. Welche Hilfen zur Erziehung bewertet die Bundesregierung nach ihrer Kenntnis als besonders wirksam (bitte auflisten und begründen)? Eine abschließende Bewertung der Hilfen zur Erziehung nach ihrer Wirksamkeit ist nicht möglich. Im Rahmen der amtlichen Kinder- und Jugendhilfestatistik wird zwar bei jeder beendeten Hilfe nach dem Grund für die Beendigung der Leistung gefragt, aber diese Ergebnisse messen allenfalls indirekt Wirkungen der Hilfen zur Erziehung. Die Heranziehung dieser Daten im Hinblick auf die Frage nach der Wirksamkeit wird jedoch in der (wissenschaftlichen) Fachdebatte kontrovers diskutiert. In der amtlichen Statistik wird unterschieden zwischen Beendigungen gemäß und abweichend vom Hilfeplan sowie Beendigungen aufgrund von Adoptionspflegen , Zuständigkeitswechseln oder die Beendigung aus sonstigen Gründen . Bleiben die aufgrund eines Zuständigkeitswechsels nur formal beendeten Maßnahmen außer Acht, so lassen sich über die amtliche Kinder- und Jugendhilfestatistik immerhin planmäßig und unplanmäßig beendete Hilfen voneinander unterscheiden. Hierbei zeigen sich folgende Ergebnisse (vgl. Abbildung 2): Alle erfassten Leistungen der Hilfen zur Erziehung sowie der Hilfen für junge Volljährige (ohne Erziehungsberatung und Eingliederungshilfen) werden 2017 in etwa 58 Prozent der Fälle gemäß Hilfeplan beendet. In ca. jedem vierten Fall handelt es sich um eine vom Hilfeplan bzw. von den ursprünglich vereinbarten Zielen abweichende Beendigung. In knapp 17 Prozent der 2017 beendeten Hilfen sind sonstige, nicht 9.247 1.858 1.306 532 368 405 3.039 15.818 8.190 3.210 1.983 1.791 278 20.796 18.925 16.512 13.765 10.590 781 3.087 5.199 10.685 12.674 14.199 14.127 11.731 26.021 24.518 33.379 33.445 30.315 26.683 0 2.000 4.000 6.000 8.000 10.000 12.000 14.000 16.000 18.000 20.000 22.000 24.000 26.000 28.000 30.000 32.000 34.000 30.11.2015 23.12.2015 29.01.2016 29.02.2016 31.03.2016 29.04.2016 31.05.2016 30.06.2016 29.07.2016 31.08.2016 30.09.2016 31.10.2016 30.11.2016 30.12.2016 31.01.2017 28.02.2017 31.03.2017 28.04.2017 31.05.2017 30.06.2017 31.07.2017 31.08.2017 02.10.2017 30.10.2017 30.11.2017 29.12.2017 31.01.2018 28.02.2018 31.03.2018 30.04.2018 31.05.2018 30.06.2018 31.07.2018 31.08.2018 30.09.2018 31.10.2018 30.11.2018 31.12.2018 31.01.2019 28.02.2019 Vorläufige Inobhutnahme gem. § 42a SGB VIII - UMA Inobhutnahme gem. § 42 SGB VIII - UMA Anschlussmaßnahme für UMA (u.a. HzE) Hilfe für junge Volljährige für ehem. UMA (ab 04/16 darstellbar) Insgesamt Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/10580 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode weiter genannte Gründe für das Ende einer Hilfe verantwortlich. Für die 2017 beendeten Erziehungsberatungen liegt der Anteil der planmäßigen mit rund 75 Prozent am höchsten im Vergleich zu den anderen beiden Hilfegruppen, gefolgt von den Eingliederungshilfen mit 66 Prozent. Abbildung 2: Gründe für die Beendigung von Hilfen zur Erziehung und angrenzenden Leistungsbereichen (einschl. der Hilfen für junge Volljährige) (Deutschland ; 2017; beendete Hilfen; Angaben in Prozent)* * Beendete Hilfen ohne Zuständigkeitswechsel Quelle: Statistisches Bundesamt: Statistiken der Kinder- und Jugendhilfe – Erzieherische Hilfe, Eingliederungshilfe , Hilfe für junge Volljährige; 2017; Zusammenstellung und Berechnung Arbeitsstelle Kinderund Jugendhilfestatistik Diese Verteilung gibt allerdings nur bedingt Rückschlüsse auf die erbrachte Qualität dieser Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe. Dafür sind die gegenübergestellten Leistungen zu unterschiedlich und nicht ausreichend vergleichbar. Die Kinder- und Jugendhilfestatistik ist im Kern keine Datenerhebung zu den Wirkungen von Hilfen zur Erziehung oder angrenzenden Leistungsbereichen. Einerseits zeigen die Ergebnisse zwar, dass die Ziele bei Beratungsangeboten eher erreicht werden als bei den erzieherischen Hilfen, die über den Allgemeinen Sozialdienst (ASD) organisiert werden, anderseits können hieraus keine unmittelbaren Rückschlüsse auf die Qualität der Hilfen gezogen werden. Es ist vielmehr zu berücksichtigen, dass die Problemlagen bei den über den ASD vermittelten Hilfen in der Regel schwerwiegender sein dürften als bei einer Beratungsleistung . Zudem ist zu beachten, dass sich die Durchführung dieser Hilfen oftmals komplexer gestaltet als z. B. die Face-to-Face-Beratung. Dies legen auch tiefergehende Analysen der Kinder- und Jugendhilfestatistik aus der Vergangenheit nahe (Fuchs-Rechlin, Kirsten / Pothmann, Jens (2009): Wann erreichen familienersetzende Hilfen ihre Ziele?, in: KomDat Jugendhilfe, Heft 2, S. 3-4.). 58,3 75,2 65,5 25,1 14,9 18,9 16,6 9,9 15,6 Hilfen zur Erziehung §§ 27,2; 29-35 SGB VIII (n = 175.593) Erziehungsberatung § 28 SGB VIII (n = 307.195) Eingliederungshilfen § 35a SGB VIII (n =25.837) Beendigung gemäß Hilfeplan Beendigung abweichung vom Hilfeplan Beendigung wegen sonstiger Gründe Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 7 – Drucksache 19/10580 3. Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung für den Bund, Länder sowie insbesondere Kommunen und ihre Jugendämter darin zu unterstützen, a) alle Hilfearten flächendeckend in allen Bundesländern anbieten zu können , b) auf den Einzelfall maßgeschneiderte Hilfen auszuwählen, c) vom Haushalt der Kommunen unabhängig den Kindern und Jugendlichen die bestmögliche Hilfe zukommen zu lassen und d) eine Qualitätssicherung zu etablieren? Wegen des Sachzusammenhangs werden die Fragen 3a bis 3d gemeinsam beantwortet . Das Fundament und den Rahmen für die Gewährleistung bedarfsgerechter Kinder - und Jugendhilfeleistung schafft der Bund über das Achte Buch Sozialgesetzbuch – Kinder und Jugendhilfe (SGB VIII). Der subjektive Rechtsanspruch auf Hilfen zur Erziehung der Leistungsberechtigten gewährleistet eine flächendeckende Hilfegewährung. Dieser subjektive Anspruch des Einzelnen gegen den öffentlichen Träger gewährleistet auch eine Finanzierung der bedarfsgerechten Leistung im Einzelfall unabhängig von der finanziellen Situation der Kommunen. Die Verankerung der Bedarfsgerechtigkeit im Einzelfall gewährleistet insbesondere § 27 Absatz 1 a. E. und Absatz 2 Satz 2 SGB VIII und die gesetzlichen Vorgaben der Hilfeplanung nach § 36 SGB VIII. Auch sichert das SGB VIII die Qualität der Leistung ab: Zum einen hält das SGB VIII mit § 79a eine ausdrückliche Regelung zur Qualitätsentwicklung vor. Zum anderen dienen zahlreiche Vorschriften der Absicherung der Qualität, u. a. die Regelungen in den §§ 78a ff. SGB VIII zur Erbringung von u. a. teilstationären und stationären Hilfen zur Erziehung. 