Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 2. Juli 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/11385 19. Wahlperiode 04.07.2019 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Frank Schäffler, Christian Dürr, Dr. Florian Toncar, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/10961 – Elektronisches Wertpapier V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Die Bundesregierung hat ein Eckpunktepapier für die regulatorische Behandlung von elektronischen Wertpapieren und Krypto-Token vorgelegt. Es soll „die erste umzusetzende Maßnahme im Rahmen der Blockchain Strategie“ werden. Kernpunkt ist, dass die derzeit zwingende urkundliche Verkörperung von Wertpapieren nicht mehr uneingeschränkt gelten soll (www.bmjv.de/SharedDocs/ Gesetzgebungsverfahren/Dokumente/Eckpunkte_Krypto_Blockchain.pdf?__ blob=publicationFile&v=2). Eine Reihe von Stellungnahmen verschiedener Verbände und Institutionen wurde zu dem Thema bereits eingereicht (siehe u. a. www.bundes finanzministerium.de/Content/DE/Gesetzestexte/Gesetze_Gesetzesvorhaben/ Abteilungen/Abteilung_VII/19_Legislaturperiode/2019-03-07-Eckpunktepapier- Wertpapiere-Krypto-Token/Stellungnahme-wevest.pdf?__blob=publicationFile&v=2; https://bankenverband.de/media/files/2019-04-12_DK-Stn_Eckpunkte_elektron_ Wertpapiere_und_Krypto_Token.pdf; www.bundesfinanzministerium.de/Content/ DE/Downloads/Finanzmarktpolitik/2019-04-17-stellungnahme-fintech-rat.pdf?__ blob=publicationFile&v=7). Nach Artikel 3 Absatz 1 der Central Securities Depositories Regulation (CSDR) müssen ab dem 1. Januar 2023 Emittenten übertragbarer Wertpapiere, die zum Handel an Handelsplätzen zugelassen sind bzw. dort gehandelt werden, Sorge dafür tragen, dass diese Wertpapiere durch Buchungen im Effektengiro erfasst werden. Auch sog. Security-Token müssten danach in entmaterialisierter Form bei einem Zentralverwahrer bzw. einer Wertpapiersammelbank eingebucht werden , sofern sie an einem Handelsplatz i. S. d. MiFID II (Zweite europäische Finanzmarktrichtlinie ) – also einer Börse, einem MTF (Multilateral Trade Facility ) oder einem OTF (Organised Trading Facility) – zugelassen sind. Eine solche Pflicht zur Einbuchung bei einem Zentralverwahrer dürfte nach Einschätzung der Fragesteller bei Transaktionen von Security-Token über eine Blockchain jedoch keinen signifikanten Mehrwert für die Abwicklung von Token- Transaktionen liefern. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/11385 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 1. Wie viele Wertpapiere werden nach Kenntnis der Bundesregierung jährlich emittiert (bitte für die letzten zehn Jahre angeben)? Nach Information der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen (BaFin) wurden in den Jahren 2009 bis 2018 insgesamt rund 24,2 Millionen Wertpapiere in Deutschland neu emittiert. Eine Aufstellung auf Einzeljahresbasis kann nachstehender Tabelle entnommen werden. Jahr Anzahl emittierter Wertpapiere 2009 554.718 2010 793.995 2011 1.713.039 2012 1.847.688 2013 2.022.773 2014 2.372.283 2015 3.419.151 2016 3.404.172 2017 3.576.105 2018 4.515.416 a) Wie viele davon sind als Eigenkapitalstrukturen (wie Aktien) ausgestaltet, wie viele als Fremdkapitalprodukte (wie Anleihen)? Die Anzahl neu emittierter Wertpapiere für die Jahre 2009 bis 2018 – differenziert nach Eigen- und Fremdkapitalinstrumenten sowie Sonstigen – kann nachstehender Tabelle entnommen werden. In der Gruppe der Sonstigen sind Optionsscheine , Bezugsrechte etc. enthalten. Jahr Eigenkapitalinstrumente