Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie vom 2. März 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/1107 19. Wahlperiode 07.03.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Bruno Hollnagel, Steffen Kotré, Enrico Komning, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der AfD – Drucksache 19/780 – Soziale Marktwirtschaft 4.0 V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r In ihrer Rede auf dem World Economic Forum (WEF) in Davos warnte die geschäftsführende Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel vor nicht näher definierten nationalen Spaltungen, die die Fähigkeit zur Kooperation zwischen Ländern behindern könnten und so einem allgemeinen Wohlstand entgegenstehen würden. Unter der Frage „Wie nehmen wir alle mit?“ betonte sie die Notwendigkeit einer sozialen Marktwirtschaft 4.0 (www.bundesregierung.de/Content/DE/Rede/2018/ 01/2018-01-24-rede-merkel-davos.html). Diese Frage ist jedoch keine neue. Schon Ludwig Erhard formulierte in seinem bekannten Werk „Wohlstand für Alle“ das Ziel, breiten Schichten der Gesellschaft Wohlstand zukommen zu lassen . Nach Ludwig Erhards Überzeugung könne nur eine freie Wirtschaft Wohlstand für alle schaffen. Die überkommene Situation einer dünnen Oberschicht, die einer breiten Unterschicht gegenüberstehe, müsse überwunden werden. Als Mittel hierzu sieht er den Wettbewerb. 1. Welche inhaltlichen und prozessualen Unterschiede sieht die Bundesregierung zwischen der von der geschäftsführenden Bundeskanzlerin Merkel anvisierten Marktwirtschaft 4.0 und der Marktwirtschaft im Sinne eines Ludwig Erhards? 2. Stellt die soziale Marktwirtschaft im Sinne Ludwig Erhards das wirtschaftspolitische Leitbild der Bundesregierung dar? Die Fragen 1 und 2 werden zusammen beantwortet. Die Soziale Marktwirtschaft ist Richtschnur der Wirtschafts- und Finanzpolitik der Bundesregierung (vgl. etwa Jahreswirtschaftsbericht 2015, S. 17, Textziffer 58). Wesentliche Elemente dieser Politik sind individuelle Entscheidungsfreiheit und Verantwortlichkeit einschließlich der Sicherstellung privater Haftung, Tarifautonomie, privates Eigentum sowie freie Preisbildung am Markt zur Steuerung von Angebot und Nachfrage verbunden mit der institutionellen Sicherung funktionsfähigen Wettbewerbs. Ferner hat sich die Bundesregierung von der Zielsetzung eines inklusiven Wachstums leiten lassen, das alle gesellschaftlichen Wachstumskräfte zur Entfaltung bringt (vgl. etwa Jahreswirtschaftsbericht 2018, Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/1107 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode S. 7, Textziffer 4). Dort wo der Markt gesellschaftliche Belange nicht ausreichend berücksichtigen kann und Chancengleichheit nicht sichert, ist in der Sozialen Marktwirtschaft der Staat gefordert. Das Zusammenspiel zwischen einer möglichst leistungsfähig organisierten Wirtschaft und einer wirksamen sozialen Flankierung ist wesentlich für eine Soziale Marktwirtschaft. Wirtschaftliche Freiheit und sozialer wie regionaler Zusammenhalt sind dabei in der Sozialen Marktwirtschaft keine Gegensätze, sondern ergänzen einander (vgl. etwa Jahreswirtschaftsbericht 2018, S. 7, Textziffer 4). In diesem Sinne müssen in einer Sozialen Marktwirtschaft auch neue Herausforderungen etwa durch die digitale Transformation angegangen werden. Das bedeutet eine „Soziale Marktwirtschaft 4.0“ mit einem, soweit erforderlich, entsprechend angepassten wirtschaftspolitischen Ordnungsrahmen , der wirksamen Wettbewerb im digitalen Zeitalter gewährleistet und die Teilhabe der Menschen sichert. 3. Welche Maßnahmen plant die Bundesregierung, um die „Mitnahme Aller“ zu gewährleisten? 4. Mit welchen Maßnahmen wird die Bundesregierung kurz-, mittel- und langfristig innerhalb ihrer Möglichkeiten darauf hinwirken, dass Haftungsgemeinschaftsrisiken , wie sie nach Auffassung der Fragesteller beispielsweise bei der Bankenunion, dem Vertragswerk der Rettungsschirme und dem Anleihekaufprogramm derzeit bestehen oder zukünftig bestehen werden, verringert oder ganz aufgelöst werden? Die Fragen 3 und 4 werden zusammen beantwortet. Maßnahmen und Planungen der künftigen Bundesregierung kann die geschäftsführende Bundesregierung nicht vorgreifen. 5. Sieht die Bundesregierung den Ursprung von Risiken im Rahmen zukünftiger Krisen eher inner- oder außerhalb Europas? Da die möglichen Ursachen künftiger Krisen vielfältig und schwer prognostizierbar sind, hat sich die Bundesregierung stets sowohl innerhalb als auch außerhalb Europas für mehr Krisenfestigkeit eingesetzt. Insbesondere eine krisenfeste und zukunftssichere Wirtschafts- und Währungsunion liegt im Interesse der deutschen Wirtschaft. Im Jahreswirtschaftsbericht 2018 (S. 31, Textziffer 118) hat die geschäftsführende Bundesregierung u. a. darauf hingewiesen, dass die aktuell guten wirtschaftlichen Zeiten in Europa von den Staaten für Investitionen, Reformen und den Aufbau von fiskalischen Puffern genutzt werden sollten, um Vorsorge für die Zukunft zu treffen. Sie hat bezüglich der europäischen Ebene auch den bisherigen Ansatz von Solidarität und Solidität bekräftigt, bei dem Haftung und Kontrolle auf einer Ebene liegen. Hierfür tritt die Bundesregierung auch in den Verhandlungen in Brüssel gegenüber den europäischen Partnern ein. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/1107 6. Unterstützt die Bundesregierung die Annahme der Fragesteller, dass ein Wegfall der jährlich von Verbrauchern im Rahmen des Erneuerbare-Energien -Gesetzes (EEG) zu zahlenden Subventionierung des Ökostroms in Höhe von etwa 24 Mrd. Euro (BDEW Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft e. V.: Erneuerbare Energien und das EEG: Zahlen, Fakten, Grafiken (2017), S. 32; gemäß BDEW etwa 300 Euro/Kopf und Jahr) ein Weg wäre, etwas mehr „Wohlstand für alle“ zu gewährleisten? Voraussetzung dafür, die Energiewende erfolgreich und kosteneffizient weiterzuführen , sind unter anderem klare und stabile Rahmenbedingungen. Wirtschaftsund energiepolitische Rahmenbedingungen beeinflussen maßgeblich die Investitionsentscheidungen von Unternehmen. Das 2014 und 2017 reformierte Erneuerbare -Energien-Gesetz (EEG) mit seinen Zielen, u. a. die Marktintegration zu fördern und die Kosten zu reduzieren, bildet die wesentliche Grundlage für den Ausbau der erneuerbaren Energien und trägt zur Investitions- und Planungssicherheit der Unternehmen bei. In dem Zusammenhang ist zu beachten, dass für die Betreiber von Erneuerbare-Energien-Anlagen eine rechtliche Zusage auf eine Einspeisevergütung über 20 Jahre gemacht wurde, die die Grundlage für die Investition in die entsprechende Anlage gebildet hat. Diese Zusage begründet für die Anlagenbetreiber einen Vertrauensschutztatbestand. An eine nachträgliche Anpassung sind verfassungsrechtlich hohe Schranken gesetzt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333