Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums des Innern vom 8. März 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/1132 19. Wahlperiode 09.03.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Benjamin Strasser, Stephan Thomae, Linda Teuteberg, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/863 – Organisierte Betrugsstraftaten aus Call-Centern in der Türkei V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Bereits seit einigen Jahren beschäftigt das Phänomen von ausländischen Call- Centern ausgehender organisierter Betrugsstraftaten die Polizei- und Sicherheitsbehörden in Deutschland und dem deutschsprachigen Ausland. Der Sitz der Call-Center befindet sich vorwiegend in der Republik Türkei. Die Täter nutzen dabei verschiedene Betrugsszenarien zum Nachteil zumeist älterer Bürgerinnen und Bürger. Beispielhafte Szenarien sind laut Bundeskriminalamt die Einforderung von „Gebühren für die angebliche Teilnahme an Gewinnspielen bis hin zu falschen Gewinnversprechen“ (s. www.bka.de/DE/UnsereAufgaben/Deliktsbereiche/ BetruegerischeGewinnversprechen/betruegerischegewinnversprechen_node.html, letzter Abruf 15. Februar 2018). Die Täter fordern ihre potentiellen Opfer auf, Geldbeträge per Post ins Ausland zu versenden oder bar an einen Abholer zu übergeben. Bei den Betrugsstraftaten nutzen die Täter auch bspw. die Manipulation der eigenen Telefonnummer, um die Glaubwürdigkeit ihres Vorhabens zu steigern. Ein weiteres Betrugsszenario beinhaltet die telefonische Kontaktaufnahme angeblicher Polizeibeamter, welche die potentiellen Opfer auffordern, aufgrund kurzfristig zu erwartender Einbruchskriminalität Bargeld und Wertgegenstände an persönlich erscheinende, vorgetäuschte Polizeibeamte zu übergeben. Dabei kam es in der Vergangenheit auch zu Fällen, an denen Verdächtige aus dem Rockermilieu beteiligt gewesen sein sollen (vgl. www.ksta.de/koeln/-bandidos-- mitglied-verhaftet-betrug-an-koelner-senioren-aus-der-tuerkei-gesteuert-25602236, letzter Abruf 15. Februar 2018). 1. Wie viele Fälle der in der Vorbemerkung genannten Szenarien und artverwandter Betrugsfälle sind der Bundesregierung für die Jahre 2016 und 2017 bekannt? Telefonbetrug wird in der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) unter der Schlüsselnummer 510000 (Betrug) abgebildet. Die PKS nimmt eine detaillierte Aufschlüsselung nach Modus Operandi (z. B. falscher Polizeibeamter, Enkeltrick) oder täterseitig genutzten technischen Mitteln (z. B. Telefon/Call-Center) nicht Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/1132 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode vor. Eine Aussage zu Fallzahlen in Zusammenhang mit den genannten Szenarien oder artverwandter Betrugsfälle kann von der Bundesregierung nicht getroffen werden. 2. Wie schätzt die Bundesregierung die Anzeigenquote der in der Vorbemerkung genannten Szenarien und artverwandter Betrugsfälle ein? Die aus der PKS für die Bundesregierung verfügbaren Daten lassen keine Aussage zur Anzeigenquote zu. Bei der PKS handelt es sich um eine polizeiliche Ausgangsstatistik. Dies bedeutet, dass nur die Straftaten erfasst werden, die der Polizei bekannt geworden sind und von der Polizei bearbeitet wurden. 3. In wie vielen Fällen der angezeigten Straftaten kam es nach den Erkenntnissen der Bundesregierung zu einer erfolgreichen Ermittlung der Täter sowie deren rechtskräftigten Verurteilung? Der Bundesregierung liegen hierzu keine statistischen Informationen vor. In der PKS werden keine Daten zu den oben genannten Szenarien abgebildet. Auch die vom Statistischen Bundesamt jährlich herausgegebene Statistik „Strafverfolgung “ (Fachserie 10, Reihe 3) liefert hierzu keine Angaben. Sie erfasst Aburteilungen und Verurteilungen von Personen anhand eines ausführlichen Straftatenverzeichnisses . Die Tatattribute, die nicht Teil des gesetzlichen Straftatbestandes sind, vorliegend „Call-Center Anruf aus der Türkei“, werden aber nicht erfasst. Aus demselben Grund lassen sich zur Fragestellung auch keine Erkenntnisse aus den Geschäftsstatistiken des Statistischen Bundesamts „Strafgerichte“ (Fachserie 10, Reihe 2.3) und „Staatsanwaltschaften“ (Fachserie 10, Reihe 2.6) ziehen. Verlaufsstatistische Aussagen sind ebenfalls nicht möglich. 4. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung hinsichtlich des Strafmaßes, das in der Regel gegen die verantwortlichen Täter verhängt wird? Die Bundesregierung kann hierzu aus den in der Antwort zu Frage 3 genannten Gründen keine Aussage treffen. 5. Hat die Bundesregierung Erkenntnisse über eine organisierte Zusammenarbeit türkischer Tätergruppen mit Gruppen aus dem deutschen Rockermilieu? Wenn ja, welche? Der Bundesregierung liegen Erkenntnisse vor, wonach durch Personen, die dem Rockermilieu zugerechnet werden können, aus der Türkei heraus Anrufe mit Betrugsabsicht organisiert werden. Ermittlungen in Deutschland führten zur Festnahme von Personen aus dem Umfeld des Rockermilieus, die nicht selbst Mitglieder von Rockergruppierungen waren. 