Fremdkapitalinstrumente Sonstige 2009 1.059 189.354 364.305 2010 857 264.659 528.479 2011 652 467.504 1.244.883 2012 902 516.462 1.330.324 2013 817 544.948 1.477.008 2014 568 601.391 1.770.324 2015 647 841.689 2.576.815 2016 636 775.076 2.628.460 2017 659 706.791 2.868.655 2018 687 760.641 3.754.088 Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/11385 b) Wie hoch ist der kumulierte Ausgabepreis der jährlich emittierten Wertpapiere ? Der BaFin liegen keine Angaben zum tatsächlichen Emissionsvolumen vor. Eine entsprechende Verpflichtung zur Information der BaFin über das platzierte Emissionsvolumen besteht nicht. 2. Wie viele in Deutschland emittierte Wertpapiere werden derzeit nach Kenntnis der Bundesregierung insgesamt bei einem Zentralverwahrer gelagert? a) Wie viele davon sind Aktien bzw. sind Anleihen? Die nachfolgenden Angaben sind ein Auszug aus dem Jahresabschluss des Geschäftsjahres zum 31. Dezember 2018 der Clearstream Banking AG (Lagebericht , S. 6): „Die Anzahl der in die Girosammelverwahrung einbezogenen Wertpapieremissionen erhöhte sich ebenfalls deutlich in 2018 aufgrund der ansteigenden Emissionstätigkeit bei Zertifikaten und Rentenwerten um 31,7 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Ende 2018 verwahrte die Clearstream Banking Frankfurt für ihre Kunden insgesamt 2 225 544 (Jahresende 2017: 1 690 070) verschiedene Gattungen. Diese setzen sich aus 189 862 (Jahresende 2017: 185 165) Rentenwerten, 20 124 (Jahresende 2017: 20 124) Aktien, Investment-Anteilen und Genussscheinen sowie 2 015 468 (Jahresende 2017: 1 484 781) Optionsscheinen und Zertifikaten zusammen.“ Die bei der Clearstream Banking AG verwahrten Wertpapiere sind ganz überwiegend nach deutschem Recht begebene Wertpapiere. b) Wie viele Zentralverwahrer werden in Deutschland genutzt? Hat die Bundesregierung Kenntnisse über die Marktanteile? In Deutschland gibt es mit der Clearstream Banking AG nur einen Zentralverwahrer . Jedoch können zugelassene Zentralverwahrer aus anderen Mitgliedsstaaten der EU auch in Deutschland als „Issuer-CSD“ (Zentralverwahrer auf Ausgeberseite ) Dienstleistungen erbringen. 3. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Kosten bei Wertpapier- Emissionen? a) Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Kosten für die Nutzung der Zentralverwahrer bzw. des Zentralverwahrers? Gemäß dem Preisverzeichnis der Clearstream Banking AG (Annex 2) vom 01. Juli 2019 entstehen für die erstmalige Verbuchung eines Wertpapiers im Effektengiro des Zentralverwahrers die folgenden Gebühren: Minimum safekeeping fee per security: Euro 0.65. Erstmalige Erfassung im Effektengiro: 0.035 Prozent des Emissionsvolumens. Gebühren für die Bereitstellung von Depotkonten auf oberster Ebene (Zentralverwahrer ): 0.125 Prozent – 0.215 Prozent in Abhängigkeit des Verwahrvolumens . Darüber hinaus bestehen für verschiedene Corporate Actions aus dem jeweiligen Wertpapier zusätzliche Gebühren, die jedoch in Abhängigkeit verschiedener Faktoren ermittelt werden. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/11385 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode b) Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über das Einsparpotenzial für Wertpapier-Emittenten, wenn es zu einem elektronischen Wertpapier kommt? Es ist davon auszugehen, dass zumindest die Kosten für die physische Verwahrung (Einlagerung, Austausch, Vernichtung usw.) reduziert werden können, da der Zentralverwahrer für elektronische Wertpapiere keine Vorrichtung für die physische Aufbewahrung (bspw. Tresore) vorhalten muss. 4. Welche weiteren Vorteile verspricht sich die Bundesregierung von einem elektronischen Wertpapier? Die Schaffung eines elektronischen Wertpapiers ist eine grundsätzliche Entscheidung für die Ermöglichung einer verstärkten Digitalisierung und Anwendung innovativer Technologien im Bereich des Kapitalmarktes. Eine solche Entscheidung ist insbesondere wichtig, um die Wettbewerbsfähigkeit des Standortes Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern unter sich stetig verändernden Rahmenbedingungen fortlaufend zu gewährleisten. Insbesondere soll die Möglichkeit geschaffen werden, auf rechtssicherer Basis und unter Wahrung des Anlegerschutzes das Potenzial der Distributed Ledger-Technologie zu erschließen. 5. Wie soll nach Auffassung der Bundesregierung die Übertragung von elektronischen Wertpapieren erfolgen, insbesondere bei Nutzung der Distributed -Ledger-Technologie (bitte das zivilrechtliche Konzept erläutern)? Das zivilrechtliche Konzept für die Übertragung von elektronischen Wertpapieren hängt davon ab, welche Rechtsnatur elektronische Wertpapiere haben werden. Im gemeinsamen Eckpunktepapier des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) und des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) wird hierzu ausgeführt, dass elektronische Wertpapiere zum einen kraft gesetzlicher Fiktion zu Sachen erklärt, zum andern – nach dem Vorbild des schweizerischen Bucheffektengesetzes – zu einem neuen Recht sui generis gemacht werden könnten. Die Beratungen innerhalb der Bundesregierung zu dieser Fragestellung sind noch nicht abgeschlossen, sodass derzeit die Frage nicht abschließend beantwortet werden kann. Würden elektronische Wertpapiere kraft gesetzlicher Fiktion zu Sachen erklärt, würde sich die Übertragung nach sachenrechtlichen Grundsätzen richten, das heißt eine Übertragung mittels Einigung und Übergabe (surrogat ).Würden elektronische Wertpapiere zu einem neuen Recht sui generis gemacht werden, käme eine Übertragung mittels Abtretung in Betracht. a) Teilt die Bundesregierung die Auffassung (der Deutschen Kreditwirtschaft ), dass bei der Öffnung des deutschen Rechts für elektronische Wertpapiere die zivilrechtlichen Grundsätze für die Übertragung von solchen Wertpapieren grundlegend überarbeitet werden müssen (z. B. §§ 398 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuchs – BGB –, §§ 929 ff. BGB oder Recht sui generis), insbesondere bei Nutzung der Distributed-Ledger- Technologie? Wie in der Antwort zu Frage 5 ausgeführt, hängt das zivilrechtliche Konzept für die Übertragung von elektronischen Wertpapieren davon ab, welche Rechtsnatur elektronische Wertpapiere haben werden – hierzu gibt es noch keine Festlegung innerhalb der Bundesregierung. Wie im gemeinsamen Eckpunktepapier des BMJV und des BMF ausgeführt, sollen in jedem Fall eigenständige Regelungen über den Erwerb und die Übertragung elektronischer Wertpapiere sowie den Gut- Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/11385 glaubensschutz vorgesehen werden. Eine grundlegende Überarbeitung der zivilrechtlichen Grundsätze für die Übertragung von Wertpapieren erscheint dabei nicht zwingend erforderlich, denn auch bei der Einführung elektronischer Bundeswertpapiere durch das Bundesschuldenwesengesetz hat es keine solche grundlegende Überarbeitung gegeben. b) Welche Arten von Forderungen sollen künftig mittels Registereintrag begeben werden können mit der Folge, dass sie als (elektronische) Wertpapiere anzusehen wären? Wie im gemeinsamen