4. Stimmt die Bundesregierung den Fragestellern in der Ansicht zu, dass eine bessere Standardisierung und eine Überprüfung der Hilfen zur Erziehung einen zielgerichteten Mitteleinsatz unterstützen könnten? a) Wenn ja, warum? b) Wenn nein, warum nicht? Mit dem SGB VIII wurde der Hilfeplan als zentrales fachliches Steuerungsinstrument für die einzelfallbezogenen Hilfen eingeführt (§ 36 SGB VIII). Um Hilfen mit einem möglichst hohen Wirkungsgrad zu versehen, ist ein Qualitätsmanagement (Ergebnis-, Prozess und Strukturqualität) unerlässlich. Die Aufstellung eines Hilfeplans (mit Feststellungen über den erzieherischen Bedarf, die zu gewährende Art der Hilfe und die notwendigen Leistungen) sowie die regelmäßige Überprüfung der Hilfe und deren Zielerreichung § 36 Absatz 2 Satz 2, 2. HS SGB VIII sind daher entsprechend gesetzlich verankert. Ob es hier einen etwaigen Handlungsbedarf gibt, wird derzeit im Dialogprozess zur Modernisierung des SGB VIII (www.mitreden-mitgestalten.de/) mit umfassender Beteiligung von Fachleuten aus Praxis, Politik und Wissenschaft diskutiert. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/10580 – 8 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 5. Hält die Bundesregierung das eigene vorliegende Wissen über die Hilfen zur Erziehung in Hinblick auf Effizienz und Effektivität für ausreichend? a) Falls ja, auf welche Quellen bezieht sich die Bundesregierung (bitte auflisten )? b) Falls nein, welche Möglichkeiten, um wissenschaftlich fundierte Erkenntnisse zu erlangen, sieht die Bundesregierung? Plant die Bundesregierung, hier Abhilfe zu schaffen? Die Hilfen zur Erziehung gehören zum Kern des Leistungsspektrums der Kinderund Jugendhilfe. Bei Bedarf und im Krisenfall kann die Kinder- und Jugendhilfe die Erziehung in der Familie unterstützen, ergänzen oder auch – wenn es erforderlich ist – durch Pflegefamilien, Heime oder betreute Wohnformen ersetzen. Gerade durch ihr ausdifferenziertes Spektrum von Angeboten und Interventionsmöglichkeiten haben sich die Hilfen zur Erziehung bewährt. Mit der Kinder- und Jugendhilfestatistik besteht für das Arbeitsfeld der Hilfen zur Erziehung inklusive der Hilfen für junge Volljährige und der Eingliederungshilfen bei einer (drohenden) seelischen Behinderung ein in vielen Bereichen geeignetes Instrument zur empirischen Dauerbeobachtung. Dies gilt sowohl mit Blick auf die Inanspruchnahme und Reichweite der Hilfen zur Erziehung als auch hinsichtlich der dafür zuständigen Einrichtungen, Beschäftigten und finanziellen Aufwendungen. Die im Rahmen des Monitor Hilfen zur Erziehung (www.hze monitor.akjstat.tu-dortmund.de; Zugriff: 20. Mai 2019) vorgelegten und von der Arbeitsstelle Kinder- und Jugendhilfestatistik durchgeführten Analysen auf der Basis amtlicher Daten bilden in diesem Zusammenhang eine wichtige Grundlage, um die richtigen Rahmenbedingungen für eine effektive Kinder- und Jugendhilfe gemeinsam zu schaffen und weiterzuentwickeln. Allerdings ist die amtliche Kinder- und Jugendhilfestatistik kein Ersatz für notwendige sozialwissenschaftliche Forschung zur Kinder und Jugendhilfe im Allgemeinen sowie zum Arbeitsfeld der Hilfen zur Erziehung