Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft vom 28. Juni 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/11317 19. Wahlperiode 02.07.2019 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Stephan Brandner, Stephan Protschka und der Fraktion der AfD – Drucksache 19/10978 – Beiträge zur Krankenversicherung für Versicherte der Krankenkasse für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Die Landwirtschaftliche Krankenkasse (LKK) ist Teil der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG). Die Mitgliedschaft ist für landwirtschaftliche Betriebe ab einer bestimmten Mindestbetriebsgröße verpflichtend (www.svlfg.de/50-vmb/vmb06/vmb06090/13_leist/01_vorteil/ index.html). 1. Welche Gründe gibt es dafür, dass die Unternehmer aus Land- und Forstwirtschaft und Gartenbau sowie deren Familienangehörige gemäß § 17 Absatz I des Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte (KVLG) bei der „grünen“ Krankenkasse LKK, ohne Wahlrecht für andere Krankenkassen , pflichtversichert sind? Die Landwirtschaftliche Krankenversicherung ist ein Teil der landwirtschaftlichen Sozialversicherung. Die landwirtschaftliche Sozialversicherung bietet den Landwirten und ihren Familien finanziellen Schutz z. B. bei Krankheit, Pflegebedürftigkeit oder Arbeitsunfällen. Als berufsständisch geprägtes Sondersystem ist sie darauf ausgerichtet, die besonderen Belange selbständiger Landwirte bei ihrer sozialen Absicherung bestmöglich zu berücksichtigen und den Strukturwandel in der Landwirtschaft sozial zu flankieren. Bei Schaffung der landwirtschaftlichen Krankenversicherung hatte sich der Gesetzgeber bewusst dafür entschieden, die Landwirte, ihre Ehegatten und mitarbeitenden Familienangehörigen im Rahmen dieses Sondersystems mit einer Versicherungspflicht in die gesetzliche Krankenversicherung einzubeziehen. Grund hierfür war u. a. ein damals besorgniserregend schlechter Gesundheitszustand der bäuerlichen Bevölkerung. Die Absicherung gegen die finanziellen Folgen des Risikos Krankheit erfolgte zuvor ausschließlich in Eigenvorsorge, also mit den finanziellen Mitteln des Betriebes. Dadurch kam es teilweise zu existenzbedrohenden Folgen für den Betrieb im Falle einer schweren Erkrankung. Die positiven Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/11317 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Erfahrungen mit der in der damaligen Altershilfe für Landwirte eingeführten besonderen Leistungsart Betriebs- und Haushaltshilfe waren der Anlass, auch für den Fall der Krankheit den landwirtschaftlichen Unternehmern eine vergleichbare Hilfe zu eröffnen und eine Pflichtversicherung für selbständige landwirtschaftliche Unternehmer einzuführen. Aufgrund der Besonderheiten der landwirtschaftlichen Krankenversicherung, insbesondere im Finanzierungssystem, wurde bei Einführung des allgemeinen Kassenwahlrechts in der allgemeinen gesetzlichen Krankenversicherung für versicherungspflichtige Landwirte, hauptberuflich mitarbeitende Familienangehörige und Rentner (so genannte Altenteiler) die Zugehörigkeit zur landwirtschaftlichen Krankenkasse beibehalten. Das allgemeine Kassenwahlrecht gilt nicht für die Mitglieder der landwirtschaftlichen Krankenkasse. Besonderheiten des Systems sind spezielle Leistungen, die auf die besonderen Belange der Landwirtschaft zugeschnitten sind, die besondere Beitragsbemessung und die Finanzierungsstruktur mit der Übernahme des überwiegenden Teils der Leistungsaufwendungen für die Altenteiler durch den Bund. 2. Wie unterscheiden sich nach Kenntnis der Bundesregierung die Leistungen der LKK von den Leistungen der anderen Krankenkassen? Für die Leistungen der LKK wird im „Zweiten Gesetz über die Krankenversicherung der Landwirte – KVLG 1989“ auf die für alle anderen Krankenkassen