Eckpunktepapier des BMJV und des BMF ausgeführt, soll sich die Öffnung für elektronische Wertpapiere zunächst auf elektronische Schuldverschreibungen beschränken. Grundsätzlich kann eine Inhaberschuldverschreibung gemäß der Definition in § 793 BGB („Hat jemand eine Urkunde ausgestellt , in der er dem Inhaber der Urkunde eine Leistung verspricht (Schuldverschreibung auf den Inhaber)“) jedes Leistungsversprechen verbriefen. Gegenstand des verbrieften Versprechens ist also eine Leistung im Sinne von § 241 BGB. Leistung ist grundsätzlich jede Zuwendung eines vermögenswerten Vorteils . Es ist allerdings fraglich, ob es sinnvoll wäre, jedes von einem Blockchain- Register erfasste Leistungsversprechen quasi „automatisch“ zu einer Schuldverschreibung zu machen, denn die Beteiligten können ja auch ein Interesse daran haben, dass es nur eine „normale“ Forderung ist. Es ist daher zu prüfen, ob darüber hinaus ein Publizitätsakt wie derzeit die Wertpapierurkunde erforderlich sein sollte, womit aus einer „normalen“ Forderung eine Schuldverschreibung entstehen würde. Diese Prüfung ist derzeit noch nicht abgeschlossen. 6. Welche Kriterien will die Bundesregierung für Verlässlichkeit der Registerführung und die Richtigkeit des Registerinhalts aufstellen? a) Wer soll die Verlässlichkeit und Richtigkeit des Registerinhalts überprüfen ? Die Regelungen betreffend die Aufsicht über das Register, einschließlich der Frage der aufsichtführenden Stelle, sind davon abhängig, ob es sich um ein dezentrales oder zentrales Register handelt und ob eine staatliche oder eine unter staatlicher Aufsicht stehende Stelle es führt bzw. betreibt. Die Beratungen innerhalb der Bundesregierung zu diesen Fragestellungen sind noch nicht abgeschlossen , so dass derzeit die Frage nicht abschließend beantwortet werden kann. b) Hält die Bundesregierung die Blockchain-Technologie als geeignetes Mittel dafür, „Verlässlichkeit und Richtigkeit des Registerinhalts“ sicherzustellen ? Als ein großer Vorteil der Blockchain-Technologie gilt die hohe Manipulationssicherheit . Wie im Konsultationspapier zur Erarbeitung der Blockchain-Strategie der Bundesregierung ausgeführt, gelten Blockchain-Lösungen wegen der Verknüpfung der einzelnen Blöcke durch Hash-Funktionen (Streuwertfunktionen) und der vielen redundanten Kopien der Datenbank im gesamten Netzwerk als relativ manipulationssicher. Es ist möglich, dass Daten irreversibel abgespeichert sind und im Prinzip nachträglich nicht mehr unbemerkt verändert werden können. Die in einer Blockchain abgespeicherten Werte können grundsätzlich eindeutig einem Inhaber zugewiesen und deren Transfer zweifelsfrei nachverfolgt werden. Diese Vorteile sprechen dafür, dass die Blockchain-Technologie grundsätzlich ein geeignetes Mittel dafür sein kann, um die Verlässlichkeit und Richtigkeit des Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/11385 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Registerinhalts sicher zu stellen, jedenfalls dann, wenn die Führung eines Wertpapierregisters auf einer Blockchain durch eine staatliche oder eine unter staatlicher Aufsicht stehende Stelle erfolgt. Die Beratungen innerhalb der Bundesregierung zu den näheren Voraussetzungen sind jedoch noch nicht abgeschlossen, sodass derzeit die Frage nicht abschließend beantwortet werden kann. c) Wie plant die Bundesregierung zu messen, ob „Verlässlichkeit und Richtigkeit des Registerinhalts“ gegeben sind? Der Maßstab ist die derzeit durch die Papierurkunde sichergestellte Authentizität (d. h. Feststellung des