Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat vom 29. Mai 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/10594 19. Wahlperiode 04.06.2019 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Simone Barrientos, Dr. Petra Sitte, Doris Achelwilm, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 19/10360 – Verbot kurdischer Medienhäuser in Deutschland V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Der Bundesminister des Innern, für Bau und Heimat Horst Seehofer hat am 12. Februar 2019 die beiden Medienhäuser Mezopotamien Verlag und Vertrieb GmbH und MiR Multimedia GmbH verboten. Das Verbot der Medienhäuser ging mit Durchsuchungs- und Beschlagnahmemaßnahmen einher, bei denen es um große Mengen an Büchern, Filmen und Musik-CDs ging. Der Verbotsverfügung ist eine mehrtägige Hausdurchsuchung Anfang März 2018 vorangegangen . Bei dieser wurden ebenfalls bereits zahlreiche Bücher und CDs beschlagnahmt (vgl.: www.bmi.bund.de/SharedDocs/pressemitteilungen/DE/2019/02/verbotpkk -verlag.html). Aus Sicht der Fragestellenden gehen der Buchbranche in Deutschland durch das Verbot zwei wichtige Medienhäuser verloren, die kurdische Kultur weitergetragen und mitgestaltet haben. Aus Sicht der Fragestellerinnen und Fragesteller erschwert die Bundesregierung durch die Beschlagnahme und das Verbot den Zugang zu Publikationen über kurdische Kultur und Geschichte massiv. Der Sprecher der IG Meinungsfreiheit im Börsenverein des Deutschen Buchhandels, Christoph Links, bezeichnete das Verbot der Medienhäuser Mezopotamien Verlag und MiR Multimedia als einen „gravierenden Eingriff in die Meinungs- und Publikationsfreiheit in Deutschland“ (vgl.: Stellungnahme Medienschaffende auf der Leipziger Buchmesse 2019, https://anfdeutsch.com/pressefreiheit/ mezopotamien-verlag-medienschaffende-fordern-verbotsaufhebung-10955). Nach Kenntnis der Fragestellenden ist keines der im März 2018 und Februar 2019 beschlagnahmten Bücher in der Vergangenheit straf- oder zivilrechtlich beanstandet oder gar verboten worden. Auch das Verbot der Medienhäuser von 2019 richtete sich nicht gegen die beschlagnahmten Medien. Die Verbotsverfügung vom 12. Februar 2019 begründet Bundesinnenminister Horst Seehofer damit , dass die beiden Medienhäuser Teilorganisationen der in Deutschland verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) seien und ihre Existenz lediglich der Förderung des Zusammenhalts der PKK diene. Nach Kenntnis der Fragestellenden fanden sowohl die erste Durchsuchung und Beschlagnahmung sowie das Verbot in zeitlicher Nähe zu Präsidentschaftsbzw . Kommunalwahlen in der Türkei statt. Auch die deutsche Schriftstellervereinigung , das PEN-Zentrum Deutschland, macht in einer Stellungnahme auf Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/10594 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode diese terminliche Auffälligkeit aufmerksam. Die beiden Termine für Durchsuchung und Beschlagnahmung würden den Verdacht nahelegen, dass „das Verfahren im Interesse der türkischen Regierung angestoßen wurde“ (https://anfdeutsch .com/pressefreiheit/mezopotamien-verlag-medienschaffendefordern -verbotsaufhebung-10955). 1. Was war der Anlass, am 1. Februar 2018 ein vereinsrechtliches Ermittlungsverfahren gegen die Gesellschaften einzuleiten? Gab es dafür einen konkreten, aktuellen Anlass? Vereinsrechtliche Ermittlungen gegen Firmen stellen sich mit Blick auf die wirtschaftlichen Verflechtungen als besonders aufwendig dar. Die für die Einleitung des Ermittlungsverfahrens notwendigen Erkenntnisse lagen vollständig zum in der Fragestellung genannten Zeitpunkt vor. 2. Zu welchem Zeitpunkt lagen dem Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (BMI) die notwendigen Hinweise vor, um das vereinsrechtliche Ermittlungsverfahren gegen die Gesellschaften am 1. Februar 2018 einzuleiten ? Es wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. 