Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums des Innern für Bau und Heimat vom 25. Juni 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/11228 19. Wahlperiode 27.06.2019 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Irene Mihalic, Dr. Konstantin von Notz, Luise Amtsberg, weiterer Abgeorndeter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 19/10353 – Der Anschlag auf den Weihnachtsmarkt auf dem Berliner Breitscheidplatz am 19. Dezember 2016 und der Fall Anis Amri – Offene Fragen zur Verantwortung und etwaigen Fehler der Sicherheitsbehörden V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Am 19. Dezember 2016 starben elf Besucher des Weihnachtsmarktes auf dem Berliner Breitscheidplatz durch einen terroristischen Anschlag, der von dem Tunesier Anis Amri durchgeführt wurde. Amri raste mit einem Lkw, dessen er sich zuvor bemächtigt hatte, in den Weihnachtsmarkt und riss viele Menschen mit sich. Zudem tötete er mit einem Kopfschuss den Lkw-Fahrer und mehr als 50 Menschen wurden zum Teil schwer verletzt. Der Attentäter wurde auf der Flucht in Italien von Polizeibeamten gestellt und bei einem Schusswechsel getötet. Drei Untersuchungsausschüsse, davon zwei in den Bundesländern Berlin und Nordrhein-Westfalen und der 1. Untersuchungsausschuss der 19. Wahlperiode des Deutschen Bundestages haben seitdem ihre Arbeit aufgenommen und versuchen, die Geschehnisse rund um den Anschlag und den Attentäter und die Rolle der deutschen Sicherheitsbehörden in diesem Zusammenhang aufzuklären. In den Medien wird fast täglich zu neuen Erkenntnissen, Verwicklungen und möglichen weiteren Mittätern und Mitwissern berichtet. Die Bundesregierung tut sich aus Sicht der Fragesteller schwer damit, die Aufklärungsarbeit des Untersuchungsausschusses rückhaltlos zu unterstützen. So werden Akten teilweise bis zur Unkenntlichkeit geschwärzt, erheblich verzögert geliefert und es wurde dem Ausschuss verweigert, wichtige Zeugen laden zu können. Die Oppositionsfraktionen mussten deswegen wiederholt den Klageweg beschreiten. Die Hinterbliebenen der Opfer des Anschlages fordern in einem Brief an die Bundestagsfraktionen, dass die Bundesregierung endlich für umfassende Transparenz sorgen muss und sich nicht länger der Aufklärung in den Weg stellen darf. Dass bei den Hinterbliebenen laut ihres Briefes der Eindruck einer Blockadehaltung der Bundesregierung entstanden ist, deren Motive unklar sind und ihr Vertrauen in die Glaubwürdigkeit der Vertreterinnen und Vertreter der staatlichen Institutionen stark beeinträchtigt, ist nach Ansicht der Fragesteller alarmierend. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/11228 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Trotz der stetigen und intensiven Befragung von Zeugen im Untersuchungsausschuss ist die Kenntnis der Bundesregierung in ihrer Gesamtheit zu den untenstehenden Fragen nach wie vor offen. Vor diesem Hintergrund erwartet die fragestellende Fraktion eine vollständige Beantwortung der nachfolgenden Fragen, die dem umfassenden Aufklärungsanspruch nicht nur der Hinterbliebenen sondern der ganzen Öffentlichkeit Rechnung trägt. V o r b e m e r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Die Antworten der Bundesregierung unterliegen den nachfolgenden Einschränkungen : 1) Die Antwort zu Frage 14h kann in Teilen nicht offen erfolgen und ist mit dem Geheimhaltungsgrad „VS – Geheim“ eingestuft. Sie wird dem Deutschen Bundestag gesondert übermittelt. Zwar ist der parlamentarische Informationsanspruch grundsätzlich auf die Beantwortung gestellter Fragen in der Öffentlichkeit angelegt. Die Einstufung der Antwort auf die vorgenannte Frage als Verschlusssache (VS) mit dem Geheimhaltungsgrad „VS – Geheim“ aus Gründen des Staatswohls erforderlich . Nach § 2 Absatz 2 Nummer 2 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum materiellen Geheimschutz (Verschlusssachenanweisung – VSA) sind Informationen, deren Kenntnisnahme durch Unbefugte die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder gefährden oder ihren Interessen schweren Schaden zufügen kann, entsprechend einzustufen. Die antwortspezifischen Begründungen für die Einstufungen finden sich an jeweiliger Stelle. 2) Die Beantwortung der Fragen 12 bis 12e; 20 bis 20c sowie 21 bis 21c kann nicht, beziehungsweise nicht in Teilen, offen erfolgen und ist mit dem Geheimhaltungsgrad „VS – Vertraulich“ eingestuft. Sie wird dem Deutschen Bundestag gesondert übermittelt. Zwar ist der parlamentarische Informationsanspruch grundsätzlich auf die Beantwortung gestellter Fragen in der Öffentlichkeit angelegt. Die Einstufung der Antworten auf die vorliegenden Fragen als Verschlusssache (VS) mit dem Geheimhaltungsgrad „VS – Vertraulich“ ist aber im vorliegenden Fall aus Gründen des Staatswohls erforderlich. Nach § 2 Absatz 2 Nummer 3 VSA sind Informationen, deren Kenntnisnahme durch Unbefugte für die Interessen der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder schädlich sein kann, entsprechend einzustufen. Die antwortspezifischen Begründungen für die Einstufungen finden sich an jeweiliger Stelle. 3) Die Antworten zu den Fragen 12, 14h und 16 können nicht, beziehungsweise nicht in Teilen, offen erfolgen und sind mit dem Geheimhaltungsgrad „VS – Nur für den Dienstgebrauch“ eingestuft. Sie werden dem Deutschen Bundestag gesondert übermittelt. Zwar ist der parlamentarische Informationsanspruch grundsätzlich auf die Beantwortung gestellter Fragen in der Öffentlichkeit angelegt. Die Einstufung der Antwort auf die vorgenannte Frage als Verschlusssache (VS) mit dem Geheimhaltungsgrad „VS – Nur für den Dienstgebrauch“ aus Gründen des Staatswohls erforderlich. Nach § 2 Absatz 2 Nummer 4 VSA sind Informationen , deren Kenntnisnahme durch Unbefugte für die Interessen der Bun- Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/11228 desrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder nachteilig sein kann, entsprechend einzustufen. Die antwortspezifischen Begründungen für die Einstufungen finden sich an jeweiliger Stelle. 1. Inwiefern entspricht die aktuell auf der Homepage des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat befindliche Chronologie „Behördenhandeln um die Person des Attentäters vom Breitscheidplatz Anis Amri“ vom 15. Februar 2017 noch dem aktuellen Stand der Erkenntnisse der Bundesregierung sowie all ihrer nachgeordneten Behörden, und wenn nein, welche Ergänzungen müssen vorgenommen werden? 2. Inwiefern plant die Bundesregierung eine Aktualisierung der Chronologie? Die Fragen 1 und 2 werden zusammenhängend beantwortet. Die Chronologie gibt den aktuellen Stand der Erkenntnisse der Bundesregierung wieder. Es besteht aus Sicht der Bundesregierung derzeit keine Notwendigkeit einer Aktualisierung. 3. Inwiefern gab es nach Kenntnis der Bundesregierung unterhalb der Ebene der Arbeitsgruppe des GTAZ auch im Kontext Anis Amri Besprechungen zu bestimmten Ermittlungs- oder Fallkomplexen, die nicht als offizielle GTAZ- Sitzungen eingestuft wurden (bitte Anzahl, Datum, Teilnehmer und Protokolle bzw. Abstimmungsergebnisse der jeweiligen Sitzung bzw. Sitzungen auflisten)? Der Bundesregierung sind die nachfolgenden Besprechungen im zeitlichen Vorfeld des Anschlages vom 19. Dezember 2016 bekannt: 16. Dezember 2015: Arbeitsbesprechung in Berlin mit Vertretern des Bundeskriminalamtes (BKA) und des Landeskriminalamtes Nordrhein-Westfalen (LKA NW) zum Zwecke des Informationsaustausches zu einem „Anis“, der seinerzeit noch nicht als Anis Amri identifiziert war. Zu der Besprechung wurde seitens BKA weder ein Protokoll gefertigt, noch liegt dem BKA ein solches vor. 12. Januar 2016: Arbeitsbesprechung in Berlin mit Vertreter des BKA, LKA NW und des Landeskriminalamt Berlin (LKA BE) zur Person des zwischenzeitlich identifizierten Anis Amri. Zu der Besprechung wurde seitens des BKA weder ein Protokoll gefertigt , noch liegt dem BKA ein solches vor. 23. Februar 2016: Arbeitsbesprechung im weitesten Sinne im Kontext Anis Amri in Karlsruhe mit Vertretern des Generalbundesanwaltes beim Bundesgerichtshof (GBA), des BKA, des LKA NW und des LKA BE sowie der Polizei Niedersachsen zum Stand der Ermittlungen der „EK Ventum“ und dem Einsatz einer Vertrauensperson. Zu der Besprechung wurde seitens BKA weder ein Protokoll gefertigt, noch liegt dem BKA ein solches vor. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/11228 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 28. April 2016: Besprechung des BKA in Tunis/Tunesien mit Vertretern der tunesischen DSE (Direction de la Securité Exterieur). Hierzu wurde ein Dienstreisebericht angefertigt . Im Nachgang des Anschlags gab es eine Vielzahl an bi- und multilateralen Besprechungen , die nicht im Einzelnen protokolliert wurden. 4. Für welche Bundesbehörden und welche Landesbehörden hat das Bundesamt für Verfassungsschutz in den letzten fünf Jahren (2014 bis 2019) wie viele Behördenzeugnisse ausgestellt (bitte nach Jahren und Behörden aufschlüsseln )? Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) führt zu den erstellten Behördenzeugnissen keine Statistik. Die Beantwortung der Frage würde die Sichtung eines immensen Aktenbestandes erforderlich machen. Im maßgeblichen Zeitraum wurde eine höhere fünfstellige Anzahl von Schriftstücken allein im Phänomenbereich Islamismus bzw. islamistischer Terrorismus erstellt. Die mit einer händischen Suche verbundene Auswertung dieser Dokumente würde die Ressourcen in der zuständigen Abteilung für einen nicht absehbaren Zeitraum vollständig beanspruchen und deren Arbeit zum Erliegen bringen. Das Bundesverfassungsgericht hat in ständiger Rechtsprechung bestätigt, dass das parlamentarische Informationsrecht unter dem Vorbehalt der Zumutbarkeit steht. Eine Beantwortung der Frage kann wegen des unzumutbaren Aufwandes, der mit der Erhebung verbunden wäre, nicht erfolgen. 