Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz vom 25. Juni 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/11199 19. Wahlperiode 26.06.2019 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Ulla Jelpke, Dr. André Hahn, Gökay Akbulut, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 19/10498 – Straf- und Ermittlungsverfahren nach § 129b des Strafgesetzbuchs mit Phänomenbereich PMK-ausländische Ideologie V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r In ihrer Antwort auf die Kleine Anfrage „Straf- und Ermittlungsverfahren nach § 129, § 129a und § 129b des Strafgesetzbuchs sowie sonstige Terrorismusverfahren im Jahr 2018“ auf Bundestagsdrucksache 19/9773 erklärte die Bundesregierung , dass im vergangenen Jahr Verfahren nach § 129b des Strafgesetzbuchs (StGB) mit dem Phänomenbereich PMK-ausländische Ideologie gegen fünf Gruppierungen geführt wurden. Neben der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) und den Liberation Tigers of Tamil Eelam (LTTE) sind dies die in Nigeria aktiven Gruppierungen „Niger Delta Militants (Iceland-Kult) und Niger Delta Avengers sowie das der pakistanischen Regierung angehörende Mutahida Qaumi Movement (MQM). Die Fragestellerinnen und Fragesteller halten schon die Anwendung des deutschen Staatsschutzrechts gegen nichtstaatliche Konfliktparteien bei innerstaatlichen bewaffneten Konflikten im Ausland, wie in der Türkei oder auf Sri Lanka, für unangebracht. Dass das deutsche Staatsschutzrecht nun auch gegen Milizen im erdölreichen Nigerdelta und eine liberale Regierungspartei in Pakistan zur Anwendung kommt, bestärkt die Fragestellerinnen und Fragesteller in der Auffassung, dass es sich beim § 129b StGB, dessen Anwendung schließlich einer Verfolgungsermächtigung der Bundesregierung bedarf, in erster Linie um ein Instrument deutscher Außenpolitik handelt. V o r b e m e r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Die in der Vorbemerkung der Fragesteller zum Ausdruck gebrachte Auffassung, wonach es sich beim § 129b des Strafgesetzbuchs (StGB) in erster Linie um ein Instrument deutscher Außenpolitik handele, wird von der Bundesregierung nicht geteilt. § 129b StGB wurde durch das 34. Strafrechtsänderungsgesetz vom 22. August 2002 (BGBl. I S. 3390) in das Strafgesetzbuch eingefügt. Die Einfügung war notwendig geworden, weil nach der damaligen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die §§ 129, 129a StGB nur auf Vereinigungen anwendbar waren, die zumin- Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/11199 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode dest in Form einer Teilorganisation im Bundesgebiet bestanden. Zudem verpflichtet EU-Recht jeden Mitgliedstaat dazu, seine Gerichtsbarkeit auf Straftaten im Zusammenhang mit einer terroristischen Vereinigung zu erstrecken, die ganz oder teilweise in seinem Hoheitsgebiet begangen wurden, unabhängig von dem Ort, an dem die terroristische Vereinigung ihre Operationsbasis hat oder ihre strafbare Tätigkeit ausübt (Artikel 19 Absatz 5 der Richtlinie (EU) 2017/541 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2017 zur Terrorismusbekämpfung und zur Ersetzung des Rahmenbeschlusses 2002/475/JI des Rates und zur Änderung des Beschlusses 2005/671/JI des Rates). Zudem hat der Gesetzgeber mit der Schaffung des § 129b StGB auch auf die terroristischen Anschläge in den USA am 11. September 2001 reagiert. Durch diese Ereignisse sei deutlich geworden, welche Gefahren von ausländischen, insbesondere auch außereuropäischen terroristischen Vereinigungen ausgehen (vgl. die Begründung des Regierungsentwurfs, Bundestagsdrucksache 14/7025, S. 6). Dass diese Gefahren weiterhin bestehen, haben nicht zuletzt die in jüngster Vergangenheit ausgeübten Terroranschläge des „Islamischen Staates“ und anderer terroristischer Vereinigungen an vielen Orten der Welt gezeigt. 1. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über das Mutahida Qaumi Movement (MQM)? a) Welche politische Ausrichtung hat die MQM nach Kenntnis der Bundesregierung ? Die Muttahida Quami Movement – MQM (Vereinigte Nationalbewegung) sieht sich als eine säkulare politische Partei. Die MQM vertritt hauptsächlich zugewanderte Muslime aus Indien, die nach Gründung des Staates Pakistan 1947 nach Pakistan migriert sind. b) Welche Rolle spielt das MQM in der pakistanischen Innenpolitik nach Kenntnis der Bundesregierung? In der Nationalversammlung (Wahl im Juli 2018) hat die MQM derzeit sieben Sitze. In der vorherigen Legislaturperiode (2013 bis 2018) war die MQM mit 24 Sitzen vertreten. Politischen Einfluss hat die MQM in den beiden Großstädten von Pakistans südöstlicher Provinz Sindh: in der Wirtschaftsmetropole Karatschi und in Hyderabad – dort stellt die MQM die Bürgermeister. c) Welche primäre Wählerbasis hat das MQM nach Kenntnis der Bundesregierung ? Die MQM sieht sich als die Vertretung besonders von zugewanderten Muslimen aus Indien, die nach Gründung des Staats Pakistan 1947 nach Pakistan migriert sind. d) Wie schnitt das MQM seit seiner Gründung nach Kenntnis der Bundesregierung bei Wahlen ab? Die MQM hat seit Gründung 1984 die Mehrheit in den Wahlkreisen Ka-ratschi und Hyderabad gewonnen. 2013 erhielt die MQM 24 Sitze in der Nationalversammlung . Nach der Trennung von MQM-Gründer Altaf Hussain gewann die MQM bei der Wahl 2018 vier von 21 Wahlkreisen in Karatschi und zwei von drei Wahlkreisen in Hyderabad. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/11199 e) Wann gehörte das MQM nach Kenntnis der Bundesregierung welchen Regierungen an? Die Partei gehörte seit den späten 1980er Jahren (1988 bis 1990, 1990 bis 1992, 2002 bis 2007, 2008 bis 2013, 2013 bis 2018) der Mehrzahl der Regierungen Pakistans als Koalitionspartner an. Die MQM ist auch Teil der seit August 2018 amtierenden Regierungskoalition von Premierminister Imran Khan (PTI). f) Inwieweit verfügt das MQM nach Kenntnis der Bundesregierung über bewaffnete Kräfte? Der Bundesregierung liegen hierzu keine aktuellen Erkenntnisse vor. In der Vergangenheit wurde die MQM beschuldigt, auch mit Waffengewalt gegen politische Gegner und pakistanische Sicherheitskräfte vorzugehen. g) Inwieweit ist das MQM nach Kenntnis der Bundesregierung in Gewaltakte verwickelt? Die MQM wird seit Gründung 1984 für Konflikte u. a. mit anderen Ethnien verantwortlich gemacht. Dabei kam es teilweise auch zu Gewalt. h) Inwieweit gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung Verbindungen zwischen dem MQM und mutmaßlichen terroristischen Organisationen (bitte benennen)? Verbindungen der MQM zu mutmaßlichen terroristischen Organisationen sind der Bundesregierung nicht bekannt. i) Welche Abspaltungen des MQM gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung , und inwieweit sind diese in Gewaltakte oder terroristische Aktivitäten verwickelt? Erkenntnisse über Abspaltungen von der MQM im Sinne der Frage liegen der Bundesregierung nicht vor. j) Inwieweit verfügt das MQM nach Kenntnis der Bundesregierung über Mitglieder oder Anhänger in der Bundesrepublik Deutschland, und in welcher Form betätigten sich diese gegebenenfalls für diese Bewegung? Der Bundesregierung liegen Erkenntnisse zu einem im November 2013 nach Deutschland eingereisten pakistanischen Asylantragsteller vor, der im Rahmen seiner Anhörung beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) angegeben hat, als Mitglied der MQM in Pakistan tätig gewesen zu sein. Es liegen keine Erkenntnisse dahingehend vor, dass sich diese Person in Deutschland für diese Bewegung