Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 14. Juni 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/10970 19. Wahlperiode 18.06.2019 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Joana Cotar und der Fraktion der AfD – Drucksache 19/10539 – Genderstrategie der Bundesregierung V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Die Bundesregierung fördert, zusammen mit den Bundesländern, ein sogenanntes „Professorinnenprogramm“ mit einer halben Milliarde Euro (www.bmbf.de/ de/das-professorinnenprogramm-236.html). Die Bundeskanzlerin sieht Männer und Frauen aufgrund ihres Geschlechts in bestimmte Rollen und Aufgabenverteilungen gedrängt und fordert eine paritätische Gleichstellung in allen Lebensbereichen (www.bundesregierung.de/breg-de/aktuelles/-ziel-muss-dieparitaet -sein--1548570). Die Bundesregierung führt ein sogenanntes drittes Geschlecht ein (www.bmi.bund.de/SharedDocs/pressemitteilungen/DE/2018/12/ drittes-geschlecht.html). Unternehmen müssen mittlerweile auf eine gendergerechte Sprache in ihrer gesamten Kommunikation achten (www.tagesspiegel.de/ gesellschaft/queerspiegel/maennlich-weiblich-divers-wie-das-dritte-geschlechtdie -berufswelt-aendert/23660088.html). Das generische Maskulinum reicht nicht mehr aus. Bei einer prognostizierten Haushaltslücke von 25 Mrd. Euro bis zum Jahr 2025 (www.faz.net/aktuell/wirtschaft/bundeshaushalt-olaf-scholz-erwartet-riesigefinanzluecke -16022700.html) wäre es nach Auffassung der Fragesteller wichtiger , andere Zukunftsthemen, wie zum Beispiel den digitalen Infrastrukturausbau , für eine nachhaltige Grundlage der Wirtschaft voranzutreiben (https://netz politik.org/2018/breitband-warum-die-foerdermilliarden-nicht-ankommen/). Aktuellste Auswertungen deuten darauf hin, dass sich wesentlich weniger Menschen als bisher angenommen weder als Mann noch als Frau fühlen (www. aerzteblatt.de/nachrichten/102938/Zahl-der-Menschen-mit-drittem-Geschlechtgeringer -als-angenommen). Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/10970 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 1. Welchen konkreten Einfluss auf die lange Amtszeit von Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel (nun mehr als 13 Jahre) misst die Bundesregierung ihrem weiblichen Geschlecht, ihrer Kompetenz sowie der Kombination dieser beiden Merkmale zu (bitte die Eigenschaftskategorien sowie deren Relevanz konkret nennen)? Die seit 2005 andauernde Amtszeit der Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel beruht auf ihrer insgesamt viermaligen Wahl zur Bundeskanzlerin (2005, 2009, 2013, 2018). Die Bundeskanzlerin bzw. der Bundeskanzler wird gemäß Artikel 63 des Grundgesetzes (GG) von den Abgeordneten des Deutschen Bundestags gewählt, die wiederum gemäß Artikel 38 Absatz 1 Satz 1 GG in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl von den Wahlberechtigten gewählt werden. Die Bundesregierung stellt keine Mutmaßungen über die der Wahlentscheidung zugrundeliegenden Beweggründe bei den Wahlberechtigten bzw. den Abgeordneten des Deutschen Bundestags an. Deshalb trifft die Bundesregierung auch keine Aussagen darüber, ob und wenn ja in welchem Umfang bestimmte persönliche Merkmale Auswirkungen auf Wahlentscheidungen gehabt haben könnten. 2. Auf welchen aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen beruht die Annahme der Bundeskanzlerin, dass in Deutschland Frauen und Männer unfreiwillig „aufgrund [ihres] Geschlechts in eine bestimmte Rolle oder Aufgabenverteilung gedrängt“ würden (www.bundesregierung.de/breg-de/aktuelles/ rede-von-bundeskanzlerin-merkel-bei-der-festveranstaltung-100-jahrefrauenwahlrecht -am-12-november-2018-1548938)? Die wissenschaftlich fundierte Informationsgrundlage der Bundesregierung einschließlich der Bundeskanzlerin zu Fragen der Gleichstellungspolitik stellen insbesondere die vom Bundeskabinett beschlossenen Gleichstellungsberichte der Bundesregierung dar, die gemäß Beschluss des Deutschen Bundestages vom 6. März 2012 (vgl. Bundestagsdrucksache 17/8879) jeweils einmal pro Legislaturperiode vorzulegen sind. Bisher hat die Bundesregierung zwei Gleichstellungsberichte vorgelegt (vgl. Bundestagsdrucksache 17/6240 vom 16. Juni 2011 sowie Bundestagsdrucksache 18/12840 vom 21. Juni 2017). Die Berichte enthalten jeweils unter anderem ein Gutachten einer unabhängigen Sachverständigenkommission . 