Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft vom 5. Juni 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/10735 19. Wahlperiode 06.06.2019 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Steffi Lemke, Harald Ebner, Lisa Badum, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 19/10396 – Die Auswirkungen der Klimakrise auf den Wald in Deutschland V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Weltweit stehen Wälder unter Druck. Die wirtschaftliche Übernutzung und der Flächenfraß insbesondere durch die Expansion der Landwirtschaft lässt global jedes Jahr eine riesige Fläche an Wäldern schwinden. Allein im vergangenen Jahr hat die Erde 12 Millionen Hektar wertvollsten Regenwald verloren (www. spiegel.de/wissenschaft/natur/tropenwald-geht-weltweit-zurueck-a-1264313.html). Und während die Waldvernichtung global weiterhin ungebremst voranschreitet, geraten auch die noch existierenden Wälder durch weitere Stressoren zusehends unter Druck. Denn wovor der Weltklimarat bereits vor über einem Jahrzehnt gewarnt hat, wird durch die Zuspitzung der Klimakrise nun zur Realität (www. ipcc.ch/site/assets/uploads/2018/02/ar4_syr_spm.pdf). Die globale Erhitzung setzt Wäldern weltweit, in Europa und auch in Deutschland massiv zu. Laut Weltklimarat drohen in vielen Regionen der Welt Waldbrände, verschlechterte Lebensbedingungen für Wälder, eine Zunahme an Extremwetterereignissen und Stürmen, die Ausbreitung von Parasiten und Pilzen und letztendlich ein massives Waldsterben. Wie die Auswirkungen der Klimakrise auch den europäischen und deutschen Wäldern zusetzen können, wurde aus Sicht der Fragesteller im vergangenen Hitzesommer deutlich. Waldbrände verteilt über den ganzen Kontinent, vertrocknete Wälder und die Ausbreitung von Parasiten und Schädlingen – all dies prägt das Bild der Wälder im und in Folge des Hitzesommers. Zur Anpassung der Wälder an die Folgen der Klimakrise sind auf Bundes- und Länderebene nach Ansicht der Fragesteller deutlich mehr Anstrengungen zur Beschleunigung des Waldumbaus nötig. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/10735 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 1. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die potentiellen Auswirkungen der Klimakrise bei einer globalen Erhitzung von 2 Grad auf die Waldökosysteme in Deutschland und Europa? 2. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die potentiellen Auswirkungen der Klimakrise bei einer globalen Erhitzung von 4 Grad auf die Waldökosysteme in Deutschland und Europa? Die Fragen 1 und 2 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Der Klimawandel gefährdet sowohl einzelne Baumarten als auch ganze Waldökosysteme . Der derzeitige Kenntnisstand erlaubt allerdings keine abschließende Bewertung der Folgen klimatischer Veränderungen auf die Sensitivität, Stabilität und Elastizität von Waldökosystemen. Zudem ist der Klimawandel nur einer unter mehreren Stressfaktoren für den Wald. Bei Anpassungsmaßnahmen in der Forstwirtschaft sollten beispielsweise die Beeinträchtigungen der Wälder durch stoffliche Belastungen, deren Folgen durch den Klimawandel verstärkt werden können, sowie mögliche Synergien und Konflikte mit anderen Leistungen und Funktionen des Waldes als Randbedingung berücksichtigt werden. Ein wichtiger Ansatz zur Stabilisierung und Vitalisierung der Bestände ist der Waldumbau zu klimaangepassten Mischwäldern mit überwiegend heimischen Baumarten. Das natürliche Vorkommen der Baumarten wird durch den Standort als Faktorenkomplex aus v. a. Klima, Boden und Wasser bestimmt. Die Wälder sind in der Vergangenheit durch den Menschen beeinflusst und in der Struktur verändert worden. Diese Waldökosysteme haben sich dabei dennoch ständig an die Umweltbedingungen angepasst. Die sich unter neuen Klimabedingungen entwickelnden Standorte und Konkurrenzbeziehungen sind derzeit nicht abschätzbar. Zudem ist die Übertragung der globalen Vorhersagen auf Regionen unsicher. Daher kann keine Aussage zum Maß der Temperaturerhöhung und den jeweils zuzuordnenden Baumarten gemacht werden. 