Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz vom 1. Juli 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/11348 19. Wahlperiode 03.07.2019 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Thomas Hacker, Katja Suding, Grigorios Aggelidis, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/10947 – Rechtsdurchsetzung in sozialen Medien V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Das Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) ist am 1. Oktober 2017 in Kraft getreten und soll der Bekämpfung von äußerungsrechtlichen Delikten wie der Hassrede dienen. Um das NetzDG herum ist eine kontrovers geführte Debatte über Sinn, Zweck, Geeignetheit und Verhältnismäßigkeit entbrannt. Auch die von den entsprechenden Unternehmen veröffentlichten Transparenzberichte zum NetzDG haben Befürworter und Kritiker des NetzDG nicht verstummen lassen. Die sowohl von den Unternehmen als auch vom Bundesamt für Justiz (BfJ) veröffentlichten Zahlen können unterschiedlich interpretiert werden. Aus den Transparenzberichten der größten Plattformbetreiber geht hervor, dass die Zahl der Beschwerden, die bei den Plattformbetreibern eingehen, bei einem Großteil der Plattformen rückläufig sind. Die Gründe hierfür sind umstritten. Zum einen wird dies auf eine benutzerunfreundliche Gestaltung bei den Plattformen zurückgeführt und zum anderen wird darin die Bestätigung gesehen, dass eine gedankliche Vorzensur durch die Nutzer selbst stattfindet. Hinzukommt, dass aus den Transparenzberichten hervorgeht, dass die Netzwerkbetreiber trotz der geringen Anzahl an Beschwerden plattformübergreifend nur bei etwa 25 Prozent der Beschwerden Maßnahmen ergriffen haben. Aus der Tatsache, dass gut 75 Prozent der Beschwerden von den Plattformbetreibern nicht weiter verfolgt werden, könnte der Schluss gezogen werden, dass dem Bundesamt für Justiz eine Vielzahl an Sachverhalten gemeldet werden müsste. Im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD sieht die Große Koalition vor, dass sie die NetzDG-Transparenzberichte zum Anlass nehmen möchte, „um das Netzwerkdurchsetzungsgestz insbesondere im Hinblick auf die freiwillige Selbstregulierung weiterzuentwickeln“ (S. 131 Koalitionsvertrag). Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/11348 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 1. Wie bewertet die Bundesregierung die Tatsache, dass die Zahl der Beschwerden bei den weit überwiegenden Plattformen rückläufig sind? a) Welche Ursachen liegen diesem Rückgang aus Sicht der Bundesregierung zugrunde? Die Zahlen der Beschwerden nach den zweiten Transparenzberichten nach dem NetzDG für das zweite Halbjahr 2018 sind denen nach den ersten Transparenzberichten für das erste Halbjahr 2018 ähnlich. Daher nimmt die Bundesregierung insgesamt keinen Rückgang der Beschwerdezahlen an. b) Hat die Bundesregierung Kenntnis, ob das BfJ eine Liste der Anbieter von sozialen Netzwerken besitzt, die einer Berichtspflicht unterliegen? c) Hat die Bundesregierung Kenntnis, wer konkret die Anbieter sozialer Netzwerke sind, die einer Berichtspflicht nach dem NetzDG unterfallen? Aufgrund des Sachzusammenhangs werden die Fragen 1b und 1c gemeinsam beantwortet . Eine abschließende Liste von Netzwerkbetreibern, die vom NetzDG erfasst sind, existiert nicht. Die Eröffnung des Anwendungsbereichs des NetzDG wird vom Bundesamt für Justiz (BfJ) im Rahmen eines konkreten Ordnungswidrigkeitenverfahrens wegen Verstoßes gegen das NetzDG im jeweiligen Einzelfall geprüft. Berichte über den Umgang mit Beschwerden über rechtswidrige Inhalte haben insgesamt sieben Anbieter veröffentlicht. Über das erste Halbjahr 2018 haben Change.org San Francisco, Facebook Ireland Limited