Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Bildung und Forschung vom 31. Mai 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/10743 19. Wahlperiode 05.06.2019 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Jens Brandenburg (Rhein-Neckar), Katja Suding, Mario Brandenburg (Südpfalz), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/10268 – Berücksichtigung der Kaufkraftparität bei der Studienförderung V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Die Berechnung des Förderanspruches nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) erfolgt bisher unter Berücksichtigung des elterlichen Einkommens – auch dann, wenn dieses im Ausland erzielt wird. Innerhalb der Europäischen Union und darüber hinaus gibt es unterschiedliche Preisniveaus (siehe: https://ec.europa.eu/eurostat/tgm/table.do?tab=table&plugin=1&language= de&pcode=tec00120). Auf Grundlage von Kaufkraftparitäten können u. a. Einkommen , Lebenshaltungskosten und indirekte Steuern in einen internationalen Vergleich gesetzt werden. Der Bundesgerichtshof (BGH) entschied 2014, dass die von Eurostat ermittelten vergleichenden Preisniveaus bei der Bemessung des Unterhalts von im Ausland lebenden Eltern berücksichtigt werden können (siehe Aktenzeichen: XII ZB 661/12). 1. Inwiefern ist der in der Vorbemerkung der Fragesteller zitierte Beschluss des BGH nach Auffassung der Bundesregierung relevant zur Bemessung a) des Unterhaltsanspruches und b) des BAföG-Förderanspruches von Kindern in einer dem Grunde nach BAföG-förderfähigen Ausbildung, deren Eltern im Ausland leben (bitte erläutern)? 2. Wird in diesen Fällen zur Bemessung a) des Unterhaltsanspruches und b) des BAföG-Förderanspruches das nominale Einkommen der Eltern oder die Kaufkraft dieses Einkommens berücksichtigt (bitte begründen)? Welche Auswirkungen hat dies für die in Ausbildung befindlichen Kinder? Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/10743 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 3. Falls sowohl der Unterhaltsanspruch und die BAföG-Förderhöhe nicht einheitlich unter Berücksichtigung von Kaufkraftparitäten berechnet wird, wie begründet und wie bewertet dies die Bundesregierung? a) Hält die Bundesregierung die nichteinheitliche Berücksichtigung von Kaufkraftparitäten für kohärentes Recht (bitte begründen)? b) Welche Auswirkungen hat dies für die im Ausland lebenden Eltern insbesondere in Ländern mit einem hohen Preisniveau? c) Welche Auswirkungen hat dies auf die Ausbildungsfinanzierung ihrer Kinder? d) Kann es so zu einer Förderlücke kommen? e) Falls ja, wie hoch kann diese Förderlücke sein, und wie kann sie ausgeglichen werden? Die Fragen 1 bis 3 werden im Zusammenhang beantwortet. Die Besonderheiten ausländischer Bruttoeinkünfte berücksichtigt das Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) aktuell bereits gemäß § 21 Absatz 2a BAföG im Hinblick auf darauf im Ausland gezahlte Steuern, die voll zum Abzug gebracht werden können. Des Weiteren werden auch die Sozialpauschale gemäß § 21 Absatz 2 BAföG sowie ein Werbungskostenpauschbetrag gemäß § 9a EStG berücksichtigt . Bei gleichzeitig in ausländischer Währung bezogenen Einkünften werden außerdem auch die jeweiligen durchschnittlichen Jahreswechselkurse der Deutschen Bundesbank angewendet (vgl. Nummer 21.1.7 der BAföG-Verwaltungsvorschriften ). Eine weitergehende Berücksichtigung von Kaufkraftunterschieden erfolgt nicht, da das BAföG als ein Massenleistungsgesetz auf handhabbare Pauschalierungen zurückgreifen muss. Aktuell fehlt es bereits an einem für das BAföG geeigneten Instrument zur Berücksichtigung der weltweiten Kaufkraftunterschiede. Seit der Einstellung der Veröffentlichung von Verbrauchergeldparitätenkursen durch das Statistische