6. Hat die Bundesregierung Erkenntnisse, ob die Betrugsstraftaten aus Deutschland oder der Türkei geplant werden? Wenn ja, welche? Die Planung von Straftaten, auch von solchen des Telefonbetrugs, ist grundsätzlich an jedem Ort möglich. Aussagen zum Aufenthaltsort von Tätern zum Zeitpunkt der Planung von Straftaten sind nicht möglich. Eine Aussage zu Häufigkeiten spezifischer Modi Operandi, der Nutzung von Call-Centern, zu Auslandsbezügen und zur Nationalität von Tatverdächtigen kann nicht getroffen werden. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/1132 7. Kooperiert die Bundesregierung mit türkischen Sicherheitsbehörden, um die von der Republik Türkei ausgehenden Betrugsstraftaten zu beenden? Das Bundeskriminalamt kooperiert mit den türkischen Sicherheitsbehörden in allen Bereichen der Kriminalitätsbekämpfung unter Beachtung der bestehenden rechtlichen Rahmenbedingungen. Dies gilt auch für Betrugsstraftaten. Das Bundeskriminalamt unterstützt die Ermittlungsdienststellen der Länder durch die Präsenz seiner Verbindungsbeamten im Ausland sowie in seiner Funktion als Zentralstelle der deutschen Polizei, als Nationales Zentralbüro der Internationalen Kriminalpolizeilichen Organisation (IKPO-INTERPOL) sowie als Nationale Stelle für Europol beim polizeilichen Informationsaustausch mit den Strafverfolgungsbehörden der Türkei. a) Wenn ja, wie bewertet die Bundesregierung den Erfolg der Kooperationsmaßnahmen ? Die Kooperation mit den türkischen Sicherheitsbehörden in dem o. g. Deliktsbereich hat sich seit dem Putsch in der Türkei verschlechtert. Die türkische Regierung ist aber aktuell um eine Verbesserung der Zusammenarbeit bemüht. b) Gab es aufgrund der Verhaftungen türkischer Polizeibeamter durch die Regierung von Recep Tayyip Erdoǧan spürbare Einschränkungen in der deutsch-türkischen Zusammenarbeit in dem besagten Deliktsbereich? Es ist allgemein festzustellen, dass es in Folge der Vielzahl von Verhaftungen von türkischen Polizeibeamten in allen Deliktbereichen zu Einschränkungen kam. 8. An welchen rechtlichen oder tatsächlichen Hürden scheitert nach Erkenntnissen der Bundesregierung das Schließen betroffener Call-Center in der Türkei? Der Bundesregierung liegen hierzu keine Informationen vor. 9. Welche anderen bzw. ergänzenden Maßnahmen gedenkt die Bundesregierung zu ergreifen, um den Call-Center-Betrug aus der Türkei einzudämmen? Das Bundesministerium des Innern hat das türkische Innenministerium um eine Intensivierung der Kooperation im Bereich des sogenannten Call-Center-Betrugs gebeten. 10. Gibt es über die Türkei hinaus noch weitere Staaten, von denen ausgehend nach den geschilderten Mustern operiert wird? a) Wenn ja, um welche Staaten handelt es sich? Dem Bundeskriminalamt liegen aus der internationalen Kooperation Erkenntnisse vor, dass auch in Serbien, Spanien, Belgien, der VR China, Taiwan und Polen Call-Center Strukturen existieren, die auch für den Betrug mittels Telefon genutzt werden. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/1132 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode b) Wenn ja, kooperiert die Bundesregierung mit den Sicherheitsbehörden, um die von dort ausgehenden Betrugsstraftaten zu beenden, und wie beurteilt die Bundesregierung den Erfolg der Kooperationsmaßnahmen? Das Bundeskriminalamt kooperiert in der internationalen Zusammenarbeit mit ausländischen Sicherheitsbehörden grundsätzlich in allen Bereichen der Kriminalitätsbekämpfung unter Beachtung der bestehenden rechtlichen Rahmenbedingungen . 11. Welche Maßnahmen ergreift die Bundesregierung im Rahmen der Prävention , um mögliche Opfer bereits im Vorfeld möglicher Straftaten über die Vorgehensweise der Täter zu informieren? Die 36. Arbeitstagung der Referentinnen und Referenten des Programms Polizeiliche Kriminalprävention der Länder und des Bundes (ProPK) stellte im Zusammenhang mit Straftaten durch falsche Polizeibeamte einen gemeinsamen Handlungsbedarf fest. Angesichts der bundesweiten Problemstellung sowie der bundesweiten Zuständigkeit von Nordrhein-Westfalen in der Kommission Polizeiliche Kriminalprävention (KPK) zu „Prävention von Straftaten zum Nachteil von Seniorinnen und Senioren“ hat das Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen die Zentrale Geschäftsstelle (ZGS) der ProPK im Juli 2017 beauftragt, Informationsmedien zum Thema „Falsche Polizeibeamte“ für Bürger sowie für Bankangestellte zu erstellen . Die KPK hat die Textentwürfe zum Thema „Falsche Polizeibeamte“ für Bürger sowie für Bankangestellte (Stand 22. August 2017) zustimmend zur Kenntnis genommen und die ZGS mit der weiteren Umsetzung der Informationsblätter beauftragt . Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333