Dublin, Google Mountain View, The Jodel Venture GmbH Berlin, Twitter International Company Dublin und YouTube San Bruno berichtet. Über das zweite Halbjahr 2018 hat zusätzlich zu den bereits genannten Anbietern auch die SoundCloud Ltd. Berlin einen Bericht über den Umgang mit Beschwerden über rechtswidrige Inhalte veröffentlicht . Diese 13 Berichte sind auch im Bundesanzeiger (www.bundesanzeiger.de/) im Bereich „Verschiedene Bekanntmachungen“, dort „Berichte Anbieter sozialer Netzwerke“, veröffentlicht. d) Wer stellt nach Kenntnis der Bundesregierung fest, welche sozialen Netzwerke Verpflichtete nach dem NetzDG sind und überprüft entsprechende Angaben auf Korrektheit und Vollständigkeit? Das BfJ ist zuständige Verwaltungsbehörde nach § 4 Absatz 4 NetzDG. e) Plant die Bundesregierung, das NetzDG dahingehend zu ändern, dass die Plattformen Nutzern die Beschwerde künftig leichter ermöglichen müssen ? Die Bundesregierung prüft anlässlich der Pflicht zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2018/1808 zur Änderung der Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste, ob und inwiefern auch das Netzwerkdurchsetzungsgesetz geändert wird. Diese Prüfung dauert noch an. f) Welchen Einfluss sieht die Bundesregierung in den jeweiligen „Community Standards“ der Plattformen für den Rückgang? Auf die Antwort zu Frage 1a wird verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/11348 g) Wie bewertet die Bundesregierung die jeweiligen „Community Standards “ im Vergleich zum NetzDG hinsichtlich Praktikabilität, Beschwerdegrund , Schutzgut, Durchsetzung und Dauer der Bearbeitung? „Community Standards“ werden zwischen der Nutzerin oder dem Nutzer und dem privaten Netzwerkbetreiber vertraglich vereinbart. Welche Inhalte ein Nutzer in einem sozialen Netzwerk verbreiten darf, bestimmt sich – im Verhältnis zum Netzwerkbetreiber – nach diesem vertraglichen Verhältnis. Wenn der private Netzwerkbetreiber mit der Nutzerin oder dem Nutzer vertraglich vereinbart hat, dass nur bestimmte Inhalte über das soziale Netzwerk verbreitet werden dürfen, können solche Vereinbarungen ggf. einer gerichtlichen Inhaltskontrolle unterliegen . Im Übrigen sieht die Bundesregierung von einer weiteren Bewertung ab, da es sich um ein zwischen Privaten vereinbartes Vertragsverhältnis handelt. 2. Wie hat sich die Zahl der eingegangenen Beschwerden beim Bundesamt für Justiz über das Jahr 2018 gesehen entwickelt? a) Entspricht die Zahl der eingegangenen Beschwerden dem, was die Bundesregierung vor dem Inkrafttreten des NetzDG erwartet hat? Auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 29 der Kleinen Anfrage der Fraktion der FDP auf Bundestagsdrucksache 19/5389 wird verwiesen. b) Wie wird sich die Zahl der Beschwerden aus Sicht der Bundesregierung nach den bisherigen Erkenntnissen für das Bundesamt für Justiz im Jahr 2019 entwickeln? Mit Stand vom 21. Juni 2019 sind 342 Meldungen im Jahr 2019 eingegangen. Wie sich das Meldeverhalten in Zukunft entwickeln wird, lässt sich nicht abschätzen . c) Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung die Anzahl an Spam- Meldungen an das BfJ, und wie werden diese identifiziert und herausgefiltert ? Die Zahl der Spam-Meldungen liegt im niedrigen einstelligen Bereich. Die Kategorisierung einer Meldung als Spam erfolgt durch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BfJ und ist einzelfallabhängig. 