Bundesamt im Jahr 2010 werden Kaufkraftunterschiede nicht mehr umfassend und verlässlich erfasst. Auch die vom Statistischen Amt der Europäischen Union (eurostat) ermittelten vergleichenden Preisniveaus des Endverbrauchs der privaten Haushalte erlauben nur in eingeschränktem Umfang eine Umrechnung. So sind darin etwa nur drei außereuropäische Staaten erfasst. Eine umfassende Datengrundlage zur Berücksichtigung weltweiter Kaufkraftunterschiede ist daher nicht vorhanden. Jedoch ist es möglich, dass Kaufkraftunterschiede im Ergebnis über das sog. Vorausleistungsverfahren des BAföG dennoch im Sinne der Einzelfallgerechtigkeit ausgeglichen werden. Führt die Nichtberücksichtigung von Kaufkraftunterschieden im Einzelfall dazu, dass der Anrechnungsbetrag des elterlichen Einkommens die tatsächlichen Aufwendungen so weit unterschreitet, dass die finanzielle Leistungsfähigkeit der Eltern überfordert würde und sie ihrem Kind den ihnen zugerechneten Unterhaltsbeitrag nicht leisten können, so besteht für dieses die Möglichkeit , einen Antrag auf sogenannte Vorausleistung zu stellen. Sofern Eltern den im BAföG typisierend angerechneten Unterhaltsbetrag nicht (oder nicht in voller Höhe) leisten können und deshalb die Ausbildung gefährdet ist, kann ihren Kindern nach § 36 Absatz 1 BAföG auf Antrag und nach Anhörung der Eltern BAföG-Förderung vorausgeleistet werden. Mit Zahlung der Vorausleistung durch das BAföG-Amt geht der mögliche zivilrechtliche Unterhaltsanspruch des Auszubildenden gegen seine Eltern auf das jeweilige Bundesland über, das diesen Anspruch dann gegen die Eltern geltend macht. Die Höhe des zivilrechtlichen Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/10743 Unterhaltsanspruchs wird direkt nach Maßgabe des Unterhaltsrechts (§§ 1601 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuches) bestimmt. Im Unterhaltsrecht ist akzeptiert, dass bei der Bemessung des Unterhalts zur Ermittlung des Kaufkraftunterschieds die vom Statistischen Amt der Europäischen Union ermittelten vergleichenden Preisniveaus des Endverbrauchs der privaten Haushalte herangezogen werden können. Auf diese Weise ist sichergestellt, dass die Eltern den Unterhaltsbetrag leisten, zu dem sie gesetzlich verpflichtet sind. Soweit sich dabei herausstellt, dass die Eltern den Unterhalt gegenüber dem Auszubildenden möglicherweise ganz oder zum Teil zu Recht verweigert haben, geht der Rückgriff des Landes dann insoweit ins Leere. 4. Sind der Bundesregierung oder nach Kenntnis der Bundesregierung den BAföG-Ämtern Fälle bekannt, in denen eine Nichtberücksichtigung von Kaufkraftparitäten in der Bemessung des Unterhalts und/oder der BAföG- Förderung in der Praxis zu Problemen geführt hat (bitte erläutern)? Wie hat die Bundesregierung auf entsprechende Hinweise reagiert? Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) hat in den vergangenen Jahren nur ganz vereinzelte Eingaben zur Problematik der Berücksichtigung von Kaufkraftparitäten im BAföG erhalten, die entsprechend den Ausführungen in der Antwort zu den Fragen 1 bis 3 beantwortet wurden. 5. Findet nach Kenntnis der Bundesregierung eine Kaufkraftbereinigung auch bei den Ländern statt, über welche Eurostat keine vergleichenden Preisniveaus ermittelt? Wenn ja, auf welcher Grundlage? Es wird auf die Antwort zu den Fragen 1 bis 3 verwiesen. 