geltenden Vorschriften des „Fünften Buches Sozialgesetzbuch – SGB V“ verwiesen. Grundsätzlich bestehen deshalb zwischen den Leistungen der LKK im Vergleich zu anderen Krankenkassen keine Unter-schiede. Darüber hinaus bietet die LKK als berufsständisches Sondersystem zielgenaue und maßgeschneiderte Leistungen an. Nennenswert sind hierbei insbesondere die Betriebs- und Haushaltshilfe, mit der das Unternehmen beispielsweise bei einem Krankenhausaufenthalt des Unternehmers weiter bewirtschaftet werden kann, auf die besonderen Belastungen im Arbeitssektor Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau zugeschnittenen Gesundheits- und Präventionsangebote wie Online-Gesundheitstrainings, Präventionsangebote zur Erkennung seelischer Belastung und Stärkung der Gesundheit z. B. durch Einzelfallcoaching oder einer Krisenhotline, Betriebsübergabeseminare oder einen branchenbezogenen Gesundheit-Kompaktkurs. 3. Wieso werden für die selbständig erwerbstätigen Unternehmer unter dem Dach der sogenannten grünen Krankenversicherung Ersatzmaßstäbe unterstellt , auf deren Basis 20 Beitragsklassen zu bilden sind, anstatt ihre tatsächlichen Einkünfte als Grundlage der Beitragsbemessung zu nutzen? Da das Einkommen von Landwirten nur schwer zu ermitteln ist, gibt es in der landwirtschaftlichen Krankenversicherung – anders als in der allgemeinen gesetzlichen Krankenversicherung – keinen einheitlichen Beitragssatz auf das beitragspflichtige Entgelt, sondern die Krankenkasse muss auf flächenbezogene Ersatzmaßstäbe zurückgreifen. Die Festsetzung der Beiträge erfolgt durch die Satzung der landwirtschaftlichen Krankenkasse (LKK). Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/11317 Der Gesetzgeber hat in § 40 Absatz 1 KVLG 1989 einschränkend vorgegeben, dass die Beiträge der Unternehmer nach dem Wirtschaftswert, dem Arbeitsbedarf oder einem anderen angemessenen Beitragsmaßstab bestimmt werden müssen. Die tatsächlichen Einkünfte bzw. das Arbeitseinkommen oder andere steuerrechtliche Einkommensbegriffe könnten von der LKK nicht als andere angemessene Beitragsmaßstäbe herangezogen werden. Ein Hintergrund für diese Einschränkung ist, dass sich für die Massenverwaltung der LKK die tatsächlichen Einkünfte der Landwirte kaum und auch nicht zeitnah ermitteln ließen. Dies bereits aus dem Grund, dass Landwirte, sofern sie die Voraussetzungen erfüllen und weder Bücher führen noch ihren Gewinn durch Abzug der Ausgaben von den Einnahmen ermitteln, nach § 13a EStG einen vereinfachend pauschalierten Gewinn ermitteln können. 4. Inwieweit bilden die Ersatzmaßstäbe die tatsächliche Leistungsfähigkeit des Versicherten ab, und worauf stützt die Bundesregierung ihre Einschätzung? Die LKK wendet den „korrigierten Flächenwert“ als Beitragsbemessungsgrundlage an. Mit diesem Beitragsmaßstab sollen die Ertragskraft bzw. die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Betriebes auf Grundlage der bewirtschafteten Flächen abgebildet werden. Mit Gründung der bundesweit zuständigen LKK haben sich die im Ehrenamt vertretenen Berufsvertreter nach gründlicher Abwägung und Beratung und unter Einbeziehung externer wissenschaftlicher Expertise auf die Heranziehung des „korrigierten Flächenwerts“ als anderen angemessenen Beitragsmaßstab festgelegt. Damit wird – auch nach Ansicht der Bundesregierung – in geeigneter Weise die Ertragskraft der Betriebe nach abstrakten Werten bemessen. Eine Konkretisierung und Präzisierung erfolgt durch die Verknüpfung mit den jährlich neu ermittelten Werten aus der „Verordnung zur Ermittlung des Arbeitseinkommens aus der Land- und Forstwirtschaft – AELV“. Danach werden Beziehungswerte auf der Grundlage eines fünfjährigen Durchschnitts der Einkommen der dem Agrarpolitischen Bericht der Bundesregierung zugrundeliegenden