Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie vom 2. März 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/1106 19. Wahlperiode 07.03.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Thomas Lutze, Klaus Ernst, Fabio De Masi, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 19/778 – Sanktionen der Europäischen Union gegen die Russische Föderation V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Am 1. August 2014 haben die EU und USA Wirtschaftssanktionen gegen die Russische Föderation verhängt, die im September 2014 ausgeweitet wurden. Es handelte sich unter anderem um ein Embargo für neue Verträge über den Import bzw. Export von Waffen sowie von Erzeugnissen bzw. Technologien mit doppelter Zweckbestimmung aus der EU nach Russland. Der Rat der EU-Länder hat in seiner Sitzung am 21. Dezember 2017 die entsprechenden sektoralen Maßnahmen gegen die Russische Föderation bis zum 31. Juli 2018 verlängert. 1. Welche ökonomischen Wirkungen in den jeweiligen Bundesländern gab es nach Kenntnis der Bundesregierung bisher durch die Sanktion, und welche Bundesländer sind aufgrund ihrer Wirtschaftsstruktur und Verflechtung von Branchen mit dem Außenhandel mit der Russischen Föderation besonders betroffen? 2. Welche unterschiedlichen Effekte zeigen sich nach Kenntnis der Bundesregierung im Vergleich der ostdeutschen Wirtschaft mit der westdeutschen Wirtschaft? 3. Ist die Entwicklung seit Beginn der Sanktionspolitik im Hinblick auf die jeweiligen Kosten und Effekte für Unternehmen, Branchen und die jeweiligen Bundesländer nach Kenntnis der Bundesregierung valide untersucht und quantifiziert worden? Wenn nein, warum nicht? Die Fragen 1 bis 3 werden zusammenhängend beantwortet. Der Bundesregierung liegen keine gesicherten Erkenntnisse über wirtschaftliche Auswirkungen der EU-Sanktionen gegen die Russische Föderation auf die Importe und Exporte zwischen Deutschland und Russland vor. Die Auswirkungen der Sanktionen auf den deutsch-russischen bilateralen Handel werden von einer Reihe von Faktoren überlagert, insbesondere dem zeitweisen wirtschaftlichen Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/1106 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Abschwung in Russland, der neben strukturellen Schwächen vor allem vom gesunkenen Ölpreis und den damit verbundenen Auswirkungen auf den Wechselkurs des Rubel herrührt. So war der deutsch-russische Handel schon vor Verhängung der EU-Sanktionen Mitte 2014 rückläufig. Die Auswirkungen der EU-Wirtschaftssanktionen auf den deutschen Außenhandel insgesamt sind begrenzt, da der Rückgang des bilateralen Handels mit Russland teilweise durch Umorientierung auf andere Märkte kompensiert wird. Rückschlüsse auf einzelne Bundesländer bzw. Kosten und Effekte für bestimmte Unternehmen bzw. Branchen sind daher nicht möglich. 4. Wie wirken sich die verhängten EU-Sanktionen nach Kenntnis der Bundesregierung auf den Außenhandel der anderen EU-Mitgliedstaaten mit Russland aus? Liegen diesbezüglich genaue Zahlen in den vergangenen drei Jahren vor? Der Bundesregierung liegen keine gesicherten Erkenntnisse bzw. Zahlen zu wirtschaftlichen Auswirkungen der EU-Sanktionen gegen die Russische Föderation auf den Außenhandel der einzelnen EU-Mitgliedstaaten vor. Die Auswirkungen der Sanktionen werden von einer Reihe von Faktoren überlagert, insbesondere den zeitweisen wirtschaftlichen Abschwung in Russland, der neben strukturellen Schwächen vor allem vom gesunkenen Ölpreis und den damit verbundenen Auswirkungen auf den Wechselkurs des Rubels herrührt. 5. Welche Auswirkungen hat nach Kenntnis der Bundesregierung das im Juli 2017 vom US-Kongress beschlossene und am 2. August 2017 von Präsident Donald Trump unterzeichnete Sanktionspaket auf energiewirtschaftliche Kooperationen zwischen Deutschland und der Russischen Föderation, etwa Nord Stream 2 oder zukünftigen Projekten? Die Bundesregierung geht davon aus, dass die im US-Gesetz „Countering America ’s Adversaries Through Sanctions Act“ angelegten Sanktionsmöglichkeiten keine Auswirkungen auf das Projekt Nord Stream 2 haben, da nach hiesiger Kenntnis und Einschätzung die wesentlichen Finanz- und Investitionsentscheidungen zur Realisierung des Projektes bereits vor dem Stichtag, 2. August 2017, getroffen wurden. Weitere Projekte sind der Bundesregierung nicht bekannt. 