3. Welche Kenntnisse liegen der Bundesregierung über eine zukünftig gesteigerte Waldbrandgefahr in Deutschland vor, und welche Vorkehrungen trifft die Bundesregierung, um das Waldbrandrisiko zu minimieren? Die Klimaprojektionen im Deutschen Klimaatlas, Sektor Forstwirtschaft1 zeigen eine moderate Zunahme der Waldbrandgefahr aus meteorologischen Gründen für die kommenden Jahrzehnte. Wie dies sich im Komplex aller Faktoren einschließlich Waldbrandprävention und möglicherweise veränderter Waldbewirtschaftung auswirkt, kann derzeit nicht abgeschätzt werden. Die Länder in den Gebieten mit einem hohen bis sehr hohen Waldbrandrisiko setzen seit dem Jahr 2000 auf eine automatisierte Waldbrandfrüherkennung. Mit optischen Sensoren werden die Waldgebiete überwacht und etwaig aufsteigende Rauchwolken über den Baumkronen erkannt. Dies ermöglicht eine unmittelbare Information an die Leitstellen der Feuerwehr, die die Brandbekämpfung selbst bei kleinster Fläche unverzüglich aufnehmen können. 1 www.deutscher-klimaatlas.de Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/10735 In Brandenburg sind beispielsweise 107 optische Sensoren zur Waldbrandfrüherkennung installiert. Auch die Länder Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Niedersachsen setzen inzwischen auf dieses Verfahren. Mit flächendeckender Einführung der sensorgestützten Waldbrandfrüherkennung konnte die durchschnittliche Brandfläche in diesen Regionen erheblich reduziert werden, soweit nicht andere Faktoren wie eine Kampfmittelbelastung die Löschmaßnahmen beeinträchtigen. Die Vorkehrungen der Bundesregierung zur Anpassung und Minderung tragen zur Minimierung des Waldbrandrisikos bei. Grundsätzlich fällt die Waldbrandvorsorge in die Zuständigkeit der Länder. 4. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Anzahl von Waldbränden in den vergangenen 30 Jahren in Deutschland und die Entwicklung der Schäden in Folge von Waldbränden (bitte die Daten in einzelne Jahre aufschlüsseln )? Die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung führt eine Statistik der Waldbrände in Deutschland. Sie zeigt für die letzten 30 Jahre folgende Entwicklung : Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/10735 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Die Daten bis einschließlich 1990 umfassen nur das frühere Bundesgebiet. Es liegen nicht von allen Bundesländern Angaben vor. Die Daten sind unter www.ble.de/DE/BZL/Daten-Berichte/Wald/wald_node.html einzusehen. 5. Wie haben sich nach Kenntnis der Bundesregierung in den vergangenen 30 Jahren die Zeiträume entwickelt, in denen in Deutschland eine hohe oder sehr hohe Waldbrandwarnstufe herrschte? Die witterungsbedingte Waldbrandgefährdung wird mit einem Indexwert ausgedrückt . Je höher dieser Wert auf der 5-stufigen Skala ist, desto höher ist die Waldbrandgefährdung . Die im Monitoringbericht 2015 zur Deutschen Anpassungsstrategie an den Klimawandel abgebildete Zeitreihe zur Anzahl der Tage, für die in den letzten Jahren hohe Indexwerte der Stufen 4 und 5 gemeldet wurden, zeigt steigende Werte: Quelle: Bericht der Interministeriellen Arbeitsgruppe Anpassungsstrategie der Bundesregierung , UBA (Hrsg.): Monitoringbericht 2015 zur Deutschen Anpassungsstrategie an den Klimawandel , Dessau 2015, S. 1342 In dem vorstehenden Diagramm sind die Jahre bis 2013 abgebildet. Auch in den Folgejahren ab 2014 ist dieser Trend gemäß mündlicher Information des DWD zu beobachten. Insbesondere das Jahr 2018 zeigt, dass in den besonders von Waldbrandrisiken betroffenen Bundesländern (z. B. Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt) auch in den Regionen, die dort eine geringe oder mittlere Gefährdung aufweisen, eine noch nicht beobachtete hohe Anzahl von Tagen mit hoher und sehr hoher Waldbrandgefahr registriert wurde. 2 www.umweltbundesamt.de/publikationen/monitoringbericht-2015 Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/10735 6. Von welchen zukünftigen Entwicklungen der Waldbrandgefahr in Europa geht die Bundesregierung aus, und welche europäischen Initiativen unterstützt die Bundesregierung, um diese Gefahr zu minimieren? Europaweit ist insbesondere in den mediterranen Regionen von einer Zunahme der Waldbrandgefahr auszugehen, falls sich das Klima entsprechend den Szenarien entwickelt. In Nordeuropa ist mit einer relativ geringen Änderung zu rechnen . Das Szenarium geht von einer zunehmenden Trockenheit der brennbaren Biomasse im Oberboden aus. Zur Einschätzung der Feuergefahr spielen darüber hinaus auch andere Faktoren eine Rolle wie menschliches Verhalten, Waldbau und Feuerprävention. Die Aussagen stützen sich auf den technischen Bericht des Joint Research Center der EU-Komission „Forest fire danger extremes in Europe under climate change: variability and uncertainty“ von 2017 (ISBN 978-92-79-77046-3). Die Bundesregierung unterstützt in diesem Kontext das „Unionsverfahren“ (Beschluss (EU) 2019/420 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. März 2019 zur Änderung des Beschlusses Nr. 1313/2013/EU über ein Katastrophenschutzverfahren der Union). 