Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur vom 21. Juni 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/11072 19. Wahlperiode 25.06.2019 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Reinhard Houben, Michael Theurer, Thomas L. Kemmerich, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/10785 – Flugzeugzertifizierungen in den USA und Europa V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Am 29. Oktober 2018 stürzte eine Boeing vom Typ 737 MAX 8 der Fluglinie Lion Air vor der Küste der indonesischen Insel Java ins Meer. Keiner der Insassen überlebte. Eine Maschine desselben Typs der Ethiopian Airlines stürzte am 10. März 2019 nach dem Start unweit von Addis Abeba ab. Auch hier überlebte keiner der Passagiere (www.zeit.de/mobilitaet/2019-03/andreas-scheuer-deutscherluftraum -fuer-boeing-737-max-8-gesperrt). Am 12. März 2019 sperrte der Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur Andreas Scheuer daraufhin den deutschen Luftraum für alle Flugzeuge des entsprechenden Typs. Am selben Tag zog die europäische Flugsicherheitsbehörde EASA (Europäische Agentur für Flugsicherheit) nach und sperrte den gesamten Luftraum der EASA-Mitgliedstaaten für die Boeing 737 MAX 8. Am 13. März 2019 veranlasste US-Präsident Donald Trump die Sperrung des USamerikanischen Luftraums für den Flugzeugtyp. Kurz danach empfahl der Flugzeughersteller Boeing der amerikanischen Luftfahrtbehörde FAA (Federal Aviation Administration) ein vorübergehendes Flugverbot für die weltweit 371 Maschinen (www.stern.de/reise/boeing-737-max--us-praesident-donald-trumpkuendigt -flugverbot-in-den-usa-an-8618622.html). Nach Presseberichten wusste Boeing bereits nach dem ersten Absturz von Problemen mit dem Stabilisierungssystem MCAS (Maneuvering Characteristics Augmentation System). American-Airlines-Piloten hätten The Boeing Company bereits einige Zeit nach dem Unglück der Lion-Air-Maschine, im November 2018, gedrängt, das MCAS schnellstmöglich zu überarbeiten (www. nytimes.com/2019/05/14/business/boeing-737-max-ethiopian-plane-crash. html?smid=nytcore-ios-share). Eine vorläufige Untersuchung der FAA kam zu dem Ergebnis, dass bei wichtigen Sicherheitsüberprüfungen des MCAS leitende Beamte gefehlt oder diese nicht überwacht hatten (www.wsj.com/articles/faa-saw-737-max-flight-controlsystem -as-non-critical-safety-risk-11557831723). Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/11072 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Boeing selber stufte das System im Zulassungsprozess für nicht besonders sicherheitsrelevant ein. Eine stärkere Überprüfung hätte stattgefunden, wenn der Flugzeugbauer dieses als wichtiger eingestuft hätte. Durch die schwache Klassifizierung von Boeing fand somit keine ausreichende Untersuchung statt. Somit hatten letztendlich Boeing-Mitarbeiter das MCAS abgesegnet und die behördliche Prüfung der Flugzeugsoftware übernommen (www.spiegel.de/ wissenschaft/technik/boeing-mitarbeiter-haben-steuerungssystem-mcas-abgesegneta -1267498.html). Patrick Ky, Chef der EASA, räumte vor dem Ausschuss für Verkehr und Fremdenverkehr des Europäischen Parlaments ein, dass vor der Zertifizierung der MAX-Flugzeuge im Jahr 2017 die von der FAA für sicher erklärten Flugsteuerungsfragen nicht separat überprüft wurden. Laut Ky sei außerdem eine Beteiligung der EASA an den Untersuchungen der Abstürze untersagt gewesen. Die EASA musste sich ausschließlich auf öffentliche Informationen und Informationen der FAA verlassen (www.airliners.de/easa-boeing-737-zulassungsprozess/ 49326). Der Konzern Boeing meldete am 16. Mai 2019, dass die Entwicklung des Sicherheitsupdates für das MCAS abgeschlossen sei. Bevor das Startverbot jedoch wieder aufgehoben werden kann, muss die FAA die Änderungen an der Software zertifizieren (www.cnbc.com/2019/05/16/boeing-says-it-has-completedthe -development-of-updated-software-for-the-737-max.html). 