Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz vom 9. Juli 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/11505 19. Wahlperiode 11.07.2019 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Doris Achelwilm, Ulla Jelpke, Dr. Petra Sitte, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 19/10797 – Stand und Entwicklung der Pressefreiheit V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Die Lage der Presse- und Medienfreiheit verschlechtert sich in besorgniserregender Weise (www.reporter-ohne-grenzen.de/pressemitteilungen/meldung/ hetze-gegen-medienschaffende/). Vor kurzem wurde die Journalistin Lyra McKee während ihrer Arbeit in der nordirischen Stadt Londonderry erschossen. Im Jahr 2018 wurde der slowakische Investigativjournalist Ján Kuciak, der über Korruption, Steuerhinterziehung und Verbindungen zwischen der slowakischen Politik und italienischer Mafia recherchiert hatte, ermordet. Wenige Monate zuvor wurde in Malta Daphne Caruana Galizia durch eine Autobombe getötet. Die Investigativjournalistin hatte über Korruption und Geldwäsche berichtet. Zuvor war sie – wie andere maltesische Journalistinnen bzw. Journalisten – wegen unliebsamer Enthüllungen über Politikerinnen bzw. Politiker mit Verleumdungsklagen überzogen worden. „Beleidigung des Staatsoberhaupts“ und viel häufiger noch der Vorwurf der Terrorismuspropaganda oder Mitgliedschaft in terroristischen Organisationen bieten auch in der Türkei Einfallstore, um regierungskritische Stimmen einzuschüchtern (www.reporter-ohne-grenzen.de/fileadmin/ Redaktion/Presse/Downloads/Jahresbilanz/181217_Jahresbilanz2018.pdf). Auch gegen mehrere deutsche Journalistinnen bzw. Journalisten werden aktuell in der Türkei Ermittlungsverfahren wegen sogenannter Terrorpropaganda geführt. Deniz Yücel berichtete unlängst von Folterungen während seiner Haftzeit. Anderen Korrespondenten wurden unter öffentlichen Drohungen die Akkreditierung entzogen und ihre Arbeit somit unterbunden (www.djv.de/startseite/ service/blogs-und-intranet/djv-blog/detail/article/zwei-drittel-rueckzieher.html). Insgesamt sind in der Türkei über 100 Journalistinnen bzw. Journalisten inhaftiert . In Serbien agieren Präsident Vučić und andere Regierungsvertreterinnen bzw. Regierungsvertreter gegen Journalistinnen bzw. Journalisten. In Polen hat 2015 die rechte PiS-Regierung 230 Mitarbeiterinnen bzw. Mitarbeiter der öffentlich -rechtlichen Medien ausgetauscht und diese in sogenannte nationale Kulturinstitute umgewandelt. Auch das öffentlich-rechtliche Rundfunksystem Ungarns hat seine Unabhängigkeit verloren, indem es mit der staatlichen Nachrichtenagentur MTI verschränkt und eine Medienaufsichtsbehörde installiert wurde, die regierungskritische Berichterstattung sanktionieren kann. Mittlerweile werden 78 Prozent der Umsätze in der Politikberichterstattung von staat- Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/11505 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode lichen oder staatsnahen Medien erwirtschaftet (https://mertek.eu/en/2019/05/ 02/fidesz-friendly-media-dominate-everywhere/). In Österreich griff die rechte Regierungspartei FPÖ immer wieder gezielt den ORF und bekannte Journalisten wie Armin Wolf an. Und auch in Deutschland gerät die Pressefreiheit zunehmend unter Druck – durch rechte Mobilisierung und Aufmärsche, aber aus Sicht der Fragesteller auch durch Sicherheitsbehörden und Geheimdienste (www.reporter-ohne-grenzen.de/fileadmin/Redaktion/Presse/Downloads/Rang listen/Rangliste_2019/190417_Nahaufnahme2019_FINAL.pdf). Journalistinnen und Journalisten sind Berufsgeheimnisträgerinnen bzw. Berufsgeheimnisträger . Doch der notwendige Schutz ihrer Informationen wird rechtlich aus Sicht der Fragesteller nicht immer gewährleistet. Mit dem Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) hat die Bundesregierung nach Ansicht der Fragesteller den Löschdruck gegen illegale Inhalte einseitig auf die Betreiber sozialer Netzwerke verlagert, sodass ein „Overblocking“ rechtmäßiger Inhalte ökonomisch attraktiv ist, um Strafen zu entgehen. Die NetzDG-Transparenzberichte zeigen, dass Unternehmen viele Inhalte löschen, die eigentlich legal sind, wenngleich genaue Kennzahlen hierzu nicht berichtspflichtig sind gemäß des NetzDG (www.reporter-ohne-grenzen.de/pressemitteilungen/meldung/netzdgfuehrt -offenbar-zu-overblocking/). Immer wieder werden Fälle bekannt, in denen zum Beispiel Facebook die Profile von Journalistinnen bzw. Journalisten sperrt, insbesondere von Medienschaffenden im Exil (www.reporter-ohnegrenzen .de/vietnam/alle-meldungen/meldung/kritiker-ueber-facebook-verfolgt/). Nach wie vor fehlt nach Ansicht der Fragesteller ein Gesetz zum Schutz von Hinweisgeberinnen und Hinweisgebern (Whistleblower-Schutzgesetz). Mit der nun vorliegenden EU-Richtlinie „zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden“, muss auch in Deutschland ein wirksamer Schutz für Whistleblowerinnen und Whistleblowern gewährleistet werden, sofern sie Verstöße gegen europarechtliche Bestimmungen aufdecken. Menschenrechtsorganisationen empfehlen den Mitgliedstaaten, die Richtlinie bei der Umsetzung dahingehend auszuweiten, dass auch geschützt ist, wer Verstöße gegen nationales Recht meldet (www.whistleblower-net.de/blog/2019/04/17/deutschland-brauchtein -umfassendes-hinweisgeberschutzgesetz/). Mit „Datenhehlerei“ (§ 202d des Strafgesetzbuchs – StGB) wurde sogar ein neuer Straftatbestand eingeführt, der zwar Ausnahmen für Journalistinnen und Journalisten vorsieht, sich nach Ansicht der Fragesteller aber grundsätzlich auch gegen Informantinnen und Informanten und Medienschaffende mit und ohne Presseausweis (etwa Bloggerinnen und Blogger) anwenden lässt (https:// freiheitsrechte.org/datenhehlerei/). Skandalös ist nach Ansicht der Fragesteller aktuell das Ermittlungsverfahren gegen den Chefredakteur des Recherchebüros Correctiv wegen