Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie vom 26. Februar 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/1104 19. Wahlperiode 07.03.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Marc Bernhard, Dr. Heiko Heßenkemper, Dr. Bruno Hollnagel, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der AfD – Drucksache 19/738 – Versorgungssicherheit in Deutschland in Zeiten der Energiewende V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Nach Aussage der Bundesnetzagentur gibt es derzeit in Deutschland durchschnittlich rund 500 kleinere Stromausfälle („Unterbrechungen“) pro Tag (Hessischer Rundfunk, 22. November 2017; www.hr-fernsehen.de/sendungen-a-z/mex/ themen/blackout---warum-hessen-oft-nahe-am-strom-totalausfall-steht,blackouthessen -stromausfall-100.html). Nach Aussage von Klaus K., technischer Leiter des Netzbetreibers Amprion GmbH, vom 8. Juni 2017 standen die deutschen Netzbetreiber vor einem Jahr kurz vor einem Blackout: Wenn sich nur eine große Leitung wegen Überlastung abgeschaltet hätte, wäre es womöglich zu einer Kaskade von Abschaltungen und Stromausfällen gekommen. „Von Dezember bis Februar gab es immer wieder Stunden an verschiedenen Abenden, wo wir hart an der Kante waren“ (FAZ vom 9. Juni 2017, www.faz.net/aktuell/wirtschaft/energiepolitik/deutsches-stromnetzin -einem-kritischen-zustand-15052863.html). Die Folgen eines mehrtägigen Stromausfalls in Deutschland wären aber so gravierend , dass die Studie des Büros für Technikfolgen-Abschätzung (BTA) beim Deutschen Bundestag bereits 2011 zu der Empfehlung kam, trotz der damals geringen Wahrscheinlichkeit bessere Vorsorge zu treffen: Der Zugverkehr käme sofort zum Erliegen, der Autoverkehr wenig später auch. Die Telekommunikation bräche zusammen, Lebensmittel und Medikamente wären rasch knapp, Bargeld nicht mehr verfügbar. Heizung und Kühlung fielen aus, Wasser- und Abwasserversorgung bald auch, weshalb auch Brände schwer zu löschen wären (http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/17/056/1705672.pdf und www.tab-beimbundestag .de/en/pdf/publications/books/petermann-etal-2011-141.pdf). Der „Bericht zur Risikoanalyse im Bevölkerungsschutz 2014“ beziffert die zu erwartenden Todesfälle bei einem durch einen Sturm verursachten Stromausfall , der in einem Teil Deutschlands sechs Millionen Menschen betrifft, mit 1 000. Das liegt auch daran, dass dann rund 600 000 Menschen selbst nach drei Wochen noch ohne Strom wären (Bundestagsdrucksache 18/3682). Die 2014 im Auftrag des baden-württembergischen Umweltministeriums vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt e. V. (DLR) und vom Institut für Energiewirtschaft und Rationelle Energieanwendung (IER) der Universität Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/1104 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Stuttgart erstellte „Kurzstudie zur Kapazitätsentwicklung in Süddeutschland bis 2025“ untersucht die Versorgungssicherheit bei wachsender Bedeutung der erneuerbaren Energien. Sie kommt zu dem Ergebnis, dass es „frühestens 2018, spätestens jedoch 2021 nicht nur im Süden der Republik, sondern in ganz Deutschland zu temporären Versorgungslücken kommen“ könnte. Sie belegt, dass sich die Politik dringend mit der künftigen Struktur des Strommarkts und der unterbrechungsfreien Stromversorgung befassen muss, wie der Minister für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg Franz Untersteller bereits damals forderte (um.baden-wuerttemberg.de/fileadmin/redaktion/m-um/intern/Dateien/ Dokumente/5_Energie/Versorgungssicherheit/Kurzstudie_Kapazitaetsentwicklung_ Sueddeutschland.pdf). Die in dieser Studie als Negativszenario mit der Folge von Stromausfällen ab 2018 zu Grunde gelegte minimale Einspeisung durch Wind von 1 Prozent wurde seit 2014 schon mehrmals für mehrere Stunden unterschritten, in denen von inzwischen über 60 GW installierter Windleistung in Deutschland nur ca. 300 MW und weniger, also sogar nur 0,5 Prozent ins Netz eingespeist werden konnten – einfach weil in ganz Deutschland gleichzeitig Flaute war (https://um.baden-wuerttemberg.de/fileadmin/redaktion/m-um/intern/Dateien/ Dokumente/5_Energie/Versorgungssicherheit/Kurzstudie_Kapazitaetsentwicklung_ Sueddeutschland.pdf). Im „Bericht der deutschen Übertragungsnetzbetreiber zur Leistungsbilanz 2016“ ist zu lesen: Für die Windkraft in Deutschland „ […] ergibt sich offensichtlich , dass die eingespeiste Leistung für 1 Prozent der Zeit unter 1 Prozent der installierten Leistung liegt. Daher setzen die Übertragungsnetzbetreiber für Wind eine Nichtverfügbarkeit von 99 Prozent an“ (www.bmwi.de/Redaktion/ DE/Publikationen/Energie/bericht-uebertragungsnetzbetreiber-leistungsbilanz- 2015.pdf?__blob=publicationFile&v=6). Für 99 Prozent der installierten Windkraft – das sind über 60 GW – müssen also konventionelle Reservekraftwerke vorgehalten werden, die dann, wenn der Wind gerade weht, abgeschaltet für die nächste Flaute bereitstehen müssen. Derselbe Bericht zeigt, dass in Baden-Württemberg und in Norddeutschland bereits seit 2015 insgesamt deutlich zu wenige Kraftwerke vorhanden sind, um eine ausreichende, sichere eigenständige Versorgung mit Strom gewährleisten zu können. Und es werden immer weniger. Zusammenfassend ist aus Sicht der Fragesteller festzustellen, dass die Wahrscheinlichkeit eines größeren Stromausfalls von den Studien 2011 zu denen in 2014 und 2015 stark angestiegen ist, gefolgt von einem weiteren Anstieg bis 2017, wie die o. a. aktuellen Berichte belegen. Dies ist Besorgnis erregend. Wie um dies zu bestätigen, standen Ende November/Anfang Dezember 2017 aufgrund von Windstille und bedecktem Himmel für vier Tage in Deutschland kaum Windkraft oder Photovoltaik zur Verfügung (www.energy-charts.de/ power_de.htm?source=solar-wind&week=48&year=2017). Solche Wetterlagen sind für Mitteleuropa gerade im Winter typisch, wenn die Erdgasspeicher in Deutschland meistens weniger gut gefüllt sind. Selbst wenn man also viele gasbetriebene Kraftwerke bauen würde, wie es von der letzten Bundesregierung geplant war, könnte man damit in den Zeiten der Dunkelflaute kaum die benötigten 60 GW an Stromerzeugung ersetzen, einfach weil das Gas zum Heizen ge- und verbraucht wird. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/1104 1. Ist der Bundesregierung bekannt, dass es von Dezember 2016 bis Januar 2018 mehrere Zeitspannen gab, in denen es beinahe zu einem großen Stromausfall in Deutschland gekommen wäre (vgl. Aussage von Dr. Klaus Kleinekorte am 8. Juni 2017)? 