Urhebers) und Integrität (d. h. Unverfälschtheit seit der Herstellung) der Wertpapiere. Im Übrigen sind die Beratungen innerhalb der Bundesregierung zu diesen Fragestellungen noch nicht abgeschlossen, so dass derzeit die Frage nicht abschließend beantwortet werden kann. 7. Wie begründet die Bundesregierung, dass die Registerführung durch eine (zentrale) staatliche oder eine unter staatlicher Aufsicht stehende Stelle erfolgen soll? Wie im gemeinsamen Eckpunktepapier des BMJV und des BMF ausgeführt, sollen die zivilrechtlichen Kernfunktionen eines Wertpapiers, nämlich die Legitimationsfunktion , die Liberationswirkung undꞏ die Übertragungsfunktion, bei elektronischen Wertpapieren durch die Eintragung im Register gewährleistet sein. Dabei müssen die Authentizität (d. h. Feststellung des Urhebers) und die Integrität (d. h. Unverfälschtheit seit der Herstellung) der Wertpapiere sichergestellt werden. Deshalb sind an die Verlässlichkeit der Registerführung und die Richtigkeit des Registerinhalts hohe Anforderungen zu stellen. Damit öffentlicher Glaube an die Eintragungen im Register geknüpft werden kann und Manipulationsmöglichkeiten von vorherein vermieden werden können, soll daher grundsätzlich nicht der jeweilige Emittent selbst das Wertpapierregister führen können, sondern die Registerführung soll grundsätzlich durch eine staatliche oder eine unter staatlicher Aufsicht stehende Stelle erfolgen. Im gemeinsamen Eckpunktepapier wird aber auch ausgeführt, dass sofern bei Verwendung der Blockchain- Technologie ausgeschlossen ist, dass eine Eintragung im Wertpapierregister ab einem zu definierenden Zeitpunkt nachträglich unbefugt verändert wird, eine dezentrale Registerführung durch den Emittenten selbst oder einen von ihm beauftragten Dritten in Betracht kommt. 8. Wann plant die Bundesregierung ein Gesetz bezüglich eines elektronischen Wertpapiers vorzulegen? Wie in der Antwort der Bundesregierung zu den Fragen 7b und 8 der Kleinen Anfrage auf Bundestagsdrucksache 19/10417 ausgeführt, streben das Bundesministerium der Finanzen und das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz an, auf Grundlage des gemeinsamen Eckpunktepapiers in diesem Jahr einen gemeinsamen Gesetzentwurf vorzulegen. a) Wie ist der Zeitplan hinsichtlich der Umsetzung? Es wird angestrebt, dass das Gesetzgebungsverfahren bis zum regulären Ende der laufenden Legislaturperiode abgeschlossen wird. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 7 – Drucksache 19/11385 b) Welchen zeitlichen Horizont stellt sich die Bundesregierung für eine Einbeziehung von Aktien und Investmentfondsanteilen bei der elektronischen Begebung von Wertpapieren vor? Die Einbeziehung von elektronischen Aktien und elektronischen Investmentfondsanteilen wäre der nächste Schritt, der zeitnah erfolgen soll, wenn die Einführung elektronischer Schuldverschreibungen in der Praxis gelungen ist. c) Welches Bundesministerium ist federführend bei der Gesetzesinitiative? Die gemeinsame Federführung liegt beim Bundesministerium der Finanzen und dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz. 9. Welche Länder in der Europäischen Union bzw. der OECD haben bereits Regelungen hinsichtlich eines elektronischen Wertpapieres getroffen und seit wann? Regelungen zur – zumindest teilweisen – Möglichkeit der Begebung elektronischer Wertpapiere, d. h. mit (teilweise) entmaterialisierten Wertpapiersystemen, existieren nach hiesigem Kenntnisstand für den europäischen Bereich in der Schweiz, den Niederlanden, Luxemburg, Frankreich, Großbritannien