5. Welche Erlasse und/oder Dienstanweisungen bestehen insbesondere beim Bundesamt für Verfassungsschutz und beim Bundeskriminalamt zu der Erstellung von Behördenzeugnissen (bitte konkrete Anweisung bzw. konkreten Erlass bezeichnen)? Die auf Anforderung von Polizeidienststellen, Staatsanwaltschaften, Gerichten oder sonstigen Behörden erstellten Zeugnisse und Gutachten sind Erklärungen einer öffentlichen Behörde und Sachverständigen i. S. d. § 256 Absatz 1 StPO (Behördengutachten ). Konkretisierungen sind im Abschnitt 68 Richtlinien für das Strafverfahren und das Bußgeldverfahren (RiStBV) niedergelegt. Eine weiterführende Regelung per Erlass erübrigt sich daher. Das BKA hat im Jahr 1997 die noch immer gültige Dienstanweisung „Grundsätze für die Erstellung von kriminaltechnischen Gutachten (Behördengutachten)“ (PR/ZV 21 – 6390) erlassen. 6. Wann war Anis Amri (bitte auch alle bekannten Aliasidentitäten berücksichtigen ) – wenn auch nur mittelbar oder am Rande – zum ersten Mal Thema einer Besprechung im Gemeinsamen Terrorabwehrzentrum? Anis Amri war erstmals am 4. Februar 2016 in der Arbeitsgruppe „Operativer Informationsaustausch“ des Gemeinsamen Terrorabwehrzentrums Thema. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/11228 7. Welche US-Sicherheitsbehörden (wie etwa das FBI) übermittelten deutschen Behörden nach Kenntnis der Bundesregierung wann (u. a. Ende 2016) Informationen über durch sie überwachten Telekommunikationsverkehr in bzw. aus Berlin bzw. Teile daraus, insbesondere mit Bezügen zu Anis Amri (bitte auch alle bekannten Aliasidentitäten berücksichtigen) vor und nach dessen Attentat auf dem Berliner Breitscheidplatz? 8. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über entsprechende Telekommunikationsüberwachungsmaßnahmen in bzw. aus Berlin durch US-Sicherheitsbehörden sowie Empfänger diesbezüglicher Informationsübermittlungen seit 2014? Die Fragen 7 und 8 werden zusammen beantwortet. Die erbetenen Informationen unterfallen der „Third-Party-Rule“. Die Missachtung der zugesagten und vorausgesetzten Vertraulichkeit würde die Funktionsund Kooperationsfähigkeit des BfV und damit auch die außen- und sicherheitspolitische Handlungsfähigkeit der Bundesregierung erheblich beeinträchtigen. Insbesondere vor dem Hintergrund des internationalen Terrorismus nimmt die internationale Zusammenarbeit eine überragende Bedeutung für die Bundesregierung ein. In diesem Zusammenhang ist die Beachtung der „Third-Party-Rule“ unverzichtbar . Selbst die Bekanntgabe der erbetenen Informationen unter Wahrung des Geheimschutzes durch die Übermittlung an die Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages birgt das Risiko der Offenlegung. Dies kann unter keinen Umständen hingenommen werden. Die so bekannt gewordenen Informationen, die nach den Regeln der „Third-Party-Rule“ übermittelt wurden, würden als Störung der wechselseitigen Vertrauensgrundlage gewertet werden und hätten eine schwere Beeinträchtigung der Teilhabe des Verfassungsschutzes am internationalen Erkenntnisaustausch zwischen Nachrichtendiensten zur Folge. Diese würde eine erhebliche Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland bedeuten. Die notwendige Abwägung zwischen dem Geheimhaltungsinteresse einerseits und dem grundsätzlich umfassenden parlamentarischen Fragerecht andererseits ergibt daher, dass auch eine eingestufte Übermittlung der Informationen an die Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages vorliegend nicht in Betracht kommt. 9. Welche Ermittlungsmaßnahmen haben Bundessicherheitsbehörden mit welchem Ergebnis ergriffen, um die Herkunft der Schusswaffe „ERMA“ zu klären , die sich zeitweise im Besitz von Anis Amri befand und mit der der Lkw- Fahrer L. O. getötet wurde (vgl. www.welt.de/politik/deutschland/article1845 28466/Erma-EP-552-Amri-und-der-NSU-nutzten-dasselbe-Pistolenmodell. html)? a) Konnten auch frühere Besitzer ermittelt werden? Wenn ja, waren eine bzw. einer oder mehrere von diesen den Sicherheitsbehörden bekannt, und wenn ja, wer bzw. welche (bitte nach Zeitraum des Besitzes und Behörde aufschlüsseln)? b) Konnte der Weg der Waffe von der Produktion bis zur Inbesitznahme durch Anis Amri ermittelt werden? Wenn ja, auf welche Weise, und wenn nein, warum nicht? Die Fragen 9 bis 9b werden zusammenhängend beantwortet. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/11228 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Anmerkung: In der Fragestellung wird der Name des LKW-Fahrers mit den Initialen L. O. abgekürzt. Der Nachname dieser Person beginnt jedoch, hiesigem Kenntnisstand nach, mit dem Buchstaben U., sodass diese Person im Rahmen dieser Beantwortung auch fortlaufend mit den Initialen L. U. abgekürzt wird. Die Tatwaffe („Erma“, EP552, Kaliber 22 l. r.) lag dem BKA nicht im Original vor. Die Waffe ist in Italien im dortigen Verfahren verblieben. Daher wurde das Modell zunächst anhand der vorliegenden Bilder mithilfe von Vergleichswaffen aus der Waffensammlung des BKA identifiziert. Danach initiierte die Fachdienststelle des BKA die Herkunftsermittlungen. Abfragen im „Nationalen Waffenregister “, der deutschen und der SIS-Fahndung verliefen negativ. Die Herkunftsermittlungen setzten bei der Herstellung der Waffe an. Es konnte ermittelt werden, dass diese am 10. November 1990 durch eine Firma aus Suhl beschossen wurde und dann über drei eingetragene Waffenhandelsfirmen legal innerhalb Deutschlands weiterverkauft wurde. Im Zuge der Ermittlungen konnten Bezüge in die Schweiz festgestellt werden. Die weiteren Abklärungen in der Schweiz ergaben, dass die Tatwaffe zusammen mit weiteren modellgleichen „Erma“ Pistolen und Revolvern der Marke Weihrauch HW 5 am 22. Oktober 1992 durch einen (heute 58-jährigen) schweizerischen Staatsangehörigen im Auftrag eines (heute 57-jährigen) kosovarischen Staatsangehörigen von Deutschland in die Schweiz ausgeführt wurden. Der kosovarische Staatsangehörige gab 1993 in seiner Vernehmung (Strafverfahren aufgrund illegaler Einfuhr der „ERMA“ in die Schweiz) an, die erworbenen Kleinkaliberwaffen mit seinem Privat-Pkw in seinen Wohnort im ehemaligen Jugoslawien verbracht und seine Familienmitglieder und Verwandten zum Eigenschutz damit versorgt zu haben. Beide im Ausland wohnhaften Personen wurden im September 2017 bzw. Januar 2018 unter Anwesenheit von BKA-Beamten vernommen. Beide konnten glaubhaft machen, dass sie den weiteren Verbleib der Waffen nicht nachvollziehen und insbesondere die Frage, wie die Tatwaffe zu AMRI gelangt sein könnte, nicht beantworten können. Der kosovarische St.-Ang. wüsste nicht, was mit den Waffen , welche in das Gebiet des heutigen Kosovo verbracht wurden, geschehen ist. Einige seien nach dem Tod von Verwandten auch verschwunden bzw. gestohlen worden. Darüber hinaus wurden die Daten der Tatwaffe und ihrer „Geschwisterwaffen“ (Waffen, die mit der Tatwaffe zusammen vom zuvor genannten schweizerischen Staatsangehörigen gekauft und in die Schweiz ausgeführt wurden) auch über die Verbindungsbeamten des BKA in den Ländern des ehemaligen Jugoslawiens – mit negativem Ergebnis – abgefragt. Die 33 verbliebenen „Geschwisterwaffen“ wurden schengenweit zur Sachfahndung ausgeschrieben, um weitere Ermittlungsansätze generieren zu können. Der Bundesnachrichtendienst (BND) hat den Themenkomplex um die Tatwaffe nach Bekanntwerden der Details zur Tatwaffe im Januar 2017 anhand des seinerzeit vorliegenden Datenbestandes geprüft und stand dabei auch in Kontakt mit dem BKA. Des Weiteren wurde eine Anfrage an einen europäischen Partnerdienst ohne Ergebnis gestellt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 7 – Drucksache 19/11228 c) Wurden mögliche Zusammenhänge zwischen dieser Waffe und der Waffe gleicher Bauart bzw. Hersteller ermittelt, mit der die Polizeibeamtin Michelle Kiesewetter als mutmaßlich letztes Opfer der NSU-Mordserie erschossen wurde? d) Ist man solchen Tatsachen und Auffälligkeiten nachgegangen bzw. hat man von Seiten des BKA entsprechende Schlussfolgerungen gezogen? Wenn ja, in welcher Weise, und mit welchem Ergebnis? Die Fragen 9c und 9d werden zusammenhängend beantwortet. Michelle Kiesewetter wurde nicht mit einer Schusswaffe des Typs „Erma“, sondern mit einer Pistole „Radom“, Modell VIS 35, Kaliber 9mm Luger, erschossen. Bei der weiteren Tatwaffe, mit der Martin Arnold angeschossen wurde, handelte es sich um eine Pistole „TOZ“, TT 33, Kaliber 7,62 mm Tokarew. In der Wohnung von Mundlos, Böhnhardt und Zschäpe wurde neben den beiden oben genannten Tatwaffen zwar u. a. auch eine Pistole „Erma“, EP552S, Kaliber 22 l. r., aufgefunden. Eine Nutzung der „Erma“ für Straftaten konnte allerdings nicht festgestellt werden. Durch Herkunftsermittlungen ließ sich diese Waffe bis in die Schweiz zurückverfolgen. Der damalige Besitzer gab an, die Waffe vor vielen Jahren verkauft zu haben und sich nicht an den Käufer erinnern zu können. Aufgrund des seinerzeit gültigen Waffenrechts in der Schweiz waren schriftliche Nachweise dort nicht vorhanden. Es konnten keine Zusammenhänge, die über die Übereinstimmung hinsichtlich des Waffenmodels und des Verkaufs in die Schweiz hinausgehen, festgestellt werden. 10. Welche Ermittlungsmaßnahmen haben Bundessicherheitsbehörden ergriffen , um den abweichenden Auffindeort des Handys des Lkw-Fahrers L. O. am Berliner Lützowplatz aufzuklären (Vorläufiges Stenografisches Protokoll 19/47 1. Untersuchungsausschuss Seite 75 ff.)