im Besonderen. Vielmehr ist die amtliche Statistik ein Baustein der Datengrundlagen für eine Kinderund Jugendhilfeforschung. Die Ressortforschung des Bundesministeriums für Familie , Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) leistet u. a. mit der Förderung des Deutschen Jugendinstituts (DJI) sowie des Deutschen Zentrums für Integrationsund Migrationsforschung (DeZIM) zusätzliche Beiträge für eine belastbare Wissensgrundlage . So untersucht das DJI beispielsweise Möglichkeiten, aber auch Grenzen und Bedingungen von Hilfen, um Familien zu stärken und den Schutz von Kindern in Gefährdungslagen zu verbessern. Dabei werden Befunde zu Wirkungen von Hilfen und Schutzmaßnahmen, zu Faktoren mit Bedeutung für die Hilfeplanung und zu Vorgehensweisen, die Beteiligungsrechte sichern und stärken , nicht nur aufgearbeitet, sondern auch über eigene Forschungsprojekte generiert . Inwiefern ein weitergehender Erkenntnis- und Forschungsbedarf besteht, wird im Rahmen des Dialogprozesses zur Modernisierung der Kinder- und Jugendhilfe diskutiert. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 9 – Drucksache 19/10580 6. Wie steht die Bundesregierung zu der Idee eines in Zusammenarbeit mit Ländern und Kommunen zu installierenden Prüfsystems, das die Effektivität und Effizienz von besonders häufig in Anspruch genommenen Hilfen zur Erziehung bewertet? a) Falls ein Handlungsbedarf gesehen wird, wie sollte dieses System ausgestaltet sein? Plant die Bundesregierung hier bereits konkret Maßnahmen? b) Falls kein Handlungsbedarf gesehen wird, warum nicht? In diesem Zusammenhang verweist die Bundesregierung insbesondere auf die gesetzlichen Aufgaben der überörtlichen Träger der Kinder- und Jugendhilfe (Landesjugendämter ) gemäß § 85 Absatz 2 SGB VIII und der örtlichen Träger gemäß § 79a SGB VIII. Inwiefern weitergehender Handlungsbedarf besteht, lotet gegenwärtig der Dialogprozess zur Modernisierung der Kinder- und Jugendhilfe aus. 7. Welche Erkenntnisse liegen der Bundesregierung über die Unterschiede zwischen dem Ausbau und dem Einsatz der verschiedenen Hilfen zwischen großen Städten (mehr als eine Million Einwohner) und ländlicheren Regionen vor? a) Falls keine Erkenntnisse vorliegen, hält die Bundesregierung eine flächendeckende Erhebung für sinnvoll? Falls ja, wird sie hierzu Maßnahmen (in Zusammenarbeit mit Ländern und Kommunen) einleiten? Falls nein, warum hält die Bundesregierung dies nicht für sinnvoll? Eine zusätzliche flächendeckende Erhebung über Ausbau und Einsatz der Hilfen zur Erziehung hält die Bundesregierung für nicht erforderlich. Die amtliche Kinder - und Jugendhilfestatistik gemäß §§ 98 ff. SGB VIII stellt eine solche bundesweite , flächendeckende Erhebung u. a. auch zu der Gewährung und Inanspruchnahme von Leistungen der Hilfen zur Erziehung sowie der Hilfen für junge Volljährige dar. Über diese Instrumente liegen Daten zu den Adressatinnen und Adressaten sowie den Leistungen und Maßnahmen genauso wie zu den Einrichtungen bzw. den Diensten und den hier tätigen Personen sowie zu den finanziellen Aufwendungen vor. Von zentraler Bedeutung bei den unterschiedlichen statistischen Perspektiven auf das Feld der Hilfen zur Erziehung ist die Erhebung zu den Leistungen der Hilfen zur Erziehung, den