2. Ist der Bundesregierung bekannt, dass es dabei unausweichlich zu einem großflächigen Ausfall gekommen wäre, wenn der Bedarf nur um 50 MW höher gewesen wäre – weniger als 1 Promille des normalen Bedarfs an einem Werktag? Die Fragen 1 und 2 werden gemeinsam beantwortet. Erkenntnisse zu Wahrscheinlichkeiten etwaiger Stromausfälle in dem genannten Zeitraum liegen der Bundesregierung nicht vor. Die zitierte Aussage bezog sich auf eine besondere Situation während einer länger andauernden Kältewelle in der Januarmitte 2017. Während dieser Zeit war die Lage der elektrischen Energieversorgung insbesondere in Frankreich angespannt, jedoch waren auch in Deutschland Anstrengungen der Übertragungsnetzbetreiber zur Aufrechterhaltung der Sicherheit und Zuverlässigkeit des elektrischen Energieversorgungssystems erforderlich . Die Bundesregierung und die Bundesnetzagentur wurden fortlaufend über die Situation und die von den Übertragungsnetzbetreibern ergriffenen Maßnahmen unterrichtet. Aus Sicht des Strommarktes gab es in der genannten Periode keine Schwierigkeiten. Es standen jederzeit Erzeugungskapazitäten in ausreichendem Maße zur Lastdeckung zur Verfügung. In den Übertragungsnetzen traten phasenweise sehr hohe Transportbelastungen auf, welchen die Übertragungsnetzbetreiber insbesondere durch Einsatz der für solche Zwecke vorgehaltenen Netzreserve begegnet sind. Eine detailliertere Beschreibung der Situation und der ergriffenen Maßnahmen kann dem Bericht der Bundesnetzagentur zur Feststellung des Bedarfs an Netzreserve für den Winter 2017/2018 sowie das Jahr 2018/2019 entnommen werden. 3. Welche Konsequenzen hat die Bundesregierung daraus gezogen? Gibt es einen Notfallplan, der Stromsparen vorsieht? 4. Welche zusätzlichen Maßnahmen hat sie ergriffen? Die Fragen 3 und 4 werden gemeinsam beantwortet. Wie in der Antwort zu Frage 1 dargelegt, gab es keinen Mangel an Erzeugungskapazitäten , um die Nachfrage in Deutschland jederzeit decken zu können. Die Netze waren einer hohen Transportbelastung ausgesetzt. Wesentlich Ursache waren Stromexporte nach Frankreich. Die Größe der Netzreserve wird auf Basis der gesetzlichen Vorgaben jährlich an den Bedarf angepasst. Die Erkenntnisse aus der Kältewelle im Januar 2017 fließen in die Bemessung des zukünftigen Netzreservebedarfs ein. Die Bundesregierung teilt die Einschätzung in dem zitierten Zeitungsartikel bezüglich der Notwendigkeit, das Netz zügig auszubauen. Mit dem Ziel eines bedarfsgerechten Netzes und einer Beschleunigung des Netzausbaus wurden in den vergangenen Jahren bereits erhebliche Anstrengungen unternommen (Energieleitungsausbaugesetz 2009, Netzausbaubeschleunigungsgesetz 2011, Bundesbedarfsplangesetz 2013, Gesetz zur Änderung von Bestimmungen des Rechts des Energieleitungsbaus 2015). Weitere Anstrengungen zum Ausbau und zur Modernisierung der Stromnetze sind aus Sicht der Bundesregierung erforderlich. Mit dem Ziel einer schon kurzfristigen höheren Auslastung der Stromnetze hat auf Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/1104 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Initiative des Bundeswirtschaftsministeriums im Spätsommer 2017 eine branchenübergreifende Arbeitsgruppe unter der Leitung der dena ergänzende Maßnahmen zum Netzausbau entwickelt, die bis spätestens 2023 wirksam sein sollen. 5. Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit für einen größeren Stromausfall in Deutschland heute – nach dem zwischenzeitlichen Abschalten etlicher Kernkraftwerks - und Kohlekraftwerksblöcke? Deutschland hat eines der sichersten Stromversorgungssysteme der Welt. Die durchschnittliche Dauer von Versorgungsunterbrechungen je Letztverbraucher liegt bei 12,8 Minuten (2016) und damit deutlich niedriger als in vergleichbaren Industriestaaten. Die Wahrscheinlichkeit für einen größeren Stromausfall in Deutschland ist sehr gering. Aus verschiedenen Studien ist bspw. bekannt, dass die Versorgungsicherheit am Strommarkt aktuell oberhalb von 99,99 Prozent liegt. Zur Sicherstellung der Transportfähigkeit der Netze und der Stromversorgung stehen den Übertragungsnetzbetreibern verschiedene Reserven zur Verfügung, die regelmäßig an den Bedarf angepasst werden (Regelleistung, Netzreserve, Abschaltbare Lasten, Sicherheitsbereitschaft, perspektivisch Kapazitätsreserve). 