? Es wurden die Daten der Funkzellen entlang der Fahrtstrecke des Tat-LKW erhoben . Im Ergebnis ergaben sich zeitliche und räumliche Überschneidungen zwischen der Fahrtroute des LKW und den Funkzellen-Einwahlen des Mobiltelefons des LKW-Fahrers L. U. bis zur Funkzelle am „Lützowufer 23“. a) Konnte zweifelsfrei geklärt werden, ob Anis Amri mit dem Lkw am Fundort des Handys vorbeigefahren ist? Es konnte festgestellt werden, dass sich die Funkzellen, in die das Mobiltelefon des U. eingeloggt war, mit der Fahrtroute des LKW örtlich und zeitlich decken. Daher ist davon auszugehen, dass sich das Mobiltelefon, zumindest bis zur Einwahl in die Funkzelle „Lützowufer 23“, im LKW befand. b) Wurde das Handy des ermordeten Lkw-Fahrers am Auffindeort abgelegt oder sprach die Auffindesituation dafür, dass es aus dem fahrenden Lkw geworfen wurde? Das Mobiltelefon wurde durch eine Privatperson am 19. Dezember 2016, gegen 22:20 Uhr, aufgefunden und an die Berliner Polizei übergeben. Die Auffinderin des Mobiltelefons gab an, dass sie es am Fuße einer Telekom-Telefonzelle gefunden habe. Eine Ecke des Mobiltelefons sei nicht fest in der Schutzhülle gewesen, die aufklappbare Schutzhülle sei aufgeklappt gewesen. Ansonsten seien ihr keine Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/11228 – 8 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode größeren Beschädigungen aufgefallen. Aufgrund der vorliegenden Informationen kann nicht abschließend beurteilt werden, ob das Mobiltelefon aus dem LKW geworfen oder am Auffindeort abgelegt wurde. c) War das Handy beschädigt? Die Hülle, in dem sich das Mobiltelefon befand, zeigte starke Gebrauchsspuren. An dem Telefon wurden keine Beschädigungen festgestellt. Es war funktionsfähig . d) Befand sich an dem Handy oder an der Handyhülle auswertbares DNA- Material oder Fingerspuren? An den Gegenständen konnten keine verwertbaren daktyloskopischen Spuren gesichert werden. An der Schutzhülle wurde das DNA-Profil von U. festgestellt. Am Mobiltelefon wurden Wischproben genommen, die in der Folge als „Priorität 3“-Spurenträger (mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit keine Relevanz für das Tatgeschehen) bewertet und nicht weiter molekulargenetisch untersucht wurden. e) Mit welchen Vergleichspersonen oder -proben oder -spuren wurden die an der Hülle oder dem Handy gefundenen Spuren im Sinne der Frage 10d abgeglichen? Die gesicherten und verwertbaren DNA-Spuren wurden automatisiert mit dem Bestand der deutschen DNA-Analyse-Datei abgeglichen. f) Wurden Ermittlungen dergestalt durchgeführt, um die aus Sicht der Fragesteller doch sehr auffällige räumliche Nähe des Auffindeortes des Handys zu der Wohnung der Brüder A. und B. Y. M. in der K.-str. Berlin abzuklären ? Wenn ja, mit welchem Ergebnis, und wenn nein, warum nicht? Zu den Personen A. M. und B. Y. M. wurden Abklärungen vorgenommen und Ermittlungen in Bezug auf eine etwaige Tatbeteiligung durchgeführt, weil sie als Kontaktpersonen des Amri bekannt geworden sind (u. a. Erkenntniserhebungen und -verdichtungen, Durchsuchungsmaßnahmen und Auswertungen). Dadurch ergaben sich keine Hinweise darauf, dass sie sich zum Tatzeitpunkt oder kurz vor der Tat am Lützowplatz aufgehalten haben. A. M. wurde als Zeuge im Ermittlungsverfahren vernommen. Er gab an, nicht mehr genau zu wissen, was er am 19. Dezember 2016 gemacht habe. g) Kann ausgeschlossen werden, dass einer der Brüder M. das Handy am späteren Fundort abgelegt hat, nachdem er dort zuvor aus dem späteren Tat-Lkw ausgestiegen ist? Wenn ja, aufgrund welcher ermittelten Tatsachen? Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass einer der Gebrüder M. das Mobiltelefon abgelegt haben könnte. Diesbezügliche Hinweise liegen dem BKA jedoch nicht vor. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 9 – Drucksache 19/11228 h) Wurde im oder am Tat-Lkw Spurenmaterial von einem der Brüder M. gefunden ? Wenn ja, welches, und wo genau? Es wurde kein Spurenmaterial der Gebrüder M. gefunden. i) Lag den Bundessicherheitsbehörden Spurenmaterial – z. B. DNA-Profil oder Finger- und Handflächenabdrücke – der Brüder M. für eine Auswertung oder einen Vergleich vor? Wenn ja, welches Material, und woher stammte dieses, bzw. wann wurde dieses und aus welchem Grund genommen? Zu beiden Personen lagen und liegen keine Fingerabdruckdaten vor. A. M. hat am 27. Januar 2017 freiwillig eine DNA-Probe zum Abgleich mit den Tatortspuren abgegeben. Der Abgleich verlief negativ. Zu B. Y. M. lag und liegt kein DNA- Profil vor. j) Welche Treffer zu welchen möglichen Mittätern oder Kontaktpersonen des Attentäters (sog. 121-Liste des Untersuchungsausschusses) – konnten bei dem Abgleich von Fingerspuren oder DNA-Material erzielt werden, welches am Tat-Lkw im Rahmen der Spurensicherung nach dem Anschlag festgestellt wurde? Es konnten keine Treffer erzielt werden. Im und am LKW wurden zuordenbare Fingerabdruck- und DNA-Spuren von Anis AMRI und des LKW-Fahrers L. U. sowie im Weiteren DNA-Spuren eines weiteren berechtigten Fahrers und einer Einsatzkraft gesichert. k) Konnten im Rahmen der Spurensicherung am Tat-Lkw auch Spuren und Spurenmaterial (z. B. DNA, Fingerspuren) gesichert werden, welches keinen konkreten Personen zugeordnet werden konnte (wenn ja, bitte die genaue Bezeichnung und „Sicherungsort“ angeben)? Am und im LKW wurden DNA-Spuren gesichert, bei denen es sich in vielen Fällen um sog. Mischspuren handelt, die sich nicht eindeutig einzelnen Personen zuordnen lassen. An der Kopfstütze des Fahrersitzes wurde eine Hautschuppe gesichert , die bislang keiner Person zugeordnet werden konnte. 11. Lag den Bundessicherheitsbehörden zum Datum des Anschlages Spurenmaterial – z. B. DNA-Profil oder Finger- und Handflächenabdrücke – des Mitbeschuldigten B. B. A. vor? Wenn ja, welches Material, und wann wurde dieses abgenommen? Zu B. B. A. lag zum Zeitpunkt des Anschlags Fingerabdruckmaterial vor, das am 24. Oktober 2014 erfasst wurde. Das DNA-Profil von B. B. A. wurde mit Abnahme vom 10. Januar 2017 erhoben. a) Welche Spuren bzw. welches wo aufgefundene Spurenmaterial wurde mit dem von B. B. A. vorliegenden Spurenmaterial verglichen, und aus welchen Gründen? Durch die Erfassung des am 10. Januar 2017 entnommenen DNA-Profils von B. B. A. in der deutschen DNA-Analyse-Datei wurde dies automatisiert mit dem Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/11228 – 10 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Bestand dieser Datei (und somit auch mit den Tatortspuren) abgeglichen. Die Fingerabdrücke , die am Tatort gesichert werden konnten, wurden mit dem AFIS- Bestand (Automatisiertes Fingerabdruck-Identifizierungssystem), in dem auch die Fingerabdrücke des B. B. A. gespeichert waren und sind, abgeglichen. b) Welche Ergebnisse traten dabei zu Tage? Es wurde kein Treffer erzielt. c) Wann und in welchem Zusammenhang wurden bei B. B. A. zum letzten Mal eine DNA-Probe sowie Finger- und Handflächenabdrücke genommen , und nach welcher Rechtsgrundlage, und aus welchem Grund? B. B. A. hat am 10. Januar 2017 freiwillig eine DNA-Probe bei der Berliner Polizei abgegeben (Rechtsgrundlage: §§ 81g Absatz 1, 81a StPO), Fingerabdrücke wurden zuletzt am 4. Januar 2017 genommen (wegen des Verdachts der mittelbaren Falschbeurkundung, Rechtsgrundlage: § 81b, 2. Alt. StPO). 12. Wurde die VP-01 (VP = Vertrauens- oder Verbindungsperson), die Ende 2015 bzw. Anfang 2016 für das Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen in der Ermittlungskommission (EK) Ventum tätig war, zwischenzeitlich durch das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) oder eine andere Bundesbehörde als eigene VP „übernommen“ (vgl. www.tagesspiegel.de/politik/terroram -breitscheidplatz-in-berlin-der-fall-anis-amri-eine-bestandsaufnahme/23765 910.html)? a) Wenn ja, durch welche Behörde wurde sie „übernommen“? b) Wann wurde sie „übernommen“? c) Ist sie ggf. nach Kenntnis der Bundesregierung aktuell noch als VP tätig bzw. im Einsatz? Wenn ja, für welche Behörde? d) Hält sich die als VP-01 bekannte Person derzeit in Deutschland auf? Gab es während ihres regelmäßigen Aufenthalts in Deutschland auch Auslandsaufenthalte, und wenn ja, wo, und wann? e) Lebt die als VP-01 bekannte Person nach Kenntnis der Bundesregierung noch? Die Fragen 12 bis 12e werden zusammenhängend beantwortet. Eingestufter Antwortteil („VS – Vertraulich“) Soweit nach einer Übernahme durch das BfV gefragt ist, enthält die Antwort Informationen zu spezifischen nachrichtendienstlichen Arbeitsweisen und kann in diesem Fall nicht offengelegt werden. Durch eine Offenlegung wäre die Erfüllung des gesetzlichen Auftrages des BfV gefährdet und mithin das Staatswohl beeinträchtigt . Gerade im Bereich der Methodik des Einsatzes verdeckt handelnder Personen, deren Einsatz für das Staatswohl von großer Bedeutung ist, besteht gemäß der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts hinsichtlich bestimmter Informationen ein legitimes Interesse, den Kreis der Informationsträger auf das notwendige Minimum zu beschränken. Je größer dieser Kreis ist, umso höher die Wahrscheinlichkeit, dass Geheimnisse – sei es absichtlich oder versehentlich – weitergegeben oder ausgespäht werden. Dieses Risiko muss aufgrund der mögli- Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 11 – Drucksache 19/11228 chen Offenlegung der Abstimmungsmechanismen des Einsatzes beziehungsweise der Übernahme von V-Leuten und der damit einhergehenden Gefährdung des Staatswohles nicht in Kauf genommen werden. Eine weitere Beantwortung der angefragten Informationen kann daher nur als Verschlusssache (VS) mit dem Geheimhaltungsgrad „VS – Vertraulich“ erfolgen.