und Liechtenstein. a) Wie ist die Position der Bundesregierung hinsichtlich einer Harmonisierung bei den Regeln für Wertpapier-Emissionen? b) Hat die Bundesregierung Kenntnisse über den Zeitplan einer möglichen Harmonisierung bei Wertpapier-Emissionen? Wie ist der Stand der Verhandlungen? Im Hinblick auf die erstmalige Erfassung von übertragbaren Wertpapieren, die zum Handel an einem Handelsplatz im Sinne der MiFID II zugelassen oder dort handelbar sind, besteht mit Artikel 3 der Verordnung (EU) Nummer 909/2014 (CSDR) bereits eine Harmonisierung. Aufgrund der derzeit bestehenden Unterschiede in den Mitgliedsstaaten der EU ist die erstmalige Erfassung dieser Wertpapiere optional angelegt, das heißt Wertpapiere können ausschließlich elektronisch (entmaterialisiert) oder durch Immobilisierung (Verwahrung der physischen Urkunde und Einbuchung in den Systemen) zur Übertragung im Effektengiro bei einem Zentralverwahrer bei Emission erfasst werden. Mit der Einführung von elektronischen Wertpapieren würde die Begebung von Wertpapieren in entmaterialisierter Form ermöglicht, wie dies optional gemäß Artikel 3 CSDR bereits vorgesehen ist. c) Wie will die Bundesregierung einen „deutschen Sonderweg“ beim elektronischen Wertpapier verhindern? Die mit dem Eckpunktepapier vorgeschlagene Einführung von elektronischen Wertpapieren (Inhaberschuldverschreibungen) stellt keinen Sonderweg dar, sondern folgt den bereits in anderen Mitgliedsstaaten der EU bestehenden Bestimmungen für die elektronische Begebung von Wertpapieren (z. B. Luxemburg, Niederlande). Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/11385 – 8 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode d) Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass bestehende (aufsichtsrechtliche ) Vorschriften für Wertpapiere uneingeschränkt auch für elektronische Wertpapiere zur Anwendung kommen? Bestehende aufsichtsrechtliche Vorschriften sollen im Sinne einer technologieneutralen Regulierung grundsätzlich vollumfänglich auch auf elektronische Wertpapiere Anwendung finden. Beispielsweise unterliegen elektronische Wertpapiere als Wertpapiere im Sinne des § 2 Absatz 1 des Wertpapierhandelsgesetzes (WpHG) grundsätzlich dem Anwendungsbereich des WpHG. Gleichwohl ist darauf hinzuweisen, dass – wie im Eckpunktepapier des BMF und des BMJV angesprochen – zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht alle Fragen der erforderlichen Regulierung abschließend geklärt sind. 10. Wie viele Wertpapierprospekte für sog. tokenisierte Schuldverschreibungen lagen nach Kenntnis der Bundesregierung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistung zum Stand der Beantwortung dieser Anfrage zur Billigung vor? Zum 19. Juni 2019 lagen der BaFin vier Wertpapierprospekte für tokenisierte Schuldverschreibungen zur Billigung vor. Zudem lag ein Gestattungsantrag für ein Wertpapier-Informationsblatt („WIB“) bezüglich eines tokenisierten Wertpapiers vor. Bereits am 31. Januar 2019 wurde ein Wertpapierprospekt zu einem tokenisierten Wertpapier gebilligt. 11. Ist es nach Kenntnis der Bundesregierung uneingeschränkt möglich, für tokenisierte Schuldverschreibungen eine ISIN (International Securities Identification Number) bzw. WKN (Wertpapierkennnummer) zu beziehen? Falls nicht, welche Maßnahmen plant die Bundesregierung hiergegen? Grundsätzlich gilt für die Vergabe der ISIN der ISO-Standard 6166 (Anwendungsbereich : Wertpapiere und zusätzliche definierte Ausnahmen). Sollten elektronische Inhaberschuldverschreibungen gemäß dem Eckpunktepapier im BGB optional eingeführt werden, sind diese per Definition echte Wertpapiere und damit den bereits existierenden Wertpapieren rechtlich gleichgestellt. Dann ist eine Vergabe der ISIN gem. dem ISO-Standard 6166 möglich. Nach Kenntnis der Bundesregierung gibt es bereits erste Fälle, in denen bei wertpapierähnlichen Token eine ISIN vergeben wurde. 