7. Wo sieht die Bundesregierung in Deutschland Verbesserungsbedarf bei der Bekämpfung von Waldbränden (insbesondere Ausrüstung und Ausbildung der Feuerwehrkräfte, bessere regionale Kooperation von kommunalen Ebenen , Förderung etc.)? Die Waldbrandbekämpfung ist Teil der allgemeinen Gefahrenabwehr. Sie ist damit Aufgabe und Verantwortung der Länder (Artikel 70 Absatz 1 i. V. m. Artikel 30 GG). 8. Welche Kenntnisse liegen der Bundesregierung über eine erhöhte Waldbrandgefahr im Jahr 2019 als Folge des Hitzesommers von 2018 vor? Die natürliche Zündbereitschaft im Wald hängt in erster Linie eng mit der Feuchte der Streuauflage (Blätter, Nadeln, Zweige, Äste auf dem Waldboden) eines Waldbodens zusammen. Diese ist wiederum stark abhängig von der relativen Luftfeuchte und in Teilen von der Bodenfeuchte des Waldbodens. Die Trockenheit des Jahres 2018 in Verbindung mit der Borkenkäferkalamität hat zwar viele Bäume absterben lassen, wodurch sich die Menge an brennfähigem Material im Wald erhöht hat. Dies wird jedoch durch die aktuellen Witterungsbedingungen überlagert. So sank ab Ende April diesen Jahres die Brandgefahr, weil kühlere und feuchtere Luftmassen wetterbestimmend waren. Hintergründe zur Modellierung der Waldbrandgefährdung hat der Deutschen Wetterdienst (DWD) veröffentlicht (www.dwd.de/DE/leistungen/waldbrandgef/ waldbrandgef.html). 9. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Entwicklung von Schäden im Wald aufgrund von Extremwetterereignissen (Starkregen, Stürme, Schädlinge etc.) in den vergangenen 30 Jahren (bitte die Daten in einzelne Jahre aufschlüsseln)? Hierüber liegt der Bundesregierung keine hinreichende Statistik vor. Angaben zu den Sturmschäden können der nachstehenden Abbildung entnommen werden. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/10735 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Quelle: BMEL, Ref. 515 10. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Zunahme von Extremwetterereignissen in Deutschland infolge der Klimakrise? Da Extremereignisse definitionsgemäß seltene Ereignisse sind, die stark von den üblichen Zuständen abweichen, sind statistische Analysen weniger belastbar als Auswertungen von mittleren Zuständen. Eine Zuordnung eines Extremereignisses als Folge des Klimawandels ist bisher ebenfalls nur begrenzt möglich. Alternativ können sogenannte „klimatische Kenntage“ analysiert werden: z. B. Tage, an denen die Höchsttemperatur einen bestimmten Schwellenwert überschreitet (Anzahl der Tage mit einer Höchsttemperatur von mindestens 30 °C = „heiße Tage “). Statistisch gesicherte Aussagen sind heute schon möglich zu Änderungen der Häufigkeit von Grenzwertüberschreitungen bei der Temperatur: Seit 1951 hat die Anzahl der heißen Tage im Flächenmittel von Deutschland von im Mittel etwa drei Tagen pro Jahr auf derzeit im Mittel etwa zehn Tage pro Jahre zugenommen (folgende Abbildung, links). Mehr als zehn heiße Tage gab es deutschlandweit vor 1994 nicht, die Jahre mit den meisten heißen Tagen waren 2003, 2015 und 2018. Dieser Anstieg ist trotz der großen jährlichen Variabilität dieses Index statistisch gesichert. Demgegenüber ist die Abnahme der mittleren Anzahl der Eistage (Tage mit einer Höchsttemperatur < 0 °C) von rund 27 Tagen pro Jahr auf derzeit etwa 18 Tage pro Jahr deutlich weniger markant und statistisch nicht nachweisbar (folgende Abbildung, rechts). Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 7 – Drucksache 19/10735 Anzahl heißer Tage (oben) und Frosttage (unten) für Deutschland 1951 bis 2018. Quelle: Deutscher Wetterdienst Gesicherte Aussagen zu Trends von Starkniederschlagsereignissen sind schwieriger . Auf Grund der geringen Datenverfügbarkeit ist es hier bisher noch nicht möglich, statistisch gesicherte klimatologische Aussagen über Änderungen von Starkniederschlagsereignissen zu treffen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/10735 – 8 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Die Häufigkeit von Starkniederschlägen mit einer Dauer von 24 Stunden hat in Deutschland in den vergangenen 65 Jahren im Winter um rund 25 Prozent zugenommen . Für die Sommermonate ist dagegen bislang kein eindeutiger Trend auszumachen . Bezüglich der Intensität der Starkniederschläge in dieser Zeit gilt grundsätzlich Ähnliches. Für die in Mitteleuropa vorwiegend im Sommerhalbjahr relevanten Starkniederschläge kurzer Dauer existieren zwar einige