* Eingestufter Antwortteil („VS – Nur für den Dienstgebrauch“) Auch im Übrigen kann die Beantwortung der Frage zur Übernahme durch andere Behörden nicht offen erfolgen. Zwar ist der parlamentarische Informationsanspruch grundsätzlich auf die Beantwortung gestellter Fragen in der Öffentlichkeit angelegt. Die Einstufung der Antworten auf die vorliegende Frage als Verschlusssache (VS) mit dem Geheimhaltungsgrad „VS – Nur für den Dienstgebrauch“ ist aber im vorliegenden Fall im Hinblick auf das Staatswohl erforderlich. Nach § 2 Absatz 2 Nummer 4 VSA sind Informationen, deren Kenntnisnahme durch Unbefugte für die Interessen der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder nachteilig sein können, entsprechend einzustufen. Eine Veröffentlichung von Einzelheiten betreffend solche Erkenntnisse würde zu einer wesentlichen Schwächung der den Sicherheitsbehörden zur Verfügung stehenden Möglichkeiten zur Informationsgewinnung führen. Dies kann für die wirksame Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben der Sicherheitsbehörden und damit für die Interessen der Bundesrepublik Deutschland nachteilig sein. Diese Informationen werden daher gemäß § 2 Absatz 2 Nummer 4 VSA als „VS – Nur für den Dienstgebrauch“ eingestuft und dem Deutschen Bundestag gesondert übermittelt.** Soweit nach dem weiteren Tätigwerden, dem Aufenthaltsort und dem Leben der VP-01 gefragt wird, liegen der Bundesregierung hierzu keine Erkenntnisse vor. 13. Ist die vom BfV eingesetzte VP, die 2016 u. a. auch in der Fussilet-Moschee eingesetzt war, aktuell noch im Einsatz (vgl. www.welt.de/politik/deutschland/ plus181325970/Anschlag-Breitscheidplatz-Amri-und-und-der-Spitzel.html)? a) Wenn ja, ist die VP immer noch im gleichen Phänomenbereich eingesetzt? b) Werden oder wurden gegen die zuvor bezeichnete, vom BfV eingesetzte VP, die 2016 u. a. auch in der Fussilet-Moschee eingesetzt war, nach Kenntnis der Bundesregierung polizeiliche Ermittlungsverfahren durchgeführt , und wenn ja, um welche Verfahren handelt es sich, und wie ist der gegenwärtige Stand der Ermittlungsverfahren bzw. wann wurden sie abgeschlossen, und mit welchem Ergebnis (bitte genaue Bezeichnung des Gegenstandes der Ermittlungen sowie Bezeichnung der ermittelnden Behörden sowie Stand des jeweiligen Ermittlungsverfahrens angeben)? c) Konnte diese VP auch Informationen zur Person M. A. Ch. (bitte auch bekannte Aliaspersonalien, unter denen er agierte, beachten) beschaffen? d) Wenn ja, wann wurde diese VP ggf. von ihrer VP-Führung aktiv zu dieser Person befragt oder beauftragt, zu diesem Informationen zu beschaffen? Wenn nein, warum nicht? * Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat hat die Antwort als „VS – Vertraulich eingestuft. Die Antwort ist in der Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages hinterlegt und kann dort nach Maßgabe der Geheimschutzordnung eingesehen werden. ** Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat hat die Antwort als „VS – Nur für den Dienstgebrauch“ eingestuft. Die Antwort ist im Parlamentssekretariat des Deutschen Bundestages hinterlegt und kann dort von Berechtigten eingesehen werden. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/11228 – 12 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode e) Wenn ja, wann wurde diese VP ggf. von ihrer VP-Führung aktiv zu dieser Person befragt oder beauftragt, zu diesem Informationen zu beschaffen? Wenn nein, warum nicht? f) Wenn ja, wann lieferte die VP diese Informationen, und was ist mit diesen Informationen geschehen? g) Konnte diese VP auch Informationen zur Person C. B. (bitte auch bekannte Aliaspersonalien, unter denen er agierte, beachten) beschaffen? Wenn nein, warum nicht? h) Wenn ja, wann wurde diese VP ggf. von ihrer VP-Führung aktiv zu dieser Person befragt oder beauftragt, zu diesem Informationen zu beschaffen? Wenn nein, warum nicht? i) Wenn ja, wann lieferte die VP diese Informationen, und was ist mit diesen Informationen geschehen? j) Inwiefern kann die Bundesregierung ausschließen, dass M. A. Ch., C. B., H. A., E. C., S. D., I. A. (alias P. B.), S. A., B. B. A., S. H. H., R. K., F. H. und M. R. VPen, Quellen, Nachrichtenmittler, Informanten oder Ähnliches einer Landes- oder Bundesbehörde waren? k) Hat die Bundesregierung Kenntnis darüber oder liegen den deutschen Sicherheitsbehörden Informationen darüber vor, dass eine der in Frage 13j bezeichneten Personen VP, Quelle, Nachrichtenmittler, Informant oder Ähnliches eines ausländischen Nachrichtendienstes (AND) oder einer anderen ausländischen Sicherheitsbehörde war? Eine Beantwortung der Fragen 13 bis 13k kann nicht erfolgen. Die notwendige Abwägung zwischen dem Geheimschutzinteresse einerseits und dem grundsätzlich umfassenden parlamentarischen Fragerecht andererseits ergibt, dass auch eine eingestufte Übermittlung der Informationen an die Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages vorliegend nicht in Betracht kommt. In diesem Fall überwiegt das Geheimschutzinteresse des Staates das parlamentarische Informationsrecht. Das Bundesverfassungsgericht gesteht der Bundesregierung zu, dass sie sich in der Regel auf die Gefährdung des Staatswohls und der Grundrechte verdeckt handelnder Personen berufen kann, wenn deren Identität bei der Erteilung der begehrten Auskünfte offenbart würde oder ihre Identifizierung möglich erscheint. Gerade im Bereich verdeckt handelnder Personen, deren Einsatz für das Staatswohl von großer Bedeutung und zugleich in hohem Maße geheimhaltungsbedürftig ist, besteht gemäß der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts hinsichtlich bestimmter Informationen ein legitimes Interesse, den Kreis der Geheimnisträger auf das notwendige Minimum zu beschränken. Je größer dieser Kreis ist, umso höher die Wahrscheinlichkeit, dass Geheimnisse – sei es absichtlich oder versehentlich – weitergegeben oder ausgespäht werden. In Anbetracht der bereits in den Medien genannten Einsatzorte der VP und dem damit eng eingrenzbaren Personenkreis würde die Gefahr der Enttarnung, auch bei einer eingestuften Beantwortung der Fragen erheblich steigen. Dieses Risiko muss aufgrund der möglichen Enttarnung von V-Leuten, der damit einhergehenden Gefährdung des Staatswohls und der Grundrechte dieser Personen nicht in Kauf genommen werden. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 13 – Drucksache 19/11228 14. Welche Erkenntnisse konnte die belgisch-französisch-deutsche Ermittlergruppe (vgl. DER SPIEGEL Nr. 17/20.4.2019, Artikel „Tarnname „Isma3el“) bisher zur Einbindung von M. A. Ch., C. B. und Anis Amri in europäische Terrornetzwerke gewinnen? a) Mit wie viel Personal welcher Bundessicherheitsbehörden wird diese Ermittlergruppe unterstützt? b) Bis wann ist der Einsatz dieser gemeinsamen Ermittlungsgruppe vorgesehen bzw. geplant? Die Fragen 14 bis 14b werden gemeinsam beantwortet. Mit Blick auf die laufenden Ermittlungen, insbesondere im Ausland, sowie zu Maßnahmen ausländischer Ermittlungsbehörden kann insoweit eine Auskunft nicht erteilt werden. Trotz der grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Pflicht der Bundesregierung, Informationsansprüche des Deutschen Bundestages zu erfüllen , tritt hier nach sorgfältiger Abwägung der betroffenen Belange im Einzelfall das Informationsinteresse des Parlaments hinter das berechtigte Geheimhaltungsinteresse zurück. Eine Auskunft zu Erkenntnissen der belgisch-französisch-deutschen Ermittlergruppe würde die weitere Sachaufklärung erschweren oder gar vereiteln, weshalb aus dem Prinzip der Rechtsstaatlichkeit folgt, dass das betroffene Interesse der Allgemeinheit an der Gewährleistung einer funktionstüchtigen Strafrechtspflege und Strafverfolgung hier Vorrang vor dem Informationsinteresse hat. Zudem liegt keine Freigabe der ausländischen Ermittlungsbehörden vor. c) Welche polizeilichen Observations- und Telekommunikationsüberwachungsmaßnahmen waren gegen die Personen M. A. Ch. und C. B. von Seiten deutscher Polizeibehörden angeordnet und wurden durchgeführt (bitte genaue Bezeichnung des Zeitraums, der anordnenden und ausführenden Dienststelle angeben)? d) Welche polizeilichen Observations- und Telekommunikationsüberwachungsmaßnahmen waren nach Kenntnis der Bundesregierung gegen die Personen M. A. Ch. und C. B. von Seiten an der Ermittlungsgruppe beteiligter ausländischer Polizeibehörden angeordnet und wurden durchgeführt (bitte genaue Bezeichnung des Zeitraums, der anordnenden und ausführenden Dienststelle angeben)? e) Welche nachrichtendienstlichen Observations- und Telekommunikationsüberwachungsmaßnahmen und G-10-Maßnahmen waren gegen die Personen M. A. Ch. und C. B. von Seiten des BfV und/oder des Bundesnachrichtendienstes angeordnet und wurden durchgeführt (bitte genaue Bezeichnung des Zeitraums, der anordnenden und ausführenden Dienststelle angeben)? f) Welche nachrichtendienstlichen Observations- und Telekommunikationsüberwachungsmaßnahmen waren nach Kenntnis der Bundesregierung gegen die Personen M. A. Ch. und C. B. von Seiten an der Ermittlungsgruppe beteiligter ausländischer Nachrichtendienste angeordnet und wurden durchgeführt (bitte genaue Bezeichnung des Zeitraums, der anordnenden und ausführenden Dienststelle angeben)? Die Fragen 14 c bis 14f werden zusammen beantwortet. Im deutschen Ermittlungsverfahren können aus verfassungsrechtlichen Gründen Nachrichtendienste an Ermittlungshandlungen nicht beteiligt werden und wurden es auch nicht. Telekommunikations- und Observationsmaßnahmen durch den Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/11228 – 14 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode GBA erfolgten lediglich im Zusammenhang mit der Festnahme von M. A. CH. im August 2018. Mit Blick auf die noch laufenden Ermittlungen, insbesondere im Ausland, sowie zu Maßnahmen ausländischer Ermittlungsbehörden und vor dem Hintergrund der gegen M. A. CH. stattfindenden Hauptverhandlung vor dem Kammergericht kann eine weitere Auskunft nicht erteilt werden. g) Inwiefern haben deutsche Sicherheitsbehörden im Kontext dieser Ermittlungsgruppe bereits Einblicke in beispielsweise Telekommunikationsüberwachungsprotokolle , Observationsvideos und sonstige Ermittlungsunterlagen von M. A. Ch. und C. B. genommen, und sind in diesen Bezüge zu Anis Amri und (wenn ja, welche) andere den Behörden bekannte Gefährder bzw. relevante Personen mit Bezug zu Anis Amri aufgefallen? Ermittlungsunterlagen und Beweismittel wurden im Ermittlungsverfahren von ausländischen Ermittlungsbehörden zur Verfügung gestellt und vom BKA ausgewertet . Erkenntnisse zu einer Beteiligung weiterer konkreter Personen mit Ausnahme von Anis Amri an den mutmaßlichen Anschlagsvorbereitungen durch M. A. CH. und C. B. in Deutschland Ende Oktober 2016 haben sich bisher nicht ergeben. h) Wann und in welchem Zusammenhang sind je welcher Sicherheitsbehörde des Bundes das erste Mal die Namen M. A. Ch. und C. B. bekannt geworden? Der GBA hat im Oktober 2017 Hinweise auf eine etwaige Einbindung von M. A. CH. und C. B. in Anschlagsvorbereitungen in Deutschland im Oktober 2016 erlangt. M. A. CH. reiste am 23. September 2011 erstmals in die Bundesrepublik ein. Im Zuge dieser Einreise, die ohne einen gültigen Aufenthaltstitel erfolgte, wurde er am 23. September 2011 durch die Bundespolizei (BPOL) in Berlin am S-Bahnhof Bellevue wegen Verstoßes gegen das Aufenthaltsgesetz (unerlaubter Aufenthalt ohne Aufenthaltstitel) festgenommen und in der Folge am selben Tag unter seinen tatsächlichen Personalien erkennungsdienstlich behandelt. Dem BKA ist M. A. CH. seit dem 29. Juli 2015 durch eine entsprechende Mitteilung der Polizei des Landes Berlin als eine relevante Person der islamistischen Szene bekannt. C. B. reiste im Juli 2015 erstmals in Deutschland ein und meldete sich am 24. Juli 2015 bei den Berliner Ausländerbehörden als asylsuchend. Hierbei gab er die Aliaspersonalie I. D. an. Im Zuge der Durchführung des Asylverfahrens beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge wurde er dem Bundesland Sachsen zugewiesen und dort am 4. August 2015 als Asylsuchender erkennungsdienstlich behandelt, wobei er ebenfalls die Aliaspersonalie I. D. verwendete. Von August 2015 bis Oktober 2015 wurde C. B., alias I. D., insgesamt sechsmal ohne gültigen Fahrausweis in Zügen der Deutschen Bahn AG festgestellt (Leistungserschleichung ). Aufgrund dessen wurden von der Deutschen Bahn AG entsprechende Strafanzeigen bei der BPOL gestellt. Die erste Strafanzeige ging mit Schreiben vom 23. September 2015 bei der Bundespolizeiinspektion (BPOLI) Dresden ein. Am 22. Dezember 2015 wurde I. D. am Hauptbahnhof Dresden durch Beamte der BPOL einer polizeilichen Kontrolle unterzogen. Im Zuge der Maßnahme wurden diverse ausländerrechtliche Verstöße festgestellt, die zur Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gegen ihn führten. Weiterhin stellte die BPOL eine Ausschreibung der französischen Behörden im Schengener Informationssystem fest, aus Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 15 – Drucksache 19/11228 der erstmals auch die Personalie C. B. erkennbar war. Die Treffermeldung der BPOL wurde am 22. Dezember 2015 über das BKA (SIRENE Deutschland) an Frankreich übermittelt. Am 28. Dezember 2015 wurde dem BKA über das LKA NW eine Mitteilung des gemeinsamen Zentrums der belgischen, niederländischen und deutschen Polizei (Euregionales Polizei-Informations- und Cooperationscentrum, EPICC) in Heerlen /NL übermittelt. Darin wurde mitgeteilt, dass I. D. in Belgien als Angehöriger des islamistischen Spektrums bekannt und möglicherweise nach Syrien ausgereist sei. Weiterhin wurde mitgeteilt, dass die Personalie C. B. die rechtmäßige Personalie der Person ist. Im BfV stammen die erstmaligen Informationen zur Person M. A. CH. aus Berichten einer VP eines LfV. Weitere Angaben können hierzu nicht erfolgen. In diesem Fall überwiegt das Geheimschutzinteresse des Staates das parlamentarische Informationsrecht. Das Bundesverfassungsgericht gesteht der Bundesregierung zu, dass sie sich in der Regel auf die Gefährdung des Staatswohls und der Grundrechte verdeckt handelnder Personen berufen kann, wenn deren Identität bei der Erteilung der begehrten Auskünfte offenbart würde oder ihre Identifizierung möglich erscheint. Gerade im Bereich verdeckt handelnder Personen, deren Einsatz für das Staatswohl von großer Bedeutung und zugleich in hohem Maße geheimhaltungsbedürftig ist, besteht gemäß der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts hinsichtlich bestimmter Informationen ein legitimes Interesse, den Kreis der Geheimnisträger auf das notwendige Minimum zu beschränken. Je größer dieser Kreis ist, umso höher die Wahrscheinlichkeit, dass Geheimnisse – sei es absichtlich oder versehentlich – weitergegeben oder ausgespäht werden. Dieses Risiko muss aufgrund der möglichen Enttarnung von V-Leuten, der damit einhergehenden Gefährdung des Staatswohls und der Grundrechte dieser Personen nicht in Kauf genommen werden. Daneben ist zu berücksichtigen, dass es sich bei der VP des LfV um eine lebende Person handelt, der in vollem Maße der Schutz der Grundrechte zukommt. Die insoweit maßgeblichen Schutzerwägungen greifen hierbei nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts unabhängig davon ein, ob eine konkrete Person tatsächlich als V-Person eingesetzt worden ist oder nicht. Es ist dafür Sorge zu tragen, dass Auskünfte zu mutmaßlichen V-Personen nicht zu einer Verletzung des Rechts auf Leben und körperliche Unversehrtheit führen. Eingestufter Antwortteil („VS – Nur für den Dienstgebrauch“) Die weitergehende Beantwortung der Frage kann nicht offen erfolgen. Zwar ist der parlamentarische Informationsanspruch grundsätzlich auf die Beantwortung gestellter Fragen in der Öffentlichkeit angelegt. Die Einstufung der Antworten auf die vorliegende Frage als Verschlusssache (VS) mit dem Geheimhaltungsgrad „VS – Nur für den Dienstgebrauch“ ist aber im vorliegenden Fall im Hinblick auf das Staatswohl erforderlich. Nach § 2 Absatz 2 Nummer 4 VSA sind Informationen , deren Kenntnisnahme durch Unbefugte für die Interessen der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder nachteilig sein können, entsprechend einzustufen. Eine Veröffentlichung von Einzelheiten betreffend solche Erkenntnisse würde zu einer wesentlichen Schwächung der den Sicherheitsbehörden zur Verfügung stehenden Möglichkeiten zur Informationsgewinnung führen. Dies kann für die wirksame Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben der Sicherheitsbehörden und damit für die Interessen der Bundesrepublik Deutschland nachteilig Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/11228 – 16 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode sein. Diese Informationen werden daher gemäß § 2 Absatz 2 Nummer 4 VSA als „VS –Nur für den Dienstgebrauch“ eingestuft und dem Deutschen Bundestag gesondert übermittelt.* Eingestufter Antwortteil („VS – Geheim“) Die weitere Antwort enthält Einzelheiten, die unter dem Aspekt des Schutzes der nachrichtendienstlichen Zusammenarbeit mit ausländischen Partnern in besonders hohem Maße schutzbedürftig sind. Sollten diese Einzelheiten in die Öffentlichkeit gelangen, so könnte dies dazu führen, dass die Beziehungen des Bundesnachrichtendienstes zu ausländischen Nachrichtendiensten stark beeinträchtigt werden. Es wäre damit zu rechnen, dass Nachrichtendienste der betroffenen Staaten den Bundesnachrichtendienst nicht mehr als verlässlichen bzw. vertrauenswürdigen Partner ansehen würden, wenn eine Stellungnahme des Bundesnachrichtendienstes zu den Informations- bzw. Auskunftsersuchen öffentlich würde. Da der Bundesnachrichtendienst für seine Arbeit und Aufgabenerfüllung auf den Informationsaustausch mit ausländischen Nachrichtendiensten angewiesen ist, könnte er seine gesetzlichen Aufgaben nach § 1 Absatz 2 BNDG zum Schutz der äußeren und inneren Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland nicht mehr bzw. nur noch eingeschränkt erfüllen. Hierdurch könnte schwerer Schaden für die Bundesrepublik Deutschland entstehen. Eine weitere Beantwortung der angefragten Informationen kann daher nur als Verschlusssache (VS) mit dem Geheimhaltungsgrad „VS – Geheim“ erfolgen.** i) Inwiefern haben die Erkenntnisse zu den Anschlagsplanungen M. A. Ch., C. B. und Anis Amris die Bewertung der Bundesregierung und der Bundessicherheitsbehörden in Bezug auf den Attentäter Anis Amri und dessen Anschlag auf den Berliner Breitscheidplatz verändert? Aus den Erkenntnissen zu den Anschlagsvorbereitungen im Oktober 2016 haben sich keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass weitere Personen an der konkreten Durchführung des Anschlags auf den Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz am 19. Dezember 2016 beteiligt waren. 15. Wann und in welcher Weise hat sich die Spitze des Bundesinnenministeriums nach dem Anschlag am Berliner Breitscheidplatz mit einer möglichen Abschiebung von B. B. A. befasst? a) Waren auch Spitzen anderer Bundesministerien oder der Bundesregierung in die Befassung eingebunden und beteiligt? Wenn ja, wer, und ab wann, und in welchem Format? b) Waren auch Spitzen von Landesministerien und Landesbehörden in die Befassung eingebunden und beteiligt? Wenn ja, wer, und ab wann, und in welchem Format? Die Fragen 15 bis 15b werden zusammenhängend beantwortet. * Das Bundesministerium der Innern, für Bau und Heimat hat die Antwort als „VS – Nur für den Dienstgebrauch eingestuft. Die Antwort ist im Parlamentssekretariat des Deutschen Bundestages hinterlegt und kann dort von Berechtigten eingesehen werden. ** Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat hat die Antwort als „VS – Geheim“ eingestuft. Die Antwort ist in der Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages hinterlegt und kann dort nach Maßgabe der Geheimschutzordnung eingesehen werden. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 17 – Drucksache 19/11228 Am 25. Januar 2017 fand ein Treffen von Staatsekretärin Dr. Emily Haber (BMI) mit dem tunesischem Botschafter in Berlin statt, um eine zügige Ausstellung von Reisedokumenten für B. B. A. zu ermöglichen. Eine Einbindung weiterer Ministerien oder der Bundesregierung erfolgte nicht. Am 27. Januar 2017 wurde dem damaligen Sächsischen Staatsminister des Innern Markus Ulbig in einem Schreiben mitgeteilt, dass eine Übernahme der Zuständigkeit nach § 58 a AufenthG nach erfolgter Prüfung abgelehnt wird, da bereits eine Ausreisepflicht des B. B. A. bestand. Dieses Ergebnis hatte Frau Staatssekretärin Haber bereits einen Tag zuvor mit Herrn Staatssekretär im Sächsischen Staatsministerium des Innern Michael Wilhelm erörtert. 16. Welche IS-Kontakte des Attentäters Anis Amri in Libyen und Syrien sind der Bundesregierung bekannt (bitte einzeln nach Person und Zeitpunkt des ersten und letzten Kontakts auflisten)? Die Beantwortung der Frage kann nicht offen erfolgen. Zwar ist der parlamentarische Informationsanspruch grundsätzlich auf die Beantwortung gestellter Fragen in der Öffentlichkeit angelegt. Die Einstufung der Antworten auf die vorliegende Frage als Verschlusssache (VS) mit dem Geheimhaltungsgrad „VS – Nur für den Dienstgebrauch“ ist aber im vorliegenden Fall im Hinblick auf das Staatswohl erforderlich. Nach § 2 Absatz 2 Nummer 4 VSA sind Informationen, deren Kenntnisnahme durch Unbefugte für die Interessen der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder nachteilig sein können, entsprechend einzustufen. Eine Veröffentlichung von Einzelheiten betreffend solche Erkenntnisse würde zu einer wesentlichen Schwächung der dem BND zur Verfügung stehenden Möglichkeiten zur Informationsgewinnung führen. Dies kann für die wirksame Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben der Nachrichtendienste und damit für die Interessen der Bundesrepublik Deutschland nachteilig sein. Diese Informationen werden daher gemäß § 2 Absatz 2 Nummer 4 VSA „VS – Nur für den Dienstgebrauch“ eingestuft und dem Deutschen Bundestag gesondert übermittelt.* 17. Trifft es nach Erkenntnissen der Bundesregierung zu, dass B. B. A. nach seiner Abschiebung aus Deutschland im Februar 2017 a) in Tunesien zu acht Jahren Haft verurteilt wurde und seit Juli 2017 in Tunesien inhaftiert ist und b) kurze Zeit nach seiner Inhaftierung wieder entlassen wurde und sich auf freiem Fuß befindet (vgl. Artikel in DIE ZEIT vom 15. März 2019, von Kai Biermann, Yassin Musharbash und Holger Stark: „Sitzt Amris Freund im Gefängnis?“)? 18. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung zum aktuellen Aufenthaltsort bzw. Aufenthaltsstatus des B. B. A.? Die Fragen 17 bis 17b und 18 werden zusammenhängend beantwortet. Nach Kenntnis der Bundesregierung befindet sich B. B. A. derzeit in Haft. Der Bundesregierung liegen keine Informationen über die genaue Haftdauer vor. * Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat hat die Antwort als „VS – Nur für den Dienstgebrauch“ eingestuft. Die Antwort ist im Parlamentssekretariat des Deutschen Bundestages hinterlegt und kann dort von Berechtigten eingesehen werden. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/11228 – 18 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 19. Ist der Bundesregierung oder einer Bundessicherheitsbehörde bekannt, ob B. B. A. Informant, Quelle, Nachrichtenmittler oder Mitarbeiter eines AND oder anderen ausländischen Sicherheitsbehörde war oder noch ist (vgl. Artikel im FOCUS vom 22. Februar 2019: „Regierung schob Amri-Vertrauten ab, um dessen Verwicklung in Attentat zu vertuschen“)? a) Seit wann ist bzw. wurde dies der Bundesregierung bzw. einer Bundessicherheitsbehörde bekannt? b) Wurde dies selbst ermittelt oder wurde dies durch Mitteilung eines AND oder einer anderen ausländischen Sicherheitsbehörde oder Regierungsstelle bekannt? Die Fragen 19 bis 19b werden zusammenhängend beantwortet. Der Bundesregierung als auch den nachgeordneten Behörden BfV, BKA und BND liegen keine Erkenntnisse vor, dass B. B. A. mit oder für einen Nachrichtendienst gearbeitet hat. 20. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung darüber, ob eine oder mehrere VP des Bundesamtes für Verfassungsschutz an einem sogenannten Weihnachtsseminar des A. W. im Deutschsprachigen Islamkreis Hildesheim e. V. (DIK Hildesheim) im Dezember 2015 zugegen waren, an dem u. a. auch Anis Amri teilgenommen hatte? a) Wenn ja, war dieser Sachverhalt jemals Gegenstand einer Auswertung bzw. Nachbereitung innerhalb des BfV? b) Wurden den vorbezeichneten VPen des BfV im Nachgang Lichtbilder zu Anis Amris vorgelegt, und wurden sie damit beauftragt, Erkenntnisse zu Anis Amri zu sammeln, insbesondere im Kontext von weiteren Veranstaltungen bzw. Seminaren im DIK Hildesheim? c) Inwiefern haben diese VPen Erkenntnisse und Informationen zu Anis Amri an das BfV weitergeben können? Die Antwort zu den Fragen 20 bis 20c enthält Informationen zu spezifischen nachrichtendienstlichen Arbeitsweisen und kann in diesem Fall nicht offengelegt werden. Durch eine Offenlegung wäre die Erfüllung des gesetzlichen Auftrages des BfV gefährdet und mithin das Staatswohl beeinträchtigt. Gerade im Bereich der Methodik des Einsatzes verdeckt handelnder Personen, deren Einsatz für das Staatswohl von großer Bedeutung ist, besteht gemäß der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts hinsichtlich bestimmter Informationen ein legitimes Interesse, den Kreis der Informationsträger auf das notwendige Minimum zu beschränken . Je größer dieser Kreis ist, umso höher die Wahrscheinlichkeit, dass Geheimnisse – sei es absichtlich oder versehentlich – weitergegeben oder ausgespäht werden. Dieses Risiko muss aufgrund der möglichen Enttarnung von V-Leuten, der damit einhergehenden Gefährdung des Staatswohls und der Grundrechte dieser Personen nicht in Kauf genommen werden. Eine weitere Beantwortung der angefragten Informationen kann daher nur als Verschlusssache (VS) mit dem Geheimhaltungsgrad „VS – Vertraulich“ erfolgen.* * Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat hat die Antwort als „VS – Vertraulich“ eingestuft. Die Antwort ist in der Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages hinterlegt und kann dort nach Maßgabe der Geheimschutzordnung eingesehen werden. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 19 – Drucksache 19/11228 21. Hat die Bundesregierung Kenntnisse darüber, ob eine oder mehrere VP des Bundesamtes für Verfassungsschutz bei einem Seminar in der Al Medinah Moschee in Kassel zugegen waren, an dem u. a. auch Anis Amri teilgenommen hatte? a) Wenn ja, war dieser Sachverhalt jemals Gegenstand einer Auswertung bzw. Nachbereitung innerhalb des BfV? b) Wurde den vorbezeichneten VPen des BfV im Nachgang Lichtbilder zu Anis Amris vorgelegt, und wurden sie damit beauftragt, Erkenntnisse zu Anis Amri zu sammeln, insbesondere im Kontext von weiteren Veranstaltungen bzw. Seminaren in der Al Medinah Moschee? c) Inwiefern haben diese VPen Erkenntnisse und Informationen zu Anis Amri an das BfV weitergeben können? Die Antwort zu den Fragen 21 bis 21c enthält Informationen zu spezifischen nachrichtendienstlichen Arbeitsweisen und kann in diesem Fall nicht offengelegt werden. Durch eine Offenlegung wäre die Erfüllung des gesetzlichen Auftrages des BfV gefährdet und mithin das Staatswohl beeinträchtigt. Gerade im Bereich der Methodik des Einsatzes verdeckt handelnder Personen, deren Einsatz für das Staatswohl von großer Bedeutung ist, besteht gemäß der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts hinsichtlich bestimmter Informationen ein legitimes Interesse, den Kreis der Informationsträger auf das notwendige Minimum zu beschränken . Je größer dieser Kreis ist, umso höher die Wahrscheinlichkeit, dass Geheimnisse – sei es absichtlich oder versehentlich – weitergegeben oder ausgespäht werden. Dieses Risiko muss aufgrund der möglichen Enttarnung von V-Leuten, der damit einhergehenden Gefährdung des Staatswohls und der Grundrechte dieser Personen nicht in Kauf genommen werden. Eine weitere Beantwortung der angefragten Informationen kann daher nur als Verschlusssache (VS) mit dem Geheimhaltungsgrad „VS – Vertraulich“ erfolgen.* 22. Wurde dem Bundeskriminalamt ein Hinweis vom Bundesamt für Verfassungsschutz zu einem möglichen Aufenthalt Anis Amris auf einem Parkplatz in Frankreich auf dessen Fluchtroute bekannt gemacht oder übermittelt, und wenn ja, wann, und durch wen beim BfV wurde dieser Hinweis zu welchem Zeitpunkt und auf welche Weise übermittelt, und durch wen beim BKA wurde dieser Hinweis zu welchem Zeitpunkt und auf welche Weise entgegengenommen (bitte die übermittelnde und entgegennehmende Stelle und Personen bitte genau bezeichnen; vgl. https://rp-online.de/politik/deutschland/ anis-amri-behoerden-gingen-hinweis-auf-fluechtenden-attentaeter-nicht-nach_ aid-38035293)? Gemäß Mitteilung des BfV wurde der entsprechende Hinweis im Rahmen der weiteren Fallbearbeitung am 27. Dezember 2016 durch den Verbindungsbeamten zum BKA an das BKA übermittelt. Ein gleichlautender Hinweis war dem BKA bereits bekannt. Dieser ging am 23. Dezember 2016, gegen 19:45 Uhr, bei der Berliner Polizei ein. Demnach hat sich ein namentlich bekannter LKW-Fahrer als Hinweisgeber gemeldet, der Anis Amri am 21. Dezember 2016, gegen 22:45 Uhr, auf dem Rastplatz „Aire de Puy-de-Grace“, Autobahn A20/Frankreich, gesehen haben will. * Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat hat die Antwort als „VS – Vertraulich“ eingestuft. Die Antwort ist in der Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages hinterlegt und kann dort nach Maßgabe der Geheimschutzordnung eingesehen werden. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/11228 – 20 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Aufgrund der dem BKA vorliegenden Feststellungen zum Fluchtweg des Amri erschien ein Aufenthalt Amris zu der genannten Zeit auf dem Rastplatz nicht plausibel, da sich Amri ca. 2 bis 3 Stunden vor der vermeintlichen Sichtung am Gare Du Nord in Brüssel/Belgien (ca. 750 bis 800 km entfernt) aufgehalten hat. Entsprechend hat das Landeskriminalamt Berlin den Hinweis abschließend bewertet und abgeschlossen. Eine Übermittlung des offenkundig inhaltsgleichen Hinweises durch das BfV an das BKA ist beim BKA nicht dokumentiert und kann insofern dort nicht nachvollzogen werden. Dies schließt eine mündliche Weitergabe des Hinweises nicht aus. a) Wie bewertet die Bundesregierung, dass das Bundesamt für Verfassungsschutz laut eigenem Vermerk den Hinweis, der am 22. Dezember 2016 einging, erst am 27. Dezember 2016 – also nach Anis Amris Tod – weitergegeben haben soll? b) Hat das BfV mit dieser verspäteten Weitergabe nach Auffassung der Bundesregierung die Fahndung nach dem Attentäter Anis Amri erschwert? Wenn nein, warum nicht? c) Inwiefern wäre es nach Ansicht der Bundesregierung erforderlich gewesen , den Hinweis auf den Aufenthaltsort von Amri auch angesichts seiner Gefährlichkeit an ausländische Behörden weiterzugeben, und warum ist das unterblieben? Die Fragen 22a bis 22c werden zusammenhängend beantwortet. Im BfV fand zunächst keine schriftliche Weiterleitung des Hinweises statt, da der Hinweis zum Zeitpunkt der Erfassung unter Berücksichtigung des Ermittlungstandes der Strafverfolgungsbehörden als nicht relevant zu bewerten war. Nach Auffassung der Bundesregierung hat die Weitergabe des Hinweises am 27. Dezember 2016 die Fahndung nach dem Attentäter Anis Amri nicht erschwert, da ein gleichlautender Hinweis dem BKA durch das Landeskriminalamt Berlin bekannt war und im Ergebnis festgestellt werden konnte, dass sich Anis Amri zu der genannten Zeit nicht an dem genannten Ort aufgehalten hat. Die Weitergabe des Hinweises an ausländische Behörden war nach Eingang bei der Berliner Polizei nicht erforderlich, da Amri zu diesem Zeitpunkt bereits tot war. d) Inwiefern haben sich das Bundesamt für Verfassungsschutz oder eine andere deutsche Sicherheitsbehörde je nochmals mit dem Hinweisgeber zu Anis Amris möglichen Aufenthalt in Frankreich in Verbindung gesetzt – dieser hatte ja nachweislich seine Telefonnummer hinterlassen und um Rückruf gebeten –, und wenn ja, mit welchem Ergebnis? Wenn nein, warum nicht? Die Bearbeitung des Hinweises erfolgte durch das LKA BE. Den vorliegenden Unterlagen ist zu entnehmen, dass das LKA BE nach Eingang des Hinweises zwei Telefonate mit dem Hinweisgeber geführt hat (23. Dezember 2016, gegen 22:45 Uhr, und 25. Dezember 2016, gegen 12:40 Uhr). Durch das BfV erfolgte keine weitere Kontaktaufnahme mit dem Hinweisgeber. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 21 – Drucksache 19/11228 e) Inwiefern hatte das BfV im Kontext der Flucht Anis Amris nach dem Anschlag Kontakt zu italienischen Sicherheitsbehörden, und ist ihm bekannt geworden, dass Anis Amri vorhatte, nach Mailand zu fliehen? Das BfV informierte ausländische Nachrichtdienste über den jeweiligen Kenntnisstand zum Attentäter. Dem BfV ist nicht bekannt geworden, dass Anis Amri vorhatte, nach Mailand zu fliehen. 23. Wurde nach Kenntnis der Bundesregierung bei Anis Amri ein weiteres Mobiltelefon aufgefunden, als er bei einem Schusswechsel mit Angehörigen der Staatspolizei am 23. Dezember 2016 in Sesto San Giovanni getötet wurde? Nach Kenntnis der Bundesregierung wurde kein weiteres Mobiltelefon aufgefunden . a) Welche Erkenntnisse liegen der Bundesregierung oder den Bundessicherheitsbehörden diesbezüglich vor? Im Hinblick auf die Antwort zu Frage 23 entfällt die Beantwortung. b) Wurde mit den italienischen Behörden diesbezüglich Rücksprache gehalten ? Wenn ja, welche Behörde hat dies durchgeführt, und mit welchem Ergebnis ? Das BKA begab sich im unmittelbaren Nachgang zur Tötung Amris am 23. Dezember 2016 nach Mailand und stand dort sowie in der Folge in direktem Kontakt zur sachbearbeitenden Dienststelle der italienischen Polizei in Mailand. Hierbei teilten die Mitarbeiter der Dienststelle mit, dass bei Amri kein Telefon aufgefunden wurde. Das diesbezügliche italienische Asservatenverzeichnis führte ebenfalls kein Telefon auf. Darüber hinaus bestätigte aktuell der zentrale Ansprechpartner der italienischen Polizei in Rom nochmals, dass am Tatort bei Amri kein Mobiltelefon aufgefunden wurde. c) Wurde dieses Mobiltelefon technisch ausgewertet? Wenn ja, durch welche Behörde bzw. Dienststelle, und welche Ergebnisse konnten mit Blick auf mögliche Mittäter, Fluchthelfer, Unterstützer oder sonstige Kontaktpersonen von Anis Amri daraus gewonnen werden? Im Hinblick auf die Antwort zu Frage 23 entfällt die Beantwortung. d) Hat nach Erkenntnissen der Bundesregierung E. C. Anis Amri bei seiner Flucht aus Berlin geholfen, z. B. ihn mittels seines Kfz aus Berlin verbracht ? Wenn ja, wohin genau? Nach Erkenntnissen der Bundesregierung hat E. C. Anis Amri nicht bei seiner Flucht aus Berlin geholfen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/11228 – 22 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 24. Hat Anis Amri nach Erkenntnissen der Bundesregierung auf seiner Flucht „Zwischenstation“ im DIK Hildesheim gemacht, und wurde ihm dort geholfen ? Wenn ja, welcher Art waren diese Hilfeleistungen, und durch wen wurden sie getätigt? Der Bundesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. 25. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung darüber, welche Entschädigungszahlungen in welcher Höhe bisher an die Familie und Hinterbliebenen des von Anis Amri ermordeten Lkw-Fahrers L. O. ausgezahlt wurden? Die Bundesregierung hat nur Erkenntnisse über die Höhe der Härteleistungen, die an die Familie von L. U. erfolgt sind. Die Ansprüche nach dem Opferentschädigungsgesetz für die Opfer und Hinterbliebenen des Terroranschlags auf dem Breitscheidplatz werden hingegen vom Landesamt für Gesundheit und Soziales in Berlin geprüft und bewilligt. Härteleistungen werden als freiwillige, besondere Solidaritätsleistung des Staates für Opfer terroristischer und extremistischer Straftaten erbracht. Eine gesetzliche Regelung hierzu oder einen Rechtsanspruch hierauf gibt es nicht. Jährlich werden im Haushaltsgesetz durch den Deutschen Bundestag zweckgebunden Mittel für Opfer solcher Straftaten bereitgestellt. Das Bundesamt für Justiz ist für die Bewilligung der Härteleistungen nach der „Richtlinie zur Zahlung von Härteleistungen für Opfer terroristischer Straftaten“ und der „Richtlinie zur Zahlung von Härteleistungen für Opfer extremistischer Übergriffe“ zuständig. Um schnell und unkompliziert Hilfe leisten zu können, wurde in Terrorfällen und vergleichbaren Fällen extremistischer Gewalttaten das Mittel der „pauschalen Soforthilfe “ entwickelt. Im Todesfall erhalten nahe Angehörige pauschale Soforthilfen für den Verlust des nahestehenden Menschen. Darüber hinaus sind für die Hinterbliebenen Härteleistungen zur Abmilderung eines Unterhaltsschadens möglich. An die Familie des LKW-Fahrers L. U. wurden daher folgende Härteleistungen ausgezahlt: Die Eltern, die Ehefrau und der Sohn haben jeweils 30 000 Euro als Härteleistung erhalten. Die Ehefrau und der Sohn haben weitere Härteleistungen in Höhe von 10 000 Euro im Hinblick auf den Unterhaltsschaden erhalten. Insgesamt hat die Familie also Härteleistungen in Höhe von 140 000 Euro erhalten. a) Wurde auch der Schaden an dem Lkw ersetzt bzw. wurde der Lkw ersetzt? b) Wenn nein, warum nicht? Die Fragen 25a und 25b werden zusammenhängend beantwortet. Nach seiner Ernennung zum Beauftragten der Bundesregierung für die Opfer und Hinterbliebenen des Terroranschlags auf dem Breitscheidplatz hat sich der Ministerpräsident a. D. Kurt Beck sowohl um diejenigen Betroffenen gekümmert, die unmittelbar auf dem Breitscheidplatz anwesend waren, als auch um den polnischen Spediteur. Da das Tatfahrzeug der Firma Scania gehörte und die Ladung des LKW zur Übersendung an die Firma Thyssenkrupp bestimmt war, hat sich der Ministerpräsident a. D. Kurt Beck an diese Firmen gewandt und sich dort für die Belange des polnischen Spediteurs eingesetzt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 23 – Drucksache 19/11228 Die Firma Scania teilte mit, dass es sich bei dem LKW um ein Fahrzeug handelte, welches der Spediteur bei der Firma Scania geleast hatte. Es stand also nicht im Eigentum des Spediteurs. Scania hat neben weitergehender Hilfen, wie dem Erlass der Leasingraten und juristischer Beratung, dem Spediteur angeboten, eine Reparatur des LKW auf Kulanzbasis durchführen zu lassen oder, falls eine Rücknahme des LKW nicht gewünscht ist, den Leasingvertrag zu für den Spediteur günstigen Konditionen aufzuheben. Welche Option der Spediteur letztlich gewählt hat, ist hier nicht bekannt. Die Firma Thyssenkrupp, an die die Ladung des LKW geliefert werden sollte, teilte mit, dass sie auf jegliche Ersatzansprüche aufgrund der verspäteten Lieferung der Ladung verzichtet habe. Da weder Härteleistungen noch das Opferentschädigungsgesetz den Ersatz von materiellen Schäden wie z. B. einem Verdienstausfall des Spediteurs vorsehen und der LKW nach der Tat rechtmäßig beschlagnahmt wurde, kommen staatliche Ersatzansprüche hier nicht in Betracht. Dennoch hat die Bundesregierung, um die Härte für den Spediteur abzumildern, 10 000 Euro als freiwillige Mittel bereitgestellt, die auch an den Spediteur ausbezahlt werden konnten. c) Was ist mit dem Wrack des Lkw genau passiert? Der LKW wurde durch Schreiben des GBA vom 17. März 2017 freigegeben. Am 13. April 2017 wurden, in Erfüllung eines Rechtshilfeersuchens der Staatsanwaltschaft Stettin vom 6. Februar 2017, der Tat-LKW sowie weitere Asservate mit Bezug nach Polen an die polnische Sicherheitsbehörde ABW (Agencja Bezpieczeństwa Wewnętrznego – Agentur für Innere Sicherheit) übergeben. 