6. Können Gerichte und BAföG-Ämter bei der Berechnung des elterlichen Unterhalts nach Kenntnis der Bundesregierung zu Unterschieden über die Höhe des Unterhalts kommen (bitte erläutern)? Falls ja, zu welchem Unterhalt sind Eltern nach Auffassung der Bundesregierung dann verpflichtet? Auf den Bedarf werden gemäß § 11 Absatz 2 BAföG Einkommen und Vermögen des Auszubildenden sowie das Einkommen seines Ehegatten und seiner Eltern in dieser Reihenfolge angerechnet. Dabei geht der Gesetzgeber davon aus, dass die unterhaltsverpflichteten Eltern ihr Einkommen vorrangig für die Ausbildung der unterhaltsberechtigten Kinder einsetzen. Für die Berechnung des Anspruchs auf BAföG wird dabei jedoch nicht der tatsächliche Unterhaltsanspruch nach bürgerlichem Recht zugrunde gelegt, sondern pauschal ein Anrechnungsbetrag, der sich aus den Einkommensverhältnissen der Eltern ergibt (§ 11 Absatz 2 BAföG). Dies dient der Vereinfachung des Verfahrens und liegt in aller Regel durchaus im Interesse der Antragsteller, da nur auf diese Weise eine zügige Gewährung der Förderung möglich ist, auch gerade in Fällen, in denen Unklarheiten bezüglich des Unterhaltsanspruchs gegen die Eltern oder ein Elternteil bestehen. Diese pauschale Handhabung, die einen Anrechnungsbetrag unabhängig vom konkreten Bestehen eines zivilrechtlichen Unterhaltsanspruchs unterstellt, kann allerdings in Einzelfällen dazu führen, dass sich der Unterhaltsanspruch gegen die Eltern in einem ggf. betriebenen Unterhaltspro- Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/10743 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode zess entsprechend vermindert, da dort ein BAföG-Empfänger unterhaltsrechtlich in voller Höhe der bezogenen BAföG-Leistungen als nicht bedürftig angesehen wird. 7. Wie viele in einer dem Grunde nach BAföG-förderfähigen Ausbildung befindlichen Kinder haben nach Kenntnis der Bundesregierung Eltern bzw. Elternteile , die im Ausland leben? a) In wie vielen dieser Fälle lebt mindestens ein Elternteil in einem Land mit einem höheren Preisniveau als in Deutschland (bitte unter Angabe des jeweiligen Preisniveaus nach Aufenthaltsland aufteilen)? b) In wie vielen dieser Fälle lebt mindestens ein Elternteil in einem Land mit einem niedrigeren Preisniveau als in Deutschland (bitte unter Angabe des jeweiligen Preisniveaus nach Aufenthaltsland aufteilen)? 8. Wie viele BAföG-Antragsteller haben nach Kenntnis der Bundesregierung Eltern bzw. Elternteile, die im Ausland leben? Welchem Anteil aller BAföG-Antragsteller entspricht dies (bitte jeweils nach Schüler- bzw. Studierenden-BAföG aufteilen)? a) In wie vielen dieser Fälle lebt mindestens ein Elternteil in einem Land mit einem höheren Preisniveau als in Deutschland (bitte unter Angabe des jeweiligen Preisniveaus nach Aufenthaltsland aufteilen)? b) In wie vielen dieser Fälle lebt mindestens ein Elternteil in einem Land mit einem niedrigeren Preisniveau als in Deutschland (bitte unter Angabe des jeweiligen Preisniveaus nach Aufenthaltsland aufteilen)? Die Fragen 7 bis 8 werden im Zusammenhang beantwortet. Hierzu liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. Entsprechende Angaben sind der Bundesstatistik nach § 55 BAföG nicht zu entnehmen. 9. Inwiefern beabsichtigt die Bundesregierung, Kaufkraftparitäten künftig bei der Berechnung der BAföG-Förderhöhe zu berücksichtigen? Inwiefern berücksichtigt die Bundesregierung eine solche Regelung im Gesetzentwurf zum 26. BAföGÄndG (bitte jeweils erläutern und begründen)? Vor dem Hintergrund der Antwort zu den Fragen 1 bis 3 hält die Bundesregierung eine Regelung im 26. BAföGÄndG nicht für notwendig. 10. Wie hoch wären nach Kenntnis der Bundesregierung die Mehrbelastungen für den Bundeshaushalt in den Jahren 2020 und 2021, und in welchen Haushaltsstellen würden diese anfallen? Mögliche Mehrbelastungen würden bei Kapitel 3002 Titel 632 50 (Zuschüsse an Schülerinnen und Schüler) und 632 51 (Zuschüsse an Studierende) anfallen . Da der Bundesregierung hierzu keine Daten vorliegen (siehe auch Antwort zu den Fragen 7 und 8), ist eine Bezifferung von Mehrbelastungen nicht möglich. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333