Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 3. Juli 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/11375 19. Wahlperiode 04.07.2019 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Stefan Schmidt, Tabea Rößner, Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 19/11007 – Ausgestaltung des Provisionsdeckels bei Lebens- und Restschuldversicherungen V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r In ihrem Referentenentwurf „Entwurf eines Gesetzes zur Deckelung der Abschlussprovisionen von Lebensversicherungen und von Restschuldversicherungen “ vom 18. April 2019 (vgl. www.bundesfinanzministerium.de/Content/ DE/Gesetzestexte/Geset-ze_Gesetzesvorhaben/Abteilungen/Abteilung_VII/ 19_Legislaturperiode/2019-04-18-Provisionsdeckelung/1-Referentenentwurf. pdf?__blob=publicationFile&v=2) schreibt die Bundesregierung auf Seite 1, dass seit Einführung des Lebensversicherungsreformgesetzes 2014 „die Absenkung der tatsächlich entstandenen Abschlusskosten zu wünschen übrig“ lässt und dass die Kosten für Abschlussprovisionen innerhalb von fünf Jahren nur um 5 Prozent gesunken sind. Daher soll jetzt mit einem variablen Provisionsdeckel nachgeholfen werden. 1. Wie oft kamen, in Bezug auf die Gesamtzahl von Abschlüssen, nach Kenntnis der Bundesregierung überhöhte oder exzessive Abschlussprovisionen in den letzten fünf Jahren vor? 2. Wie misst die Bundesregierung die überhöhte Anzahl an exzessiven Provisionskosten bzw. auf welcher Grundlage basiert die Annahme, dass es zu einer überhöhten Anzahl kam? Die Fragen 1 und 2 werden zusammen beantwortet. Es wird auf die Antwort der Bundesregierung zu den Fragen 1 bis 4 auf Bundestagsdrucksache 19/10059 verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/11375 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 3. Mit welcher Begründung lässt die Bundesregierung Versicherungsunternehmen ihre eigenen qualitativen Kriterien identifizieren und entwickeln, und welche weiteren Kriterien sind neben den angegebenen Qualitätsmerkmalen aus dem Referentenentwurf zulässig? Es wird auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 11 auf Bundestagsdrucksache 19/10059 verwiesen. Es wird außerdem auf die Ausführungen im Referentenentwurf , Begründung zu § 50a Absatz 2 (Seite 32), verwiesen. Die Anwendbarkeit anderer als der in § 50a Absatz 2 angeführten Kriterien wird vom hierfür angesetzten Bewertungsmaßstab abhängen. Hierbei können eine „unternehmensinterne Betrachtung“ oder der Vergleich mit anderen Unternehmen bzw. der Branche insgesamt angemessen sein. 4. Wie wird die Kontrolle der Qualitätsmerkmale gemäß § 298 des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG) aussehen? a) Wird diese Kontrolle durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) vollzogen? b) In welchen zeitlichen Abständen sollen die Qualitätsmerkmale kontrolliert werden? c) Wie sehen die Kriterien aus, anhand derer die Qualität der Beratung beurteilt werden soll? d) Welche Konsequenzen entstehen Unternehmen, wenn festgestellt wird, dass sie ihre eigenen Qualitätsmerkmale verletzen? e) Wird es monetäre oder rechtliche Schritte gegen Verletzungen der selbst gewählten Qualitätsmerkmale geben? f) Wie plant die Bundesregierung sicherzustellen, dass die qualitativen Kriterien von unterschiedlichen Unternehmen gleich angewendet werden, damit es zu keiner Ungleichbehandlung der Versicherungsberaterinnen und Versicherungsberater kommt? Im Hinblick auf die Aufstellung und Anwendung dieser Kriterien unterliegen die Versicherungsunternehmen der Missstandsaufsicht der BaFin gemäß § 298 VAG. Damit erhält die BaFin eine verlässliche Grundlage, auf der sie auch die Anwendung der Kriterien beaufsichtigen kann. Die Verwendung qualitativer Kriterien durch Versicherungsunternehmen zur Begründung einer erhöhten Abschlussprovision soll durch die BaFin im Rahmen ihres risikoorientierten Aufsichtsansatzes überwacht werden. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/11375 5. Wie soll sich die Verteilung der Provisionshöhen nach den Qualitätsmerkmalen entsprechend des Gesetzentwurfs innerhalb eines Unternehmens gestalten ? a) Soll die Eingruppierung eher anhand absoluter Grenzwerte erfolgen, sodass theoretisch alle Vermittlerinnen und Vermittler die Provisionshöhe von 4 Prozent erreichen können, oder soll die Eingruppierung anhand relativer Performance zu anderen Vermittlerinnen und Vermittlern erfolgen ? b) Sollte die Eingruppierung anhand relativer Kennzahlen dann branchenweit oder innerhalb eines Unternehmens stattfinden? c) Falls die Eingruppierung anhand relativer Kennzahlen innerhalb eines Unternehmens erfolgt, besteht dann die Gefahr, dass Vermittlerinnen und Vermittler bewusst Produkte von Unternehmen vertreiben, die eine durchschnittlich schlechte Performance bei den Kennzahlen aufweisen? Es wird auf die Antwort zu Frage 3 verwiesen. 6. Welche Möglichkeiten der Umgehung des Provisionsdeckels sieht die Bundesregierung ? a) Welche möglichen Umgehungstatbestände werden bereits im Gesetzentwurf oder durch bestehende Regelungen adressiert? b) Welche Möglichkeiten von Seiten der Aufsicht bestehen, um dagegen gegebenenfalls vorzugehen? Ziel verschiedener Regelungen im Referentenentwurf ist es, Umgehungsmöglichkeiten zu verhindern. So ist z. B. eine Begrenzung nach § 32a VAG-E vorgesehen , um zu verhindern, dass neben der zu zahlenden Abschlussprovision beliebig Leistungen im Zusammenhang mit der Vermittlungstätigkeit vereinbart werden, welche zusätzlich vergütet würden. Insoweit wird auf die Begründung zu § 32a Absatz 2 auf Seite 26 des Referentenentwurfs verwiesen. Für die Restschuldversicherung ist nach dem Referentenentwurf gemäß § 50b Absatz 3 ebenfalls eine Regelung vorgesehen, um Umgehungsmöglichkeiten möglichst auszuschließen (siehe Seite 36 f.). Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/11375 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 7. Ist der Bundesregierung die Stellungnahme des Bündnisses gegen Wucher zum Referentenentwurf und zu Restschuldversicherungen bekannt (http://stopwucher.de/stellungnahme-des-buendnis-gegen-den-wucher-zumentwurf -eines-gesetzes-zur-deckelung-der-abschlussprovisionen/)? a) Inwiefern teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass „eine Gesetzeslücke [bestehe], die es den Banken bei formularmäßig vereinbarter ‚Freiwilligkeit ‘ des Abschlusses einer nur für Ratenkredite verfügbaren einfachen Risikolebensversicherung ermöglicht, zu wuchern“? b) Wie beurteilt die Bundesregierung die darin geäußerte Auffassung, dass der vorliegende Referentenentwurf die Restschuldversicherung zu einer neuen Versicherungskategorie macht und daraus Folgen für das gesamte Versicherungsrecht entstehen? c) Teilt die Bundesregierung die Befürchtung des Bündnisses gegen Wucher , dass durch die Neuschaffung der Versicherungskategorie der Restschuldversicherung eine Möglichkeit geschaffen wird, dass Lebensversicherungen sich von Restriktionen befreien können, wenn sie als Restschuldversicherung deklariert werden, und durch welche Maßnahmen beabsichtigt sie dies zu verhindern? Die genannte Stellungnahme ist der Bundesregierung bekannt. Die in ihr enthaltende Annahme einer „Gesetzeslücke“ wird nicht geteilt und sie entspricht auch nicht der Rechtsprechung. Die Preisangabenverordnung regelt in § 6 Absatz 4 Nummer 2, dass die Kosten für Versicherungen, „die keine Voraussetzung für die Verbraucherdarlehensvergabe oder für die Verbraucherdarlehensvergabe zu den vorgesehenen Vertragsbedingungen sind“, nicht bei der Berechnung der Gesamtkosten einzubeziehen sind, so dass diese nicht bei der Berechnung des effektiven Jahreszinses zu berücksichtigen sind. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass die Kosten zu berücksichtigen sind, wenn der Abschluss einer Risikolebensversicherung zusätzliche zwingende Voraussetzung für die Darlehensvergabe zu den vorgesehenen Konditionen ist. In diesem Fall sind die Kosten dafür in den effektiven Jahreszins einzurechnen und ausdrücklich anzugeben. Ob der Abschluss der Risikolebensversicherung freiwillig erfolgte oder faktisch zwingend war, ist eine Frage des Einzelfalls. Im Gegensatz zur früheren Fassung des § 6 Absatz 4 Nummer 2 PAngV kommt es aber nicht darauf an, dass das Darlehen ohne Abschluss einer zusätzlichen Versicherung insgesamt nicht gewährt worden wäre. Entscheidend ist die Frage, ob er auch zu denselben Bedingungen gewährt worden wäre. Zur Bekämpfung unlauteren Verhaltens stellt die Rechtsordnung zudem weitere effektive Instrumente zur Verfügung wie z. B. den Wuchertatbestand (§ 138 BGB). Der Referentenentwurf schafft auch keine „neue Versicherungskategorie“ (bzw. Versicherungssparte), sondern er erhält die klare Unterscheidung nach Lebensund Nicht-Lebensversicherungen. So kann wegen des Grundsatzes der Spartentrennung (§ 8 Absatz 4 Satz 2 VAG) das Todesfallrisiko im Rahmen einer Restschuldversicherung nur von einem Lebensversicherungsunternehmen angeboten werden, während beispielsweise das Risiko der Arbeitslosigkeit nur von einem Schadenversicherungsunternehmen angeboten werden kann. Sollen für ein Darlehen sowohl Todesfall- als auch Nichtlebensversicherungs-Risiken abgesichert werden, müssen daher - wie bisher - zwei Versicherungsunternehmen als Risikoträger tätig werden. Die in § 7 Nummer 34d VAG geplante Definition der Restschuldversicherung umschreibt lediglich den Anwendungsbereich des geplanten Provisionsdeckels. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/11375 8. Wie beurteilt sie den Vorschlag des Bündnisses, dass eine Neuregelung in § 138 des Bürgerlichen Gesetzbuchs oder alternativ in der Preisangabenverordnung klarstellt, dass bei der Wucherprüfung die Kosten aller mit dem Kredit verbundenen Nebenleistungen einschließlich von Versicherungsprämien in die Gesamtkreditkosten einzubeziehen sind? Die Bundesregierung stimmt diesem Vorschlag nicht zu. Die Prüfung des Wuchertatbestandes erfolgt durch einen Vergleich mit den marktüblichen Konditionen für ein identisches oder nur minimal abweichendes Produkt. Ein Kredit mit Restschuldversicherung ist aber ein anderes Produkt als ein Kredit ohne eine solche Absicherung. Zudem gilt § 138 BGB für alle Arten von Rechtsgeschäften. Zu dem Charakter einer Generalklausel würde eine Spezialregelung zur Restschuldversicherung nicht passen. Darüber hinaus ist der Versicherungsnehmer bereits jetzt gemäß § 1 Absatz 1 Nummer 7 VVG-InfoV über „den Gesamtpreis der Versicherung “ zu informieren. Diesen Informationsanspruch hat auch die versicherte Person im Rahmen eines Gruppenversicherungsvertrags für Restschuldversicherungen (§ 7d Satz 1 VVG). Bereits hierdurch wird eine angemessene Information des Darlehensnehmers erreicht. Nach § 6 Absatz 4 Nummer 2 PAngV sind ferner bereits jetzt insbesondere Versicherungsprämien bei der Berechnung der Gesamtkosten zu berücksichtigen, wenn der Abschluss des Vertrags über diese Nebenleistung eine zusätzliche zwingende Voraussetzung für die Darlehensvergabe zu den vorgesehenen Konditionen ist. Diese Regelung trägt Artikel 3 Buchstabe g) Halbsatz 2 der Verbraucherkreditrichtlinie 2008/48/EG Rechnung. Die Bundesregierung setzt sich im Rahmen der derzeit laufenden Evaluierung der Verbraucherkreditrichtlinie jedoch dafür ein, die Preistransparenz, u. a. auch beim Effektivzinsausweis , noch weiter zu verbessern. 