3. Arbeitet die Bundesregierung an Maßnahmen, um paritätische Frauenquoten im Deutschen Bundestag einzuführen (www.bundesregierung.de/breg-de/ aktuelles/-ziel-muss-die-paritaet-sein--1548570)? Nein. Die Bundesregierung respektiert in diesem Bereich nach langjähriger Staatspraxis die Zuständigkeit des Deutschen Bundestages und ergreift keine eigenen Initiativen. 4. Sieht die Bundesregierung bezüglich Frage 3 auch eine Notwendigkeit für eine paritätische Quote für das sogenannte dritte Geschlecht oder andere Geschlechter ? Die Bundesregierung plant kein Gesetz, das eine Quote für Menschen mit dem Geschlechtseintrag ,,divers“ oder einem offenen Geschlechtseintrag vorsieht. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/10970 5. Welche Geschlechterzuordnung würde die Bundesregierung in Fällen, in denen sich Menschen mit einem „diversen“ Geschlecht nur temporär identifizieren , (d. h. mitunter nur zeit- und situationsbedingt wie z. B. genderfluide Personen) bei statistischen Erhebungen und öffentlichen Auswertungen vornehmen , um der konkret vom Individuum gefühlten Geschlechteridentität Rechnung zu tragen? Die Bundesregierung nimmt keine Geschlechterzuordnung von Personen für statistische Erhebungen und öffentliche Auswertungen vor. Bei Bundesstatistiken, bei denen Verwaltungsdaten genutzt werden, ist jeweils das dort registrierte Geschlecht für die statistische Auswertung maßgeblich. Bei direkten Befragungen richtet sich die Geschlechterzuordnung nach der Angabe der Befragten im Fragebogen . Dabei soll sich die Angabe an der Eintragung des Geschlechts im Geburtenregister orientieren. 6. Plant die Bundesregierung für ihre Arbeit typische Rollen und Aufgaben für das dritte Geschlecht („divers“) als alternatives Geschlecht (www.bmi.bund. de/SharedDocs/pressemitteilungen/DE/2018/12/drittes-geschlecht.html) wie für Frauen und Männer (www.bundesregierung.de/breg-de/aktuelles/- ziel-muss-die-paritaet-sein--1548570)? Wenn ja, welcher Art? Die Bundesregierung respektiert das verfassungsrechtlich nach Artikel 2 Absatz 1 i. V. m. Artikel 1 GG garantierte Recht eines jeden Menschen, seine Persönlichkeit frei zu entfalten. Ein nach Frage 6 entsprechender Plan der Bundesregierung existiert daher nicht. 7. In welchem konkreten Ausmaß sieht die Bundesregierung gesellschaftliche Probleme behoben, wenn ein Drittel von 160 000 intergeschlechtlichen Menschen in Deutschland sich nicht mit der im Geburtenregister beurkundeten Geschlechtsangabe identifizieren (www.tagesspiegel.de/gesellschaft/ queerspiegel/maennlich-weiblich-divers-wie-das-dritte-geschlecht-dieberufswelt -aendert/23660088.html)? Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat in der Entscheidung vom 10. Oktober 2017 (1 BvR 2019/16) die Unvereinbarkeit des § 21 Absatz 1 Nummer 3 i. V. m. § 22 Absatz 3 des Personenstandsgesetzes (PStG) mit dem in Artikel 2 Absatz 1 i. V. m. Artikel 1 Absatz 1 GG normierten allgemeinen Persönlichkeitsrecht und dem in Artikel 3 Absatz 3 Satz 1 GG geregelten Diskriminierungsverbot festgestellt. Diese Feststellung bezieht sich auf die in der Vorschrift des PStG normierte Pflicht zur Angabe des Geschlechts, soweit dabei Personen, deren Geschlechtsentwicklung gegenüber einer weiblichen oder männlichen Geschlechtsentwicklung Varianten aufweist und die sich selbst dauerhaft weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht zuordnen, kein positiver Geschlechtseintrag ermöglicht, sondern nur die Wahl zwischen „weiblich“ oder „männlich“ eröffnet wird. Der Gesetzgeber wurde in der Entscheidung verpflichtet, bis zum 31. Dezember 2018 eine verfassungsgemäße Regelung herbeizuführen. Durch das Gesetz zur Änderung der in das Geburtenregister einzutragenden Angaben wurde daher für Personen, die eine Variante der Geschlechtsentwicklung aufweisen, seit dem 22. Dezember 2018 die zusätzliche Eintragungsmöglichkeit „divers“ geschaffen. Bezüglich der Anzahl der intergeschlechtlichen Menschen in Deutschland, die den Geschlechtseintrag „divers“ gewählt haben, wird auf die Antwort der Bundesregierung zu den Fragen 1 bis 5 der Kleinen Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN