Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie vom 4. Juni 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/10745 19. Wahlperiode 06.06.2019 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Alexander Kulitz, Alexander Graf Lambsdorff, Grigorios Aggelidis, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/10387 – Gemeinsame Erklärung EU-China vom 9. April 2019 V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Am 9. April 2019 einigten sich die EU und China im Rahmen des 21. EU- China-Gipfels auf eine gemeinsame Erklärung (https://ec.europa.eu/commission/ news/president-juncker-eu-china-summit-2019-apr-09_de). In dieser Erklärung verspricht Peking fairen Handel und die EU zeigt sich offen für den Einsatz chinesischer Technik beim Ausbau des 5G-Mobilfunknetzes. Vor gut einem Jahr hob der Nationale Volkskongress der Volksrepublik China die Amtszeitbegrenzung für Xi Jingping auf. Seither gilt er als „lingxiu“, ein Begriff für „Führer“, der vor mehr als drei Jahrzehnten nur in der Ära des Vorsitzenden Mao Zedong verwendet wurde. Unter Xi Jinpings Regentschaft baut China seinen Einfluss in Wirtschafts- und Außenpolitik aus. Im Südchinesischen Meer erhebt die Volksrepublik China beispielsweise Ansprüche auf rund 80 Prozent des Gebietes. Durch das Aufschütten von Inseln versucht China seine Ansprüche zu legitimieren. Das Urteil des Schiedsgerichts in Den Haag wird dabei weiterhin ignoriert (www.tagesspiegel.de/politik/suedchinesisches-meer-schiedsgerichtweist -chinas-ansprueche-ab/13863892.html). Neben dem militärischen geht China auch einen wirtschaftlichen Weg, um seine Machtposition weiter auszubauen . Im Rahmen seiner globalen Seidenstraßeninitiative investiert China weltweit in Infrastruktur: Flughäfen, Eisenbahnlinien, Pipelines, Häfen, Sonderwirtschaftszonen , Kraftwerke und Stromnetze sowie Militärinfrastruktur. Über 100 Teilnehmerstaaten sollen schon am Seidenstraßenprojekt beteiligt sein. Dazu gehören viele asiatische Staaten, nahezu alle afrikanischen Staaten südlich der Sahara und viele lateinamerikanische Entwicklungsländer. Die Länder hoffen auf Wachstumsimpulse, verschulden sich aber durch die Aufnahme von Krediten. Bei Zahlungsschwierigkeiten ist China offen für Rückzahlungen durch Beteiligung an natürlichen Ressourcen oder an den Projekten selbst. Unter dem Schirm der Belt and Road Initiative trifft die chinesische Regierung Vereinbarungen mit Regierungen anderer Staaten und fördert Infrastrukturprojekte , die mehrfach unter Korruptionsverdacht stehen. In zahlreichen Ländern entstanden durch diese Praxis bereits enorme Schuldenabhängigkeiten (www.handelsblatt.com/politik/deutschland/seidenstrasse-chinas-schmutzigegeschaefte -in-suedostasien/23840204.html?ticket=ST-995104-apwH2lsJkjCRE9 Uflf5U-ap6). Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/10745 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode V o r b e m e r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Die EU arbeitet mit China im Rahmen einer Vielzahl von informellen und formellen Dialogformaten unter anderem in den Bereichen Außen- und Sicherheitspolitik , Wirtschaft und Handel, Rechtspolitik, Verkehr, öffentliche Gesundheit, Umweltpolitik sowie Forschung und Entwicklung zusammen. Dazu gehören neben dem jährlich stattfindenden EU-China-Gipfel unter anderem der Hochrangige Strategische Dialog für außen- und sicherheitspolitische Fragen und der Hochrangige Handels- und Wirtschaftsdialog auf Ministerebene sowie der EU-China- Menschenrechtsdialog. Diese regelmäßigen formellen Dialogformate schaffen zusammen mit informellen Treffen einen stetigen Austausch über alle relevanten Aspekte der EU-China-Beziehungen, einschließlich zu bestehenden Meinungsunterschieden . Zusätzlich vertritt die Bundesregierung im Rahmen ihrer vielfältigen formellen und informellen bilateralen Kontakte zu China auch die Interessen der EU. 1. Für welche Punkte wird sich die Bundesregierung im Rahmen der „International Working Group on Export Credits“ bei der Gestaltung eines Abkommens über staatliche Exportkredite einsetzen? Die Bundesregierung setzt sich dafür ein, dass die International Working Group on Export Credits (IWG) horizontale Richtlinien erarbeitet, die den Anforderungen entsprechen, die das WTO-Übereinkommen über Subventionen und Ausgleichsmaßnahmen für eine Nachfolgeregelung zum OECD-Konsensus für staatlich unterstützte Exportkredite vorgibt. Solche horizontalen Richtlinien sind wichtig, um weltweit faire Wettbewerbsbedingungen bei der staatlichen Exportfinanzierung zu gewährleisten. 