Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Verteidigung vom 11. Juli 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/11542 19. Wahlperiode 12.07.2019 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Gerold Otten, Rüdiger Lucassen, Martin Hess, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der AfD – Drucksache 19/10778 – Optimierung der Beschaffungs- und Nutzungsorganisation der Bundeswehr V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD wurde betont, dass man bestrebt sei, die eingeleiteten Schritte zur Erneuerung, Modernisierung und Erweiterung der Bundeswehr fortzuführen „und dabei für eine Beschleunigung der Prozesse, insbesondere des Beschaffungswesens, zu sorgen“ (Koalitionsvertrag, S. 158). Weiter heißt es, man wolle die seit Jahrzehnten unveränderten Rahmenbedingungen des Rüstungswesens untersuchen und analysieren, „in welcher Weise die Beschaffungsorganisation der Bundeswehr an ihren Standorten in ihrer Organisationsform angepasst werden sollte“. Zur Erfüllung dieser Selbstverpflichtung wurden im Mai 2018 ein Steuerungspanel unter der Leitung eines Staatssekretärs und eine „Task Force BeschO“ eingerichtet, deren Erkenntnisse von Oktober 2018 bis Februar 2019 durch einen Expertenrat bewertet wurden. Seit dem 6. März 2019 liegt dem Steuerungspanel ein Abschlussbericht des Expertenrates vor. In diesem Bericht werden Empfehlungen ausgesprochen, wie Beschaffung und Nutzung verbessert werden können (siehe Abschlussbericht, S. 2). Wenngleich das Bemühen der Bundesministerin der Verteidigung sowie des Steuerungspanels und des Expertenrates zu loben ist, bezweifeln die Fragesteller die Belastbarkeit der Ergebnisse. Um diese Zweifel auszuräumen, bitten wir um Beantwortung folgender Fragen. 1. Warum sah die Bundesregierung die Notwendigkeit, nicht innerhalb, sondern außerhalb des Bundesamtes für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw) eine „Task Force BeschO“ bilden zu müssen? Die Untersuchung der Beschaffungsorganisation beschränkt sich nicht ausschließlich auf das Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw). Es wurde daher eine Projektorganisation gewählt, die übergreifend angelegt ist und unmittelbar an ein Steuerungspanel unter Vorsitz eines beamteten Staatssekretärs berichtet. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/11542 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 2. Inwieweit konnten die Mitarbeiter des BAAINBw auf die Arbeit der „Task Force BeschO“ Einfluss nehmen, inwieweit haben sie Einfluss auf die Sachstandsanalyse genommen? Die Task Force Untersuchung Beschaffungs- und Nutzungsorganisation sowie Optimierung Beschaffungswesen (TF BeschO) setzte sich aus Beschäftigten verschiedener Bereiche – auch des BAAINBw – zusammen. Außerdem wurde die Expertise von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern vor allem des BAAINBw mit seinen Dienststellen z. B. in Workshops und Interviews einbezogen. 3. In welchem Umfang, in welchen Bereichen, mit welchen Befugnissen und Rechten konnten Vertreter des BAAINBw am Expertenrat teilnehmen und auf die Ergebnisse des Abschlussberichtes Einfluss nehmen? Als Vertreter des BAAINBw gehörten die zivile Gleichstellungsbeauftrage sowie drei Vertreterinnen und Vertreter der Beteiligungsgremien dem Expertenrat an. Dabei hatten sie die gleichen Rechte, Befugnisse und Einflussmöglichkeiten wie alle anderen Expertinnen und Experten im Rat. 4. Über welche dezidierte Fachexpertise im Bereich