6. Wie hoch ist 2018 die Wahrscheinlichkeit für einen größeren Stromausfall (d. h. mit 300 000 oder mehr Betroffenen) in Baden-Württemberg, genauer im Netzgebiet der TransnetBW GmbH (vgl. Bericht der deutschen Übertragungsnetzbetreiber zur Leistungsbilanz 2016, S. 30)? Eine nationale Leistungsbilanz erlaubt angesichts der grenzüberschreitenden Stromleitungen und der gekoppelten europäischen Strommärkte keine Aussagen zur Versorgungsicherheit in Deutschland oder zu Wahrscheinlichkeiten für einen größeren Stromausfall, insbesondere nicht bezüglich einzelner Bundesländer. Diese Ansicht teilen die Übertragungsnetzbetreiber selbst und äußern dies in ihrem aktuellen Bericht zur Leistungsbilanz aus dem Januar 2017. Ansonsten wird auf die Antwort zu Frage 5 verwiesen, die auch für einzelne Bundesländer zutrifft. 7. Wie hoch ist sie analog zu Frage 6 in Norddeutschland, genauer im Netzgebiet der TenneT TSO GmbH? Auf die Antwort zu Frage 6 wird verwiesen. 8. Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung a) seit 2014 ergriffen, b) welche sind in der Umsetzung, und c) welche sollen noch bis 2025 ergriffen werden, um die laut den zitierten Studien aus dem Jahr 2014 (vom baden-württembergischen Umweltministerium, von DLR und IER) und 2016 (Bericht der deutschen Übertragungsnetzbetreiber) in den nächsten Jahren wahrscheinlichen Stromausfälle in Deutschland zu verhindern? Stromausfälle in Deutschland sind sehr unwahrscheinlich (vgl. Antwort zu Frage 5). Dennoch hat die Bundesregierung seit 2014 verschiedene Maßnahmen ergriffen, um das sehr geringe Risiko weiter zu reduzieren. Beispielsweise wurde das Sicherheitsniveau für die Bemessung der Netzreserve erhöht, zum anderen Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/1104 sollen die Übertragungsnetzbetreiber besondere netztechnische Betriebsmittel gemäß § 11 Absatz 3 EnWG beschaffen und ab Oktober 2019 wird eine Kapazitätsreserve von zunächst 2 GW ausgeschrieben. 9. Was haben diese Maßnahmen (s. Frage 8) bereits seit 2014 gekostet, und was werden diese Maßnahmen noch bis 2025 kosten? Die Kosten für die Vorhaltung der Netzreserve belaufen sich in 2017 auf ca. 105 Mio. Euro. Darin sind die Kosten für die Erhöhung des Sicherheitsniveaus bei der Bemessung enthalten. Die Kosten für die Kapazitätsreserve im Umfang von 2 GW sind abhängig vom Auktionsergebnis. 10. Wer hat diese Kosten (s. Frage 9) bisher getragen (private/mittelständische /industrielle Stromkunden, die großen Energieversorgungsunternehmen , die kommunalen Energieversorger und/oder der Steuerzahler), und zu welchen Teilen? 11. Wer wird die von heute bis 2025 zu erwartenden Kosten (s. Frage 9) tragen, und zu welchen Teilen? Die Fragen 10 und 11 werden gemeinsam beantwortet. Die Kapazitätsreserve verursacht noch keine Kosten. Diese und weitere Kosten, etwa für die Netzreserve, die besonderen netztechnischen Betriebsmittel oder die abschaltbaren Lasten, tragen die Netznutzer. 