auf Bundestagesdrucksache 19/9886 verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/10970 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 8. Welche Relevanz für den Praxisalltag der Bundesregierung, insbesondere dessen Rechtssicherheit, hat der Diskurs um die Bewertung von Ansprachen in Bezug auf das dritte Geschlecht, insbesondere juristische, im Schriftverkehr (www.tagesspiegel.de/gesellschaft/queerspiegel/maennlich-weiblichdivers -wie-das-dritte-geschlecht-die-berufswelt-aendert/23660088.html)? Welche diesbezüglichen Auswirkungen sind der Bundesregierung in ihrem Praxisalltag bekannt oder von ihr geplant? Insoweit wird auf die Antwort der Bundesregierung zu den Fragen 1 bis 3 der Kleinen Anfrage der Fraktion der AfD auf Bundestagesdrucksache 19/8716 verwiesen . 9. Welche Kosten für Gender-Professuren, die durch von Bund bzw. Ländern – mit mittlerweile 500 Mio. Euro (www.bmbf.de/de/das-professorinnen programm-236.html) – finanzierten Gender Studies getragen wurden, sind nach Kenntnis der Bundesregierung angefallen? Bund und Länder fördern gemäß den Beschlüssen der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz (GWK) und den darauf beruhenden Bund-Länder-Vereinbarungen mit dem Professorinnenprogramm die Erstberufung von Frauen auf Professuren . Im Rahmen des Programms wurden bzw. werden bisher 535 Professuren in Form einer Anschubfinanzierung für maximal fünf Jahre gefördert. Davon weisen 13, das sind 2,4 Prozent der bisher geförderten Professuren, eine Denomination oder Teildenomination für Geschlechterforschung, Geschlechterverhältnisse, Geschlechtergeschichte, Gender Studies, Diversity oder Diversity Studies auf. (Stand: 3. Juni 2019) Hierfür werden seitens des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) voraussichtlich (drei Professuren befinden sich noch in der Förderung) Programmfördermittel in Höhe von insgesamt rund 3,4 Mio. Euro zur Verfügung gestellt. Die Entscheidung, für welche Professuren mit welchen Denominationen Förderanträge im Rahmen des Professorinnenprogramms von Bund und Ländern eingereicht werden, liegt nach den dort dazu regelgerecht durchgeführten Berufungsverfahren bei den Hochschulen. Der Bund nimmt weder Einfluss auf die Auswahl der Personen noch darauf, für welche Fächer bzw. Denominationen Förderungen erfolgen. 10. Möchte die Bundesregierung das dritte Geschlecht auch in ihren öffentlichen Reden als festen Bestandteil einbringen? 11. Wenn ja, ab wann? Die Fragen 10 und 11 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Anlassbezogen werden derzeit bereits Personen mit offenem oder diversem Geschlechtseintrag von der Bundesregierung in öffentlichen Reden sprachlich mit einbezogen. 12. Welche Quote für das dritte Geschlecht hält die Bundesregierung für sinnvoll ? Insoweit wird auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 4 der Kleinen Anfrage der Fraktion der AfD auf Bundestagesdrucksache 19/8716 verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/10970 13. Sieht die Bundesregierung bei einer paritätischen Quote (50 Prozent Männer und 50 Prozent Frauen) eine Benachteiligung des dritten Geschlechts? Insoweit wird auf die Antwort zu Frage 4 verwiesen. 14. Welchem Geschlecht und welcher Quote ordnet die Bundesregierung eine „Liquid-Gender“-Person zu? Insoweit wird auf die Antworten zu den Fragen 5 und 12 verwiesen. 15. Mit welchen Kriterien beurteilt die Bundesregierung mögliche Benachteiligungen von Transgendern im Frauensport aufgrund hormoneller Voraussetzungen (www.bbc.com/sport/46453958)? Die Bundesregierung beurteilt keine Nach- oder Vorteile im Sport aufgrund von divergierenden natürlichen hormonellen Voraussetzungen. 16. Von wie vielen Menschen, welche sich weder als Mann noch als Frau identifizieren , ist die Bundesregierung im Jahr 2017 und 2018 ausgegangen (www.aerzteblatt.de/nachrichten/102938/Zahl-der-Menschen-mit-drittem- Geschlecht-geringer-als-angenommen)? Von wie vielen betroffenen Menschen geht die Bundesregierung heute aus? Insoweit wird auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 8 der Kleinen Anfrage der Fraktion der AfD auf Bundestagesdrucksache 19/8716 verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333