Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur vom 21. Juni 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/11073 19. Wahlperiode 25.06.2019 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Oliver Luksic, Frank Sitta, Torsten Herbst, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/10798 – Einführung einheitlicher Schleusenstandards und Folgen für den Ausbau der Moselschleusen V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Der Ausbau der Moselschleusen mit einer zweiten Schleusenkammer verzögert sich nach Angaben der Bundesregierung (Antwort auf die Schriftliche Frage 88 auf Bundestagsdrucksache 19/2610) weiter. Nach Aussage des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur in der Antwort auf die genannte Schriftliche Frage könnte die zweite Kammer der Schleuse Lehmen im Jahr 2025 in Betrieb gehen. Für die Schleusen Wintrich, Müden, Detzem, St. Aldegund , Enkirch und Koblenz wurde in der Antwort kein Termin genannt. Ein Grund für die Verzögerungen liegt offenbar in einem Wechsel der Ausbauweise , der zu einer Standardisierung aller Schleusenbauten in Deutschland führen soll. Für die Mosel hat dies zur Folge, dass die bereits ausgebauten Schleusen in Zeltingen , Trier und Fankel in anderer Weise als die noch verbleibenden Schleusen gebaut wurden. Während die Schleusenkammern der bereits ausgebauten Schleusen über seitliche Kanäle befüllt werden, soll die Befüllung der Schleusenkammern in Zukunft über die Schleusentore erfolgen. „Ausgelegt wurde die Mosel in den 60er Jahren für ein Transportaufkommen von rund 10 Millionen Gütertonnen pro Jahr. Seit der Eröffnung der Großschifffahrt auf der Saar 1987 wird diese Kapazitätsgrenze mit durchschnittlich 14 Millionen Gütertonnen weit überschritten. Prognosen für das Jahr 2025 sagen rund 17 Millionen Gütertonnen voraus. Jährlich nimmt die Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung die heute über 50 Jahre alten Schleusenanlagen an der Mosel acht Tage außer Betrieb, um zwingend erforderliche Instandsetzungsarbeiten durchzuführen. In dieser Zeit sowie bei unplanmäßigen Ausfällen steht die Schifffahrt still. Mit Erreichen des technischen Lebensalters von 80 bis 100 Jahren steht eine umfangreiche Grundinstandsetzung über Monate an. Fällt nur eine Schleusenanlage aus, so kommt der Verkehrsweg Mosel und Saar zum Erliegen “ (www.gdws.wsv.bund.de/DE/wasserstrassen/03_projekte/moselschleusen/ moselschleusen-node.html). Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/11073 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 1. Welches Gremium im Bundesverkehrsministerium bzw. in der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung hat wann die einheitlichen Schleusenstandards an den deutschen Binnenwasserstraßen festgelegt? Für die Steuerung des Prozesses zur Standardisierung in der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung (WSV) wurde 2010 eine Standardisierungskommission eingerichtet. Diese hat zur Bearbeitung einzelner Themengebiete jeweils Expertengruppen einberufen. Eine Expertengruppe befasste sich mit der Schleusenstandardisierung . Auf der Grundlage der Arbeitsergebnisse hat die Standardisierungskommission dem Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) Standards für einzelne Objekte vorgeschlagen. Im Jahr 2016 wurden durch das BMVI sukzessive einheitliche Standards für geeignete Objekte – Anlagen , Bauwerksteile, Anlagenzubehörteile und Fahrzeuge, darunter auch für Schleusen – im Zuständigkeitsbereich der WSV eingeführt. 