3. Ist der Bundesregierung bekannt, dass von den Maßnahmen am 8. März 2018 auch das wohl europaweit größte Archiv an kurdischer Musik betroffen war und sämtliche Tonträger, die zu diesem Archiv gehören, von der Sicherstellung mitumfasst wurden? Wie gedenkt die Bundesregierung, mit diesem Archiv umzugehen? Der Bundesregierung ist bekannt, dass der MIR Multimedia GmbH von der PKK- Europaführung mit dem Ziel gegründet wurde, einen kurdischen Musikmarkt zu entwickeln und diesen im Sinne der PKK nutzbar machen. Es liegt in der Natur eines solchen Auftrags, dass hierfür auch umfangreiche Dokumentationen kurdischer Musik vorgehalten werden. Ob es sich dabei, um das „europaweit größte Archiv an kurdischer Musik“ handelt, ist der Bundesregierung nicht bekannt. Nach Maßgabe des Vereinsgesetzes kann über die Verwendung beschlagnahmten Vereinsvermögens erst nach Bestandkraft der Verbotsverfügung entschieden werden. 4. Auf welcher Beweisgrundlage kommt das BMI zu der Einschätzung, dass der Verlagsbetrieb als Deckmantel zur Förderung der PKK dient bzw. „unter dem Tarnmantel als Verlagsbetriebe […] sämtliche betriebswirtschaftlichen Aktivitäten ausschließlich der PKK zugute[kommen]“ (www.bmi.bund.de/ SharedDocs/pressemitteilungen/DE/2019/02/verbot-pkk-verlag.html)? a) Welche Organisationen, Aktivitäten oder Strukturen bezeichnet das BMI hier als PKK, der die betriebswirtschaftlichen Einnahmen der verbotenen Einrichtungen zugutekämen? b) Wie hoch waren die Gewinne der verbotenen Einrichtungen, die nach Erklärung des BMI der PKK zugutegekommen seien? Die Fragen 4 bis 4b werden gemeinsam beantwortet. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/10594 Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat hat die Einzelheiten seiner Beweisführung unter Beifügung umfangreicher Belege in der Verbotsverfügung dargelegt. Diese ist derzeit Gegenstand eines Verfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht . In laufenden Gerichtsverfahren zur Überprüfung von Vereinsverboten äußert sich die Bundesregierung grundsätzlich nur gegenüber den Verfahrensbeteiligten im Rahmen des Gerichtsverfahrens. 5. Wurden die türkischen Behörden vorab von der Bundesregierung über das Verbot der Medienhäuser informiert? Wenn ja, wann, und in welcher Form? Nein. 6. Stand die Bundesregierung im Vorfeld mit den türkischen Behörden in Kontakt bzgl. des geplanten Verbots der Medienhäuser Mezopotamien Verlag und MiR Multimedia? Wenn ja, wann, und in welcher Form? Nein. 7. Gingen die Maßnahmen gegen den Mezopotamien Verlag und MiR Multimedia auf Hinweise seitens der türkischen Regierung oder anderer türkischer Einrichtungen bezüglich der betreffenden Medienhäuser zurück? Nein. 8. Welchen Umfang haben die beschlagnahmten Titel im Rahmen der Durchsuchungen im März 2018 (bitte getrennt nach Büchern, Musik-CDs, Hörbücher und Filmen auflisten)? 9. Welchen Umfang haben die beschlagnahmten Titel im Rahmen der Durchsuchungen und der Verbote der Medienhäuser im Februar 2019 (bitte getrennt nach Büchern, Musik-CDs, Hörbücher und Filmen auflisten)? Die Fragen 8 und 9 werden im Zusammenhang beantwortet. Der im Rahmen des Verbotsvollzugs beschlagnahmte Warenbestand umfasst insgesamt mindestens 50 000 Positionen, der weit überwiegende Teil dieses Warenbestandes wurde bereits aufgrund einer richterlichen Anordnung im März 2018 als Organisationsvermögen der PKK beschlagnahmt. Mit Blick auf die weiterhin anhaltenden vereinsrechtlichen Ermittlungen können aus ermittlungstaktischen Gründen nähere Einzelheiten nicht mitgeteilt werden. Hinsichtlich des laufenden gerichtlichen Verfahrens wird auf die Antwort zu den Fragen 4 bis 4b verwiesen. 