Testbetriebe ermittelt und als Einkommenskomponente im Beitragsmaßstab berücksichtigt. Dadurch wird sichergestellt, dass die grundsätzliche Einkommensentwicklung in der Landwirtschaft zeitnah berücksichtigt wird, ohne dass vorübergehende Ausreißer eine kontinuierliche Beitragsbemessung konterkarieren. Grundsätzlich sind andere Maßstäbe denkbar. Es ist aber gegenwärtig nicht erkennbar , dass ein anderer Beitragsmaßstab auch mit Blick auf die Massenverwaltung die von der Solidargemeinschaft zu leistenden Beiträge auf den einzelnen Beitragszahler besser oder gerechter verteilen würde. Im Übrigen obliegt die Entscheidung über die Festlegung der Beitragsmaßstäbe der Selbstverwaltung der SVLFG. 5. Sieht die Bundesregierung Handlungsbedarf bezüglich der Anpassung der Bemessungsgrundlagen? Die Bundesregierung sieht keinen Handlungsbedarf für eine Anpassung der Beitragsbemessungsgrundlagen der LKK bzw. des gesetzlichen Rahmens dafür. Zur Begründung wird auf die Antwort zu Frage 4 verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/11317 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 6. Wie schätzt die Bundesregierung die Möglichkeit und Wahrscheinlichkeit ein, dass durch die Pflichtversicherung in der „grünen Krankenversicherung“ und insbesondere durch die abweichende Beitragsbemessung unzumutbare Härten durch die Höhe der Versicherungsbeitrage für die Versicherten entstehen , und welche Maßnahmen ergreift die Bundesregierung, um derartige Härtefälle abzumildern? Die Schaffung einer Versicherungspflicht wurde vom Gesetzgeber durch maßvolle Befreiungsmöglichkeiten flankiert. Bereits dies war bei Schaffung des Sondersystems ein Element, um Härtefälle im Einzelnen abzumildern. Mit Blick auf Härten durch die Höhe der Beiträge ist zu berücksichtigen, dass die AELV durch die Betrachtung des Fünf-Jahres-Zeitraums enorme Schwankungen bei der Einkommens-entwicklung abmildert. Zusätzlich sieht die Satzung der SVLFG in § 131 Absatz 7 eine Härtefallregelung vor, nach der auf Antrag unter bestimmten Voraussetzungen für landwirtschaftlich oder weinbaulich genutzte Flächen zugunsten der Unternehmer niedrigere Flächenwerte festgesetzt werden können. Darüber hinaus werden Härten bei den Beiträgen der Unternehmer durch die Beteiligung des Bundes an der Finanzierung der Aufwendungen der LKK abgemildert . Durch den Struktur-wandel in der Landwirtschaft nimmt in der landwirtschaftlichen Krankenversicherung die Zahl der Rentner im Verhältnis zu den aktiven Mitgliedern wesentlich schneller zu als in der allgemeinen Krankenversicherung . Es war daher schon bei Einführung der landwirtschaftlichen Krankenversicherung nicht vertretbar, die bäuerlichen Familien mit den Gesundheitskosten für die weiter zunehmende Zahl der Rentner zu belasten. Da die Bewältigung der finanziellen Folgen des Strukturwandels in der Landwirtschaft eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist, übernimmt deshalb der Bund weitgehend den Teil der Leistungsaufwendungen der Rentner, der nicht durch deren Beiträge und den Solidarbeitrag der Unternehmer und der freiwillig Versicherten gedeckt ist. 7. Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, um Gegenmaßnahmen zu treffen, wenn die gewählten Ersatzmaßstäbe ihr Ziel, das durchschnittliche Einkommen im Zeitverlauf widerzuspiegeln, verfehlen und somit eine unzumutbare Belastung für den Pflichtversicherten entsteht? Die Beitragseinnahmen aller Krankenkassen und damit auch der LKK sind so zu bemessen, dass damit die Leistungsausgaben und Verwaltungskosten gedeckt werden können. Die LKK ist bei der Beitragsgestaltung nicht frei. Der Gesetzgeber hat der LKK einen eingeschränkten Rahmen für die Beitragsbemessung vorgegeben . Zusätzlich muss die Satzung 20 Beitragsklassen vorsehen, mit einer