Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 5. März 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/1090 19. Wahlperiode 06.03.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Bruno Hollnagel, Steffen Kotré, Enrico Komning, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der AfD – Drucksache 19/793 – Europa im globalen Handelsraum V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Auf dem World Economic Forum (WEF) in Davos widmete sich die geschäftsführende Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel auch dem Thema Globalisierung und der Bedeutung Europas im globalen Handels- und Wirtschaftsraum . So erwähnte sie, dass die Eurokrise ein Ausdruck der Globalisierung sei und dass viele Probleme „mit Blick auf große Länder wie China und Indien überhaupt nur in einer europäischen Kooperation, in der Europäischen Union, zu lösen“ seien (www.bundesregierung.de/Content/DE/Rede/ 2018/01/2018-01-24-rede-merkel-davos.html). 1. Welchen Zusammenhang sieht die Bundesregierung zwischen Globalisierung und Eurokrise? Die Globalisierung beeinflusst unser Wirtschaftsleben auf vielschichtige Weise. Sie trägt zur Mehrung von Wohlstand bei, bedeutet aber auch eine Herausforderung . Aus Sicht der Bundesregierung sind sowohl die Europäische Union als auch der Euro als die gemeinsame Währung zentrale Instrumente, um die Kräfte der Globalisierung bestmöglich zu beeinflussen und zu nutzen. Die „Eurokrise“ in Form einer Staatsschuldenkrise hatte vielfältige Gründe. Die Globalisierung zur Ursache der Krise zu erklären, würde der damaligen Entwicklung nicht gerecht. Letztendlich wurde die Krise durch gemeinsame Bemühungen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union überwunden. 2. Welchen Zusammenhang sieht die Bundesregierung zwischen der globalen Finanzkrise sowie der Lehman-Insolvenz und dem Euro? Der Ursprung der globalen Finanzkrise von 2008 lag in dem überhitzten US- Hypothekenmarkt und der zunehmenden Kreditvergabe an Kreditnehmer meist geringer Bonität (sogenannte Subprime-Kredite) sowie den sich anschließenden Kreditausfällen. Aufgrund der hohen Refinanzierung durch komplexe struktu- Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/1090 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode rierte Wertpapiere weitete sich die Krise auf die globalen Kredit- und Finanzmärkte aus und führte zu einer Vertrauenskrise unter den Banken und zu Liquiditätsproblemen auf dem Interbankenmarkt. Besonders einschneidend war der Vertrauensverlust nach dem Zusammenbruch der US-Investmentbank Lehman Brothers im September 2008. In Reaktion auf die globale Finanzkrise hat die Bundesregierung gemeinsam mit ihren europäischen und internationalen Partnern neue Regularien auf den Weg gebracht, um das Vertrauen in die Finanzmärkte wieder herzustellen. Im Weiteren wird auf die Antworten zu den Fragen 1 und 3 verwiesen. 3. Inwieweit teilt die Bundesregierung die Auffassung einiger Ökonomen (Liikanen -Bericht, www.bafin.de/SharedDocs/Veroeffentlichungen/DE/Fachartikel/ 2012/fa_bj_2012_12_interview_roeseler_liikanen-report.html; www.svengiegold .de/2012/liikanen-bericht-sinnvolle-vorschlage-zur-stabilisierung-desfinanzsystems -und-verbraucherschutz-im-blick/), der Euro sei angesichts der langsameren wirtschaftlichen Erholung der Eurozone einer schnellen Überwindung der globalen Finanzkrise abträglich gewesen? Die Bundesregierung teilt die These nicht, dass die Existenz einer gemeinsamen Währung in der Eurozone der Erholung nach der Finanzkrise abträglich gewesen sei. Die Erholung nach der globalen Finanzkrise fiel zwischen den Staaten der Wirtschafts- und Währungsunion sehr unterschiedlich aus. Griechenland, Irland, Portugal, Spanien und Zypern gerieten aus zumeist unterschiedlichen Gründen in finanzielle Schwierigkeiten und waren auf Hilfen angewiesen. Dies wirkte sich auch auf die Eurozone