betätigt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/11199 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode k) Inwiefern haben das MQM oder einzelne seiner Anhänger nach Kenntnis der Bundesregierung mutmaßlich Straftaten zum Schaden der Bundesrepublik Deutschland oder deutscher Staatsangehöriger begangen oder auf andere Weise außenpolitischen Interessen der Bundesrepublik Deutschland geschadet? Es liegen keine Informationen zu Fällen vor, in denen die MQM oder einzelne ihrer Anhänger Straftaten zum Schaden der Bundesrepublik Deutschland oder deutscher Staatsangehöriger begangen oder auf andere Weise außenpolitischen Interessen der Bundesrepublik Deutschland geschadet haben. l) Womit begründet die Bundesregierung inhaltlich den Erlass einer Verfolgungsermächtigung nach § 129b StGB gegen das MQM? Eine Ermächtigung gemäß § 129b StGB zur Verfolgung von Mitgliedern oder Unterstützern der MQM ist vom Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof (GBA) oder einer Staatsanwaltschaft der Bundesländer nicht beantragt worden. Daher war das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) nicht mit der Frage der Erteilung einer Ermächtigung befasst. m) Was genau ist der Anlass des Ermittlungsverfahrens der Bundesanwaltschaft nach § 129b StGB gegen das MQM? Die Ermittlungsverfahren mit Bezug zur MQM wurden nach selbstbezichtigenden Angaben der Beschuldigten in Anhörungen des BAMF nach § 25 des Asylgesetzes (AsylG) eingeleitet. Nach ihren nicht zu widerlegenden Angaben waren die Beschuldigten Mitglieder einer Untergruppe der MQM, die abtrünnige Parteimitglieder bestraft, Anhänger gegnerischer Gruppen entführt, Erpressungsgeld eingetrieben und mit gewaltsamen Mitteln für die Ziele der MQM gekämpft haben soll. n) Zu welchem Ergebnis führte das Ermittlungsverfahren gegen das MQM? Von der Verfolgung der Straftaten wurde jeweils gemäß § 153c Absatz 1 Nummer 1, Absatz 5 der Strafprozessordnung (StPO) abgesehen. 2. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über den Hintergrund des Konfliktes im Nigerdelta und die verschiedenen politischen Akteure? Die Bundesregierung verfolgt intensiv den seit Jahrzehnten anhaltenden Konflikt im Nigerdelta. Dieser hat Auswirkungen auf die nigerianische Wirtschaft und damit die ökonomische Stabilität des Landes. Die Region ist strategisch wichtig wegen der Ölvorkommen, deren Erträge allerdings nicht breiten Bevölkerungsschichten in der Region zugutekommen. Aufständische militante und kriminelle Gruppen haben in vielfach wechselnden Konstellationen in den letzten Jahren Angriffe auf Infrastruktur zur Ölförderung durchgeführt und erheblich zur Instabilität der Deltaregion beigetragen. Seit 2009 trägt ein „Amnestie“-Programm – mit erheblichen Zahlungen an ehemalige Militante – zur Reduzierung der Sabotageakte gegen die Ölinfrastruktur bei. Die Lage bleibt jedoch fragil, da nachhaltige Fortschritte bei der Lösung der zugrundeliegenden sozialen und ökonomischen Probleme ausbleiben. Die Regierung Nigerias steht formal im Dialog mit Interessensvertretern des Nigerdeltas, doch haben diese Kontakte bislang kaum greifbare Resultate erzielt. Es kommt immer wieder zu Gewalttaten, etwa auch zwischen verschiedenen kriminellen Gruppen, oder zu kleineren Angriffen auf Ölpipelines. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/11199 3. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Niger Delta Militants (Iceland-Kult)? a) Welche Rolle spielen die Niger Delta Militants (Iceland-Kult) nach Kenntnis der Bundesregierung im Konflikt am Niger Delta? Der „Icelandic-Kult“ ist nach der Erkenntnislage eine der kriminellen „Kultistengruppen “, die sich seit den 80er Jahren im Nigerdelta formiert haben und ursprünglich aus Studentengruppen („fraternities“) an den Universitäten hervor gingen . Die „Icelanders“ gelten als bewaffneter Arm der „Supreme Vikings Confraternity “. Es liegen Hinweise vor, dass sie ein Netzwerk organisierter Kriminalität sind, Entführungen mit Lösegeldzahlungen und Schutzgelderpressungen an Ölfirmen betreiben und stellenweise auch im Menschenhandel involviert sind. Außerdem werden sie immer wieder von Politikern instrumentalisiert, insbesondere in Zeiten von Wahlen. b) Welche politische Ausrichtung und Zielstellung haben die Niger Delta Militants (Iceland-Kult) nach Kenntnis der Bundesregierung? Die militanten Gruppen geben vor, sich für eine gerechtere Verteilung des Ölreichtums innerhalb der lokalen Bevölkerung einzusetzen, wobei allerdings eine Vielzahl ihrer Aktivitäten (insb. Beschaffungskriminalität; teilweise Auftragsarbeiten für Politiker) dazu kaum Bezug hat. Dahingegen sind Kultistengruppen wie z. B. die „Icelanders“ organisierte, in der Regel kriminelle Gruppen ohne politische Zielsetzung. c) Wann und durch wen wurden die Niger Delta Militants (Iceland-Kult) gegründet , und über welche personelle Stärke und welche Form der Organisation verfügen sie? Die „Icelanders“ gehen mutmaßlich aus der „Supreme Vikings Confraternity“ hervor, die 1984 an der Universität von Port Harcourt gegründet wurde. Weitere Erkenntnisse liegen der Bundesregierung nicht vor. d) Über welche bewaffneten Kräfte verfügen die Niger Delta Militants (Iceland -Kult) nach Kenntnis der Bundesregierung? Dazu liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. e) Inwieweit sind die Niger Delta Militants (Iceland-Kult) nach Kenntnis der Bundesregierung in welche Gewaltakte welcher Art verwickelt? Dazu liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. f) Inwieweit gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung Verbindungen zwischen den Niger Delta Militants (Iceland-Kult) und mutmaßlichen terroristischen Organisationen (bitte benennen)? Es bestehen Verbindungen zu Organisationen, die im Menschenhandel tätig sind, zudem Verbindungen zu anderen aufständischen Militantengruppen im Nigerdelta , wobei sich Strukturen überlappen und Abgrenzungen schwierig sind. Über Verbindungen zu international oder transnational tätigen terroristischen Gruppen liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/11199 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode g) Inwieweit verfügen die Niger Delta Militants (Iceland-Kult) nach Kenntnis der Bundesregierung über Mitglieder oder Anhänger in der Bundesrepublik Deutschland, und in welcher Form betätigten sich diese gegebenenfalls für diese Gruppierung? Der Bundesregierung sind drei Fälle bekannt geworden, in denen die Antragsteller im Rahmen ihrer Anhörung beim BAMF eine Mitgliedschaft bzw. ihre Zugehörigkeit zu den „Niger Delta Militants“ eingeräumt haben. Es liegen keine Erkenntnisse dahingehend vor, dass sich diese Personen in Deutschland für diese Organisation betätigen. h) Inwiefern haben die Niger Delta Militants (Iceland-Kult) nach Kenntnis der Bundesregierung mutmaßlich Straftaten zum Schaden der Bundesrepublik Deutschland oder deutscher Staatsangehöriger begangen oder auf andere Weise Interessen der Bundesrepublik Deutschland geschädigt? Der Bundesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. i) Womit begründet die Bundesregierung inhaltlich den Erlass einer Verfolgungsermächtigung nach § 129b StGB gegen die Niger Delta Militants (Iceland-Kult)? Eine Ermächtigung gemäß § 129b StGB zur Verfolgung von Mitgliedern oder Unterstützern der Gruppierung „Niger Delta Militants“ („Iceland-Kult“) ist vom GBA oder einer Staatsanwaltschaft der Bundesländer nicht beantragt worden. Daher war das BMJV nicht mit der Frage der Erteilung einer Ermächtigung befasst. j) Was genau ist der