angeblicher Anstiftung zum Verrat von Geschäftsgeheimnissen im Zusammenhang mit den Recherchen zum Cum-Ex-Steuerbetrug (www. ndr.de/nachrichten/hamburg/Ermittlungen-gegen-Correctiv-Chefredakteur, cumexfiles124.html). Außerdem plant das Bundesinnenministerium des Innern, für Bau und Heimat die Einführung eines neuen § 126a im StGB, mit dem gegen Darknet-Kriminalität vorgegangen werden soll (https://netzpolitik.org/2019/it-sicherheitsgesetz- 2-0-wir-veroeffentlichen-den-entwurf-der-das-bsi-zur-hackerbehoerde-machensoll /). Von IT-Strafrechtsexpertinnen und IT-Strafrechtsexperten und Verfassungsrechtlerinnen und Verfassungsrechtlern wird jedoch kritisiert, dass mit dieser Vorschrift, die im Wortlaut nicht der verabschiedeten Version des Bundesrates , sondern einer im Bundesrat gescheiterten bayerischen Version entspricht (Bundesratsdrucksache 33/19), auch aus Sicht der Fragesteller legitime Zwecke des Darknets kriminalisiert werden, wie die für Journalistinnen und Journalisten wichtigen Whistleblowing-Plattformen (www.lto.de/recht/hinter gruende/h/bundesrat-strafrecht-fuer-darknet-strafbarkeitsluecke-kriminalisierung/). Die Strafnorm wäre darüber hinaus auch auf Anonymisierungsdienstleister Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/11505 wie zum Beispiel VPN-Betreiber anwendbar, auf deren Integrität und Schutz Journalistinnen und Journalisten während Recherchen angewiesen sind (www. zeit.de/digital/datenschutz/2019-03/tor-netzwerk-darknet-gesetzentwurf-straf verfolgung-internet-kriminalitaet-anonymitaet). Auch bei neuen Befugnissen im Polizei-, Straf- und Nachrichtendienstenrecht, beispielsweise der Quellen-Telekommunikationsüberwachung (TKÜ), wird aus Sicht der Fragesteller die Vertraulichkeit der Kommunikation von Journalistinnen und Journalisten als Berufsgeheimnisträgerinnen bzw. Berufsgeheimnisträger und ihren Informantinnen und Informanten aus Sicht der Fragesteller nicht ausreichend geschützt (mmm.verdi.de/beruf/polizeigesetze-erschwerenpressearbeit -57217). Unter anderem seit der Einführung der Quellen-TKÜ im Strafverfahren ist es möglich, verschlüsselte Kommunikation zwischen Medienschaffenden und ihren Quellen abzuhören, und damit an Informationen zu gelangen, über die Journalistinnen und Journalisten vor Gericht das Zeugnis verweigern dürften (www.reporter-ohne-grenzen.de/fileadmin/Redaktion/ Dokumente/20170531_Stellungnahme_Quellen_TKUE_Online_Durchsuchung_ ROG.pdf). Zudem ermöglicht das BND-Gesetz, im Ausland lebende Journalistinnen und Journalisten auszuspionieren (www.spiegel.de/politik/deutschland/ bnd-bespitzelte-offenbar-auslaendische-journalisten-a-1136134.html). Dadurch wird insgesamt der Schutz von Informantinnen und Informanten ausgehöhlt und die Freiheit journalistischer Arbeit sowie die Wahrscheinlichkeit, sensible Informationen zu erhalten, verringert. Im Referentenentwurf des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat für ein „Gesetz zur Harmonisierung des Verfassungsschutzrechts“ sollen das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV), die Landesämter für Verfassungsschutz (LfV) und der Bundesnachrichtendienst (BND) die Befugnisse zur Quellen -TKÜ und Online-Durchsuchung gegeben werden. Auch von der Online- Durchsuchung sollen Medienschaffende im Sinne des § 53 der Strafprozessordnung (StPO) nicht mehr allgemein ausgenommen werden – anders als etwa im Strafverfahren gemäß § 100d Absatz 5 StPO (https://netzpolitik.org/2019/ wir-veroeffentlichen-den-gesetzentwurf-seehofer-will-staatstrojaner-fuer-denverfassungsschutz /). Damit würde es den deutschen Geheimdiensten unter anderem erlaubt werden, die Server von Verlagen und Rundfunksendern zu hacken und verdeckt zu durchsuchen. Im Jahr 2018 wurde außerdem bekannt, dass Überwachungssoftware der deutschen Firma FinFisher in der Türkei gegen Oppositionelle eingesetzt wurde (www.sueddeutsche.de/digital/ueberwachung-deutsche-spaeh-software-gegentuerkische -oppositionelle-eingesetzt-1.3979824). Die Bundesregierung hat nach eigenen Angaben jedoch bis heute keine Informationen darüber, wie die Software von den türkischen Behörden genutzt werden konnte, obwohl der Export der Software genehmigungspflichtig war und die Bundesregierung nach eigenen Angaben einen solchen Export nicht genehmigt hat (Antworten auf die Schriftlichen Fragen auf Bundestagsdrucksachen 19/2334, Frage 46, 19/3384, Frage 190, 19/2610, Frage 50, 19/2419, Frage 39). Lücken bestehen auch in Sachen Informationsbeschaffung von öffentlichen Stellen, da flächendeckende Informationsfreiheitsgesetze und effektive Presseauskunftsrechte sowie klare gesetzliche Regelungen gegenüber Bundesbehörden fehlen, wie nach Ansicht der Fragesteller eine öffentliche Anhörung des Innenausschusses des Deutschen Bundestages gezeigt hat (42. Sitzung des Innenausschusses am 11. März 2019). Das führt dazu, dass die Auskünfte der Bundesbehörden nur noch dem aus Artikel 5 Absatz 1 Satz 2 des Grundgesetzes (GG) abgeleiteten Minimalstandard entsprechen müssen, was einen deutlichen Unterschied zu Landesbehörden darstellt, die Presseanfragen weitaus ausführlicher und genauer beantworten müssen. Auch unternehmen Bundesbehörden aus Sicht der Fragesteller langwierige und kostenintensive Anstrengungen, um ihre Verpflichtung zur Auskunftserteilung oder zur Gewährung von Zugang zu amtlichen Informationen zu umgehen (Bundestagsdrucksache 19/2687). Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/11505 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode All dies geschieht vor dem Hintergrund des sich seit Jahrzehnten verschärfenden ökonomischen Drucks auf die Medien. Sinkende Zeitungsauflagen und Anzeigenerlöse , Medien- und Mediennutzungswandel bedrohen Printverlage und insbesondere den Lokaljournalismus. Zusammenlegungen von Redaktionen und Arbeitsverdichtung erhöhen das Risiko ökonomischer Vielfaltsgefährdungen und verengen den Raum für unabhängigen Journalismus. Obwohl der Gesetzgeber nach Ansicht der Fragesteller verpflichtet ist, Konzentrationsprozessen im Rundfunk aktiv vorzubeugen und auch zur Förderung anderer Mediengattungen durchaus Handlungsmöglichkeiten für ihn bestehen (www.tlm.de/ fileadmin/user_upload/Infothek/Presse/2019/17PM_Praesentation_EMR-Studie_ Anlage.pdf, S. 11 f.; Sachstand des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags : Modelle zur Förderung lokaler Medienvielfalt in EU-Mitgliedstaaten, WD 10 – 3000 – 038/19), sind bislang hier keine wirksamen Initiativen zur medialen Vielfaltssicherung auf lokaler und regionaler Ebene bekannt. Auf EU-Ebene wird versucht, der Zuspitzung der Arbeitssituation von Journalistinnen und Journalisten durch Pilotprojekte zu begegnen, um insbesondere investigativen Journalismus in Europa zu unterstützen sowie ein Frühwarnsystem einzuführen, das auf Verstöße gegen die Pressefreiheit reagiert. Dass auch auf Bundesebene akuter Handlungsbedarf besteht, legen aus Sicht der Fragesteller diverse aktuelle Verstöße gegen das Presserecht nahe. So wurden wiederholt Fälle jahrelanger rechtlich streitiger Überwachung von Journalistinnen und Journalisten bekannt, die zur rechtsextremen Szene recherchierten (www. lvz.de/Leipzig/Lokales/Leipziger-Abhoerskandal-360-Gespraeche-mit-Berufs geheimnistraegern-belauscht; www.taz.de/!5058749/). Bei einer rechten Demonstration in Dresden wurde 2018 – offenbar aus Unkenntnis der Rechtslage im Presserecht – ein Fernsehteam durch die Polizei festgehalten und an der Arbeit gehindert (www.spiegel.de/panorama/justiz/zdf-team-in-dresden-vorfaelle -die-fragen-aufwerfen-a-1224558.html). Auch im Zusammenhang mit dem G20-Gipfel in Hamburg im Jahr 2017 wurden Dutzende Reporterinnen bzw. Reporter aus Sicht der Fragesteller zu Unrecht an der Berichterstattung gehindert . Ihnen wurde aufgrund teilweise falscher Informationen in den Datenbanken der Sicherheitsbehörden die Akkreditierung verweigert (www.zeit.de/ politik/deutschland/2017-08/g20-gipfel-hamburg-journalisten-akkreditierungbka ), woraufhin im Bundespresseamt ein Akkreditierungsbeauftragter eingeführt wurde (www.zeit.de/gesellschaft/2017-11/g20-akkreditierungen-bundes presseamt-akkreditierungsbeauftragten). Während des G20-Gipfels setzte die Polizei in einigen Fällen Schlagstöcke und Pfefferspray gegen Medienvertreterinnen bzw. Medienvertreter ein (www.taz.de/!5436980/) und forderte im Nachhinein zahlreiche Redaktionen auf, Bildmaterial für Ermittlungen zur Verfügung zu stellen (www.ndr.de/fernsehen/sendungen/zapp/medienpolitik/G20 Polizei-will-Aufnahmen-von-Journalisten,gzwanzig356.html). Während Drohungen und physische Angriffe auf Pressevertreterinnen bzw. Pressevertreter seit einigen Jahren erheblich zunehmen (www.ecpmf.eu/files/feindbild_3_-_ rueckblick_2018.pdf ECPMF), füllt die Polizei ihre Schutzfunktion gegenüber Medienvertreterinnen und Medienvertretern aus Sicht der Fragesteller nicht zuverlässig aus (www.journalist-magazin.de/hintergrund/lehren-aus-chemnitz). Die Dunkelziffer nicht angezeigter Übergriffe auf Journalistinnen bzw. Journalisten ist beträchtlich (www.ecpmf.eu/files/feindbild_presse_web.pdf). Auf internationaler Ebene fordern Verbände und Medienschaffende seit langem die Einrichtung eines UN-Sonderbeauftragten beim Generalsekretär der UN für den Schutz von Journalistinnen und Journalisten. Ein entsprechender einstimmiger Beschluss des Deutschen Bundestages (Bundestagsdrucksache 18/12781) aus dem Jahr 2017 wurde bislang noch nicht umgesetzt. Wo Medien der Einblick verwehrt wird und sie in der Konsequenz auch nicht über potenzielle Missstände berichten können, findet keine demokratische Meinungsbildung und öffentliche Kontrolle statt. Es ist Aufgabe des Staates, das verfassungsmäßige Recht auf Pressefreiheit und Meinungsvielfalt strukturell zu Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/11505 garantieren. Ohne freien Informationsfluss und geschützte Rahmenbedingungen in der journalistischen Arbeit sind die Pressefreiheit und letztlich demokratische Grundrechte gefährdet. 1. Hat die Bundesregierung Kenntnisse über Stand und Entwicklung der Pressefreiheit in der EU, und wenn ja, welche? Der Schutz der Grundrechte bildet das Fundament der europäischen Wertegemeinschaft . Die Bundesregierung ist der Auffassung, dass die Pressefreiheit gemäß Artikel 2 des Vertrags über die Europäische Union (EUV) und Artikel 11 der Grundrechtecharta in allen EU-Mitgliedstaaten umfassend geschützt werden muss. Die Wahrung der in Artikel 11 der Charta geschützten Freiheiten stellt nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ein im Allgemeininteresse liegendes Ziel dar, dessen Bedeutung in einer demokratischen und pluralistischen Gesellschaft nicht genug betont werden kann (EuGH, Urteil vom 22. Januar 2013, C-283/11, EU:C:2013:28, Rn. 52). Dem „Bericht der Kommission über die Anwendung der Charta der Grundrechte der Europäischen Union 2018“ (COM(2019) 257 final) zufolge „wird die Charta den in sie gesetzten Erwartungen als das modernste, anspruchsvollste und umfassendste rechtsverbindliche Grundrechtsinstrument gerecht“. Im Übrigen wird auf die Antworten zu den Fragen 3 und 5 verwiesen. 2. Hat die Bundesregierung Kenntnisse über Stand und Entwicklung der Pressefreiheit in Deutschland, und wenn ja, welche? Artikel 5 Absatz 1 des Grundgesetzes garantiert die Pressefreiheit in Deutschland umfassend. Sie ist nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts kein bloßes Abwehrrecht, sondern auch eine objektive Grundsatznorm, welche die Freiheitlichkeit des Pressewesens insgesamt garantiert (BVerfGE 80, 124, 133). Das Gericht sieht die Pressefreiheit als konstituierend für die freiheitlich demokratische Grundordnung an (BVerfGE 107, 299, 329). Die Bundesregierung beobachtet fortlaufend den Stand und die Entwicklung der Pressefreiheit in Deutschland und ist regelmäßig im Austausch mit Journalistenverbänden und anderen Interessenvertretungen aus dem Presse- und Medienbereich , um etwaige im Kompetenzbereich des Bundes liegenden Handlungsbedarfe zur nachhaltigen Sicherung der in Deutschland verfassungsrechtlich garantierten Presse- und Medienfreiheiten zu identifizieren. Stand und Entwicklung der Pressefreiheit ergeben sich aus einer Vielzahl von Einzelsachverhalten, deren umfassende Benennung den Rahmen einer Kleinen Anfrage sprengen würde. Im Übrigen wird auf die Antworten zu den Fragen 18, 19 und 26 verwiesen. 