Anhaltspunkte für eine Zunahme der Intensität konvektiver Ereignisse mit steigender Temperatur . Es besteht aber noch Forschungsbedarf. Trendanalysen von Starkniederschlägen sind prinzipiell dadurch erschwert, dass die häufig besonders intensiven kleinräumigen Niederschläge relativ selten von den meteorologischen Stationen erfasst werden. Für die vergangenen rund 17 Jahre existieren zwar zusätzlich flächendeckende Radardaten, für robuste Trendaussagen ist ein solcher Zeitraum aber noch zu kurz. Insbesondere im Sommer ist die Austrocknung von Böden in der Land- und Forstwirtschaft wichtig. Geringe Wasservorräte im Boden entstehen einerseits durch relativ geringe Niederschläge und andererseits durch relativ hohe Verdunstungsraten der Pflanzen durch trockene und warme Witterung. Ein Zeiger für den Wasserversorgungsgrad der Pflanzen ist die Bodenfeuchte, die in Prozent nutzbarer Feldkapazität (Prozent nFK) ausgedrückt wird. Wenn die Bodenfeuchte unterhalb von 30 bis 40 Prozent nFK sinkt, vermindert sich die Photosynthese-Leistung und somit das Wachstum der Pflanze stark. In der folgenden Abbildung ist die Anzahl der Tage dargestellt, an denen die kritischen Bodenfeuchtewerte von 30 Prozent nFK für die Kultur Winterweizen unterschritten wurde. Betrachtet wird die Hauptwachstumszeit von Winterweizen, die in der Regel von März bis Juli oder August andauert. Wie in der Abbildung zu sehen ist, hat die mittlere Anzahl der Tage mit Bodenfeuchtewerten unter 30 Prozent nFK seit 1961 signifikant zugenommen . Besonders betroffen von der zunehmenden Bodentrockenheit sind der Osten Deutschlands sowie das Rhein-Main-Gebiet. Abbildung y: Jährliche Anzahl der Tage mit Bodenfeuchtewerten unter 30 % nFK für Winterweizen auf leichtem Boden (lehmiger Sand) für Deutschland Quelle: DWD Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 9 – Drucksache 19/10735 11. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die unterschiedlichen Auswirkungen der Klimakrise auf die in Deutschland vorkommenden Waldökosysteme , und welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung für den naturnahen Waldumbau? Die Waldökosysteme in Deutschland sind vom Klimawandel und den sich verstärkenden Extremwetterlagen in unterschiedlichem Maße betroffen. Fichtenwälder sind sowohl durch die Kombination der Schadfaktoren Sturm als auch durch Trockenheit und Befall von Schaderregern (insbesondere Borkenkäfer) betroffen, die seit dem Winter 2017/18 und der Sommertrockenheit 2018 zu erheblichen Schäden in weiten Teilen Deutschlands geführt haben. Bei Kiefernwäldern sind vorwiegend in Süddeutschland (Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg, Bayern) verstärkte vermutlich trockenheitsbedingte Absterbeerscheinungen mit Beiträgen durch Schaderreger zu beobachten. In Nordostdeutschland werden zunehmende Schäden durch nadelfressende Insekten erwartet. Auch in Eichenwäldern ist ein verstärkter Befall von Schaderregern (Eichenfraßgesellschaften) zu verzeichnen. Selbst Buchenwälder z. B. in Nordrhein-Westfalen sind nach dem Trockensommer 2018 in diesem Jahr zunehmend von Schäden durch die Buchenkomplexkrankheit betroffen. Der laufende Waldumbau zielt darauf ab, risikobehaftete Reinbestände von Fichte, wo sie nicht standortgerecht ist sowie von Kiefer in stabile Mischbestände zu überführen. Eine allgemeingültige Empfehlung zu Maßnahmen zur Stabilisierung und Erhaltung von Wäldern, die durch Trockenheit, Schädlingsbefall, Waldbrand und Sturm akut in ihrer Existenz bedroht sind, ist nicht möglich, zu vielfältig sind die Verhältnisse. Dies hängt von den jeweiligen Baumarten, Beständen, Standorten und Bewirtschaftungszielen ab. Die zunehmenden Risiken der heimischen Eichenarten und der Buche zeigen aber die Schwierigkeiten der aktuellen Klimaänderungen auch für die derzeitigen Hauptbaumarten. 12. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Auswirkungen der Klimakrise auf die zehn am häufigsten vorkommenden Baumarten in deutschen Wäldern, und welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung daraus für einen möglichen Waldumbau? Unter den nach Vorratsanteilen zehn häufigsten Baumarten treten Fichte und Esche mit einer deutlich negativen Zukunftseignung hervor. Bei den anderen Hauptbaumarten Kiefer, Buche und Eichenarten gibt es sowohl Anzeichen für eine Anpassung als auch Zweifel. Bei den Baumarten Lärche und Birke gibt es derzeit noch wenige Informationen. Als mögliche Optionen sind einige der heimischen Laubbaumarten sowie die Weißtanne, allerdings vorwiegend in