2. Wieso wird das seit 2005 laufende bilaterale Investitionsschutzabkommen zwischen Deutschland und China nicht auf EU-Ebene übernommen? Aktuell schützt der deutsch-chinesische Investitionsförderungs- und -schutzvertrag (IFV) vom 1. Dezember 2003, der seit dem 11. November 2005 in Kraft ist, deutsche Investitionen in der Volksrepublik China. Der IFV bietet einen hohen Schutz für deutsche Investitionen, die in der Volksrepublik China getätigt werden . Zahlreiche weitere EU-Mitgliedstaaten haben bilaterale IFV mit der Volksrepublik China abgeschlossen. Die bilateralen IFV enthalten allerdings keine Vorschriften zum Marktzugang, die für die EU und ihre Mitgliedstaaten zentraler Bestandteil des derzeit in Verhandlung befindlichen Investitionsabkommens mit der Volksrepublik China sind. Dieses soll zudem den modernisierten Ansatz für die Investor-Staat-Streitbeilegung beinhalten und würde damit deutlich über die Regelungen der bilateralen IFV hinausgehen, die es mit Inkrafttreten ablösen würde. 3. Für welche konkreten Maßnahmen wird sich die Bundesregierung bei den Verhandlungen über eine für 2020 geplante Investitionsvereinbarung zwischen der EU und der Volksrepublik China einsetzen, um insbesondere einen verbesserten Marktzugang und einen ausgeglichenen Investitionsschutz zu ermöglichen? Die Bundesregierung unterstützt die EU-Kommission bei ihren Bemühungen, mit der Volksrepublik China bis 2020 ein ambitioniertes Investitionsabkommen auszuhandeln , welches den Zugang europäischer Firmen zum chinesischen Markt substanziell verbessern und einen Investitionsschutz auf hohem Niveau mit prä- Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/10745 zise definierten Standards sowie Vorschriften zur Wahrung des staatlichen Regulierungsrechts gewährleisten soll. Zu diesem Zweck setzt sich die Bundesregierung für eine Öffnung des chinesischen Marktes sowohl im Dienstleistungsbereich als auch in Industriesektoren sowie für die Gleichbehandlung ausländischer und chinesischer Firmen in China ein. Wichtige Anliegen sind unter anderem die Aufhebung von Genehmigungsanforderungen für Investitionen und von Beteiligungsobergrenzen , von Verpflichtungen zur Gründung von Gemeinschaftsunternehmen und zum Transfer von Technologie und Betriebswissen sowie von Anforderungen an lokale Wertschöpfung. In Bezug auf die Investor-Staat-Streitbeilegung plädiert die Bundesregierung für ein transparentes Investitionsgericht mit Berufungsmechanismus und Ethikregeln, dessen Richterinnen und Richter von den Vertragsparteien bestimmt werden. 4. Inwiefern geht die Volksrepublik China, nach Meinung der Bundesregierung , wie in der Erklärung dargelegt, als gutes Beispiel voran, wenn es um das Betreiben von Politik geht, die eine offene, ausgeglichene und einbindende Weltwirtschaft unterstützt? Laut Erklärung anerkennen die EU und China ihre Verantwortung, mit gutem Beispiel voranzugehen und das Ziel einer offenen, ausgeglichenen und einbindenden Weltwirtschaft anzustreben. Die chinesische Staatsführung hat sich in den vergangenen Jahren bei zahlreichen Anlässen zur multilateralen, regelbasierten WTO im Zentrum bekannt. Die Bundesregierung wird die Volkrepublik China in diesem Zusammenhang an der Umsetzung ihrer Versprechungen messen. Diese betreffen insbesondere die effektive Mitwirkung an der WTO-Modernisierung sowie den Abschluss eines ambitionierten EU-China-Investitionsabkommens bis 2020. 5. Inwiefern beinhalten die von der Regierung der Volksrepublik China entwickelten Gesetze (z. B. Joint Venture) nach Kenntnis der Bundesregierung eine Praxis des erzwungenen Technologietransfers? Welche Branchen waren nach Kenntnis der Bundesregierung von den Technologietransfers in vergangenen Jahren betroffen? Die Praxis des erzwungenen Technologietransfers der Volkrepublik China ergibt sich aus einer Gesamtschau der aktuell geltenden Geschäftsbedingungen. Das gegenwärtige System zur zwangsweisen Übertragung von Technologien und Betriebswissen ist impliziter Natur und stützt sich im Wesentlichen auf die komplexe und wenig transparente Regelung ausländischer Investitionen in der Volksrepublik China. Wichtige Instrumente stellen die Verpflichtung zur Gründung von Gemeinschaftsunternehmen sowie die informelle Ausgestaltung des Verfahrens zur Genehmigung ausländischer Investitionen dar. Erfahrungen zeigen, dass Investitionsgenehmigungen häufig nur vorbehaltlich von Zusagen zum Technologietransfer erfolgen. Betroffen sind insbesondere Sektoren, in denen in der Volksrepublik China nach wie vor Wissensrückstände bestehen und die gemäß staatlichen Planungsvorgaben – etwa im Rahmen der industriepolitischen Strategie „Made in China 