3. Wie viele Bußgeldverfahren wurden durch das Bundesamt für Justiz bisher angestoßen? a) Entspricht diese Zahl dem, was die Bundesregierung bei Inkrafttreten des NetzDG erwartet hat? Seit Inkrafttreten des NetzDG hat das BfJ rund 1 100 Verfahren eingeleitet. Diese betreffen unterschiedliche bußgeldbewehrte Pflichten des NetzDG und sind in der Bearbeitung zeitintensiv. Ein Schwerpunkt ist die Prüfung der Meldewege der sozialen Netzwerke und insbesondere die Frage, ob soziale Netzwerke mit mindestens zwei Millionen registrierten Nutzern im Inland jeweils ein leicht erkennbares, unmittelbar erreichbares und ständig verfügbares Verfahren zur Übermittlung von Meldungen über rechtswidrige Inhalte zur Verfügung stellen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/11348 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Ein weiterer Schwerpunkt ist die Prüfung der halbjährlichen Transparenzberichte der sozialen Netzwerke auf ihre Vereinbarkeit mit den Normierungen des NetzDG. Das BfJ führt insbesondere auch Verfahren in Bezug auf die Einhaltung der Pflichten nach § 5 Absatz 1 Satz 1 NetzDG (Benennung eines Zustellungsbevollmächtigten im Inland) durch. Die Prüfung einzelner Meldungen von Nutzerinnen und Nutzern sozialer Netzwerke mit dem Vorwurf, dass ein Netzwerk trotz Beschwerde einen Inhalt nicht gelöscht hat, stellt den Ausgangspunkt für einen weiteren Schwerpunkt der Arbeit des BfJ dar. Die Meldungen werden dahingehend geprüft, ob sich Anhaltspunkte ergeben, dass bei einem Netzwerk ein systemisches Versagen beim Umgang mit Beschwerden über rechtswidrige Inhalte vorliegt. b) Wie viele Verfahren wurden nach der Meldung an das Bundesamt für Justiz positiv abgeschlossen und beschieden? Das BfJ hat mit Stand vom 21. Juni 2019 noch keinen Bußgeldbescheid erlassen. c) Wodurch sieht die Bundesregierung die Lücke von gemeldeten, weiterverfolgten und festgestellten Verstößen begründet? Auf die Antwort zu Frage 3a wird verwiesen, insbes. auf den letzten Absatz. d) Durch welche Maßnahmen möchte die Bundesregierung diese Lücke schließen, und falls keine Maßnahmen angedacht sind, warum nicht? Auf die Antwort zu Frage 1e wird verwiesen. e) Gegen welche Anbieter wurden bisher konkret Ermittlungen aufgenommen , und was sind die jeweiligen Gründe dafür? Es wurden Verfahren zu mehreren Anbietern eingeleitet, bei denen Anhaltspunkte bestanden, dass die Voraussetzungen für die Anwendbarkeit des NetzDG vorliegen und ein Verstoß gegen Vorgaben des Gesetzes vorliegen könnte. So wird in laufenden Verfahren u. a. geprüft, ob die Meldewege und Transparenzberichte von Anbietern großer sozialer Netzwerke den Vorgaben des Gesetzes entsprechen. Zu den Einzelheiten konkreter Verfahren nimmt die Bundesregierung aus grundsätzlichen Erwägungen keine Stellung. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 3a verwiesen. 4. Wie viele Mitarbeiter des Bundesamtes für Justiz sind mit der Bearbeitung der Beschwerden betraut? a) Wie viele Beschwerden entfallen auf einen Mitarbeiter? Im Referat „Bußgeldverfahren nach dem NetzDG“ sind 13 Personen in Voll- und Teilzeit mit der Bearbeitung der Meldungen betraut. Die Anzahl der Verfahren, die auf einen Sachbearbeiter oder eine Sachbearbeiterin entfallen, richtet sich danach , ob die Person in Teil- oder Vollzeit arbeitet. Derzeit entfallen im Durchschnitt rund 130 Verfahren auf eine Sachbearbeiterin oder einen Sachbearbeiter. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/11348 b) Wie viele Beschwerden werden von den Mitarbeitern pro Monat im Schnitt bearbeitet? c) Wie lange ist die durchschnittliche Bearbeitungsdauer einer Beschwerde? Die Fragen 4b und 4c werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Die Bearbeitungsdauer eines Verfahrens hängt grundsätzlich vom Bußgeldverfahrenstyp ab. Das NetzDG sieht in § 4 Absatz 1 NetzDG acht verschiedene Bußgeldtatbestände vor. Im Einzelnen hängt die Bearbeitungsdauer vom tatsächlichen und rechtlichen Prüfungsumfang ab, so dass eine durchschnittliche Bearbeitungsdauer nicht genannt werden kann. d) Plant die Bundesregierung aufgrund der rückläufigen Anzahl an Beschwerden sowohl kurz- als auch langfristig eine Reduzierung der mit den Beschwerden betrauten Mitarbeiter? Auf die Antwort zu Frage 1a wird verwiesen. Daher ist auch eine Reduzierung der Mitarbeiterzahl nicht geplant. 