12. Falls geplant ist, großflächige Stromausfälle – sog. Black-outs – zu vermeiden , indem man größere Gruppen von Verbrauchern im Bedarfsfall gerade noch rechtzeitig abschaltet und so versucht, statt im Black-Out im sog. Brown-out zu landen, wer entscheidet bei einem Stromausfall, welche Gemeinde , welcher Straßenzug abgeschaltet wird und welcher am Netz bleiben darf? Die Bundesregierung ist der Überzeugung, dass der 2016 mit der Novelle des EnWG reformierte Strommarkt („Strommarkt 2.0“) jederzeit für einen Ausgleich von Angebot und Nachfrage sorgt. Auch bei zunehmenden Anteilen fluktuierender erneuerbarer Energie stellt er eine zuverlässige Versorgung mit Strom sicher. Unbeschadete dessen, sieht das geltende Energierecht – im Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) und im Energiesicherungsgesetz (EnSiG) – verschiedene Maßnahmen vor, mit denen auf einen angespannten Zustand des elektrischen Systems bzw. Versorgungsstörungen reagiert werden kann. Grundsätzlich liegt die Verantwortung für einen sicheren Netzbetrieb bei den Übertragungsnetzbetreibern (§ 13 Absatz 1 EnWG). Sofern die Sicherheit oder Zuverlässigkeit des Elektrizitätsversorgungssystems in der jeweiligen Regelzone gefährdet oder gestört ist, sind die Betreiber der Übertragungsnetze dementsprechend berechtigt und verpflichtet, die Gefährdung oder Störung zu beseitigen durch netzbezogene Maßnahmen, marktbezogene Maßnahmen sowie zusätzliche Reserven (§ 13 Absatz 2 EnWG). Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/1104 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Lässt sich eine Gefährdung oder Störung der Sicherheit oder Zuverlässigkeit des Elektrizitätsversorgungssystems durch Maßnahmen nach § 13 Absatz 1 EnWG nicht oder nicht rechtzeitig beseitigen, so sind die Betreiber der Übertragungsnetze im Rahmen der Zusammenarbeit nach § 12 Absatz 1 berechtigt und verpflichtet , sämtliche Stromeinspeisungen, Stromtransite und Stromabnahmen in ihren Regelzonen den Erfordernissen eines sicheren und zuverlässigen Betriebs des Übertragungsnetzes anzupassen oder diese Anpassung zu verlangen. Reichen die Maßnahmen nach § 13 Absatz 2 EnWG nach Feststellung eines Betreibers von Übertragungsnetzen nicht aus, um eine Versorgungsstörung für lebenswichtigen Bedarf im Sinne des § 1 EnSiG abzuwenden, muss der Betreiber von Übertragungsnetzen gemäß § 13 Absatz 8 EnWG unverzüglich die Regulierungsbehörde unterrichten. In solchen Fällen einer drohenden oder bereits eingetretenen weitreichenden Versorgungsstörung und bei Gefährdung der Deckung des „lebenswichtigen Bedarfs “ (§ 1 EnSiG in Verbindung mit § 13 Absatz 8 EnWG) geht die Verantwortung der Übertragungsnetzbetreiber in eine staatliche Steuerungsverantwortung über. Entsprechend sieht § 4 Absatz 3 EnSiG vor, dass die Bundesnetzagentur (BNetzA) die Rolle eines „Bundeslastverteilers“ übernimmt. 13. Wo ist dies (s. Frage 12) geregelt? Die Regelungen finden sich im Energiewirtschaftsgesetz und Energiesicherungsgesetz (vgl. Antwort zu Frage 12). 14. Durch welche Regelungen und/oder durch wessen Entscheidungen wird im Vorfeld festgelegt, welcher Stromverbraucher im Bedarfsfall am Netz bleibt und wer stromlos sein wird (vgl. Frage 12)? Vorfestlegungen, welcher Stromverbraucher im Bedarfsfall am Netz bleibt und wer stromlos sein wird, gibt es im Allgemeinen nicht und diese sind auch zumeist nicht möglich. Derartige Entscheidungen fällen die Netzbetreiber im Einzelfall unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände. Sobald eine Krise im Sinne des § 1 EnSiG vorliegt, gelten besondere Regelungen: Um die Deckung des lebenswichtigen Bedarfs an Elektrizität in Krisenzeiten zu gewährleisten, ist für den Fall, dass die Übertragungsnetzbetreiber die Versorgung durch marktgerechte Maßnahmen nicht, nicht rechtzeitig oder nur mit unverhältnismäßigen Mitteln