10. Gab es während der Ermittlungen in Bezug auf den Mezopotamien Verlag und MiR Multimedia Kontakte mit türkischen Behörden, wie sahen diese aus, wurden Ermittlungsergebnisse übermittelt, und wenn ja, und welche? Nein. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/10594 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 11. Inwieweit wurden bei den Durchsuchungen in den Jahren 2018 und 2019 Listen mit den Daten privater und gewerblicher Kundinnen und Kunden der nun verbotenen Vereinigungen sichergestellt, was passiert mit diesen Daten, und inwieweit werden diese an andere Stellen oder Dateien weitergeleitet? Im Rahmen der Durchsuchungen wurden auch die in der Fragestellung erwähnten Listen sichergestellt. Diese werden ausgewertet. Soweit sich aus der Auswertung Anhaltspunkte für strafrechtlich relevantes Verhalten ergeben, werden diese an die zuständigen Behörden weitergeleitet. 12. Wie sind die beschlagnahmten Kulturgüter derzeit gelagert? Ist nach Einschätzung der Bundesregierung damit eine sachgerechte Lagerung der beschlagnahmten Kulturgüter gewährleistet? Die Gegenstände werden wie in derartigen Verfahren üblich im Auftrag der verfahrensführenden Behörde verwahrt; eine sachgerechte Behandlung ist dabei gewährleistet . 13. Sind einzelne der beschlagnahmten Bücher straf- oder zivilrechtlich zu beanstanden oder gar verboten, bzw. bestehen Bestrebungen dies zu tun? a) Wenn ja, bitte Titel und Autoren bzw. Autorinnen nennen? b) Wenn ja, aus welchen Gründen? c) Wenn ja, zu welchem Zeitpunkt wurde der jeweilige Titel verboten? Die Mezopotamien Verlag und Vertrieb GmbH und die MIR Multimedia GmbH wurden als Teilorganisationen der in Deutschland verbotenen PKK ihrerseits verboten . Auf eine individuelle rechtliche Bewertung einzelner Teile ihrer Warenbestände kommt es deshalb nicht an. 14. Inwieweit wurde nach Kenntnis der Bundesregierung durch die Verlagsverbote und die Beschlagnahmung der Kinderbücher, Literatur, Sach- und Geschichtsbücher , Ton- und Filmaufnahmen der Zugang zu kurdischer Kultur in Deutschland erschwert? Es wird auf die Antwort zu Frage 3 verwiesen. Eine ähnliche Auftragslage galt auch für die Mezopotamien Verlag und Vertrieb GmbH. Insoweit berührt die Beschlagnahme der in der Fragestellung beschriebenen Gegenstände in keiner Weise den Zugang zu kurdischer von der PKK unabhängiger Kultur in Deutschland . 15. Werden die beschlagnahmten Kulturgüter der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden, um darüber weiterhin Zugang zu kurdischer Kultur in Deutschland zu ermöglichen? Nach Maßgabe des Vereinsgesetzes kann über die Verwendung beschlagnahmten Vereinsvermögens erst nach Bestandkraft der Verbotsverfügung entscheiden werden. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 14 verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/10594 16. Inwiefern waren die Verbote des Mezopotamien Verlags und von MIR Multimedia dazu dienlich, „die PKK in ihre Schranken zu weisen und die Einhaltung der Rechtsordnung sicherzustellen“ (www.bmi.bund.de/SharedDocs/ pressemitteilungen/DE/2019/02/verbot-pkk-verlag.html)? Die verbotenen Vereinigungen sind Bestandteil der in Deutschland verbotenen ausländischen terroristischen Vereinigung PKK. Ein Verbot dieser Vereinigungen beschränkt damit die Aktionsmöglichkeiten der PKK insgesamt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333