Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur vom 2. Juli 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/11386 19. Wahlperiode 04.07.2019 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Roman Müller-Böhm, Stephan Thomae, Grigorios Aggelidis, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/10963 – Restriktion der Entschädigungspflicht von Bahnunternehmen V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Die Rechte und Pflichten der Fahrgäste im Eisenbahnverkehr werden in Deutschland und der Europäischen Union (EU) gegenwärtig in der Verordnung (EG) Nr. 1371/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Rechte und Pflichten der Fahrgäste im Eisenbahnverkehr aus dem Jahr 2009 geregelt. Im November 2018 entwickelte das Europäische Parlament eine Position für eine Novellierung der bisherigen Regelungen auf EU-Ebene. Die neuen Regelungen sollen dazu beitragen, Bahnreisende in der EU künftig noch besser zu schützen. Dabei lag der Fokus zum einen auf der Rückerstattung von Fahrpreisen . Nach Vorstellung des Parlaments sollen beispielsweise bei Verspätungen am Zielort ab 60 und bis 89 Minuten künftig 50 Prozent und bei Verspätungen von 90 Minuten bis zu 119 Minuten 75 Prozent des Ticketpreises als Entschädigung ausgezahlt werden. Momentan wird ein Viertel der Reisekosten erstattet, wenn der Fahrgast später als eine Stunde am Ziel eintrifft. Ab einer Verspätung von 120 Minuten werden derzeit 50 Prozent der Kosten erstattet (https://ec.europa.eu/transparency/ regdoc/rep/1/2017/DE/COM-2017-548-F1-DE-MAIN-PART-1.PDF). Zudem wurde bisher auch bei äußeren Einflüssen wie schlechtem Wetter oder Drittverschulden an der Entschädigung festgehalten. Wie schon der Europäische Gerichtshof (EuGH) im Jahre 2013 feststellte, besteht auch bei Ausfällen aufgrund von Sturm oder Schnee oder Verspätungen wegen blockierten Gleisen eine Entschädigungspflicht der Bahn gegenüber ihren Kunden. Diesen sollte nicht das Risiko solcher äußeren Einflüsse aufgebürdet werden. Dieses Risiko sollte in der Sphäre der Bahnunternehmen verbleiben. Ein Bahnunternehmen kann somit bei einer Schlecht- oder Nichtleistung aufgrund sogenannter höherer Gewalt eine Entschädigung nicht verweigern. Eine gemeinsame Position der Mitgliedstaaten im Rat der Europäischen Union lag bisher nicht vor. Jedoch stellt ein internes Papier des EU-Ministerrats, wie aus einem Artikel der „FAZ“ hervorgeht (https://einspruch.faz.net//recht-destages /2019-05-20/die-bahn-soll-nicht-mehr-zahlen-wenn-es-stuermt/247859. html/), diese vom Parlament in Aussicht gestellten stärkeren Rechte für Fahrgäste der Bahn in Frage. Laut diesem sollen Bahnunternehmen weitergehend Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/11386 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode von Entschädigungspflichten ausgenommen und Verspätungszeiträume für Erstattungen nicht verbraucherfreundlicher bemessen, sondern auf dem aktuellen Niveau belassen werden. Gleichzeitig sollen Bahnunternehmen auch dann keine Entschädigung zahlen müssen, wenn die Verspätung „ganz allgemein durch ‚Dritteʻ verursacht“ wird, wie die „FAZ“ berichtete. Der gesamte Vorstoß wird laut „FAZ“ unter anderem auch von der Bundesregierung getragen. 1. Ist der Bundesregierung das von der „FAZ“ zitierte interne Papier des EU- Ministerrates bekannt? Der Bundesregierung ist nicht bekannt, auf welches interne Papier sich die Presseveröffentlichung bezieht. Der Rat „Verkehr, Telekommunikation und Energie“ (Verkehr) hat in seiner Sitzung am 6. Juni 2019 ein Fortschrittsbericht der rumänischen Präsidentschaft über die Arbeiten an dem Vorschlag der EU-Kommission für eine Verordnung über die Rechte und Pflichten der Fahrgäste im Eisenbahnverkehr (Neufassung) zur Kenntnis genommen. In dem Fortschrittsbericht verweist die rumänische Präsidentschaft auf einen von ihr erarbeiteten Kompromissvorschlag . Der Fortschrittsbericht ist unter folgendem Link abrufbar: https://data.consilium. europa.eu/doc/document/ST-9333-2019-INIT/de/pdf. 2. Welche Ereignisse fallen nach Ansicht der Bundesregierung unter eine „durch Dritte“ verursachte Verspätung, wie sie laut „FAZ“ in dem internen Papier des EU-Ministerrates erwähnt wird? Die Arbeiten in der zuständigen Ratsarbeitsgruppe dauern an. Dementsprechend hat der Vorsitz im Rat „Verkehr, Telekommunikation und Energie“ (Verkehr) in seiner Sitzung am 6. Juni 2019 festgestellt, dass der vorliegende Kompromisstext zwar ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einer Einigung ist, die vorbereitenden Arbeiten aber noch nicht abgeschlossen sind. Es gibt noch eine Reihe praktischer Details, die mit Blick auf die Gegebenheiten des Sektors und einen angemessenen Schutz der Fahrgäste im Eisenbahnverkehr geprüft werden müssen. Sollte eine Klausel, wie sie in der Presseveröffentlichung beschrieben wird, Bestandteil der Neufassung der Verordnung werden, wäre sie durch die Gerichte nach den für EU-Recht üblichen Auslegungsmethoden auszulegen. In Betracht kommen dürften verschiedene Konstellationen, denen gemeinsam ist, dass die Verspätung nicht auf ein Fehlverhalten des Eisenbahnunternehmens zurückzuführen ist. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/11386 3. Wie beurteilt die Bundesregierung die Position des internen Papiers des EU- Ministerrates, dass Fahrgastrechte für Bahnreisende restriktiver ausfallen sollen, als noch im November 2018 von den Abgeordneten des EU-Parlamentes angedacht war, insbesondere, a) dass die Verspätungszeiträume für Erstattungen nicht verbraucherfreundlicher bemessen, sondern auf dem aktuellen Niveau belassen werden sollen , b) dass für Bahnunternehmen in Fällen von Verspätungen oder Ausfällen durch höhere Gewalt (z. B. durch den Fahrbetrieb beeinträchtigendes Wetter, Naturkatastrophen, plötzlich auftretende Fahrzeugmängel, Arbeitskampfmaßnahmen ) lediglich eingeschränkte Entschädigungspflichten bestehen sollen, und c) dass für Bahnunternehmen in Fällen von Verspätungen oder Ausfällen bei Verursachung durch Dritte lediglich eingeschränkte Entschädigungspflichten bestehen sollen? Zu Buchstabe a wird auf Antwort der Bundesregierung auf die Mündliche Frage 41 des Abgeordneten Matthias Gastel in der Fragestunde des Deutschen Bundestages am 5. Juni 2019 verwiesen (vgl. Plenarprotokoll 19/103, S. 12589). Im Übrigen ist die Meinungsbildung innerhalb der Bundesregierung noch nicht abgeschlossen. 4. Sind nach Einschätzung der Bundesregierung weitere Maßnahmen zur Stärkung der Fahrgastrechte im Eisenbahnverkehr notwendig? a) Wenn ja, welche? b) Wenn nein, wieso nicht? Aus Sicht der Bundesregierung ist es notwendig, die praktische Durchsetzung der Fahrgastrechte zu verbessern. Fahrgäste sollten es künftig einfacher haben, eine Entschädigung bei Verspätung zu beantragen. Die Bundesregierung hat daher die Deutsche Bahn AG (DB AG) aufgefordert, zumindest für Onlinetickets auch ein Onlineverfahren einzuführen. Ein derartiges Verfahren wird von der DB AG inzwischen vorbereitet. Der derzeitige Entwurf der Neufassung der Verordnung sieht den von deutscher Seite eingebrachten Vorschlag vor, Anträge auf Entschädigung sowohl in postalischer als auch in digitaler Form bei den Eisenbahnunternehmen stellen zu können. 5. Wie hoch waren nach Kenntnisstand der Bundesregierung die Entschädigungen und Kostenersatzzahlungen, die die Deutsche Bahn AG in den Jahren 2009 bis 2018 jährlich zu zahlen hatte? 6. Wie hoch waren nach Kenntnisstand der Bundesregierung die jährlichen Entschädigungen in den Jahren 2009 bis 2018, die die Deutsche Bahn AG aufgrund von Ausfällen und Verspätungen zu zahlen hatte? a) Welchen Anteil hatten daran Ausfälle bzw. Verspätungen, die durch höhere Gewalt (z. B. durch den Fahrbetrieb beeinträchtigendes Wetter, Naturkatastrophen , plötzlich auftretende Fahrzeugmängel, Arbeitskampfmaßnahmen ) verursacht wurden? b) Welchen Anteil hatten daran Ausfälle bzw. Verspätungen, die durch Dritte verursacht wurden? Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/11386 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 7. Sofern die erfragten Angaben in Frage 2 sowie in den Fragen 2a und 2b nicht erhoben werden, wie hoch war nach Kenntnisstand der Bundesregierung in den Jahren 2009 bis 2018 a) die Anzahl der verspäteten oder ausgefallenen Züge, b) die Anzahl der aufgrund von höherer Gewalt (z. B. durch den Fahrbetrieb beeinträchtigendes Wetter, Naturkatastrophen, plötzlich auftretende Fahrzeugmängel , Arbeitskampfmaßnahmen) verspäteten oder ausgefallenen Züge und c) die Anzahl der aufgrund des Einflusses Dritter verspäteter oder ausgefallener Züge? 8. Wie hoch waren nach Kenntnisstand der Bundesregierung die Einnahmen der Deutschen Bahn AG durch Ticketverkäufe jeweils in den Jahren 2009 bis 2018? Die Fragen 5 bis 8 werden gemeinsam beantwortet. Die DB AG wurde um Stellungnahme gebeten, die in der für die Beantwortung einer parlamentarischen Frage zur Verfügung stehenden Zeit nicht vorgelegt werden konnten. Sobald Informationen vorliegen, werden diese nachgereicht. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333