beheben können, der Staat in der Pflicht, den lebenswichtigen Bedarf an Strom durch hoheitliche Lastverteilung zu decken. Hierfür ist nach § 4 Absatz 3 EnSiG die Bundesnetzagentur (BNetzA) als Bundeslastverteiler zuständig, wenn es darum geht, die im überregionalen öffentlichen Interesse liegende Versorgung sicherzustellen, einen Ausgleich der elektrizitäts- und gaswirtschaftlichen Bedürfnisse und Interessen der Länder herbeizuführen oder den Einsatz von unterirdischen Gasspeichern und sonstigen Gasversorgungsanlagen mit überregionaler Bedeutung zu regeln. Nach § 1 der Elektrizitätssicherungsverordnung (EltSV) kann der Lastverteiler unter anderem Verfügungen erlassen an Verbraucher über die Zuteilung, den Bezug und die Verwendung elektrischer Energie sowie den Ausschluss vom Bezug elektrischer Energie (vgl. § 1 Absatz 1 Nummer 2 EltSV). Die Zulässigkeitsvoraussetzungen für solche Verfügungen ergeben sich aus der Elektrizitätssicherungsverordnung (vgl. § 1 Absatz 3 und 4 EltSV) sowie aus dem allgemeinen Verfassungsrecht. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 7 – Drucksache 19/1104 15. Wer kommt für den Ersatz der durch die Folgen des Stromausfalls entstehenden Schäden wie unterbrochene Lebensmittelkühlketten, Ausfall von Licht, Verkehrsampeln, Klimatisierung, Heizung, Computern, Telekommunikation usw. auf? Allgemeine Aussagen hierzu sind nicht möglich. Denn die Haftungsfrage für den Ersatz der durch die Folgen eines Stromausfalls entstandenen Schäden hängt von der Ursache des Stromausfalls im Einzelfall ab. Stellt eine nach dem EnSiG erlassene Rechtsverordnung oder eine Maßnahme auf Grund einer nach diesem Gesetz erlassenen Rechtsverordnung eine Enteignung dar, ist gemäß § 11 Absatz 1 Satz 1 EnSiG eine Entschädigung in Geld zu leisten. 16. Mit wie vielen zusätzlichen Einbrüchen, Vergewaltigungen und anderen schweren Straftaten rechnet die Bundesregierung bei einem mehrstündigen abendlichen Stromausfall im Jahr 2018, z. B. in einer Großstadt mit 300 000 Einwohnern, wenn die Telekommunikation und die meisten Überwachungskameras ausgefallen sind? Auf Grundlage der vorgenannten ungenauen Prämissen ist keine belastbare Einschätzung möglich. 17. Ist in derartigen Fällen (s. Frage 18) der Einsatz der Bundespolizei, der Bundesanstalt Technisches Hilfswerk (THW) und/oder der Bundeswehr vorgesehen ? Wenn Frage 19 mit ja zu beantworten ist, mit welcher Stärke (Anzahl an Polizisten, THW-Einsatzkräften und/oder Soldaten)? Der Einsatz des THW ist in solchen Fällen nicht strukturell vorgesehen. Eine eventuelle Unterstützung durch das THW erfolgt ggf. auf Anforderung durch die zuständigen örtlichen Gefahrenabwehrbehörden gemäß dem THW-Gesetz. Die Bundespolizei nimmt zu jeder Zeit die in ihrem Zuständigkeitsbereich liegenden gesetzlich zugewiesenen Aufgaben mit einem der Lage angemessenen Kräfteansatz wahr. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 16 verwiesen. 18. Wie kommen diese (s. Frage 19) in die betroffenen Gebiete? Im Falle einer oben genannten Anforderung nutzt das THW in der Regel eigene Fahrzeuge. Die Bundespolizei nutzt zum Erreichen von Einsatzorten die ihr zugewiesenen Führungs- und Einsatzmittel. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 16 verwiesen. 