6. Welche Bedingungen müssen die von den EU-Sanktionen betroffenen russischen Unternehmen und Personen nach Auffassung der Bundesregierung erfüllen , dass die gegen sie verhängten Sanktionen aufgehoben werden? Die entsprechenden EU-Rechtsakte enthalten klare Begründungen für die Verhängung der Sanktionen sowie für jede einzelne gelistete Person bzw. jedes einzelne gelistete Unternehmen spezifizierte Listungsbegründungen. Der europäische Rechtsweg steht allen betroffenen russischen Unternehmen und Personen offen, um die Rechtmäßigkeit der EU-Maßnahmen zu überprüfen. Er wurde bereits mehrfach beschritten; zum überwiegenden Teil waren die Klagen nicht erfolgreich . Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/1106 7. Hat die Bundesregierung seit Inkrafttreten der EU-Sanktionen hinsichtlich der Absatzmöglichkeiten und der Erschließung alternativer Absatzmärkte deutscher Unternehmen belastbare Kenntnis davon, dass diese sich aufgrund der konkreten Sanktionen in andere Regionen als Russland verlagert haben und/oder verlagern werden? Die Exporte nach Russland hatten sich bereits vor Inkrafttreten der EU-Sanktionen rückläufig entwickelt; bei den gesamten deutschen Exporten war im vergleichbaren Zeitraum jedoch ein Zuwachs zu verzeichnen. Die Auswirkungen der EU-Wirtschaftssanktionen auf die deutschen Exporte insgesamt sind daher begrenzt , da der Rückgang der Exporte nach Russland auch durch Umorientierung auf andere Märkte kompensiert wird. 8. Wie schätzt die Bundesregierung nach der Aufhebung der EU-Sanktionen gegen Russland die Chancen deutscher Unternehmen ein, den Platz im russischen Absatzmarkt wieder zu erlangen, den sie vor den Sanktionen eingenommen hatten? Wie bereits in der Antwort zu Frage 4 ausgeführt, werden die Auswirkungen der EU-Sanktionen gegen die Russische Föderation von einer Reihe von Faktoren überlagert. Belastbare Rückschlüsse darauf, welche Auswirkungen eine potenzielle Aufhebung der Sanktionen auf den deutsch-russischen Handel haben könnten , sind daher nicht möglich. 9. Inwiefern hat sich die Höhe der Gewährung der staatlichen Exportkreditversicherungen seit Beginn der Sanktionen für die auf dem russischen Markt agierenden deutschen Unternehmen nach Kenntnis der Bundesregierung verändert ? Wie viele Haftungsfälle sind nach aktueller Kenntnis der Bundesregierung seit Beginn der Sanktionen in welcher Höhe und wann eingetreten? Russland gehört traditionell zu den Ländern mit einem hohen Deckungsvolumen. Seit Verhängung der EU-Sanktionen am 1. August 2014 gegen die Russische Föderation hat die Bundesregierung Lieferungen und Leistungen in Höhe von rund 10 Mrd. Euro mit Exportkreditgarantien abgesichert (Betrachtungszeitraum 1. August 2014 bis 31. Dezember 2017). Die Deckungsvolumina in den Jahren 2015 und 2016 wurden maßgeblich von der Absicherung zweier Großprojekte geprägt. Dabei handelt es sich zum einen um die Errichtung einer Polyethylenanlage (Deckungsvolumen 1,7 Mrd. Euro) und zum anderen um eine Gastrennanlage (Deckungsvolumen 2,8 Mrd. Euro). Bei einigen zur Deckung angefragten Exportgeschäften scheint sich die Realisierung der jeweiligen Investition im Bestellerland zu verzögern. Die Nachfrage nach Absicherungen für mittelgroße Exportgeschäfte (Volumen zwischen 10 Mio. Euro und 100 Mio. Euro) ist aktuell rückläufig. Inwieweit diese Beobachtungen im Zusammenhang mit den EU-Sanktionen stehen, ist der Bundesregierung nicht bekannt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/1106 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Deckungsvolumina 1. August 2014 bis 31. Dezember 2017 auf Jahresbasis: Jahr Deckungsvolumen (in Mrd. Euro) 2014 (01.08.2014 – 31.12.2014) 0,89 2015 3,61 2016 3,78 2017 1,73 Im Zeitraum August 2014 bis einschließlich Dezember 2017 wurden für Russland 141 Entschädigungsanträge mit einem Gesamtvolumen von 172,9 Mio. Euro gestellt . Inwieweit die Schadensfälle in einem Zusammenhang mit den Sanktionen stehen, ist der Bundesregierung nicht bekannt. 10. Erwägt die Bundesregierung derzeit neue oder eine weitere Verlängerung der bestehenden Sanktionen gegen Russland? Unter welchen Umständen bzw. hinsichtlich welcher Entwicklungen ist eine Verschärfung oder weitere Verlängerung der Sanktionen für die Bundesregierung denkbar? Bei den Sanktionen handelt es sich um EU-Maßnahmen, die gemeinsam von allen EU-Mitgliedstaaten, damit auch der Bundesrepublik Deutschland beschlossen werden. Die Gründe für die Verhängung der Maßnahmen wurden in den jeweiligen Rechtsakten dargelegt. Die Maßnahmen werden laufend auf ihre Berechtigung überprüft; die Verlängerungen werden je nach Sanktionsart alle sechs bzw. zwölf Monate vorgenommen. 