5. Wie erklärt die Bundesregierung die Negierung des Antragsrechts des Betroffenen , und inwieweit sieht die Bundesregierung in der Löschung ohne Antrag und Anhörung des Betroffenen auch eine Persönlichkeitsrechtsverletzung beim Betroffenen, welcher aus prozessrechtlichen, gesellschaftlichen oder sonstigen Gründen an einer Löschung bewusst kein Interesse haben kann? Auf die Antwort der Bundesregierung (Bundestagsdrucksache 19/7023) auf die Kleine Anfrage der Fraktion der FDP (Bundestagsdrucksache 19/6739) zu Frage 9 wird verwiesen. Im Übrigen hält die Bundesregierung das NetzDG auch in der beschriebenen Konstellation mit dem Persönlichkeitsrecht für vereinbar. Hierbei ist auch zu berücksichtigen , dass bei Antragsdelikten im Falle einer Einwilligung des Opfers in die Rechtsgutsverletzung kein rechtswidriger Inhalt i. S. v. § 1 Absatz 3 NetzDG mehr vorliegt. In diesem Fall folgt aus dem NetzDG gerade keine Vorgabe, dass der fragliche Inhalt zu löschen wäre. Das Fehlen eines Strafantrages führt (auch bei Kenntnis des Opfers von der Tat) aber gerade nicht zu einer (konkludenten) Einwilligung des Opfers in die Rechtsgutsverletzung. 6. Ordnet die Bundesregierung soziale Netzwerke den Telemedien zu, und falls nein, aus welchen Gründen nicht, und worunter würde die Bundesregierung soziale Netzwerke subsumieren? a) Woraus zieht die Bundesregierung ihre Kompetenz für das Netzwerkdurchsetzungsgesetz ? b) Welche Gründe sprechen aus Sicht der Bundesregierung gegen eine Länderkompetenz ? c) Welche Gründe sprechen aus Sicht der Bundesregierung gegen eine Regulierung innerhalb des Rundfunkstaatsvertrages im Bereich der Telemedien ? Bei sozialen Netzwerken im Internet handelt es sich nach Auffassung der Bundesregierung um Telemedien im Sinne des § 1 Absatz 1 Satz 1 des Telemediengesetzes (TMG). Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/11348 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Der Bundesgesetzgeber hat das NetzDG auf das Recht der Wirtschaft nach Artikel 74 Absatz 1 Nummer 11 des Grundgesetzes (GG) sowie die öffentliche Fürsorge nach Artikel 74 Absatz 1 Nummer 7 GG gestützt. Es handelt sich hierbei um eine konkurrierende Gesetzgebungskompetenz, d. h. die Länder haben die Befugnis zur Gesetzgebung, solange und soweit der Bund von seiner Gesetzgebungszuständigkeit nicht durch Gesetz Gebrauch gemacht hat (Artikel 72 Absatz 1 GG). In dem Umfang, in dem der Bund durch das NetzDG von seiner Gesetzgebungskompetenz Gebrauch gemacht hat, ist die Befugnis der Länder gesperrt . 7. Wie bewertet die Bundesregierung die Frage, ob zur Abschwächung der Prangerwirkung ein Put-back sich auch auf den Löschungshinweis beziehen müsste? Das NetzDG sieht weder die Anbringung eines Löschungshinweises vor, wenn der betreffende Inhalt vom Anbieter gelöscht worden ist, noch dessen Beseitigung , wenn der Anbieter den gelöschten Inhalt wieder eingestellt hat. Nach § 3 Absatz 2 Nummer 5 NetzDG sind hingegen Beschwerdeführer und Nutzer unverzüglich über Entscheidungen zu informieren. Sogenannte Löschhinweise erfolgen daher nicht auf Grundlage des NetzDG. Für die Frage der Zulässigkeit von Löschhinweisen kommt es vorrangig auf die zwischen Nutzer und Netzwerk bestehende vertragsrechtliche Beziehung an. 8. Sieht die Bundesregierung Bedarf, die Auffindbarkeit des Beschwerdebuttons zu standardisieren? a) Falls