3. Inwiefern teilt die Bundesregierung die Besorgnis von „Reporter ohne Grenzen “, die im aktuellen Jahresbericht konstatieren: „Die zweitstärkste Verschlechterung hatte die Region EU und Balkan zu verzeichnen“? Die Bundesregierung nimmt Berichte über Einschränkungen für die Arbeit von Journalistinnen und Journalisten sehr ernst und setzt sich auch auf europäischer Ebene aktiv für Medien- und Meinungsfreiheit ein. Auf europäischer Ebene gewährleistet insbesondere Artikel 11 der Grundrechtecharta die Freiheit der Medien . Gleichzeitig wird darauf verwiesen, dass nach Einschätzung von „Reporter ohne Grenzen“ „Europa noch immer die Weltregion [sei], in der Medienschaffende am freiesten und sichersten arbeiten können“. Der Europäische Rat hat sich Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/11505 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode in seinen Schlussfolgerungen vom 18. Juni 2019 zur Meinungsfreiheit und Unabhängigkeit der Medien in den Staaten des Westlichen Balkans geäußert. Diese Einschätzung hat aus Sicht der Bundesregierung weiterhin Gültigkeit. 4. Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung daraus in Bezug auf die europäische Gesetzgebung, und welche konkreten Initiativen wird die Regierung auf EU-Ebene ergreifen? Die Bundesregierung setzt sich auf EU-Ebene umfassend für die Stärkung der Grundwerte und -rechte ein. Die Einhaltung der EU-Grundrechtecharta, die mit Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon rechtsverbindlich geworden ist, wird auf EU-Ebene primär durch die Europäische Kommission als Hüterin der Verträge überwacht. Alle Mitgliedstaaten dieser Werte- und Verantwortungsgemeinschaft haben die Pflicht, auf die Einhaltung der Grundrechte zu achten. 5. Inwiefern hat sich die Bundesregierung bilateral oder im Rahmen europäischer Gremien mit den Staaten Deutschland beteiligt sich aktiv an Initiativen, Resolutionen und Debatten zum Schutz der Presse und Meinungsfreiheit in allen relevanten multilateralen Foren (VN, Europarat, OSZE) und darüber hinaus auch an diversen Initiativen von einzelnen Staatengruppen etwa zum Schutz von Journalisten. a) Ungarn, Die Bundesregierung thematisiert regelmäßig die Entwicklung der Presse- und Medienfreiheit in Gesprächen mit Vertretern der ungarischen Regierung und hat wiederholt ihre Sorge über die zentralisierte Medienlandschaft und das Fehlen eines ausgewogenen Medienpluralismus ausgedrückt. Die Presse- und Medienfreiheit sind auch Gegenstand des vom Europäischen Parlament gegen Ungarn initiierten Artikel-7-Verfahrens. Die Bundesregierung setzt sich gemeinsam mit ihren EU-Partnern im Rat für Allgemeine Angelegenheiten dafür ein, dass das Verfahren und die vom Europäischen Parlament geäußerten Bedenken ernst genommen werden. b) Polen, In Polen findet ein regelmäßiger Austausch zwischen Botschaft bzw. Generalkonsulaten , Regierungs- und Medienvertretern statt. c) Österreich, Ein offizieller bilateraler Austausch zu Fragen der Pressefreiheit hat nicht stattgefunden . d) Malta, Die Bundesregierung verfolgt die Entwicklung der Presse- und Medienfreiheit in Malta mit großer Aufmerksamkeit und thematisiert sie regelmäßig in ihren Gesprächen mit Vertretern der maltesischen Regierung. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 7 – Drucksache 19/11505 e) Slowakei, Dem Thema Medienfreiheit widmet die Botschaft in ihren Kontakten und Gesprächen mit Vertretern aus Politik und Gesellschaft wie auch in der öffentlichen Kommunikation besondere Beachtung. f) Tschechien und Ein offizieller bilateraler Austausch zu Fragen der Pressefreiheit hat 2018 nicht stattgefunden. g) Serbien im vergangenen Jahr über die Gefährdung der Pressefreiheit ausgetauscht, mit welchen Ergebnissen, und welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus diesen Besprechungen? Die Bundesregierung spricht in ihren Kontakten mit der serbischen Regierung und den übrigen Regierungen des Westlichen Balkans auf allen Ebenen konsequent bestehende Defizite beim Grundrechtschutz an. Die Bundesregierung dringt gerade bei Reformen in den Bereichen Demokratie und Rechtsstaatlichkeit auf ein transparentes Vorgehen und einen Dialogprozess mit der Zivilgesellschaft . Die Bundesregierung ist außerdem sowohl in direkten Gesprächen als auch über die Botschaften im kontinuierlichen Austausch mit Vertretern der Zivilgesellschaft . Dazu gehören auch Gespräche mit unabhängigen Journalistinnen und Journalisten sowie organisierten Verbänden. Inhalte und Ergebnisse dieser Gespräche fließen in die Position der Bundesregierung im EU-Erweiterungsprozess und im bilateralen Verhältnis ein. Gegenüber Serbien, mit dem bereits EU- Beitrittsverhandlungen geführt werden, räumt die Bundesregierung im Rahmen dieser Verhandlungen dem Grundrechtsschutz zentrale Bedeutung ein, auch im Rahmen der Rechtstaatskapitel 23 und 24. 