Anlass des Ermittlungsverfahrens der Bundesanwaltschaft nach § 129b StGB gegen die Niger Delta Militants (Iceland-Kult)? Anlass der Einleitung des Ermittlungsverfahrens gegen ein Mitglied der „Niger Delta Militants“ waren Angaben des Beschuldigten bei seiner Anhörung durch das BAMF nach § 25 AsylG, wonach er sich im Jahr 2016 in Nigeria der Gruppierung „Niger Delta Militants“ angeschlossen, in der Folgezeit mit anderen Gruppenmitgliedern an der Zerstörung von Ölpipelines mitgewirkt und an bewaffneten Kampfhandlungen gegen reguläre nigerianische Streitkräfte teilgenommen habe. k) Zu welchem Ergebnis führte das Ermittlungsverfahren gegen die Niger Delta Militants (Iceland-Kult)? Von der Verfolgung der Tat ist gemäß § 153c Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, Absatz 5 StPO abgesehen worden. 4. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Niger Delta Avengers? a) Welche Rolle spielen die Niger Delta Avengers nach Kenntnis der Bundesregierung im Konflikt am Niger Delta? Es liegen Hinweise vor, dass die „Niger Delta Avengers“ eine der Gruppen darstellen , die für Angriffe auf zentrale Ölinfrastruktur im Nigerdelta verantwortlich sind. 2016 gab es Dutzende von z. T. sehr schweren Anschlägen, die den „Avengers“ zugeschrieben wurden. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 7 – Drucksache 19/11199 b) Welche politische Ausrichtung und Zielstellung haben die Niger Delta Avengers nach Kenntnis der Bundesregierung? Die „Niger Delta Avengers“ geben vor, sich für eine gerechtere Verteilung des Ölreichtums zugunsten der lokalen Bevölkerung des Nigerdeltas einzusetzen sowie dafür, dass die südlichen Ölstaaten ihre Einnahmen einbehalten und kontrollieren können (anstatt sie größtenteils an den nigerianischen Bundeshaushalt abführen zu müssen); zeitweise schienen sie sogar einen unabhängigen Staat für das Nigerdelta anzustreben, u. a. äußerten sie auch die Forderung nach Entlassung des Organisators der „Biafra-Bewegung“, Nnamdi Kanu, der zeitweise in Nigeria inhaftiert worden war. c) Wann und durch wen wurden die Niger Delta Avengers gegründet, und über welche personelle Stärke und welche Form der Organisation verfügen sie? Die „Niger Delta Avengers“ wurden Anfang 2016 (im Zuge der Unruhen nach zeitweiliger Aussetzung des Amnestie-Programms durch die Regierung von Präsident Buhari) gegründet. Über personelle Stärke und Organisationsform liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. d) Über welche bewaffneten Kräfte verfügen die Niger Delta Avengers nach Kenntnis der Bundesregierung? Der Bundesregierung liegen dazu keine Erkenntnisse vor. e) Inwieweit sind die Niger Delta Avengers nach Kenntnis der Bundesregierung in welche Gewaltakte welcher Art verwickelt? Es wird auf die Antwort zu Frage 4a verwiesen. f) Inwieweit gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung Verbindungen zwischen den Niger Delta Avengers und mutmaßlichen terroristischen Organisationen (bitte benennen)? Es bestehen mutmaßlich Verbindungen zu der Organisation „Independent People of Biafra“ (IPOB). Während der Sezessionsbewegung der 60er Jahre war das Nigerdelta von der „Biafra-Bewegung“ beansprucht worden. Die IPOB ist nach Ansicht der nigerianischen Regierung eine terroristische Vereinigung. g) Inwieweit verfügen die Niger Delta Avengers nach Kenntnis der Bundesregierung über Mitglieder oder Anhänger in der Bundesrepublik Deutschland , und in welcher Form betätigten sich diese gegebenenfalls für diese Gruppierung? Der Bundesregierung sind vier Fälle bekannt geworden, in denen die Antragsteller im Rahmen ihrer Anhörung beim BAMF eine Mitgliedschaft bzw. ihre Zugehörigkeit (durch Zwang) zu den „Niger Delta Avengers“ eingeräumt haben. Es liegen keine Erkenntnisse dahingehend vor, dass