nein, warum nicht? b) Falls ja, wie könnte eine solche Lösung aussehen? Aufgrund des Sachzusammenhangs werden die Fragen 8a und 8b gemeinsam beantwortet . Der Gesetzgeber führt mit § 3 NetzDG Vorgaben zum Umgang mit Beschwerden über rechtswidrige Inhalte ein. „Verfahren zur Übermittlung von Beschwerden“ müssen u. a. „leicht erkennbar“ sein (§ 3 Absatz 1 Satz 2 NetzDG, Vorgaben zum sog. „Meldeweg“). Bei der konkreten Umsetzung der Vorgaben verbleibt den Anbietern ein Spielraum. Insofern besteht mit der gesetzlichen Regelung bereits eine (standardisierende) Mindestvorgabe. Ein Verstoß z. B. gegen die Vorgaben des § 3 Absatz 1 Satz 2 NetzDG (Meldeweg ) ist bußgeldbewehrt, § 4 Absatz 1 Nummer 3 NetzDG. Das BfJ kann innerhalb seiner Zuständigkeit als Bußgeldbehörde überprüfen, ob das Beschwerdeverfahren eines Anbieters sozialer Netzwerke im Einzelfall den Vorgaben nach § 3 NetzDG genügt. Insofern hat das BfJ auch schon Verfahren wegen möglicher Defizite bei den Meldewegen eingeleitet. Diesen Verfahren möchte die Bundesregierung nicht vorgreifen. c) Was spricht aus Sicht der Bundesregierung für und gegen eine ähnliche Lösung für einen Beschwerdebutton ähnlich der „2-Klick-Regelung“ hinsichtlich der Auffindbarkeit des Impressums? Sowohl in § 3 Absatz 1 Seite 2 NetzDG als auch in der Vorgabe zur Impressumspflicht in § 5 Absatz 1 TMG findet sich das Tatbestandsmerkmal der unmittelbaren Erreichbarkeit. In der Gesetzesbegründung zum NetzDG (Bundestagsdrucksache 18/12356, S. 22) verweist der Gesetzgeber entsprechend auf die Vorgaben Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 7 – Drucksache 19/11348 § 5 Absatz 1 TMG. Nach Ansicht der Bundesregierung ist das Verständnis zu § 5 Absatz 1 TMG grundsätzlich auf das Verständnis zu § 3 Absatz 1 Satz 2 NetzDG übertragbar. 9. Aus welchen Gründen ist es bisher noch nicht zu der gesetzlich vorgesehenen Einrichtung der regulierten Selbstregulierung gekommen? a) Wann ist eine Zertifizierung durch das BfJ zu erwarten? b) Welche Gründe haben dazu geführt, dass der Antrag der FSM (Freiwillige Selbstkontrolle Multimedia-Diensteanbieter e. V.) vom Dezember 2018 noch nicht vom BfJ zertifiziert worden ist? Das BfJ als Anerkennungsbehörde hat über das Vorliegen der Voraussetzungen des Antrags der FSM auf Anerkennung nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden . Die Bundesregierung wird der Entscheidung des BfJ nicht vorgreifen. 10. Ist aus Sicht der Bundesregierung das BfJ die geeignete Stelle, um mittels Verfahren nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten Transparenzberichte als Steuerungsinstrument einzusetzen? a) Wie bewertet die Bundesregierung das BfJ in diesem Zusammenhang und seine Rolle als abhängige Behörde? b) Wie steht die Bundesregierung zur Position von Mag. Dr. Matthias C. Kettemann in seiner Stellungnahme im Rahmen der öffentlichen Anhörung zum NetzDG vom 15. Mai 2019, dass das NetzDG keine effektiven Kontrollmechanismen bereithält und das BfJ keine geeignete Behörde sei, da es durch das NetzDG Regulierungskompetenzen erhält, ohne eine Regulierungsbehörde zu sein (www.hans-bredow-institut.de/uploads/media/ default/cms/media/up8o1iq_NetzDG-Stellungnahme-Kettemann190515.pdf, S. 2)? Aufgrund des Sachzusammenhangs werden die Fragen 10a und 10b zusammen beantwortet. Es ist Aufgabe des BfJ, in Bußgeldverfahren Verstöße gegen das NetzDG mit Bußgeldern zu ahnden. Die Bundesregierung sieht das BfJ diesbezüglich als geeignete Behörde an. Das BfJ ist als Behörde an Recht und Gesetz gebunden. Die Entscheidungen des BfJ sind im Streitfall gerichtlich überprüfbar. Die Kompetenz der Landesmedienanstalten nach dem Rundfunkstaatsvertrag und dem Jugendmedienschutz -Staatsvertrag, Anordnungen im Einzelfall zu treffen, bleibt von der Zuständigkeit des BfJ unberührt. c) Wie bewertet die Bundesregierung die bisherige Aussagekraft der Transparenzberichte ? Auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 7 der Kleinen Anfrage der Fraktion der FDP auf Bundestagsdrucksache 19/7023 wird verwiesen. d) Sieht die Bundesregierung Verbesserungs- und/oder Konkretisierungsbedarf hinsichtlich der Transparenzberichte, und falls ja, worin könnten diese Verbesserungen und Konkretisierungen bestehen? Auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 7 der Kleinen Anfrage der Fraktion der FDP auf Bundestagsdrucksache 19/7023 zu Frage 7 wird verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/11348 – 8 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode e) Sieht die Bundesregierung die Gefahr, dass die Transparenzberichte durch zunehmende Moderation über die Gemeinschaftsstandards unterlaufen werden könnten und keine Aussagekraft mehr bieten, und falls ja, was gedenkt die Bundesregierung diesbezüglich zu unternehmen? Im Transparenzbericht müssen Beschwerden über rechtswidrige Inhalte u. a. nach dem Beschwerdegrund, und danach, ob diese zur Löschung oder Sperrung geführt haben, aufgeschlüsselt werden (§ 2 Absatz 2 Nummer 3 und 7 NetzDG). Anknüpfungspunkt für diese Berichtspflicht ist, ob eine Beschwerde über rechtswidrige Inhalte vorlag, unabhängig davon, ob eine etwaige Löschung oder Sperrung eines Inhalts aus Sicht des Netzwerkes wegen angenommenen Verstoßes gegen die Gemeinschaftsstandards und/oder gegen die gesetzlichen Bestimmungen i. S. v. § 1 Absatz 3 NetzDG vorgenommen wurde. Aus Sicht der Bundesregierung ist es für die Aussagekraft der Transparenzberichte von besonderer Bedeutung, dass Beschwerden über rechtswidrige Inhalte richtig erfasst und im Transparenzbericht richtig wiedergegeben werden. f) Inwiefern hat die Bundesregierung Kenntnis darüber, ob alle Unternehmen die Transparenzberichte abgegeben haben, auch Verpflichtete im Sinne des NetzDG sind? g) Haben auch Unternehmen, welche nicht Verpflichtete sind, Transparenzberichte erstellt, und falls ja, welche Unternehmen sind dies? Aufgrund des Sachzusammenhangs werden die Fragen 10f und 10g zusammen beantwortet. Aus grundsätzlichen Erwägungen erfolgen keine Auskünfte zu laufenden Verfahren . Es wird darauf hingewiesen, dass das NetzDG eine überobligatorische Veröffentlichung nicht verbietet. 11. Sind im Rahmen der zweiten Runde der Transparenzberichte neue Anbieter hinzugekommen, welche Transparenzberichte eingereicht haben? a) Falls ja, um welche Anbieter handelt es sich? Für das zweite Halbjahr 2018 ist der Anbieter von SoundCloud hinzugekommen. Auf die Antwort zu Frage 1c wird verwiesen. b) Falls ja, hätten diese Anbieter bereits in der ersten Runde Transparenzberichte einreichen müssen, und ist geplant, Verfahren gegen solche Anbieter einzuleiten? Aus grundsätzlichen Erwägungen nimmt die Bundesregierung zu Einzelheiten laufender Verfahren einschließlich Vorprüfungen nicht Stellung. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 9 – Drucksache 19/11348 12. Wie bewertet die Bundesregierung die Effektivität von § 5 Absatz 2 NetzDG in der Praxis? a) Hat sich aus Sicht der Bundesregierung das Antwortverhalten der Diensteanbieter hinsichtlich zügiger und unkomplizierter Bestandsdatenauskünfte durch § 5 Absatz 2 NetzDG verändert? Die großen Anbieter sozialer Netzwerke, die unter den Anwendungsbereich des NetzDG fallen, haben empfangsberechtigte Personen im Inland nach § 5 Absatz 2 Satz 1 NetzDG benannt. Die Bundesregierung geht davon aus, dass die empfangsberechtigten Personen in der Regel ihrer Auskunftspflicht nach § 5 Absatz 2 