1. Führen die EASA und das Luftfahrt-Bundesamt (LBA) nach Kenntnis der Bundesregierung eigene Zertifizierungen an ausländischen Flugzeugtypen wie von Boeing durch? In Europa legt die Verordnung (EU) 2018/1139 die gemeinsamen Vorschriften für die Zivilluftfahrt fest. Gemäß Artikel 77 Absatz 1 Buchstabe e dieser Verordnung ist die Agentur der Europäischen Union für Flugsicherheit (EASA) für Aufgaben im Zusammenhang mit der Zertifizierung, Aufsicht und Durchsetzung in Bezug auf Musterzulassungen, eingeschränkte Musterzulassungen und Änderungszulassungen zuständig. Dies kann auch eine umfangreiche Überprüfung der Nachweise umfassen, wenn ein entsprechendes internationales Abkommen nach Artikel 68 Absatz 1 Buchstabe a mit diesem Drittstaat besteht. Das „Abkommen zwischen den Vereinigten Staaten von Amerika und der Europäischen Gemeinschaft über die Zusammenarbeit bei der Regelung der Sicherheit der Zivilluftfahrt “ ist am 1. Mai 2011 in Kraft getreten. Zwischen der Federal Aviation Administration (FAA – Bundesluftfahrtbehörde der Vereinigten Staaten) und der EASA wurde darüber hinaus das Abkommen „EASA-FAA Technical Implementation Procedures for Airworthiness & Environmental Cert. (TIP)” geschlossen, welches gegenseitig den Umfang der Anerkennung von Luftfahrzeugzulassungen regelt. Dieses Abkommen soll u. a. Doppelprüfungen vermeiden. Das Luftfahrt-Bundesamt (LBA) führt nur Zertifizierungen von ausländischen Luftfahrzeugen durch, sofern diese nach Anhang 1 aus dem Anwendungsbereich der Verordnung (EU) 2018/1139 ausgeschlossen wurden. Das ist für die aktuellen Verkehrsflugzeuge von Boeing nicht der Fall. In Bezug auf die Arbeitsweise der EASA ist die Bundesregierung nicht auskunftsfähig . Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/11072 2. Hatte die EASA oder das LBA nach Kenntnis der Bundesregierung vor dem Unfall der ersten Boeing 737 MAX 8 im Oktober 2018 eigene Überprüfungen des Flugzeugtyps durchgeführt? Wenn nein, wieso nicht? 5. Welche eigenen Überprüfungen hatten die EASA oder das LBA nach Kenntnis der Bundesregierung nach dem Unfall der ersten Boeing 737 MAX 8 im Oktober 2018 am Flugzeugtyp durchgeführt? Welche Ergebnisse gab es? Die Fragen 2 und 5 werden aufgrund ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Das LBA hat in Bezug auf die Musterzulassung des Flugzeugtyps Boeing 737 Max 8 keine Zuständigkeit. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen . 3. Inwiefern verlassen sich die EASA und das LBA, nach Kenntnis der Bundesregierung , auf Überprüfungen und Zertifizierungen der FAA? Wie beurteilt die Bundesregierung diesen Zustand? Die Bundesregierung begrüßt, dass die EASA die in der Antwort zu Frage 1 beschriebenen Zuständigkeiten auch mit Hinblick auf die sinnvollen Erleichterungen durch bilaterale und internationale Abkommen (nach Artikel 68 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung 2018/1139) entsprechend den strengen Maßgaben der europäischen Flugsicherheit wahrnimmt. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. 4. Führt die FAA nach Kenntnis der Bundesregierung eigene Zertifizierungen an ausländischen Flugzeugtypen wie von Airbus durch? Die FAA führt Zulassungen von europäischen Luftfahrzeugmustern durch. Die Grundlage hierfür ist das in der Antwort zu Frage 3 beschriebene Abkommen. 6. Falls es keine eigenen Überprüfungen wie in Frage 5 beschrieben gab, wie beurteilt die Bundesregierung diesen Vorgang? In Bezug auf die Arbeitsweise der EASA ist die Bundesregierung nicht auskunftsfähig . 7. Gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung Pläne, die Vorschriften zu Zertifizierungen und Überprüfungen bei EASA und LBA zu überarbeiten? 8. Ist die Bundesregierung der Meinung, dass die EASA und das LBA den Umgang mit Zertifizierungen der FAA überarbeiten sollten? Wenn nein, wieso nicht? Die Fragen 7 und 8 werden aufgrund ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Nach Auffassung der Bundesregierung sind die für die Zertifizierungen von Luftfahrzeugen etablierten technischen Standards und Verfahren in den USA und in Europa weitestgehend harmonisiert. Ob die Regularien überarbeitungsbedürftige Defizite aufweisen, wird durch die zuständigen Gremien der EASA beurteilt werden . Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/11072 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 9. Sollte das LBA nach Auffassung der Bundesregierung zukünftige Freigaben der FAA eigenen Sicherheitsüberprüfungen unterziehen? Es wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. 10. Welchen Einfluss hat der Airbus-Konzern nach Informationen der Bundesregierung auf Zertifizierungen und Überprüfungen von Flugzeugtypen bei der EASA und dem LBA? 11. Seit wann hatten die Bundesregierung, die EASA oder das LBA nach Informationen der Bundesregierung Kenntnis von dem Einfluss Boeings auf Zertifizierungen der FAA? 12. Wie schätzt die Bundesregierung den Einfluss des Boeing-Konzerns auf Zertifizierungen und Überprüfungen von Flugzeugtypen bei der FAA ein? Die Fragen 10 bis 12 werden aufgrund ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Der Airbus-Konzern hat keinen Einfluss auf die Arbeit des LBA. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. 13. Inwiefern werden die Ereignisse um die Boeing 737 MAX 8 den Umgang der Bundesregierung mit der FAA verändern? Die Zuständigkeit für die Erteilung von Muster- und Verkehrszulassungen in Europa liegt bei der EASA. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. 14. Welche Kommunikation gab es, nach Kenntnis der Bundesregierung, zwischen dem Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur und amerikanischen Behörden bezüglich der Flugzeugabstürze und der Zertifizierung des Flugzeugtyps Boeing 737 MAX 8? Die FAA hatte für den 23. Mai 2019 Vertreter von verschiedenen internationalen Luftfahrtbehörden zu einer Informationsveranstaltung nach Fort Worth, Texas eingeladen. Neben der EASA war für Deutschland ein Mitarbeiter des LBA vertreten . 15. Wie beurteilt die Bundesregierung den Fakt, dass die EASA sich nicht an den Ermittlungen bei den beiden Flugzeugabstürzen beteiligen durfte? Die Untersuchung durch unabhängige Untersuchungsbehörden ist ein hohes Gut zur Förderung der Flugsicherheit. Dies ist in den Anhängen zum Chikagoer Abkommen über die Zivilluftfahrt geregelt. Da es sich bei EASA nicht um eine Flugunfalluntersuchungsstelle handelt, beruht die Nichteinbindung auf den einschlägigen Vorschriften. Gleichwohl befürwortet die Bundesregierung den zeitnahen Austausch gesicherter unfall- und zulassungsrelevanter Informationen mit den Zulassungsbehörden im Laufe der fortschreitenden Flugunfalluntersuchungen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/11072 16. Inwiefern wird die EASA oder das LBA nach Kenntnis der Bundesregierung eine eigene Zertifizierung des Sicherheitsupdates für das MCAS durchführen ? Befürwortet die Bundesregierung eine eigene europäische bzw. nationale Überprüfung in diesem Fall? Es wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. 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