Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 19. Juni 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/11030 19. Wahlperiode 21.06.2019 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Frank Schäffler, Christian Dürr, Dr. Florian Toncar, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/10655 – Besteuerung von Kleinunternehmern V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Kleinunternehmer müssen in ihren Rechnungen (sofern sie nicht zur Umsatzsteuer optiert haben) keine Umsatzsteuer ausweisen. Anspruch auf den Kleinunternehmerstatus haben nach § 19 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) Unternehmer und Selbstständige, deren „Umsatz zuzüglich der darauf entfallenden Steuer im vorangegangenen Kalenderjahr 17 500 Euro nicht überstiegen hat und im laufenden Kalenderjahr 50 000 Euro voraussichtlich nicht übersteigen wird“. Die umsatzsteuerliche Kleinunternehmerregelung soll vornehmlich der Vereinfachung dienen, um junge und kleine Unternehmen von steuerbürokratischen Auflagen zu entlasten. 1. Wie viele umsatzsteuerliche Kleinunternehmer gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung in Deutschland? Wie hat sich die Anzahl in den letzten zehn Jahren entwickelt? Der Bundesregierung liegen keine Daten zur Gesamtzahl der umsatzsteuerlichen Kleinunternehmer vor. In den Umsatzsteuerstatistiken auf Grundlage der Umsatzsteuervoranmeldungen sind Kleinunternehmer in der Regel nicht enthalten, weil sie nur Unternehmen mit Umsätzen über 17 500 Euro erfassen. In der Umsatzsteuerstatistik auf Basis von Umsatzsteuerjahreserklärungen, die für die Jahre 2006 bis 2014 vorliegen, werden die Kleinunternehmer nicht als Einzelmerkmal ausgewiesen, da von einer deutlichen Untererfassung dieser Gruppe auszugehen ist und daher die Ergebnisse nicht belastbar und repräsentativ sind. In diesen Fällen ergibt sich in der Regel keine Zahllast für den Steuerpflichtigen. Daher werden aus organisatorischer Sicht und aus Wirtschaftlichkeitserwägungen nicht alle steuerbefreiten Kleinunternehmer in den Ländern umsatzsteuerlich registriert. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/11030 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 2. Wie viele Existenzgründungen gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung jährlich in Deutschland, und wie hat sich die Zahl in den letzten zehn Jahren entwickelt? a) Wie viele Existenzgründer machen nach Kenntnis der Bundesregierung jährlich von der Kleinunternehmerregelung Gebrauch? b) Wie viele davon machen auch nach dem Gründungsjahr weiterhin von der Kleinunternehmerregelung Gebrauch? Versteht man unter Existenzgründung ein neu angemeldetes Gewerbe, so lassen sich die gewünschten Daten den jährlichen Gewerbeanmeldungen zu Neugründungen mit ihren Unterteilungen in Betriebs- und sonstige Neugründungen entnehmen : Die Zahlen zur Entwicklung von Unternehmensgründungen sind abhängig von einer Vielzahl von Faktoren und waren zwischen 2009 und 2018 rückläufig . Am aktuellen Rand verzeichnete das Statistische Bundesamt im Juni 2019 wieder einen Anstieg von Unternehmensgründungen (vgl. www.destatis.de/DE/ Presse/Pressemitteilungen/2019/06/PD19_223_52311.html). Jahr Betriebsgründung 1 sonstige Neugründung2 Anzahl 2009 153.661 561.998 2010 149.419 570.234 2011 144.361 534.707 2012 134.232 484.548 2013 128.675 486.921 2014 123.978 461.678 2015 124.689 447.120 2016 126.164 428.272 2017 125.405 424.273 2018 122.677 419.784 1 Gründung eines Betriebes (Hauptniederlassung, Zweigniederlassung, unselbstständige Zweigstelle) durch eine juristische Person, eine Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit (Personengesellschaft ) oder eine natürliche Person. Bei einer natürlichen Person, die eine Hauptniederlassung anmeldet, ist Voraussetzung, dass sie entweder in das Handelsregister eingetragen ist oder aber eine Handwerkskarte besitzt oder mindestens einen Arbeitnehmer beschäftigt . 2 Zu den sonstigen Neugründungen gehören Kleinunternehmen und Nebenerwerbsbetriebe. Beim Kleinunternehmen gründet ein/e Nicht-Kaufmann/-frau eine Hauptniederlassung. Das Kleinunternehmen ist nicht im Handelsregister eingetragen, besitzt keine Handwerkskarte und beschäftigt keine Arbeitnehmer. Die Kleinunternehmen im Sinne der Gewerbeanzeigenstatistik sind also keinesfalls mit den Kleinunternehmern im Sinne des UStG gleichzusetzen. Angaben zur Nutzung der umsatzsteuerlichen Kleinunternehmerregelung sind den Daten nicht zu entnehmen. Zu den Fragen 2a und 2b liegen der Bundesregierung daher keine Erkenntnisse vor. Ergänzend wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/11030 3. Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung der (durchschnittliche) jährliche Umsatz bzw. Gewinn von Kleinunternehmern? 4. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die gewählte Unternehmensform (z. B. Personen- oder Kapitalgesellschaft) von Kleinunternehmern ? 5. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung darüber, in welchen Branchen Kleinunternehmer primär tätig sind (bitte die wichtigsten Branchen auflisten )? Die Fragen 3 bis 5 werden zusammen beantwortet. Hierzu liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. Auf die Antwort zu Frage 1 wird verwiesen. 6. Wie hoch sind nach Kenntnis der Bundesregierung die Steuermindereinnahmen durch die Kleinunternehmerregelung? a) Hat die Bundesregierung Kenntnisse darüber, wie hoch die zu erwartenden Steuermindereinahmen bei einer Erhöhung der Grenzwerte auf 20 000, 25 000, 30 000 oder 35 000 Euro wären? b) Wann wurden die Grenzwerte der Kleinunternehmerregelung das letzte Mal angepasst? c) Plant die Bundesregierung Anpassungen für die Grenzwerte bei der Kleinunternehmerregelung? d) Plant die Bundesregierung sonstige gesetzliche Änderungen für Kleinunternehmer ? Die Fragen 6 bis 6d werden gemeinsam beantwortet. Zur Höhe der Steuermindereinnahmen durch die bestehende Kleinunternehmerregelung liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. Die jährlichen Steuermindereinnahmen bei einer Erhöhung der Grenzwerte für die Anwendung der umsatzsteuerlichen Kleinunternehmerregelung werden wie folgt geschätzt: Erhöhung auf 20 000 Euro: rd. 40 Mio. Euro Erhöhung auf 25 000 Euro: rd. 100 Mio. Euro Erhöhung auf 30 000 Euro: rd. 140 Mio. Euro Zu einer Erhöhung des Grenzwertes auf 35 000 Euro liegen keine Schätzungen vor. Der Grenzwert von 17 500 Euro wurde zuletzt mit Wirkung zum 1. Januar 2004 angepasst; der Grenzwert von 50 000 Euro wurde zum 1. Januar 2002 eingefügt. Die Einzelmaßnahmen zum Bürokratieentlastungsgesetz III, in dessen Rahmen eine Anpassung der Grenzwerte erfolgen könnte, werden im Moment im Ressortkreis erörtert. Die Bundesregierung plant keine sonstigen gesetzlichen Änderungen für Kleinunternehmer . Allerdings wird derzeit auf europäischer Ebene ein Richtlinienvorschlag der Europäischen Kommission zur Novellierung der Sonderregelungen für Kleinunternehmer diskutiert. Das Ergebnis der Beratungen bleibt abzuwarten. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/11030 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 7. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über den jährlichen Bürokratieaufwand für Kleinunternehmer? 8. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Aufwandseinsparungen für Kleinunternehmer durch die Kleinunternehmerregelung (bitte pro Kleinunternehmer und insgesamt angeben)? Die Fragen 7 und 8 werden zusammen beantwortet. Der im Rahmen der Bürokratiekostenmessung ermittelte Erfüllungsaufwand für Quartalszahler setzt sich zusammen aus Zeitaufwand: 60 Minuten; Lohnsatz: 34,50 Euro; Häufigkeit pro Jahr: 4. Aufgrund der Befreiungsmöglichkeit nach § 18 Absatz 2 Satz 3 UStG geben Kleinunternehmer in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle keine vierteljährliche Umsatzsteuer-Voranmeldung ab. Pro Kleinunternehmer ist deshalb der jährliche Erfüllungsaufwand um 138 Euro reduziert. Unabhängig davon haben Kleinunternehmer grundsätzlich vierteljährlich zu prüfen , ob eine Umsatzsteuer-Voranmeldung nach § 18 Absatz 4a UStG abzugeben ist. Von der Pflicht zur Abgabe einer Umsatzsteuer-Jahreserklärung nach § 18 Absatz 3 UStG sind Kleinunternehmer hingegen nicht befreit. Der bestehende Erfüllungsaufwand aus der Erstellung der Umsatzsteuer-Jahreserklärung liegt bei 150 Euro je Kleinunternehmer. Da keine Daten über die Anzahl der Kleinunternehmer vorliegen, können die Bürokratiekosten insgesamt nicht beziffert werden. 9. Hat die Bundesregierung Kenntnisse über Missbrauch bei der Kleinunternehmerregelung ? Wenn ja, wie hoch schätzt die Bundesregierung die Steuerausfälle durch möglichen Missbrauch der Kleinunternehmerregelung? Nach Artikel 108 des Grundgesetzes sind die Länder für die Erhebung und Kontrolle der Umsatzsteuer zuständig. Nach den vorliegenden Erkenntnissen aus den Ländern ist es grundsätzlich nicht auszuschließen, dass die Kleinunternehmerregelung in Einzelfällen missbraucht wird. Zur Vermeidung entsprechender Missbrauchsfälle haben die Länder in den dort eingesetzten automatisierten Verfahren Vorkehrungen zur Ausfilterung entsprechender Fälle getroffen. Die ausgefilterten Fälle werden von den Finanzämtern umfassend geprüft, um Missbrauch und damit Steuerausfälle zu vermeiden. Schätzungen über Steuerausfälle durch gegebenenfalls nicht entdeckten Missbrauch liegen nicht vor. 10. Hat die Bundesregierung Kenntnisse über vergleichbare Kleinunternehmerregelungen in den EU-Mitgliedstaaten? Wie hoch sind die Grenzwerte in den anderen EU-Mitgliedstaaten? Die Bundesregierung hat keine umfassende Kenntnis über die Ausgestaltung der Kleinunternehmerregelungen in anderen Mitgliedstaaten. In der von der Europäischen Kommission unterhaltenen Datenbank „Taxes in Europe“ sind jedoch länderspezifische Informationen insbesondere zur Höhe der Grenzwerte verfügbar. Die Datenbank ist über den Link https://ec.europa.eu/taxation_customs/economicanalysis -taxation/taxes-europe-database-tedb_de zu erreichen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333