9. Wie steht die Bundesregierung zu einer zeitlichen Entkoppelung (sieben bis 14 Tage) vom Abschluss des Kreditvertrags bis zum möglichen Abschluss einer Restschuldversicherung, um Klarheit darüber zu schaffen, dass Verbraucherinnen und Verbraucher nicht dazu verpflichtet sind, eine Restschuldversicherung abzuschließen? Das geltende Recht (§ 7a Absatz 5 und § 7d VVG) sieht vor, dass die versicherte Person eine Woche nach Abgabe seiner Vertragserklärung zum Abschluss einer Restschuldversicherung erneut über das hierzu gesondert bestehende Widerrufsrecht zu informieren ist und dass ihr zweimal das Produktinformationsblatt zur Verfügung zu stellen ist. Bislang liegen noch keine ausreichenden Erfahrungen mit dieser Regelung vor. Es wäre außerdem zu prüfen, ob eine gesetzliche Regelung , die eine zeitliche Entkopplung vorschreibt, mit europarechtlichen Vorgaben vereinbar wäre. 10. Wie steht die Bundesregierung zu einer Regelung, nach der der Versicherungsschutz nicht kreditfinanziert, sondern nur als laufender Beitrag gewährt werden darf, um zu verhindern, dass sich die Kreditsumme durch den Abschluss einer Restschuldversicherung wesentlich erhöht? Wie bewertet die Bundesregierung die Tatsache, dass derzeit Restschuldversicherungen teilweise ohne Beratung, als Ergänzung zu gelieferten Waren oder Dienstleistungen, von beispielsweise Händlerinnen und Händlern verkauft werden, und plant sie, diese Praxis zu unterbinden? Zum ersten Teil der Frage: Entsprechende Überlegungen zur Kreditfinanzierung der Versicherungsprämien in der Restschuldversicherung sind nicht Bestandteil des vorliegenden Referentenentwurfs. Eine Finanzierung nur durch laufende Bei- Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/11375 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode träge könnte ein unzureichendes Deckungskapital im Vergleich zur Versicherungssumme zu Beginn der Vertragsbeziehung zur Folge haben. Zudem sollte es aus Sicht der Bundesregierung eine Frage privatautonomer Entscheidung beider Vertragsseiten bleiben, in welcher Form und in welcher Zahlungsweise Versicherungsprämien entrichtet werden. Zum zweiten Teil der Frage: Die Beratungspflicht nach § 61 VVG gilt auch für einen Gewerbetreibenden im Sinne von § 34d Absatz 8 Nummer 3 GewO, wenn dieser als Versicherungsvermittler in Nebentätigkeit „als Zusatzleistung zur Lieferung einer Ware oder der Erbringung einer Dienstleistung im Zusammenhang mit Darlehens- und Leasingverträgen Restschuldversicherungen vermittelt, deren Jahresprämie einen Betrag von 500 Euro nicht übersteigt“. Die in § 66 Satz 1 VVG geregelte Ausnahme von der Beratungspflicht betrifft nur Gewerbetreibende im Sinne von § 34d Absatz 8 Nummer 1 GewO. Soweit die BaFin im Rahmen ihrer Aufsicht über Versicherungsunternehmen auch auf diese Versicherungsvermittler in Nebentätigkeit einwirken kann, würde dies aufgrund des oben bereits genannten § 298 VAG geschehen. 11. Liegen der Bundesregierung Auswertungen oder Zahlen vor, wie viele Verbraucherinnen und Verbraucher Beschwerde eingelegt haben, weil sie nicht über die Freiwilligkeit der Restschuldversicherung informiert wurden? Quantitative Angaben zur Beschwerdezahl sind nicht möglich, da diese Beschwerden nicht gesondert, sondern zusammen mit anderen Beschwerden unter einem gemeinsamen Oberbegriff statistisch erfasst werden. Im Übrigen wird auf den Ergebnisbericht zur Marktuntersuchung Restschuldversicherungen der BaFin vom 21. Juni 2017 verwiesen (www.bafin.de/dok/9628676). 12. Wie sieht der Zeitplan der Bundesregierung aus, nachdem der Gesetzentwurf planmäßig im Juni 2019 ins Kabinett eingebracht werden soll? Die weitere Zeitplanung hängt vom Zeitpunkt ab, zu dem der Gesetzentwurf in das Bundeskabinett eingebracht werden kann. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333