12. Wieso erwägt die Bundesregierung ein explizites Verbot des Erwerbs von elektronischen Wertpapieren durch Privatanleger? Teilt die Bundesregierung die Einschätzung, eine Beschränkung aufgrund der verwendeten Technologie lasse sich vor dem Hintergrund der angestrebten „Technologieneutralität“ der Gesetzgebung nicht rechtfertigen und sei sachfremd (www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Gesetzestexte/ Gesetze_‘Gesetzesvorhaben/Abteilungen/Abteilung_VII/19_Legislaturperiode/ 2019-03-07-Eckpunktepapier-Wertpapiere-Krypto-Token/Stellungnahmewevest .pdf?__blob=publicationFile&v=2)? Die Bundesregierung hat zu keinem Zeitpunkt ein explizites Verbot des Erwerbs von elektronischen Wertpapieren durch Privatanleger erwogen. In dem vorgenannten Eckpunktepapier wurde lediglich eine Erwerbsbeschränkung hinsichtlich solcher elektronischer Wertpapiere, die auf einer Blockchain begeben werden, neben anderen denkbaren Optionen zu einer ergebnisoffenen Diskussion gestellt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 9 – Drucksache 19/11385 In den Stellungnahmen zum Eckpunktepapier sowie in der mündlichen Anhörung am 7. Mai 2019 im BMJV fand diese Option kaum Unterstützung; die Bundesregierung wird die dabei vorgebrachten Argumente selbstverständlich bei der weiteren Prüfung berücksichtigen. 13. Inwiefern hält die Bundesregierung das Schuldverschreibungsgesetz (SchVG) mit der Blockchain-Technologie für kompatibel? Wie im gemeinsamen Eckpunktepapier des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz und des Bundesministeriums der Finanzen angesprochen, sind infolge einer Einführung elektronischer Schuldverschreibungen (unabhängig von der Blockchain-Technologie) im Schuldverschreibungsgesetz Änderungen deshalb notwendig, weil dort eine Papierurkunde vorausgesetzt wird. Im Übrigen ist das Schuldverschreibungsgesetz grundsätzlich technologieneutral. 14. Ist die Bundesregierung der Auffassung, dass die Verwahrung von sog. Private Keys bereits heute schon unter den Erlaubnistatbestand des Depotgeschäfts nach § 1 Absatz 1 Nummer 5 des Kreditwesengesetzes (KWG) fällt? Die Verwahrung von so genannten Private Keys fällt nach derzeitiger Auffassung nicht unter den Tatbestand des Depotgeschäfts. 15. Plant die Bundesregierung auf europäischer Ebene eine Initiative zur Überprüfung der CSDR auf die Vereinbarkeit mit der Blockchain-Technologie, um die in der Vorbemerkung der Fragesteller dargestellte CSDR-Thematik zu adressieren? Die Europäische Kommission ist nach Artikel 75 der Verordnung (EU) Nummer 909/2014 (CSD-Verordnung) verpflichtet, die Verordnung bis zum 18. September 2019 zu überprüfen, einen allgemeinen Bericht über sie zu erstellen und den Bericht, gegebenenfalls zusammen mit geeigneten Vorschlägen, dem Europäischen Parlament und dem Rat vorzulegen. Die Bundesregierung wird sich dafür einsetzen, dass die Europäische Kommission sich im Rahmen der Überprüfung auch mit neuen technologischen Entwicklungen wie etwa der Blockchain-Technologie und daraus gegebenenfalls resultierendem Anpassungsbedarf für die CSD-Verordnung auseinandersetzen wird. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333