6. Wie beurteilt es die Bundesregierung, dass die EU-Kommission in ihren regelmäßigen Berichten zu den Mitgliedstaaten keine Aussagen zur Pressefreiheit oder zu ökonomischen Medienfreiheitsproblemen in den jeweiligen Ländern trifft? Regelmäßige Berichte zu den EU-Mitgliedstaaten erstellt die EU-Kommission im Rahmen des Europäischen Semesters auf Basis von Artikel 121 und 148 des Vertrags über die Arbeitsweise der Union (AEUV) sowie des Stabilitäts- und Wachstumspakts . Das „Europäische Semester“ ist ein Zyklus, in dessen Verlauf die EU- Mitgliedstaaten ihre Wirtschafts- und Fiskalpolitik aufeinander abstimmen. Es gehört zum Rahmenwerk für die wirtschaftspolitische Steuerung der Europäischen Union. Über die Anwendung der Grundrechtecharta in der EU (einschließlich Artikel 11 der Grundrechtecharta) berichtet die Kommission jährlich gegenüber Europäischem Parlament, Rat, Europäischem Wirtschafts- und Sozialausschuss und Ausschuss der Regionen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/11505 – 8 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 7. Wie reagiert die Bundesregierung auf die Kritik von Nichtregierungsorganisationen , dass in den Fortschrittsberichten zu EU-Beitrittskandidaten lediglich allgemeine Pressefreiheitsprobleme beschrieben werden, aber zum Beispiel im Falle Serbiens nicht die direkte Verantwortlichkeit von Präsident Vučić für Drohungen gegen einzelne Journalistinnen bzw. Journalisten und Medien? Bei den Länderberichten handelt es sich um eine Gesamtbetrachtung in Verantwortung der EU-Kommission. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 3 verwiesen . 8. Wie reagiert die Bundesregierung auf die Foltervorwürfe des Journalisten Deniz Yücel gegen das sogenannte Gefängnis Silivri 9, und welche diplomatischen Schritte wurden seit Bekanntwerden seitens der Bundesregierung eingeleitet? Die Bundesregierung nimmt jedwede Berichte über Misshandlungen Inhaftierter sehr ernst. Die türkische Regierung ist aufgefordert, sich an die internationalen Standards zu halten, die sie selbst ratifiziert hat. Dazu gehören im Kern die Verpflichtungen des Europarats und die Anti-Folterkonvention. Zu Themen der Rechtsstaatlichkeit und der Europäischen Menschenrechtskonvention steht die Bundesregierung auch mit internationalen Gremien im Austausch. 9. Welche Kenntnis hat die Bundesregierung über „Schwarze Listen“ (www.ntv .de/politik/Tuerkei-uebergibt-Merkel-Terrorliste-article20645440.html) und vergleichbare Instrumente des türkischen Geheimdienstes MIT, des Presseamtes oder der für die Botschaften und Konsulate zuständigen Stellen in Bezug auf deutsche Journalistinnen bzw. Journalisten? Die Bundesregierung stellt erneut klar, dass – anders als in der zitierten Medienberichterstattung dargestellt – es seinerzeit keine Übergabe entsprechender Listen durch die türkische Regierung an die Bundesregierung gegeben hat. Hierzu wird auf die Antwort der Bundesregierung zu den Fragen 1 bis 6 der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. „Listen mit Auslieferungsersuchen der Türkei“ auf Bundestagsdrucksache 19/5485 verwiesen. Ferner liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse über vergleichbare Auflistungen der türkischen Regierung in Bezug auf deutsche Journalistinnen oder Journalisten vor. 10. Wie reagiert die Bundesregierung darauf, dass seit dem Putschversuch 2017 und den von Präsident Erdoğan veranlassten Verhaftungen nach wie vor mehrere Korrespondentinnen bzw. Korrespondenten deutscher Medien auf eine Verlängerung ihrer Pressekarte bzw. Arbeitserlaubnis für die Türkei warten, und welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung hieraus? Die Bundesregierung setzt sich mit großem Nachdruck dafür ein, dass deutsche Auslandskorrespondenten unter angemessenen Bedingungen in der Türkei arbeiten können. Selbstverständlich schließt dies die ordnungsgemäße Akkreditierung im Gastland ein. Die Bundesregierung steht zu dieser Frage in engem Austausch mit der türkischen Regierung sowie mit den betroffenen Korrespondentinnen und Korrespondenten. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 9 – Drucksache 19/11505 11. Inwiefern strebt die Bundesregierung bei der Umsetzung der EU-Richtlinie „zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden“ eine Ausweitung der Schutzvorschriften auf Hinweisgeberinnen und Hinweisgeber an, die Verstöße gegen deutsches Recht melden? Der Richtlinienentwurf der Europäischen Kommission zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen das EU-Recht melden (2018/0106 (COD)), ist am 16. April 2019 vom Europäischen Parlament in Erster Lesung angenommen worden. Die abschließende Zustimmung des Rates steht noch aus. Ob der sachliche Anwendungsbereich der künftigen deutschen Regelung die Meldung von Verstößen gegen nationales Recht oder Teile davon umfassen soll, ist noch nicht entschieden. 12. Warum ist es aus Sicht der Bundesregierung im Entwurf zum 126a StGB- RefE geboten, den anvisierten Schutz von Journalistinnen und Journalisten im Absatz 4 RefE stark zu begrenzen, indem nur Handlungen ausgenommen werden sollen, die „ausschließlich“ der journalistischen Tätigkeit dienen, Hinweisgeberinnen und Hinweisgeber aber aus Sicht der Fragesteller überhaupt nicht in den Schutzbereich aufgenommen werden, sodass Whistleblowing -Plattformen hierunter nicht fallen, und gleichzeitig durch den weiten Anwendungsbereich des Absatzes 1 die Norm in der strafrechtlichen Praxis auch auf Anonymisierungsdienste wie Tor oder VPN-Dienste angewendet werden könnte? Der von den Fragestellern angesprochene Normentwurf ist Gegenstand eines Referentenentwurfs , der sich aktuell in der Ressortabstimmung befindet. Die Bundesregierung hat zu diesem Entwurf noch keine abschließende Haltung eingenommen . Eine Beantwortung der Frage aus Sicht der Bundesregierung ist daher nicht möglich. 