19. Da das Stromnetz an sich mit seiner Vielzahl verschiedenster Verbraucher nur schwer wieder in Betrieb zu nehmen ist, und da zudem seit 2011 viele, noch schwarzstartfähige Grundlastkraftwerke für immer vom Netz gegangen sind, mit welcher Zeitdauer rechnet die Bundesregierung im Jahr 2018, bis nach einem sechs Millionen Menschen betreffenden Stromausfall alle Gemeinden im Land wieder Strom haben (analog dem Bericht zur Risikoanalyse im Bevölkerungsschutz 2014)? Diese Frage ist nicht pauschal zu beantworten und hängt stark von der Ursache des Stromausfalls ab. In dem genannten Bericht finden sich auf Basis des angenommen Risikoszenarios „Sturmflut“, welches auf dem Vorjahresszenario „Wintersturm “ aufbaut, Zeiträume und zugehöriger Versorgungsumfang der Bevölkerung . Eine behördenübergreifende, interdisziplinäre Arbeitsgruppe hat diese Er- Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/1104 – 8 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode gebnisse unter Einbeziehung von Experten erarbeitet. Nach Kenntnis der Bundesregierung haben wir derzeit weiterhin ausreichend schwarzstartfähige Kraftwerke , um die Stromnetze nach einem Ausfall wiederaufzubauen. 20. Mit welchen durch einen solchen Stromausfall (s. Frage 21) direkt oder indirekt entstehenden Kosten wäre unsere Volkswirtschaft 2018 insgesamt konfrontiert? Die Antwort auf diese Frage hängt von der Dauer des Stromausfalls und den weiteren Umständen ab und kann daher nicht pauschal beantwortet werden. 21. Welchen Rückgang an Steuergeldern hätte dies (s. die Fragen 21 und 22) im selben Jahr und in den drei darauf folgenden Jahren insgesamt zur Folge? Auf die Antwort zu Frage 20 wird verwiesen. 22. Muss, um unser Stromnetz vor Ausfällen zu schützen, die installierte Windkraft , da 99 Prozent der installierten Windkraftleistung als nicht verfügbar eingestuft werden und Stromspeicher in Deutschland kaum vorhanden sind, fast vollständig mit als Warmreserve bereitstehenden Kohle-, Gas-, oder Kernkraftwerken abgesichert sein (vgl. Bericht der deutschen Übertragungsnetzbetreiber )? Nein. Zunächst gilt, dass der Beitrag zur gesicherten Leistung von Windkraftanlagen nach Einschätzung der Bundesregierung nicht bei 1 Prozent, sondern bei ca. 5 Prozent liegt. Zur Sicherstellung der Stromversorgung in Deutschland stehen – neben Kohle-, Gas-, oder Kernkraftwerken in Deutschland und Europa – Laufwasserkraftwerke, Biomasseanlagen, Pumpspeicher und Lastmanagement zur Verfügung. 23. Bedeutet dies (s. Frage 24), dass wir künftig in Deutschland die Kapazitäten zur Stromerzeugung doppelt vorhalten müssen, um Stromausfälle mit hoher Wahrscheinlichkeit vermeiden zu können? Nein, eine Verdopplung ist nicht erforderlich. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie berücksichtigt bei dem regelmäßigen Monitoring und der Bewertung der Versorgungssicherheit auch Situationen mit geringer Stromeinspeisung aus Erneuerbaren Energien. 24. Falls Frage 25 positiv beantwortet wurde, welche zusätzlichen Kosten bedeutet dies bis 2025, also in der Zeit, in der zunächst die letzten Kernkraftwerke abgeschaltet werden sollen, und welche bis 2050, also in den nächsten 32 Jahren, in denen der jährliche CO2-Ausstoß bis auf 15 Prozent der Menge des Jahres 1990 reduziert werden soll? Auf die Antwort zu Frage 23 wird verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 9 – Drucksache 19/1104 25. Wird die deutsche Volkswirtschaft nach heutigem Ermessen in der Lage sein, die aus Frage 16 resultierenden zusätzlichen Kosten in den nächsten 32 Jahren zu erwirtschaften? Auf die Antwort zu Frage 16 wird verwiesen. 26. Falls Frage 27 mit ja beantwortet wird, welche Voraussetzungen müssen dafür vorliegen? Auf die Antwort zu Frage 25 wird verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333