2. Welche technischen Festlegungen wurden für die jeweiligen Binnenwasserstraßen getroffen? Gelten die Festlegungen für jeweils eine Wasserstraße oder für alle? Im Prozess der Standardisierung wurden folgende Objekte identifiziert: Binnenschiffsschleusenanlagen , Liegestellen und Vorhäfen, Landstromversorgung für Binnenschiffe, Wehranlagen, Hochwassersperrtoranlagen, Verwaltungs- und Sozialgebäude der Außenbezirke sowie Wasserfahrzeuge Binnen. Die Festlegung der Standards zur Automatisierung und Fernbedienung von Anlagen war bereits im Vorfeld erfolgt. Für Schleusenanlagen umfasst die Standardisierung Bauteile, wie Füll- und Entleersystem, Tore, Stoßschutz, Antriebe und Ausrüstungsbestandteile , wie Poller, Geländer, Einfahrhilfen. Die mit dem o. g. Erlass eingeführten Standards sind grundsätzlich als verbindliche Vorgaben für alle Binnenwasserstraßen einzuhalten. 3. In welcher Form wurden die besonderen Gegebenheiten des jeweiligen Binnengewässers , z. B. bereits vorhandene Bauwerke, vorhandene Planungen, vorhandene Plangenehmigungen, bei der Festlegung eines einheitlichen Standards berücksichtigt? Der methodischer Ansatz bei der Festlegung der einheitlichen Standards bestand darin, diese vorzugsweise durch einen Vergleich bereits ausgeführter, bewährter Lösungen unter Einbeziehung von Verbesserungsmöglichkeiten zu entwickeln. Die Standards werden möglichst in Form eines „modularen Baukastensystems“ mit definierten Schnittstellen gebildet. Die Standardisierung von Objekten (Anlagen und Fahrzeuge) erfolgt daher primär durch die Festlegung einheitlicher Anforderungen , Konstruktionsprinzipien und Schnittstellen. Teilweise wer-den für einzelne Bauwerksteile mehrere Varianten angeboten, die für unterschiedliche Lastannahmen und Randbedingungen geeignet sind. Damit können besondere örtliche Randbedingungen berücksichtigt werden. Das „modulare Baukastensystem“ ermöglicht die Austauschbarkeit von Komponenten und eine flexible und im jeweiligen Kontext adäquate Anwendung. Dieses Konzept erleichtert die technische Weiterentwicklung von Komponenten und gibt mehr Flexibilität und Sicherheit beim Ersatz von Teilsystemen in späteren Nutzungsphasen . Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/11073 4. Welche betriebswirtschaftlichen Daten liegen der vorgenannten Festlegung, insbesondere an der Mosel, zugrunde? Die Expertengruppe bestand aus Fachleuten der WSV, überregional tätigen Bundesanstalten und Fachorganisationen. Die Mitglieder brachten ihre Erfahrungen von der Planung über die Realisierung und Unterhaltung bis hin zur unmittelbaren Nutzung und Betrieb mit ein. Bei der Zusammensetzung wurden auch regionale Bezüge und die strukturelle Ausgestaltung der Wasserstraßen beachtet, wie sie für einen künstlichen Schifffahrtskanal oder einen staugeregelten Fluss, wie die Mosel, gelten. Die betriebswirtschaftlichen Daten einzelner Regionen bzw. insbesondere die Erfahrungen aus dem Betrieb der bestehenden Anlagen und daraus abgeleitete Zusammenfassungen spielten eine wesentliche Rolle. Ein wesentliches Motiv für die Standardisierung liegt in ihren betriebswirtschaftlichen Vorteilen für die Unterhaltung, die sich mit der wachsenden Anzahl standardisierter Anlagen und Bauteile weiter entfalten. 