Berglagen , und die Douglasie anzusehen. Langfristige Beobachtungen in Naturwaldreservaten zum Verlauf von Anpassungsprozessen in Waldökosystemen zeigen, dass Trauben- und Stieleiche, Esche, Berg- und Spitzahorn sowie die sogenannten Pionierarten wie Sand- und Moorbirke, Salweide, Aspe und Eberesche ein vergleichsweise hohes Anpassungsvermögen unter zunehmendem Trockenstress aufweisen. Bei der Wahl der Baumarten und -herkünfte muss darauf geachtet werden, dass sie dem Standort und seiner zu erwartenden Entwicklung angepasst sind. Neben heimischen Baumarten können Douglasie und andere fremdländische Baumarten Optionen bieten, dabei sind Aspekte des Naturschutzes zu berücksichtigen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/10735 – 10 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Die nachfolgende Tabelle umfasst die zehn häufigsten Waldbaumarten in Deutschland und eine Einschätzung zur Eignung bis zu einem Temperaturanstieg von 2 °C: Baumart Flächenanteil in Prozent Einschätzung Gründe/Bemerkungen 1. Fichte 26 - Sturmgefährdung, geringe Trockenheitstoleranz, Borkenkäferbefall 2. Kiefer 23 O Schaderreger (Insekten). Komplexschäden (Süden) 3. Buche 16 O Geringe Hitze- und Trockenheitstoleranz, Komplexschäden, 4. Stieleiche 5 O Schaderreger (Insekten) 5. Traubeneiche 5 O Schaderreger (Insekten) 6. Birke 4 (O) Wenig Kenntnisse 7. Weißtanne 2 + (?) Trockenheitstoleranz (?) 8. Eur. Lärche 2 (O) Wenig Kenntnisse 9. Esche 2 - Eschentriebsterben 10. Douglasie 2 + (?) Trockenheitstoleranz (Herkünfte), (noch) wenig Schaderreger (Pilze) Quelle zum Vorratsanteil: Bundeswaldinventur 2012 - = negative Perspektive O = gleichbleibende Perspektive + = gleichbleibende Perspektive (?) = Perspektive unsicher 13. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Anpassungsfähigkeit von Urwäldern, nutzungsfreien Wäldern und Buchenurwäldern an die Klimakrise , und welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung daraus für einen möglichen Waldumbau? Der derzeitige Kenntnisstand erlaubt keine abschließende Bewertung der Folgen klimatischer Veränderungen auf die Sensitivität, Stabilität und Elastizität von Waldökosystemen. Unterschiede in der Resilienz von Beständen gegenüber Schäden ergeben sich zwischen wenig strukturierten Reinbeständen ohne Vorverjüngung und reich strukturierten Mischbeständen mit Einzelbäumen unterschiedlichen Alters. Die Risiken eines flächigen Absterbens und einer notwendigen Wiederaufforstung ist in naturfernen Reinbeständen höher als in strukturierten Mischbeständen, die zudem mehr Möglichkeiten einer natürlichen Regeneration aufweisen. In Wirtschaftswäldern können durch eine Mischung verschiedener Baumarten und die waldbaulich gesteuerte Entwicklung strukturierter Bestände die Risiken durch Extremwetterlagen gemindert werden. Dies wird seit dreißig Jahren durch den durch die Bundesregierung geförderten Waldumbau und die Grundsätze der naturnahen Waldbewirtschaftung angestrebt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 11 – Drucksache 19/10735 14. Welche zentralen Hürden bestehen aus Sicht der Bundesregierung für die Beschleunigung des Waldumbaus in Deutschland hin zu naturnahen Mischwäldern und die Förderung der Naturverjüngung in Wäldern? Bund und Länder haben günstige Rahmenbedingungen für den Waldumbau in Deutschland hin zu naturnahen Mischwäldern und zur Förderung der Naturverjüngung in Wäldern geschaffen. So wird der Waldumbau in der Gemeinschaftaufgabe zur Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes bereits seit Jahrzehnten mit bis zu 80 Prozent der förderfähigen Kosten unterstützt. Allerdings haben Wirtschaftswälder in Deutschland Produktionszyklen von z. T. deutlich über 100 bis 120 Jahren. Aufgrund der natürlichen Wuchsdynamik der Wälder sind die Möglichkeiten zur Beschleunigung des Waldumbaus daher begrenzt . Zudem wird eine Beschleunigung des Waldumbaus limitiert, falls geeignete Altbäume als Samenbäume fehlen. Die Nutzung von Naturverjüngung ist sinnvoll, wenn Mutterbäume und ggf. Vektoren wie z. B. Eichelhäher eine ausreichende Verjüngungsdichte für eine gesicherte Verjüngung gewährleisten. Die Pflanzung bzw. Beimischung von anderen Baumarten bzw. Herkünften kann ergänzen , wenn ansonsten ein hohes Risiko klimawandelbedingter Schäden zu erwarten ist. Dabei sind Aspekte des Naturschutzes zu berücksichtigen. Nicht zuletzt liegen die Baumartenwahl und die Art der Waldbewirtschaftung in der verfassungsmäßig garantierten Entscheidungsfreiheit des jeweiligen Waldeigentümers . 