13. Inwiefern setzt sich die Bundesregierung verstärkt für die Schaffung einer oder eines UN-Sonderbeauftragten beim Generalsekretär der UN für den Schutz von Journalistinnen und Journalisten ein, wie es der Deutsche Bundestag einstimmig gefordert hatte, wie bewertet die Bundesregierung den Fortschritt der Bemühungen auf UN-Ebene für eine solche Beauftragte bzw. einen solchen Beauftragten und wie ist der Stand der Bemühungen der Bundesregierung , Mitglied in der UN-„Group of Friends on Safety of Journalists “ zu werden? Der Schutz von Journalistinnen und Journalisten weltweit ist auch zum Schutz der Presse- und Meinungsfreiheit für die Bundesregierung ein zentrales Anliegen, bei dem sie sich engagiert. Der Schutz von Journalisten und der Kampf gegen Straflosigkeit ist daher auch in multilateralen Foren ein Querschnittsthema, das in verschiedenen VN-Einrichtungen und Gremien behandelt wird. Die Schaffung einer oder eines VN-Sonderbeauftragten beim VN-Generalsekretär kann dementsprechend den Schutz von Journalisten erhöhen. Die Haltung des VN-Generalsekretärs und anderer enger Partner dazu ist derzeit noch offen. Die Entscheidung des VN-Generalsekretärs, eine Beauftragte und damit direkte Ansprechpartnerin in seinem Büro (Executive Office) zu diesem Thema zu benennen, hat die Bundesregierung begrüßt. Auf Initiative des VN-Generalsekretärs hin sollen auch die VN-Ansprechpartner in den jeweiligen Friedensmissionen und VN-Organisationen besser miteinander vernetzt werden, um bei Angriffen auf Journalisten und Medienschaffende schneller reagieren zu können. Die Bundesregierung bemüht sich derzeit weiterhin um Aufnahme in die „Group of Friends on the Safety of Journalists“ in New York. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/11505 – 10 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 14. Hat die Bundesregierung Pläne zum besseren Schutz der Kommunikation von Journalistinnen und Journalisten, insbesondere zur Einschränkung polizei - und geheimdienstlicher Überwachung der Kommunikation von Journalistinnen und Journalisten im In- und Ausland durch BND, LfV, BfV, die Zentrale Stelle für Informationstechnik im Sicherheitsbereich (ZITiS) oder geplante Staatstrojaner, und wenn ja, welche? Die Pressefreiheit ist in Deutschland auch in Bezug auf die Kommunikation von Journalistinnen und Journalisten bereits im geltenden Recht wie folgt geschützt: Die Telekommunikationsüberwachung ist bei Individualmaßnahmen nach § 3 des Artikel 10-Gesetzes (G 10) auf Personen beschränkt, die bestimmte Straftaten planen, begehen oder begangen haben, sowie unter bestimmten Voraussetzungen auf die an den Informationsflüssen an diese Personen Beteiligten. Gegen Unbeteiligte , etwa recherchierende Journalisten, darf die Maßnahme nicht gerichtet werden. Verfahrensmäßig ist dieser Schutz durch das Zustimmungserfordernis der unabhängigen G 10-Kommission gewährleistet, die eine dem gerichtlichen Rechtsschutz gleichwertige Kontrolle ausübt (vgl. BVerfGE 143, 1, Rn. 38, 46), wobei sich die Kontrollbefugnis der G 10-Kommission nicht nur auf die Erhebung personenbezogener Daten im Rahmen von Beschränkungsmaßnahmen nach dem Artikel 10-Gesetz beschränkt, sondern darüber hinaus die gesamte Weiterverarbeitung der nach dem Artikel 10-Gesetz erlangten personenbezogenen Daten durch die Nachrichtendienste des Bundes umfasst. Ihrer Kontrolle unterliegt dabei auch die Einhaltung der besonderen Schutzvorschriften für Journalisten (und weitere zeugnisverweigerungsberechtigte Personen) nach § 3b Absatz 2 G 10, die der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts folgen (vgl. BVerfGE 141, 220, Rn. 256, 258). Bei Maßnahmen der strategischen Fernmeldeaufklärung gemäß § 5 G 10 wird der Schutz der Presse- und Meinungsfreiheit über den verfassungsunmittelbaren Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewährleistet . Der Bundesnachrichtendienst ist bei all seinem Tun an den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gebunden, unabhängig von der Staatsangehörigkeit oder dem Aufenthaltsort der betroffenen Person. Soweit in der Frage ZITiS angesprochen wird, ist darauf hinzuweisen, dass ZITiS weder Überwachungen durchführt noch Befugnisse dazu besitzt. Die Pressefreiheit ist in Deutschland in Bezug auf die Kommunikation von Journalistinnen und Journalisten auch im Bereich polizeilicher Befugnisse sowie der Strafverfolgung bereits nach geltendem Recht geschützt . Im Rahmen der Strafverfolgung sieht die Strafprozessordnung (StPO) besondere Schutzvorschriften für Journalistinnen und Journalisten vor, wie in § 97 Absatz 5, § 100d Absatz 5, § 100g Absatz 4, § 108 Absatz 3 und § 160a Absatz 2 StPO. Im Rahmen der Gefahrenabwehrbefugnisse des Bundeskriminalamts ergibt sich der Schutz von Journalistinnen und Journalisten aus § 41 Absatz 3 sowie § 62 Absatz 2 des Bundeskriminalamtgesetzes (BKAG) jeweils in Verbindung mit § 53 Absatz 1 Nummer 5 StPO. 15. Wie stellt die Bundesregierung (über die vertragliche Zusicherung von Unternehmen hinausgehend) sicher, dass von ihr genehmigte Exporte von Überwachungssoftware dieser deutschen Unternehmen an ausländische Staaten nicht gegen in Deutschland lebende, ausländische Exil-Journalistinnen bzw. Exil-Journalisten eingesetzt werden? Die Kontrolle der angegebenen Endverwendung ist ein Kernelement der Dual- Use Exportkontrolle. Die Genehmigungsentscheidung ist dabei das Resultat einer umfassenden Ex-ante-Prüfung, in deren Rahmen alle Angaben zum Endverbleib, zur Endverwendung und zum Endverwender in Hinblick auf die Wahrung der Interessen der Bundesrepublik Deutschland bewertet werden. Ein wesentliches Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 11 – Drucksache 19/11505 Element ist dabei die Vorlage einer Endverbleibserklärung seitens des Endverwenders , in der der Empfänger des Gutes versichert, dass er der Endverwender ist. Er muss zudem die angegebenen Zwecke glaubwürdig darlegen sowie versichern , dass er die Güter nicht ohne Zustimmung der Bundesregierung an Empfänger in anderen Staaten weitergeben wird (sog. Re-Exportvorbehalt). Alle Angaben zur geplanten Ausfuhr werden seitens der Bundesregierung einer genauen Plausibilitätsprüfung unterzogen und mit den der Bundesregierung vorhandenen Informationen abgeglichen, wobei die Bundesregierung in ihre Prüfung und Bewertung nicht nur die Angaben der Beteiligten, sondern sämtliche ihr vorliegenden Informationen zum Ausfuhrvorgang einbezieht. Verstöße seitens des Endverwenders gegen die in der Endverbleibserklärung gemachten Angaben können zum künftigen Ausschluss des Endverwenders von Lieferungen führen. Die Verfolgung etwaiger Verstöße gegen Außenwirtschaftsrecht sowie andere in Deutschland geltende Rechtsvorschriften ist Aufgabe der Strafverfolgungsbehörden . 