Beschaffung der Bundeswehr verfügen die Mitglieder des Expertenrates (bitte genauere Aussagen über praktische Erfahrungen in Bereichen des BAAINBw, selbst angefertigte und publizierte Studien zum Beschaffungswesen der Bundeswehr sowie Informationen über gemeinsam durchgeführte Projekte mit dem BAAINBw machen)? Alle im Expertenrat vertretenen Personen verfügen über Kenntnisse der Bundeswehr und des Rüstungsbereiches, jedoch aus unterschiedlichen Perspektiven wie Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Beteiligungsarbeit. 5. Welche Bedeutung hat nach Ansicht der Bundesregierung und des Expertenrates das EU-Vergaberecht auf die praktische Umsetzung von Beschaffungsvorhaben des BAAINBw? Das EU-Vergaberecht basiert weitestgehend auf Richtlinien, deren Vorgaben nahezu deckungsgleich in nationales Recht umgesetzt worden sind. Für Beschaffungsvorhaben des BAAINBw sind der vierte Teil des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB), die Verordnung über die Vergabe öffentlicher Aufträge (Vergabeverordnung – VgV) und die Vergabeverordnung Verteidigung und Sicherheit (VSVgV) von besonderer Bedeutung. Insbesondere die Umsetzung der Richtlinie 2009/81/EG im GWB und in der VSVgV im Jahr 2012 hat dazu geführt, dass viele verteidigungs- und sicherheitsspezifische Aufträge, die zuvor unter Ausnahmetatbestände des Vergaberechts fielen, jetzt aufwandsintensiver in förmlichen Verfahren zu vergeben sind. 6. Inwiefern erachtet es die Bundesregierung als sinnvoll, bei parlamentarischen Vorlagen die Grenze von 25 Mio. Euro auf 50 Mio. oder weiter heraufzusetzen , um Beschaffungsvorhaben zu beschleunigen? Aktuell verfolgt die Bundesregierung keine Änderung des derzeitig praktizierten Verfahrens zu den sog. 25-Mio.-Euro-Vorlagen an den Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/11542 7. Wie hoch schätzt die Bundesregierung die Arbeitsbelastung der im BAAINBw Beschäftigten ein, und was sind die Ursachen dafür? Die bestehende Arbeitsbelastung der Beschäftigten im BAAINBw wird als erheblich angesehen. Wesentliche Ursachen sind die veränderte sicherheitspolitische Lage und die damit einhergehenden erhöhten Anforderungen an die Streitkräfte sowie die Erfüllung des neuen Fähigkeitsprofils der Bundeswehr mit mehr Projekten in der Beschaffung und Nutzung in Folge der eingeleiteten Trendwenden . 8. Sind die Mitarbeiter aller Bereiche des BAAINBw nach der Einführung des „AI-Vergabemanager“ im Umgang mit der Software geschult worden? Ja. a) Welchen zeitlichen Umfang hatte die Schulung, und welche Inhalte wurden vermittelt? Die Kursdauer „Einkauf Vergabemanager“ beträgt fünf Tage. Der Kurs „Abwicklung Vergabemanager“ wird als web-based training angeboten. Wesentliche Lehrgangsinhalte zum AI-Vergabemanager sind: – Grundlagen des AI-Vergabemanagers, – Benutzeroberfläche, Funktionen der Software, Ablauf der Vergabeverfahren, Behandlung von Kunden/Lieferanten im AI-Vergabemanager, – Durchführung von Vergabeverfahren, – Anlegen von Vergaben, nationale Vergabeverfahren, europaweite Vergabeverfahren . b) Von wem wurde die Schulung durchgeführt? Die Schulungen werden durch das BAAINBw und das Bildungszentrum der Bundeswehr unter Rückgriff auf Firmenkräfte durchgeführt. 