15. Welche Bedeutung messen die Bundesregierung und das Johann Heinrich von Thünen-Institut für Waldökologie eine Minderung des Wildverbisses an Jungbäumen bei, um den Waldumbau in Naturverjüngung kostengünstig und erfolgreich zu gestalten? Hoher Äsungsdruck kann große Teile der Baumverjüngung beeinträchtigen und zu einer selektiven und für die forstlichen Genressourcen nachteiligen Entmischung von Baumarten führen. Dadurch kann ein erheblicher Selektionsdruck zulasten der Laub- und zugunsten der Nadelbäume entstehen, der eine naturnahe Waldentwicklung erschweren kann. Inwieweit durch Verbiss ein Schaden entsteht oder die Verjüngung des Waldes insgesamt gefährdet ist und ob daher eine Minderung des Wildverbisses angezeigt ist, lässt sich allerdings nur am Einzelfall unter Berücksichtigung von Standort und waldbaulicher Zielsetzung beurteilen. 16. Welche Maßnahmen und Konzepte verfolgt die Bundesregierung, um in Zusammenarbeit mit den Bundesländern den Waldumbau in öffentlichen Wäldern zu beschleunigen? Für Fragen der Bewirtschaftung des Landeswaldes, d. h. auch für den Waldumbau , sind die Länder zuständig. Der Staatswald ist weder mit Bundesmitteln förderfähig noch hat der Bund Einflussmöglichkeiten auf deren waldbauliche Entscheidungen . Im Rahmen der Maßnahmengruppe „Naturnahe Waldbewirtschaftung“ der Bund- Länder-Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes “ (GAK) können allerdings neben dem Privatwald auch Waldumbaumaßnahmen im Kommunalwand gefördert werden. Gefördert wird der Umbau von Reinbeständen und von nicht klimatoleranten Beständen in stabile Laub- und Mischbestände sowie Weiterentwicklung und Wiederherstellung von naturnahen Waldgesellschaften. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/10735 – 12 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 17. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über eine Zunahme von Parasiten und Schädlingen in deutschen Wäldern, und welcher Zusammenhang zu den Auswirkungen der Klimakrise sind der Bundesregierung bekannt? Der Bundesregierung liegen keine Kenntnisse über eine Zunahme der Arten an Parasiten und Schädlingen vor. Die Klimaänderungen können die Wechselbeziehungen im Wald zwischen Bäumen und ihren Gegenspielern in vielen Fällen erheblich verändern. Im Hinblick auf die Auswirkungen des Klimawandels auf den Pflanzenschutz stellt die Temperatur den wichtigsten Einflussfaktor auf Schadorganismen in den gemäßigten Breiten dar (Julius-Kühn-Institut in: Journal für Kulturpflanzen (69 (2) 53, 55, 2017). Hierbei muss in Zukunft insbesondere der Synchronisation der Phänologie von Wirtspflanzen und Schadorganismen unter Berücksichtigung der Wirtsspezifität der Schädlinge eine verstärkte Aufmerksamkeit geschenkt werden. Dies gilt entsprechend für pflanzenpathogene Pilze, welche in bestimmten Phasen ihres Entwicklungszyklus auf Blattnässe oder hohe Luftfeuchte angewiesen sind. Sich wandelnde Klimabedingungen können einheimische Schaderreger sowohl direkt über den Einfluss auf ihre Abundanzdynamik oder Epidemiologie als auch indirekt über die sich ändernde Phänologie der Pflanzen beeinflussen. Wärmeliebende neue Schadorganismen können mit steigenden Durchschnittstemperaturen befähigt werden, ihr Verbreitungsgebiet nach Norden auszudehnen bzw. sich nach einer Einschleppung in Mitteleuropa erfolgreich zu etablieren. 18. In welchem Umfang plant die Bundesregierung die durch den Waldklimafonds (www.waldklimafonds.de www.waldklimafonds.de) geförderten Maßnahmen zur Wiederherstellung des gestörten Wasserhaushaltes in Bundesforsten umzusetzen, und falls dies nicht in allen Bundesforsten erfolgen soll, warum nicht? Der Waldklimafonds fördert u. a. Maßnahmen, die der Anpassung der Wälder an den Klimawandel dienen und den unverzichtbaren Beitrag naturnaher, strukturund artenreicher Wälder zur Sicherung der natürlichen Lebensgrundlagen auf Dauer erhalten. Dazu zählen auch Vorhaben zur Wiederherstellung eines ausgeglichenen naturraumtypischen Landschaftswasserhaushaltes. Förderfähig sind nur Modell- und Pilotprojekte von besonderem Bundesinteresse. Eine großflächige Förderung ist mit dem Waldklimafonds nicht möglich, ebenso wenig wie eine unmittelbare Auftragsförderung des Bundes. Modellhafte Vorhaben auf dem Gebiet der Bundesforsten zu o. g. Themenkreis können als Antrag bei dem Projektträger des Waldklimafonds eingereicht werden. 19. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Entwicklung der Abstände zwischen sogenannten Mastjahren in deutschen Wäldern, und welche Zusammenhänge zu den Auswirkungen der Klimakrise sind der Bundesregierung bekannt? Die Auswertung der bei der Waldzustandserhebung erhobenen Daten zur Fruktifikation von 1999 bis 2018 zeigt, dass in diesem Zeitraum alle zwei bis drei Jahre eine Buchenmast aufgetreten ist. Für Niedersachsen konnte die Nordwestdeutsche Forstliche Versuchsanstalt das Fruktifikationsgeschehen anhand historischer Aufzeichnungen bis in das Jahr 1839 zurückverfolgen und nachweisen, dass Buchenmasten seit den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts häufiger auftreten als in den 150 Jahren davor. Die Abstände zwischen den Masten lagen für die ausgewerteten 20-Jahresintervalle zwischen 3,3 und 6,7 Jahren. Nur 1843 bis 1862 trat eine Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 13 – Drucksache 19/10735 Phase mit ähnlich häufiger Fruktifikation wie gegenwärtig mit Abständen zwischen den Mastjahren von durchschnittlich 2,5 Jahren auf. Wie die gleichzeitige Fruktifikation der Buchen über große geografische Räume hinweg gesteuert wird, ist trotz jüngerer Forschungsarbeiten noch nicht abschließend geklärt. Jedoch scheinen hoher Wärmegenuss im Vorjahr und die Stickstoffversorgung der Bäume für die Auslösung der Blüte eine Rolle zu spielen. Nach den Ergebnissen der im Rahmen der Bodenzustandserhebung im Wald (BZE) durchgeführten Blattanalysen war die Stickstoffernährung an knapp drei Vierteln der BZE-Punkte normal und an gut einem Viertel sogar luxuriös. Die nachfolgende Abbildung zeigt die Anteile fruktifizierender Buchen (gewichtete Bäume) bei der Waldzustandserhebung 1999 bis 2018: Für die anderen Baumarten sind die Zusammenhänge weniger deutlich bzw. die Zahlen schwerer interpretierbar. So sind z. B. die Früchte der Traubeneiche zum Zeitpunkt der Waldzustandserhebung im Juli/August noch sehr klein und daher bei der terrestrischen Kronenansprache kaum zu erkennen, und in den Auswertungsgruppen der anderen Laubbäume und der anderen Nadelbäume werden jeweils mehrere Baumarten zusammengefasst. 20. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Potentiale und Vorteile von naturnahen Mischwäldern, sich besser auf die Veränderungen der Klimakrise einzustellen im Vergleich zu Nadelwald-Monokulturen? Die Bundesregierung geht davon aus, dass strukturreiche, vielfältige und naturnahe Mischwälder resilienter gegenüber Klimaänderungen sind als naturferne Reinbestände. Die Baumartenmischung ist ein wichtiger Ansatzpunkt, um die Bestände stabiler und vitaler zu machen und damit die wichtigen Waldfunktionen auch für die Zukunft sicherzustellen. Die Steuerung der Baumartenmischung bedarf allerdings aufgrund der Langlebigkeit der Waldbäume weit vorausschauender Waldumbaustrategien . Mit der gezielten Förderung von Mischwäldern verfolgen die Forstwirte eine Strategie der Risikostreuung unter dem Motto: Je mehr unterschiedliche Bäume eine Waldgemeinschaft bilden und je vielfältiger die Waldstrukturen sind, desto geringer wird das Risiko sein, dass im Falle einer schleichenden oder plötzlichen Veränderung der Standortbedingungen der gesamte Wald von Schäden betroffen sein wird oder gar ganz zusammenbricht. Es wird Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/10735 – 14 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode dann immer einzelne Arten geben, die mit den neuen Bedingungen gut zurechtkommen und die Grundlage einer neuen Bestandsentwicklung bilden können. Außerdem ist Baumartenvielfalt meist mit einem hohen Maß an Struktur- und Lebensraumvielfalt verbunden. Damit einher gehen vielfältige Lebensräume für Gegenspieler von Schaderregern und in der Folge geringere Ausbreitungs- und Befallsmöglichkeiten als in homogenen Reinbeständen. Die Anfälligkeit von Mischbeständen gegenüber Schaderregern ist daher häufig geringer. Auf bestimmten Standorten stellen sich von Natur aus Reinbestockungen mit Bäumen einer Art wie beispielsweise der Buche ein, auf anderen entwickeln sich natürlicherweise Mischbestockungen sehr unterschiedlicher Ausprägung. Grundsätzlich gilt, dass dem Anteil von Mischbeständen natürlicherweise Grenzen gesetzt sind, allerdings ist das Optimum an Mischung in den deutschen Wäldern noch lange nicht erreicht. Die heutige Standortgerechtigkeit der Baumartenzusammensetzung ist dabei kein gesichertes Kriterium einer besseren Anpassung an ein zukünftiges Klima, da an allen heimischen Baumarten Schäden aufgrund extremer Witterungsereignisse beobachtet werden. 