insgesamt aus. Im Rahmen der europäischen und internationalen Stabilisierungsprogramme haben diese Staaten ehrgeizige Reformen unternommen. Bis auf Griechenland haben alle Staaten ihre Programme mittlerweile abgeschlossen und sind zur Marktfinanzierung zurückgekehrt. Es ist erkennbar, dass sich diese Reformmaßnahmen ausgezahlt haben. So gehörten in den letzten Jahren ehemalige Programmländer zu den Spitzenreitern beim Wachstum in der Eurozone. Auch die Eurozone insgesamt entwickelt sich gut. Das Wachstum des BIP ist mittlerweile seit 19 Quartalen positiv und betrug im Jahr 2017 2,4 Prozent. In ihrer aktuellen Prognose geht die Europäische Kommission auch für die kommenden Jahre von einer positiven und robusten Entwicklung aus. 4. Wie interpretiert die Bundesregierung das Ende der Lateinischen Münzunion (www.deutschlandfunk.de/vor-150-jahren-in-paris-wird-die-lateinischemuenzunion .871.de.html?dram:article_id=340546) – ebenfalls eine zwischenstaatliche Währungsunion – im Vergleich zum Eurowährungsgebiet und der mutmaßlichen Ursächlichkeit der Globalisierung für die Eurokrise? Abgesehen vom unterschiedlichen historischen Kontext unterschied sich die Lateinische Münzunion hinsichtlich ihrer institutionellen Struktur, ihres Integrationsgrads sowie ihrer Aufgaben deutlich von der Wirtschafts- und Währungsunion innerhalb der Europäischen Union. Schlüsse für konkrete Entwicklungen in der Eurozone können daher nicht gezogen werden. Im Weiteren wird auf die Antwort zu Frage 1 verweisen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/1090 5. Welche konkreten zu lösenden Probleme sieht die Bundesregierung „mit Blick auf große Länder […] nur in einer europäischen Kooperation“? 6. Bei welchen Problemen wird nach Kenntnis der Bundesregierung in Bezug auf große Länder wie China oder Indien eine Zusammenarbeit zur Lösung dieser Probleme auf nationaler Ebene abgelehnt? Die Fragen 5 und 6 werden im Zusammenhang beantwortet. Zu den Herausforderungen in China und Indien gehören u. a. Marktzugang, Rechtssicherheit und der Schutz geistigen Eigentums für deutsche Unternehmen. Im Rahmen ihrer Zuständigkeit kann die EU durch das politische und wirtschaftliche Gewicht des Zusammenschlusses der Mitgliedstaaten solchen Interessen regelmäßig deutlich mehr Gewicht verleihen als dies bilateral möglich wäre. 7. Wie beurteilt die Bundesregierung die nach Ansicht der Fragesteller bestehende Gefahr, dass die EU mit ihrem Multi-Track-Problem schwerfällig sein und nur eingeschränkt für die Mitgliedstaaten agieren könnte und damit als Verhandlungspartner unattraktiv würde (der Bundesminister des Auswärtigen Sigmar Gabriel thematisierte das Multi-Track-Problem der EU in seiner Grußadresse zu der Veranstaltung „Shaping our Future“, www. bundesregierung.de/Content/DE/Bulletin/2018/01/02-2-bmaa-konferenz. html)? Nach Auffassung der Bundesregierung besitzt das Modell der EU eine hohe Attraktivität . Die EU ist ein international gefragter Partner. Dies wird nicht nur durch das Interesse zahlreicher Staaten an einem Beitritt zur EU belegt, sondern auch durch das fortbestehende Interesse zahlreicher Staaten, mit der EU Vertragsbeziehungen – zum Beispiel im Bereich des Handels – einzugehen. Dazu trägt das gemeinsam in der Erklärung von Rom vom 25. März 2017 vereinbarte und somit auch von der Bundesregierung unterstützte Bekenntnis der Mitgliedstaaten bei, wonach die Europäische Union das beste Mittel ist, um die gemeinsamen Ziele zu erreichen. Die Mitgliedstaaten haben in dieser Erklärung bekräftigt, dass sie gemeinsam – wenn nötig mit unterschiedlicher Gangart und Intensität – handeln werden, während sie sich in dieselbe Richtung bewegen, so wie sie es schon in der Vergangenheit getan haben. Allen Mitgliedstaaten, die sich erst später anschließen möchten, wird dabei die Tür offen stehen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333