26. Liegen der Bundesregierung Informationen darüber vor, dass italienische Nachrichtendienste oder sonstige Sicherheitsbehörden wussten, dass Anis Amri auf seiner Flucht nach Sesto San Giovanni kommen würde? Der Bundesregierung liegen keine diesbezüglichen Informationen vor. a) Ist die Bundesregierung oder eine Bundessicherheitsbehörde diesbezüglich mit den italienischen Behörden in einen Austausch getreten? b) Wenn ja, welche Behörde hat dies wann getan, und mit welchem Ergebnis ? Nein. 27. Liegen der Bundesregierung Informationen darüber vor, dass die beiden „Carabinieri“, die sich bei der Kontrolle am 23. Dezember 2016 von Anis Amri am Bahnhof von Sesto San Giovanni einen Schusswechsel mit diesem lieferten und ihn dabei töteten, gezielt zum Bahnhof beordert wurden, um Anis Amri dort „abzufangen“? Der Bundesregierung liegen darüber keine Informationen vor. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/11228 – 24 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 28. Haben deutsche Sicherheitsbehörden konkrete Nachforschungen zu der Firma „O. L.“ und dem dort von L. O. am 16. Dezember 2016 im Rahmen eines „Spezialauftrages“ angenommenen Paketes (29KG) durchgeführt? Wenn ja mit welchem Ergebnis (vgl. https://milano.corriere.it/cronaca/cards/ dalla-calibro-22-telefoninoi-misteri-fuga-solitaria-anis/strana-coincidenza. shtml?refresh_ce-cp)? Im Rahmen der Rekonstruktion von L. U.s Fahrstrecke konnte festgestellt werden , dass der LKW am 16. Dezember 2016, gegen 12:00 Uhr, die Autobahn in der Nähe von Mailand für einen ca. zwanzigminütigen Halt in dem Vorort Cinisello Balsamo verließ. Der Halteort liegt ca. 1 km Luftlinie vom Bahnhof in Sesto San Giovanni entfernt, wo Amri am 23. Dezember 2016 verstarb. In L. U.s Mobiltelefon konnte eine SMS vom 15. Dezember 2016 in polnischer Sprache festgestellt werden, in der die Halteadresse in Cinisello Balsamo übermittelt wurde. Demnach handele es sich um einen „Spezialauftrag“ für einen „Ariela“. Im Rahmen der späteren Untersuchungen des LKW konnte ein entsprechender Karton festgestellt werden, der ein Batterieladegerät sowie Plastik- und Gummiteile enthielt. Der Karton war mit Paketklebeband einer Firma umwickelt, die in eben jenem Vorort beheimatet ist. Bei „Ariel“ handelt es sich um den Namen des Leiters von L. U.s Spedition. Hiesiger Einschätzung nach steht der Halt L. U.s am 16. Dezember 2016 nicht im Zusammenhang mit dem Anschlag vom 19. Dezember 2016 und Amris Fluchtroute über Sesto San Giovanni. 29. Wie schätzen die Bundesregierung und die Bundessicherheitsbehörden den Umstand ein, dass der Beladeort des von Anis Amri als Tatmittel für den Anschlag benutzten Lkw sich in unmittelbarer räumlicher Nähe (ca. 20 Gehminuten) zu dem Ort befand, an dem Anis Amri auf seiner Flucht bei einem Schusswechsel am 23. Dezember 2016 von italienischen Polizisten getötet wurde (vgl. Artikel vom 14. Juni 2018 in DER TAGESSPIEGEL, Maria Fiedler: „Der Fall Amri gibt immer neue Rätsel auf“)? Beim Beladeort des LKW handelt es sich um La Loggia (bei Turin), das etwa 170 km von Sesto San Giovanni (Ort des Schusswechsels am 23. Dezember 2016) entfernt ist. L. U. übernachtete in La Loggia, bevor er am 16. Dezember 2016 um 9:42 Uhr seine Fahrt nach Deutschland antrat. Auf der Fahrt nach Deutschland legte L. U. einen ca. 20-minütigen Zwischenstopp ein, um das in Beantwortung der Frage 28 genannte Paket abzuholen. Bezüglich Sesto San Giovanni ist anzumerken, dass Amri von Frankreich (Chambery ) nach Italien flüchtete. Er reiste zunächst mit dem Zug nach Bardonecchia, dann nach Turin und schließlich nach Mailand/Hauptbahnhof. Von dort nahm er einen Bus, um in das 7,5 km entfernte Sesto San Giovanni zu gelangen. Die Befragung eines Zeugen ergab, dass Amri sich in Sesto San Giovanni bei dem Zeugen nach dem Abfahrtsort der Busse nach Rom bzw. Neapel erkundigte. Der Zeuge verwies ihn auf den Hauptbahnhof von Mailand, wo Amri gerade erst herkam . Er versuchte dann vergeblich, wieder in das Bahnhofsgebäude zu gelangen. Danach traf er auf die italienischen Polizeibeamten und es kam zum Schusswechsel . Es kann somit unterstellt werden, dass sich Amri in der falschen Annahme nach Sesto San Giovanni begab, um von dort mit dem Bus nach Rom bzw. Neapel weiterzureisen. Unter Berücksichtigung des unter 28 dargestellten Sachverhalts handelt es sich um einen Zufall, dass Amri in der Nähe des Ortes getötet wurde, an dem L. U. am 16. Dezember 2016 eine Pause eingelegt hatte, um ein Paket mitzunehmen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 25 – Drucksache 19/11228 30. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung zu Verbindungen und Kontaktpersonen des Anis Amri a) zur islamistischen Szene im Großraum Mailand, Es liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse über Kontakte Amris zur „islamistischen Szene“ im „Großraum“ Mailand vor. Bei den seitens der italienischen Behörden bekannt gewordenen und aufgehellten Kontakten Amris in den „Großraum“ Mailand handelt es sich zumeist um Personen, zu denen teilweise allgemeinkriminelle Vorerkenntnisse vorliegen. b) zur islamistischen Szene in Frankreich, Im Rahmen der Ermittlungen des LKA NW, Ermittlungskomplex (EK) Ventum, wurden im Dezember 2015 Angaben des Amri bekannt, in denen er vorgibt, „Brüder in Paris“ zu kennen, die dort „nochmal“ Anschläge verüben wollen. Amri habe diesbezüglich angeboten, nach Paris zu fahren und Kalaschnikows zu holen. Hierzu korrespondierende Erkenntnisse zu diesen „Kontakten“ liegen nicht vor. Darüber hinaus stand Amri zwischen Ende 2015 und Anfang 2016 mit einem R. G. in Kontakt, der sich in Paris aufhielt und ihn mehrfach aufgefordert hatte, ihn besuchen zu kommen. R. G. war aufgrund dieses Kontaktes Gegenstand eines Rechtshilfeersuchens an die französische Justiz. Die französischen Behörden führten zudem umfangreiche eigene Maßnahmen in einem dortigen Verfahren gegen R. G. wegen des Verdachts des mehrfachen Mordes und versuchten Mordes im Zusammenhang mit terroristischen Vorhaben durch und nahmen ihn schließlich in polizeilichen Gewahrsam. Die gewonnenen Erkenntnisse zeigten jedoch keine Einbindung R. G. in islamistische Kreise, respektive in die Vorbereitung oder Durchführung des Anschlages vom 19. Dezember 2016. Anis Amri stand zudem um den Jahreswechsel 2015/2016 und letztmalig Ende 2016 mit dem französischen Staatsangehörigen C. B. in Kontakt, während dieser sich in Berlin aufhielt. c) zur islamistischen Szene in Belgien bzw. Der französische Staatsangehörige C. B. hielt sich vor und nach dessen Aufenthalt in Berlin auch in Belgien auf. Darüber hinaus liegen keine Erkenntnisse vor, wonach Amri Kontakte zu Personen in Belgien hatte, die dem islamistischen Umfeld zuzurechnen sind. d) zur organisierten Kriminalität oder anderen kriminellen Strukturen in Italien , Frankreich, Belgien und der Schweiz? Es liegen keine Erkenntnisse vor, wonach Amri Verbindungen zur „organisierten Kriminalität“ oder anderen „kriminellen Strukturen“ in Belgien, Frankreich oder der Schweiz hatte. Dem BKA liegen Erkenntnisse vor, die einen Kontakt Amris zu Personen in Italien mit allgemeinkriminellem Hintergrund belegen. So wurden im Rahmen der Ermittlungen des LKA NW, EK Ventum, im November 2015 Angaben des Amri bekannt, in denen er vorgibt, für 1 500 Euro in Neapel/Italien eine Kalaschnikow beziehen zu können. Nähere Erkenntnisse liegen hierzu nicht vor. Darüber hinaus identifizierten die italienischen Behörden den Nutzer einer Kontaktrufnummer Amris. Dieser hatte am 6. September 2016 von Italien aus eine SMS an Amris Telefon gesendet. Bei seiner Vernehmung gab Erstgenannter an, Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/11228 – 26 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode die Nachricht an seinen Bruder in Berlin im Zusammenhang mit der Beschaffung von gefälschten italienischen Dokumenten versandt zu haben. Eine Einbindung Amris in die im Raume stehende Dokumentenbeschaffung, insbesondere bezüglich der im Juni 2016 bei Amri festgestellten gefälschten italienischen ID-Karten, ist nicht bekannt. Die italienischen Behörden teilten zudem dortige Erkenntnisse mit, die sich aus der Aussage des M. Y. ergaben. Demnach sei M. Y. 2011 gemeinsam mit Amri von Tunesien aus illegal nach Italien eingereist und habe sich in der Folge mit ihm angefreundet. Gemeinsam habe man seinerzeit Diebstähle begangen. Nach Amris Haftentlassung im Jahr 2015 habe dieser wieder Kontakt zu M. Y. aufgenommen und sich zu ihm nach Latina/Italien begeben. Dort sei Amri sowohl mit radikalen Personen in der dortigen Moschee, als auch mit Personen, die allgemeinkriminelle Straftaten (Dokumentenfälschung, Schleusung) begehen, in Kontakt gekommen. So gab M. Y. an, dass Amri über eine Person versucht habe, sich falsche Ausweispapiere zu beschaffen. Hierzu sei es jedoch nicht gekommen. Auf dem am 18. Februar 2016 bei AMRI sichergestellten Mobiltelefon konnte eine Kommunikation aus Februar 2016 zwischen AMRI und mutmaßlich M. Y. festgestellt werden, in der sich Letztgenannter auf Nachfrage von AMRI bereit erklärt , sich über die Möglichkeit der Beschaffung von Falschdokumenten zu informieren . Es liegen keine, über die Aussage von M. Y. hinausgehenden, Erkenntnisse über einen Kontakt Amris, insbesondere nach dessen Einreise nach Deutschland, zu dem durch M. Y. benannten Personenkreis in Latina vor. Inwieweit der seitens M. Y. beschriebene Kontakt dennoch maßgeblich für die durch Amri im Juni 2016 mitgeführten gefälschten italienischen ID-Karten war, ist nicht bekannt. Weiterhin sind Verbindungen Amris zu italienischstämmigen Personen oder Personen , die in Italien leben, bekannt, mit denen er lediglich durch seine Tätigkeit als Drogendealer in Kontakt kam oder zu denen allgemeinkriminelle Vorerkenntnisse vorliegen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333