21. Welche Bedeutung hat nach Kenntnis der Bundesregierung eine hohe Artenvielfalt an Bäumen für die Vermeidung von Schaderregermassenvermehrungen in Wäldern? Von Massenvermehrungen von Schaderregern sind unter den Hauptbaumarten insbesondere Fichte (Borkenkäfer), Kiefer (Nadelfressender Insekten, z. T. Rindenbrüter ) und Eiche (Insekten) betroffen. Europaweite Daten des Waldmonitorings (ICP Forests, Level I) zeigen, dass je nach Baumart eine Eindämmung von Schadinsekten durch die Beimischung einer weiteren Baumart auftritt. Dieser Effekt ist bei der vergleichsweise wenig befallenen Buche am geringsten. Eiche, Kiefer und Fichte profitieren von der Beimischung einer weiteren Laubbaumart. 22. Welche Kenntnisse haben die Bundesregierung, Bundesbehörden und Forschungsinstitutionen des Bundes über die Resilienz von Mischwäldern in Bezug auf Dürreresistenz und Waldbrände im Vergleich zu reinen Nadelwäldern ? Die Dürreresistenz hängt stark von der Baumart bzw. der Herkunft einer Baumart und deren Anpassung an den Standort ab. Im Allgemeinen gelten unter den Hauptbaumarten Fichte und Buche als trockenheitsempfindlicher als die heimischen Eichenarten und Kiefer. Dies bezieht sich aber nur auf die direkte Trockenheitswirkung und nicht auf die begleitenden Einflüsse von Schaderregern. Forschungen zur Wirkung einer Mischung von Kiefer, Fichte und Eiche mit Buche gegenüber Nadelbaum- bzw. Eichenreinbeständen zeigen die vorteilhafte Wirkung der Buche, die zu einem feuchteren Waldinnenklima, einer höheren Bodenfeuchte und einer geringeren Wurzelkonkurrenz führt. Es kann auch zu einem Wassertransport aus tieferen Bodenschichten zum Vorteil der flacher wurzelnden Baumart kommen. Diese Wirkungen steigern die Dürreresistenz der Mischwälder gegenüber Reinbeständen. Waldbrandgefährdet sind Kiefernwälder insbesondere im subkontinentalen nordostdeutschen Tiefland. Durch die Klimaerwärmung treten aber auch zunehmend bisher weniger betroffene Nadelwälder in anderen Regionen Deutschlands in den Fokus. Offene Waldstrukturen mit einem trocken-warmen Waldinnenklima begünstigen Feuer. Durch die Beimischung von Laubbaumarten (Buche, Eiche, aber Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 15 – Drucksache 19/10735 auch Rot-Eiche) zur Kiefer mindert sich das Brandrisiko, indem Bodenvegetation und Humusauflagen geringer ausgeprägt sind und ein kühleres Waldinnenklima erreicht wird. 23. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Auswirkungen von Überdüngung der Wälder z. B. über Luft und Niederschläge auf die Widerstandskraft von Wäldern sowie auf die Holzqualität im Kontext der Klimakrisenfolgen ? Zusätzlicher Stickstoff hat zunächst eine Düngewirkung. Bäume reagieren mit verstärktem Wachstum. Allerdings ziehen hohe atmosphärische Stickstoffeinträge vielerorts eine Übersättigung der Wälder nach sich. Für Bäume und Wälder hat der Überschuss unterschiedliche Konsequenzen: Ungleichgewichte in der Nährstoffversorgung An Waldstandorten, an denen es zu viel Stickstoff und gleichzeitig zu wenig andere lebensnotwendige Nährstoffe gibt, können sich langfristige Nährstoffgehalte in den Pflanzen verschieben. Ist zum Beispiel zu viel Stickstoff verfügbar, kann dies zu einem Mangel an Phosphor, Calcium, Magnesium oder Kalium führen. Versauerung der Waldböden Stickstoffverbindungen tragen ähnlich wie Schwefelverbindungen zur Versauerung der Waldböden bei. Erhöhte Anfälligkeit der Bäume Stickstoffeinträge verändern das Zusammenleben von Wurzeln und Mikroorganismen im Boden. Zusammen mit der Versauerung und den Ungleichgewichten in der Nährstoffversorgung werden die Bäume anfälliger gegen Frost und den Befall mit Schadinsekten und Pilzen. In einer an Beobachtungsflächen des intensiven forstlichen Umweltmonitorings durchgeführten europaweiten Studie konnte nachgewiesen werden, dass überhöhte Stickstoffeinträge Mykorrhiza- Pilze beeinträchtigen. Diesen kommt indessen eine Schlüsselrolle in der Nährstoff - und Wasserversorgung der Bäume und bei der Abwehr pathogener Pilze zu. Verlust von Biodiversität Zu viel Stickstoff verändert die Artenzusammensetzung der Wälder. Pflanzenarten , die Stickstoff gut verwerten können, verdrängen nach und nach Arten, die an Stickstoffarmut angepasst sind. Das führt zu einer schleichenden Vereinheitlichung der Vegetation. Belastung des Grund- und Trinkwassers Stickstoff, der nicht verwertet oder gespeichert werden kann, wird als Nitrat mit dem Sickerwasser ausgetragen. Dadurch kann es zu einer Belastung des Grundwassers und damit auch des Trinkwassers kommen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333