Hilfen für junge Volljährige sowie den Eingliederungshilfen für junge Menschen mit einer (drohenden) seelischen Behinderung . Diese Erhebung umfasst Angaben zu den Hilfen in Anspruch nehmenden jungen Menschen und deren Familien sowie zur gewährten Leistung selber. b) Welche Daten liegen der Bundesregierung über die in Anspruch genommenen Hilfen zur Erziehung insgesamt vor? Welche Daten erhebt die Bundesregierung über die Einzelmaßnahmen und ihre jeweiligen Kosten? Welche Informationen geben die Bundesländer an die Bundesregierung weiter (bitte nach Bundesländern und Maßnahmen für die Jahre 2008 bis 2017 aufschlüsseln)? Die Bundesregierung fördert die Erstellung und Fortschreibung eines bundesweiten Monitorings zu den Hilfen zur Erziehung einschließlich der angrenzenden Leistungsbereiche (www.hzemonitor.akjstat.tu-dortmund.de; Zugriff: 20. Mai Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/10580 – 10 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 2019). Die Ergebnisse basieren auf der im SGB VIII rechtlich kodifizierten amtlichen Kinder- und Jugendhilfestatistik (§§ 98 bis 103 SGB VIII). Eine Datenweitergabe von Ländern an die Bundesregierung ist im Rahmen der amtlichen Statistik nicht vorgesehen. c) Beteiligt sich die Bundesregierung finanziell oder strukturell an der Umsetzung der Hilfen zur Erziehung? Wenn ja, wie, und in welchem Maß? Wenn nein, warum nicht? Aufgrund finanzverfassungsrechtlicher Regelungen beteiligt sich die Bundesregierung nicht finanziell an Regelleistungen des örtlichen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe. Die Bundesregierung leistet umfassende Beiträge zur strukturellen Umsetzung der Hilfen zur Erziehung im Hinblick auf die Umsetzung und die Weiterentwicklung des SGB VIII. So hat das BMFSFJ im November 2018 einen breiten Beteiligungs- und Dialogprozess zur Modernisierung der Kinder- und Jugendhilfe gestartet. d) Hält die Bundesregierung ein bundesweites Kompetenzzentrum für sinnvoll , das den Jugendämtern in kritischen Fällen als zentraler Ansprechpartner dient? Wenn ja, plant die Bundesregierung hier bereits? Wenn nein, warum nicht? Die Bundesregierung hält ein solches bundesweites Kompetenzzentrum für nicht sinnvoll und verweist in diesem Zusammenhang auf die gesetzlichen Aufgaben der überörtlichen Träger der Kinder- und Jugendhilfe (Landesjugendämter). Hierzu gehören gemäß § 85 Absatz 2 SGB VIII insbesondere auch: die Beratung der örtlichen Träger und die Entwicklung von Empfehlungen zur Erfüllung der Aufgaben nach dem SGB VIII, die Förderung der Zusammenarbeit zwischen den örtlichen Trägern und den anerkannten Trägern der freien Jugendhilfe, insbesondere bei der Planung und Sicherstellung eines bedarfsgerechten Angebots an Hilfen zur Erziehung, Eingliederungshilfen für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche und Hilfen für junge Volljährige, die Beratung der örtlichen Träger bei der Gewährung von Hilfe nach den §§ 32 bis 35a SGB VIII, insbesondere bei der Auswahl einer Einrichtung oder der Vermittlung einer Pflegeperson in schwierigen Einzelfällen, die Wahrnehmung der Aufgaben zum Schutz von Kindern und Jugendlichen in Einrichtungen (§§ 45 bis 48a SGB VIII). Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333