unteren und oberen Beitragsklasse, einer Festlegung der Beitragsklassen zueinander sowie einer Verknüpfung zur Beitragshöhe in der allgemeinen gesetzlichen Krankenversicherung (§ 40 Absatz 1 Sätze 4 bis 6 KVLG 1989). So muss der Beitrag der höchsten Beitragsklasse mindestens 90 Prozent des Höchstbeitrages in der allgemeinen gesetzlichen Krankenversicherung erreichen. Ebenso wie Versicherte mit einem niedrigen Einkommen einen niedrigen Beitrag in der allgemeinen Krankenkasse zahlen, werden Unternehmen mit einem niedrigen korrigierten Flächenwert in eine niedrige Beitragsklasse eingestuft und zahlen dementsprechend einen niedrigen Beitrag. Unternehmen mit einem hohen korrigierten Flächenwert , d. h. mit einer großen Ertragskraft, zahlen entsprechend mehr. Diese Beitragsregelungen tragen dem in der gesetzlichen Krankenversicherung geltenden Solidarprinzip Rechnung. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/11317 Die konkrete Ausgestaltung in der Satzung wird vom Bundesversicherungsamt als verantwortlicher Aufsichtsbehörde geprüft. Jede Änderung und Anpassung der Satzung muss genehmigt werden. Auch im Rahmen der Haushaltsgenehmigung der LKK (§ 71d Absatz 3 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch – SGB IV) wird die Planung der Einnahmen – insbesondere durch die Beiträge – bewertet. Im Übrigen wird hinsichtlich unzumutbarer Härten auf die in der Antwort zu Frage 6 erwähnte Härtefallregelung verwiesen. 8. Wie und in welchen Abständen evaluiert die Bundesregierung die Höhe der Beiträge zur „grünen Krankenversicherung“, und welche Anpassungen in der Beitragshöhe wurden seit dem Jahr 2010 vorgenommen? Die Bewertung der Höhe der Beiträge der LKK erfolgt in dem in der Antwort zu Frage 7 dargestellten Rahmen. Die Betrachtung der Beitragshöhen der LKK ist mit erstmaliger Wirkung des neuen bundes-weit einheitlichen Beitragsmaßstabes ab 2014 möglich. In den darauffolgenden Jahren wurde die Beitragsstabelle der LKK jeweils geändert: 2015 erfolgte eine geringfügige Erhöhung der Beiträge, um den Vorgaben des § 40 Absatz 1 Sätze 4 bis 6 KVLG 1989 zu entsprechen. 2016 und 2017 erfolgten jeweils Erhöhungen des Beitrags der Beitragsklasse 20, um den Vorgaben des § 40 Absatz 1 Satz 6 KVLG 1989 zu entsprechen. 2018 und 2019 erfolgten Beitragserhöhungen wegen des erhöhten Finanzbedarfs insbesondere aufgrund von Leistungssteigerungen und verpflichtend höheren Aufwendungen für Altersrückstellungen. Darüber hinaus können individuell Beitragserhöhungen entstanden sein. Ursachen hierfür können sein: Änderungen in den Betriebsverhältnissen und damit Änderung der Beitragsklasse Folge der Beitragsangleichungen im Übergangszeitraum von 2014 bis 2017 im Zuge der Errichtung des Bundesträgers (vgl. § 64 Absatz 5 KVLG 1989). Degressiver Einsatz von Sondervermögen in bestimmten Regionen im Übergangszeitraum von 2014 bis 2017 (vgl. § 64 Absatz 6 KVLG 1989 und § 10 des Gesetzes zu Übergangsregelungen zur Errichtung der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau – SVLFÜG). Änderungen der Beitragsberechnung für besondere Bewirtschaftungsarten (vgl. § 131 der Satzung der LKK). 9. Wie viele Beschwerden und Eingaben haben die Bundesministerien beziehungsweise nachgeordnete Behörden seit dem Jahr 2017 über die Beitragshöhe erhalten (bitte nach Bundesministerien und Behörden sowie Jahresscheiben aufschlüsseln), und wie gehen die Bundesministerien mit diesen Eingaben und Beschwerden um? Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft hat 2017 zwei, 2018 sechs und 2019 bisher keine Eingaben und das Bundesversicherungssamt 2017 vier, 2018 vier und 2019 bisher zwei Eingaben zur Beitragshöhe und Beitragsbemessung erhalten. Die Eingaben wurden beantwortet. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333