2025“ – prioritär zu entwickeln sind. Die Bundesregierung weist gleichzeitig darauf hin, dass sich die Volksrepublik China im Rahmen der Erklärung zum diesjährigen EU-China-Gipfel gegen erzwungenen Technologietransfer ausgesprochen hat. Sie wird die Volksrepublik China im regelmäßigen Dialog an diese Verpflichtung erinnern und auf Einhaltung drängen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/10745 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 6. Was ist der Plan der Bundesregierung und der EU, um im Chancenkontinent Afrika gegen die chinesischen Angebote konkurrenzfähig zu sein? Wie sollte nach Ansicht der Bundesregierung in Zukunft mit dieser Angelegenheit umgegangen werden, vor dem Hintergrund der abgegebenen gemeinsamen Erklärung zwischen der EU und China, man wolle in der Region bei Investitionsprojekten kooperieren? Um deutsche Unternehmen gezielter bei wirtschaftlichen Aktivitäten in Afrika zu unterstützen und damit wettbewerbsfähiger zu machen, hat die Bundeskanzlerin am 30. Oktober 2018 auf der G20-„Compact with Africa“-Konferenz in Berlin einen Entwicklungsinvestitionsfonds für Afrika in Höhe von 1 Mrd. Euro angekündigt . Der Fonds besteht aus drei Säulen. AfricaConnect ist ein Fonds, der durch die Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft (DEG) verwaltetet wird und zur Finanzierung deutscher Investitionen in Afrika beitragen soll. Als zweite Säule gibt es den Fonds AfricaGrow, der von der KfW verwaltet wird und afrikanische Unternehmen durch besseren Zugang zu Kapital und Krediten unterstützt. Die ersten beiden Säulen werden vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung umgesetzt. Das Wirtschaftsnetzwerk Afrika ist die dritte Säule des Entwicklungsinvestitionsfonds und wird vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) umgesetzt. Ziel des Wirtschaftsnetzwerks Afrika ist es, die zentralen Akteure der deutschen Außenwirtschaftsförderung noch stärker zu vernetzen und dadurch ein gebündeltes Beratungs - und Unterstützungsangebot insbesondere für deutsche mittelständische Unternehmen zu schaffen, die wirtschaftlich in Afrika aktiv werden wollen. Auf Basis des Kabinettbeschlusses vom 5. Oktober 2016 wurde im BMWi ferner eine Geschäftsstelle für strategische Auslandsprojekte (GAP) gegründet, um Projekte deutscher Unternehmen im Ausland koordiniert politisch zu flankieren und ihre internationale Wettbewerbsfähigkeit gegenüber der globalen Konkurrenz zu stärken . Die GAP setzt sich einzelfallabhängig in enger Abstimmung mit den Ressorts insbesondere für die Verbesserung der Finanzierungsinstrumente für strategisch relevante Projekte ein. 7. Welche politischen Instrumente sollen auf europäischer und chinesischer Seite nach Kenntnis und Vorschlag der Bundesregierung eingesetzt werden, um die Umsetzung der in der gemeinsamen Erklärung gemachten Versprechen zu überprüfen und zu evaluieren? Es wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. 8. Was erscheint der Bundesregierung als passende Reaktion, sollten die gemeinsamen Erklärungen nicht eingehalten werden? Es wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. 9. Welchen Umfang hat der geplante Investitionsrahmen für Außenmaßnahmen der EU angesichts der 900 Milliarden Euro Investitionen in die Neue Seidenstraße seitens Chinas? Zum Vorschlag der EU-Kommission für ein neues Instrument für Nachbarschaft , Entwicklung und internationale Zusammenarbeit (NDICI) im neuen mehrjährigen Finanzrahmen der EU 2021 bis 2027 wird auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 16 der Kleinen Anfrage der Abgeordneten Agnieszka Brugger, Katja Keul, Dr. Tobias Lindner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/10745 BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN „Positionen der Bundesregierung zur Europäischen Außen-, Sicherheits- und Entwicklungspolitik“ auf Bundestagsdrucksache 19/7529 verwiesen. Zum Vorschlag der EU-Kommission für einen Fonds für nachhaltige Investitionen (EFSD+) und für eine Höhe der Außengarantie als Teil des NDICI wird auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 21 der Kleinen Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN „Positionen der Bundesregierung zur Europäischen Außen-, Sicherheits- und Entwicklungspolitik“ auf Bundestagsdrucksache 19/7529 verwiesen. Über die Frage der Mittelausstattung des geplanten NDICI, welches auch die Höhe einer möglichen Außengarantie einschließt, wird zu einem späteren Zeitpunkt im Rahmen der Verhandlungen über den mehrjährigen Finanzrahmen der EU 2021 bis 2027 entschieden. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333