16. Warum ist es aus Sicht der Bundesregierung notwendig, den deutschen Geheimdiensten – LfV, BfV, BND – gemäß den Plänen für ein „Gesetz zur Harmonisierung des Verfassungsschutzrechtes“ des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat in Einzelfällen das Recht zu geben, auch bei Medienschaffenden gemäß § 53 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 StPO in Einzelfällen eine Online-Durchsuchung durchführen zu können? Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat hat einen Gesetzentwurf zur Harmonisierung des Verfassungsschutzrechtes vorgelegt. Die Meinungsbildung innerhalb der Bundesregierung hierzu ist insgesamt noch nicht abgeschlossen . 17. Plant die Bundesregierung einen Gesetzentwurf, um den Straftatbestand der „Datenhehlerei“ anzupassen, um Presse- und Rundfunkfreiheit zu gewährleisten und Whistleblowerinnen und Whistleblower vor Strafverfolgung zu schützen? Der Straftatbestand der Datenhehlerei nach § 202d des Strafgesetzbuchs (StGB) sieht in seinem Absatz 3 Satz 2 Nummer 2 bereits einen Tatbestandsausschluss für journalistische Tätigkeiten vor. Unter diesen Tatbestandsausschluss fallen berufliche Handlungen der in § 53 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 der Strafprozessordnung (StPO) genannten Personen, mit denen Daten entgegengenommen, ausgewertet oder veröffentlicht werden. Durch den Verweis auf § 53 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 StPO wirkt der Tatbestandsausschluss zugunsten von Personen, die bei der Vorbereitung, Herstellung oder Verbreitung von Druckwerken, Rundfunksendungen , Filmberichten oder der Unterrichtung oder Meinungsbildung dienenden Informations- und Kommunikationsdiensten berufsmäßig mitwirken oder mitgewirkt haben. Hinweisgeber fallen ebenfalls grundsätzlich nicht unter den Tatbestand der Datenhehlerei , da sie typischerweise Daten weitergeben, die ihnen zuvor rechtmäßig anvertraut worden waren. Es handelt sich damit nicht um Daten, die ein anderer zuvor durch eine rechtswidrige Tat erlangt hat, wie dies für eine Strafbarkeit des Hinweisgebers nach § 202d StGB erforderlich wäre. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/11505 – 12 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 18. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Entwicklung von Strafund Gewalttaten gegen Medienvertreterinnen bzw. Medienvertreter seit 2015, und wie bewertet sie diese? Der Bundesregierung liegen keine Daten hierzu vor. Insbesondere werden in der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) „Medienvertreter“ nicht gesondert als Opfer erfasst. Es gibt hierzu jedoch Erhebungen des von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien geförderten European Centre for Press and Media Freedom (ECPMF). Das ECPMF hat in seiner Studie „Feindbild Journalist“ die tätlichen Angriffe auf Journalistinnen und Journalisten in Deutschland seit 2015 verglichen (www.ecpmf.eu/files/feindbild_3_-_rueckblick_2018.pdf; S. 3). Danach sind diese von 43 in 2015 auf 26 in 2018 zurückgegangen. Des Weiteren liegen Zahlen von Reporter ohne Grenzen vor, nach denen ein Rückgang von 39 Angriffen in 2015 auf 22 Angriffe in 2018 zu verzeichnen ist (www.reporter-ohnegrenzen .de/fileadmin/Redaktion/Presse/Downloads/Ranglisten/Rangliste_2019/ 190417_Nahaufnahme2019_FINAL.pdf; S. 3; S. 3). Diese positive Entwicklung ist zu begrüßen, gleichwohl sollten weiterhin Anstrengungen auf allen Ebenen unternommen werden, die Zahl weiter zu senken. 19. In welcher Form und in welchen zeitlichen Abständen tauschen sich die Bundesregierung oder ihr nachgeordnete Stellen mit Journalistinnenverbänden bzw. Journalistenverbänden, Gewerkschaften und Personalvertretungen zur Problematik erschwerter Bedingungen journalistischer Arbeit aus? Die Bundesregierung ist regelmäßig mündlich wie schriftlich im Austausch mit Journalistenverbänden und anderen Interessenvertretungen aus dem Presse- und Medienbereich. Ein feststehendes Format im Sinne der Fragestellung besteht nicht. 20. Was unternimmt die Bundesregierung bzw. die Bundespolizei, um Polizeivollzugsbeamte in vorschriftsmäßigem Verhalten gegenüber Presseangehörigen zu schulen? Innerhalb der Ausbildungen für die Laufbahnen des Polizeivollzugsdienstes in der Bundespolizei werden rechtliche Aspekte im Umgang mit Presseangehörigen in unterschiedlicher zeitlicher und inhaltlicher Ausprägung vermittelt. Innerhalb der Ausbildung zum mittleren Polizeivollzugsdienst findet das Thema im Fach „Polizeirecht“ statt. Den Studierenden für den gehobenen Polizeivollzugsdienst wird zu dem Thema „Schutz des kommunikativen Handelns“ u. a. die Presse-, Rundfunk- und Filmfreiheit sowie Freiheit von Kunst und Wissenschaft vermittelt . Die Studierenden des Masterstudiums „Öffentliche Verwaltung – Polizeimanagement “ behandeln dieses Thema in verschiedenen Lehrveranstaltungen u. a. unter der Überschrift „Rechtliche Grundlagen im Verhältnis Polizei und Medien“. Dabei werden auch rechtliche und taktische Grundfragen im Verhältnis von Polizei und Medien beleuchtet, um den Studierenden die verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Normen im Umgang mit den Medien und deren Vertretern zu vermitteln . Im Rahmen der Fortbildung bietet die Bundespolizeiakademie Lehrgänge für die Öffentlichkeitsarbeit in der Bundespolizei an. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 13 – Drucksache 19/11505 21. Seit wann ist der bzw. die Akkreditierungsbeauftragte im Bundespresseamt im Amt, nach welchem Verfahren wird der bzw. die Akkreditierungsbeauftragte tätig, und in wie vielen Fällen musste er bzw. sie seitdem tätig werden, zum Beispiel weil Journalistinnen bzw. Journalisten die Akkreditierung für Veranstaltungen verweigert werden sollte? a) In wie vielen dieser Fälle wurde eine Akkreditierung nach Einschalten des bzw. der Akkreditierungsbeauftragten dann gewährt? b) Gab es Korrekturen in den Fällen, in denen eine Akkreditierung zunächst verweigert werden sollte, und wenn ja, wie viele? c) In wie vielen Fällen wurde eine Akkreditierung auch nach Einschalten des bzw. der Akkreditierungsbeauftragten verweigert? Was waren jeweils die Gründe für die Ablehnung? Seit dem 1. Januar 2018 ist der Akkreditierungsbeauftragte im Amt. Seine Aufgabe ist es, die Akkreditierungsverfahren des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung zu begleiten und bei eventuellen Störungen einzuschreiten . Die Tätigkeit umfasst sowohl die Feststellung der Journalisteneigenschaft als auch die notwendige Sicherheitsüberprüfung durch das Bundeskriminalamt . Für diesen Zeitraum ist im Ergebnis festzuhalten, dass keine Akkreditierung aus Sicherheitsgründen verweigert werden musste. Wie sich die Tätigkeit des Akkreditierungsbeauftragten auf Einzelfälle im Akkreditierungsverfahren auswirkt, wird nicht erfasst. 22. Welche Anstrengungen unternimmt die Bundesregierung, um herauszufinden , ob es aufgrund des NetzDG zu einem „Overblocking“ auf sozialen Netzwerken von rechtmäßigen Inhalten auf Basis der Community Standards kommt, was nicht Gegenstand der gemäß dem NetzDG halbjährlich zu übermittelnden Transparenzberichte ist? Der Bundesregierung liegen keine Hinweise vor, dass es auf den sozialen Netzwerken aufgrund des NetzDG zu einem „Overblocking“ von rechtmäßigen Inhalten auf Basis der sog. Gemeinschaftsstandards der sozialen Netzwerke kommen würde. Gleichwohl beobachtet die Bundesregierung die weitere Entwicklung. 23. Wie und wann plant die Bundesregierung, ihre Ankündigung aus dem Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD umzusetzen, auf sozialen Netzwerken „die vertraglichen Rechte der Nutzer [zu] stärken, z. B. gegen unberechtigte Löschungen und Sperrungen“? Auf die Antwort der Bundesregierung zu den Fragen 3b bis 5 der Kleinen Anfrage der Fraktion der AfD auf Bundestagsdrucksache 19/5389 wird verwiesen. 24. Inwieweit plant die Bundesregierung eine Änderung des seit 2013 fehlenden Rechtsanspruchs der Presse auf schnellen und umfassenden Zugang zu Informationen von Bundesbehörden? Der Presse steht ein verfassungsunmittelbarer Rechtsanspruch auf Zugang zu Informationen von Bundesbehörden zu, der im Umfang den – untereinander im Wesentlichen inhaltsgleichen, auf eine Abwägung zielenden – Auskunftsansprüchen der Landespressegesetze entspricht. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/11505 – 14 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 25. Welche Aktivitäten betreibt die Bundesregierung, insbesondere das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, um die zunehmende Medienkonzentration aufzuhalten und die lokale und überregionale Presse- und Rundfunkvielfalt auch unter wettbewerbsrechtlichen Aspekten in Deutschland langfristig zu garantieren? Die Konvergenz der Medien stellt sowohl das Kartellrecht als auch das Medienkonzentrationsrecht vor neue Herausforderungen. Der Bund hat im Nachgang zu den Festlegungen in der gemeinsamen Kommission von Bund und Ländern zur Medienkonvergenz in der vergangenen Legislaturperiode in der 9. GWB-Novelle die Vorschriften zur Zusammenarbeit der Aufsichtsbehörden im Bereich der Fusionskontrolle gestärkt. Die wirtschaftliche Fusionskontrolle im Medienbereich kann im Ergebnis auch der Sicherung der Medienvielfalt dienen. Angesichts der geänderten Marktentwicklungen kann hier aber nur die Überarbeitung des fernsehzentrierten Medienkonzentrationsrechts im Rundfunkstaatsvertrag für eine tragfähige Lösung sorgen. Eine entsprechende Änderung durch die Länder würde die Bundesregierung daher unterstützen. 26. Was unternimmt die Bundesregierung und was beabsichtigt sie künftig zu unternehmen, um zum Erhalt bzw. der Schaffung vielfältiger lokaler Medienlandschaften beizutragen bzw. neue Modelle zur Finanzierung von Qualitätsjournalismus jenseits von ökonomischer oder politischer Einflussnahme zu fördern? Die Bundesregierung steht für journalistische Vielfalt, unabhängige kritische Medien und eine offene und freie Gesellschaftsordnung ein. Dazu gehört einerseits, die Staatsferne der Medien zu respektieren und andererseits, die Rahmenbedingungen für unabhängigen und freien Journalismus zu gewährleisten. Unter Berücksichtigung der aus Artikel 5 Absatz 1 Satz 2 des Grundgesetzes folgenden Neutralitätspflicht des Staates fördert die Bundesregierung verschiedene Projekte, Studien und Initiativen, die der Presse- und Medienlandschaft und dem Schutz von Journalistinnen und Journalisten dienen. So fördert die Bundesregierung zum Beispiel das Europäische Zentrum für Presse- und Medienfreiheit (EZPMF) in Leipzig. Darüber hinaus finanziert die Bundesregierung den Auslandssender Deutsche Welle. Die Deutsche Welle Akademie als Deutschlands führende Organisation für internationale Medienentwicklung unterstützt die Entwicklung freier und transparenter Mediensysteme, bildet Journalistinnen und Journalisten aus Entwicklungs - und Transformationsländern aus und fördert journalistische Qualität und Medienkompetenz. Die Bundesregierung wird auch weiterhin – im Rahmen ihrer verfassungsrechtlichen Zuständigkeiten und unter Wahrung der Zuständigkeiten der Länder – notwendige Schritte prüfen, um Medienvielfalt und freien und unabhängigen Journalismus zu gewährleisten und weiter zu befördern. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333