5. Welche volkswirtschaftlichen Daten liegen der vorgenannten Festlegung, insbesondere an der Mosel, zugrunde? Grundlegende Ziele der Standardisierung sind die Beschleunigung der Planungsprozesse und die Reduzierung der Bau- und Beschaffungskosten bei gleichzeitiger Verbesserung der Qualität. Die einzelnen Lösungen bilden ein Gesamtoptimum hinsichtlich der Investitions-, Betriebs und Unterhaltungskosten. Die volkswirtschaftlichen Effekte der Standardschleuse ergeben sich durch die hydraulischen Systeme und deren Auswirkungen auf die Passagezeit. Außerdem werden die Investitionskosten für das Oberhaupt und Unterhaupt herkömmlicher Systeme mit den Investitionskosten des standardisierten Systems verglichen. Dabei hat sich gezeigt, dass eine geringe Erhöhung der Passagezeit mit den daraus resultierenden Nutzenverlusten im Verhältnis zu den Investitionskostenersparnissen zu vernachlässigen ist. Der Bau zweiter Moselschleusen wurde im Rahmen des Bundesverkehrswegeplans (BVWP) 2030 einer volkswirtschaftlichen Bewertung nach der geltenden BVWP-Methodik unterzogen. Dabei wurde auch unter Zugrundelegung der mit der Standardisierung verbundenen Reduzierung der Investitions-, Betriebs und Unterhaltungskosten der Moselschleusen die volks-wirtschaftliche Rentabilität nicht erreicht. Die Entscheidung, das Vorhaben dennoch in den Vordringlichen Bedarf des BVWP 2030 aufzunehmen, wurde aus übergeordneten Überlegungen zur Reduzierung des Ausfallrisikos an einer Wasserstraße der Kategorie A mit nur einer Kammer je Schleuse getroffen. 6. Sind durch die vorgenannte Festlegung Verzögerungen bei der Aufarbeitung des Investitions- und Sanierungsstaus eingetreten, und wenn ja, wie plant die Bundesregierung diesen Zeitverlust wieder aufzuholen? Nach Einführung der bundesweiten Standardisierung wurde die Planung zum Bau der zweiten Schleusenkammer Lehmen überarbeitet und angepasst (Baugrube, Obertor, Art und Lage der Antriebe). Darüber hinaus ist ein Planänderungsverfahren erforderlich. Von einem Sanierungsstau kann nicht gesprochen werden, da es nicht um eine Schleusensanierung sondern um zusätzliche Investitionen geht (Bau einer 2. Schleusenkammer neben einer funktionsfähigen bestehenden Kammer). Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/11073 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Das jetzt gewählte System ist robuster und kostengünstiger, ohne Einbußen in der Qualität und der Eignung für den Nutzungszweck. Für die Schifffahrt haben sich keine Beeinträchtigungen ergeben, da an allen Staustufen der Mosel gut funktionierende erste Kammern zur Verfügung stehen. Für die weiteren, zu bauenden zweiten Schleusenkammern an der Mosel wird der Standard der Schleuse Lehmen zu Grunde gelegt. Dadurch kann die Planungszeit eingehalten bzw. weiter reduziert werden. 7. Wurde im Zuge der vorgenannten Festlegung eine Gegenüberstellung von betriebswirtschaftlichen Wirkungen der Standardisierung und den volkswirtschaftlichen Effekten vorgenommen, und wenn ja, in welchem Verfahren? Die mit der Standardisierung verbundenen betriebswirtschaftlichen Effekte sind in Form geänderter Betriebs- und Unterhaltungskosten in die volkswirtschaftliche Betrachtung mit ein-geflossen. Es wird auf die Antwort zu Frage 5 verwiesen. 8. Was ist nach Kenntnis der Bundesregierung der Stand der Planung und der Bauarbeiten an den noch mit einer zweiten Kammer auszubauenden Moselschleusen , und bis wann sollen diese abgeschlossen sein? An der Mosel sollen an den Staustufen zwischen Koblenz und Trier die zweiten Schleusenkammern errichtet werden. Derzeit besteht folgende Projekt- und Terminsituation : Schleuse Trier: Ende 2019 – Beginn Probebetrieb Schleuse Lehmen: Ende 2020 – Baubeginn Schleuse Wintrich: Planfeststellungsverfahren wird derzeit eingeleitet, Baubeginn ist noch nicht terminiert Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333