sich diese Personen in Deutschland für diese Organisation betätigen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/11199 – 8 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode h) Inwiefern haben die Niger Delta Avengers nach Kenntnis der Bundesregierung mutmaßlich Straftaten zum Schaden der Bundesrepublik Deutschland oder deutscher Staatsangehöriger begangen oder auf andere Weise Interessen der Bundesrepublik Deutschland geschädigt? Der Bundesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. i) Womit begründet die Bundesregierung inhaltlich den Erlass einer Verfolgungsermächtigung nach § 129b StGB gegen die Niger Delta Avengers? Eine Ermächtigung gemäß § 129b StGB zur Verfolgung von Mitgliedern oder Unterstützern der „Niger Delta Avengers“ ist vom GBA oder einer Staatsanwaltschaft der Bundesländer nicht beantragt worden. Daher war das BMJV nicht mit der Frage der Erteilung einer Ermächtigung befasst. j) Was genau ist der Anlass des Ermittlungsverfahrens der Bundesanwaltschaft nach § 129b StGB gegen die Niger Delta Avengers? Anlass der Einleitung von Ermittlungsverfahren gegen Mitglieder der „Niger Delta Avengers“ waren Angaben der Beschuldigten bei ihren Anhörungen durch das BAMF nach § 25 AsylG, wonach sie sich in Nigeria der Gruppierung „Niger Delta Avengers“ angeschlossen und an gewaltsamen Aktivitäten der Gruppierung teilgenommen und dabei zum Teil auch Menschen ermordet haben. k) Zu welchem Ergebnis führte das Ermittlungsverfahren gegen die Niger Delta Avengers? Von der Verfolgung des Vereinigungsdelikts ist in allen Fällen gemäß § 153c Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, Absatz 5 StPO abgesehen worden. Soweit sich die Beschuldigten darüber hinaus weiterer Straftaten bezichtigt haben (§§ 212, 211 StGB), sind die Vorgänge an die zuständige Landesstaatsanwaltschaft abgegeben worden. 5. Worin unterscheiden sich die Niger Delta Avengers und die Niger Delta Militants (Iceland Cult) nach Kenntnis der Bundesregierung vom Movement for the Emancipation of the Niger Delta (MEND), und mit welcher inhaltlichen Begründung und aufgrund welcher Überlegungen entsprach das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) im Falle des MEND anders als bei den Niger Delta Avengers und Niger Delta Militants (Iceland-Kult) dem Antrag der Generalbundesanwaltschaft auf Erlass einer Verfolgungsermächtigung nicht (Bundestagsdrucksache 19/9773, S. 28)? Die MEND ist als Gruppierung kaum noch aktiv, Mitglieder der MEND sind größtenteils Begünstigte des Amnestieprogramms. Die „Niger Delta Avengers“ und „Niger Delta Militants“ sind demgegenüber Gruppierungen, die derzeit weiterhin (wenn auch in schwankender Intensität) an Unruhen beteiligt sind, wobei unklar bleibt, ob und in welchem Ausmaß ihre Mitglieder von dem „Amnestie- Programm“ profitieren. Mitglieder von Kultgruppen („Icelanders“) partizipieren grundsätzlich nicht an dem Amnestieprogramm. Der GBA oder eine Staatsanwaltschaft der Bundesländer hat im Zusammenhang mit den Gruppierungen „Niger Delta Avengers“ und „Niger Delta Militants“ („Iceland Cult“) keinen Antrag auf Erlass einer Verfolgungsermächtigung gestellt . Im Übrigen fällt die Begründung der Erteilung oder Versagung einer Verfolgungsermächtigung in den Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung und Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 9 – Drucksache 19/11199 kann daher nicht mitgeteilt werden. Zur näheren Begründung wird auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 1c der Kleinen Anfrage „Verfolgungsermächtigungen nach § 129b des Strafgesetzbuches“ auf Bundestagsdrucksache 18/9779 (S. 10 und 11) Bezug genommen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. 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