11. Wovon macht es die Bundesregierung abhängig, ob sie sich für eine Verlängerung , Lockerung oder Aufhebung der Sanktionen einsetzt, und inwiefern formuliert sie öffentlich oder gegenüber Russland konkret Benchmarks für eine Lockerung oder Aufhebung der Sanktionen? Die Bundesregierung ist Teil des EU-Konsenses, der die Aufhebung der sektoralen Wirtschaftsmaßnahmen gegen Russland (sog. Stufe III-Sanktionen) an die Umsetzung der Minsker Vereinbarungen geknüpft hat. Die Bundesregierung ist bereit, bei der Implementierung der Minsker Vereinbarungen die Sanktionen abzubauen und darüber einen Dialog mit ihren europäischen Partnern zu führen. Substantielle Fortschritte bei der Umsetzung der Minsker Vereinbarungen liegen bisher nicht vor. 12. Wie würde im Fall einer vollständigen Realisierung des Minsker Abkommens II die Aufhebung der EU-Sanktionen gegen Russland konkret aussehen ? In welchen Schritten und welcher Reihenfolge würden ggf. die Sanktionen aufgehoben? Über eine konkrete Aufhebung von Sanktionen bei substantiellen Fortschritten bei der Implementierung der Minsker Vereinbarungen würde sich die Bundesregierung zu gegebener Zeit mit ihren EU-Partnern abstimmen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/1106 13. Hat die Bundesregierung bzw. die EU einen „Ausstiegsplan“ zu den Sanktionen gegen Russland, und wie sieht er gegebenenfalls aus? Wird die Bundesregierung einen solchen Plan entwickeln bzw. sich in den entsprechenden EU-Gremien dafür einsetzen? Wenn nein, warum nicht? Jeder Sanktionsrechtsakt enthält Begründungen für seine Verhängung. Somit sind die Bedingungen für ein Aufheben der Sanktionen rechtlich eindeutig. Ein „Ausstiegsplan “ ist insofern nicht erforderlich. 14. Welche wirtschaftlichen Auswirkungen haben die EU-Sanktionen gegenüber Russland nach aktuellen Kenntnissen der Bundesregierung auf die ukrainische Wirtschaft? Welche Branchen und Bereiche der ukrainischen Wirtschaft sind dadurch am stärksten betroffen? Der Bundesregierung liegen keine gesicherten Erkenntnisse hinsichtlich der Auswirkungen der EU-Sanktionen gegen die Russische Föderation auf die ukrainische Wirtschaft vor. 15. Inwiefern macht die Bundesregierung die Weiterentwicklung ihrer Sanktionspolitik vom Erfolg des Minsk-II-Prozesses abhängig, und inwiefern geht sie davon aus, dass nicht Russland, sondern auch die Ukraine und die Aufständischen in der Ostukraine maßgeblich über das Scheitern oder den Erfolg von Minsk II entscheiden? Bei Umsetzung der Minsker Vereinbarungen ist die Bundesregierung zu einem Abbau der Sanktionen bereit. Im Übrigen wird darauf verwiesen, dass es sich um abgestimmte EU-Sanktionen handelt. Die Bundesregierung stimmt sich eng mit ihren EU-Partnern ab, was die gemeinsame EU-Sanktionspolitik angeht. 16. Welche wirtschaftlichen Auswirkungen haben die EU-Sanktionen nach Kenntnis der Bundesregierung auf die russische Wirtschaft? Welche Branchen und Bereiche der russischen Wirtschaft sind dadurch am stärksten betroffen? Der Bundesregierung liegen keine gesicherten Erkenntnisse hinsichtlich der Auswirkungen der EU-Sanktionen gegen die Russische Föderation auf die russische Wirtschaft vor. 17. Inwieweit hat die Bundesregierung aktuell Kenntnis darüber, welche positiven wirtschaftlichen und außenpolitischen Effekte die EU-Sanktionspolitik gegenüber Russland bislang erbracht hat? Die EU-Sanktionspolitik hat die Glaubwürdigkeit und den Zusammenhalt der EU gestärkt und Russland aufgezeigt, dass die EU als Wertegemeinschaft völkerrechtswidriges Verhalten nicht tolerieren wird. Sie hat dazu beigetragen, einer weiteren Eskalation der Lage in der Ukraine entgegenzuwirken. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/1106 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 18. Wenn die Bundesregierung keine Erkenntnis hat bzw. ihr keine validen Ergebnisse vorliegen, nach welchen rationalen Kriterien wird dann über „Sinn und Zweck“ sowie „Kosten und Nutzen“ von Wirtschaftssanktionen als Instrument der Außenpolitik überhaupt geurteilt? Hierzu wird auf die Antwort zu Frage 17 verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333