Satz 2 NetzDG nachkommen. Falls eine empfangsberechtigte Person auf Auskunftsersuchen nicht reagiert, kann das BfJ nach § 4 Absatz 1 Nummer 8 NetzDG ein Bußgeld verhängen. Aktuell sind 26 Verfahren anhängig. b) Wie positioniert sich die Bundesregierung zu dem rechtlich nicht zu beanstandenden Umstand, dass die Diensteanbieter lediglich einen „Briefkasten im Inland“ bereitstellen, aber zugleich dieser Ansprechpartner keine zusätzlichen Auskunftspflichten begründet? Die Bundesregierung war sich bei Erarbeitung ihres Gesetzgebungsvorschlags zu § 5 Absatz 2 NetzDG bewusst, dass die Europäische Kommission bereits mit Vorarbeiten zu den Legislativvorschlägen zum E-Evidence-Dossier befasst war und dabei auch Überlegungen anstellte, allen Diensteanbietern, die ihre Dienste innerhalb der Europäischen Union anbieten, weiterreichende Verpflichtungen aufzuerlegen. Diesen Vorschlägen auf europäischer Ebene wollte die Bundesregierung nicht vorgreifen, zumal die nationale Gesetzgebung nicht in Hoheitsrechte anderer Staaten eingreifen kann. Insbesondere war sich die Bundesregierung bewusst, dass sich Rechtskonflikte, denen sich z. B. Drittstaatsprovider durch die Auskunftspflichten möglicherweise gegenübersehen, nicht einseitig im Wege nationaler Gesetzgebung lösen lassen. c) Hat aus Sicht der Bundesregierung das NetzDG die Bekämpfung von Hasskriminalität im Internet für die Strafverfolgungsbehörden verbessert? Aus Sicht der Bundesregierung trägt das NetzDG dazu bei, dass sich die Bekämpfung von Hasskriminalität im Internet für die Strafverfolgungsbehörden insgesamt verbessert. Hierzu stellt das NetzDG die folgenden drei Instrumente bereit: Nach § 3 Absatz 2 Nummer 4 NetzDG muss das Beschwerdeverfahren so ausgestaltet werden, dass der Anbieter des sozialen Netzwerks im Falle der Entfernung den Inhalt zu Beweiszwecken sichert und zu diesem Zweck für die Dauer von zehn Wochen speichert. Nach § 5 Absatz 2 NetzDG ist eine inländische empfangsberechtigte Person zu benennen, die auf Auskunftsersuchen der Strafverfolgungsbehörden binnen 48 Stunden antwortet. Nach § 3 Absatz 2 Nummer 2 NetzDG kann von der 24-stündigen Frist zur Löschung oder Entfernung abgewichen werden, wenn das soziale Netzwerk mit der zuständigen Strafverfolgungsbehörde einen längeren Zeitraum für die Löschung oder Sperrung des offensichtlich rechtswidrigen Inhalts vereinbart hat. Weitere Aussagen zur Verbesserung der Tätigkeit der Strafverfolgungsbehörden kann die Bundesregierung aufgrund der überwiegenden Zuständigkeit der Länder für die Strafverfolgung nicht treffen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/11348 – 10 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode d) Wie schätzt die Bundesregierung in diesem Zusammenhang den Einfluss und Erfolg von Rechtshilfeersuchen – insbesondere in die USA – ein? Aus Sicht der Bundesregierung sind Rechtshilfeersuchen ein wichtiges Mittel zur grenzüberschreitenden Strafverfolgung. Die Bundesregierung teilt allerdings die Einschätzung, die den Legislativvorschlägen der Europäischen Kommission im Bereich E-Evidence zugrunde liegen, dass elektronische Daten flüchtig sind und die Strafverfolgungsbehörden deshalb beschleunigte Verfahren zur grenzüberschreitenden Gewinnung elektronischer Beweise benötigen. Die Bundesregierung begrüßt deshalb die Entwicklung eines neuen europäischen Rechtsrahmens, auch wenn sie sich hinsichtlich dessen konkreter Ausgestaltung noch Nachbesserungen im Trilog wünscht. Bei der Bearbeitung von Rechtshilfeersuchen konnte keine signifikante Veränderung im Antwortverhalten der betroffenen Staaten nach Inkrafttreten des NetzDG festgestellt werden. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333