9. Was entgegnet die Bundesregierung auf die Kritik von Mitarbeitern des BAAINBw, wonach die vom Expertenrat in ihrem Abschlussbericht skizzierten aufbau- und ablauforganisatorischen Maßnahmen a) die Projektarbeit des BAAINBw auf Jahre hinweg lähmen könnten, b) wesentliche Parameter des effizienten Organisationshandeln unberücksichtigt gelassen hätten und c) sich gemäß § 37 der Bundeshaushaltsordnung als nicht wirtschaftlich herausstellen könnten (Abschlussbericht, Anlage 3 – Positionspapier der Vertreter des BAAINBw, S. 32)? Die Fragen 9a bis 9c werden gemeinsam beantwortet. Für die TF BeschO war und ist handlungsleitend, dass die im Lösungsraum zu empfehlenden Anpassungen zu keinen wesentlichen Leistungseinbußen der Beschaffungs - und Nutzungsorganisation führen. Die Empfehlungen des Expertenrats berücksichtigend formulierte die TF BeschO den Lösungsraum unter dieser Prämisse konkret aus. Vor der Umsetzung von Einzelmaßnahmen steht eine detaillierte Feinausplanung und Bewertung. Sie wird den ggf. erforderlichen Nach- Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/11542 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode weis der Wirtschaftlichkeit der konkreten Einzelmaßnahmen erbringen. Der Bundesrechnungshof führt zum Projekt BeschO zudem eine begleitende Prüfung durch. 10. Warum haben sich Task Force BeschO und Expertenrat beinahe ausschließlich auf die Arbeit des BAAINBw konzentriert, wohingegen Schnittstellen zu anderen Organisationsbereichen der Bundeswehr, z. B. dem Planungsamt , unberücksichtigt geblieben sind? Das BAAINBw hat die zentrale Rolle bei der Beschaffung und Nutzung inne; es ist wichtigster Bedarfsdecker der Streitkräfte und für die Herstellung der materiellen Einsatzbereitschaft verantwortlich. Daher sollte und musste das BAAINBw im Projekt BeschO im Fokus der Betrachtungen stehen. In alle Überlegungen wurden dennoch an relevanten Schnittstellen die Bereiche Planung und Personal sowie die Streitkräfte einbezogen. 11. Warum wurde bei der Umorganisation 2012 dem nunmehrigen BAAINBw die Zuständigkeit für die Gewinnung von Personal entzogen und auf das Bundesamt für das Personalwesen der Bundeswehr (BAPersBw) übertragen ? Die im Rahmen der Strukturreform 2011/2012 vorgenommene Neuausrichtung des Bundesministeriums der Verteidigung (BMVg) und der Bundeswehr zielte u. a. darauf ab, im Zuge der Prozessoptimierung einen Organisationsbereich Personal zu schaffen, der das gesamte Personalmanagement schnittstellenarm und prozessorientiert abbildet sowie personelle und inhaltliche Synergien abschöpft. 12. Welche Auswirkung auf die Projektarbeit des BAAINBw hätte nach Auffassung der Bundesregierung eine signifikante Reduzierung der An- und Abfragen an das BAAINBw vonseiten der Abteilungen A und CIT des Bundesministeriums der Verteidigung? Inwiefern sieht die Bundesregierung die Notwendigkeit, das Berichtswesen zu vereinfachen und das Berichtsverfahren zu standardisieren? Zu den wesentlichen Elementen der Führung und Kontrolle der Bundesverwaltung zählt die Fachaufsicht. Oberstes Ziel der Fachaufsicht ist ein rechtmäßiges und zweckmäßiges Verwaltungshandeln. Die Ausrichtung auf ministerielle Kernaufgaben ist durch ständige Aufgabenkritik sicherzustellen. Eine signifikante Reduzierung der An- und Abfragen von Seiten des BMVg hätte Einschränkungen in der Aufgabenwahrnehmung des BMVg zur Folge. Um den Bearbeitungsaufwand im BAAINBw jedoch zu begrenzen, wird bereits – sofern möglich und sinnvoll – auf ein standardisiertes Berichtswesen zurückgegriffen (z. B. im Bereich der Risikoberichte für Projekte und der Abrufe aus der Rahmenvereinbarung über die Unterstützungsleistungen für das Projektmanagement). Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/11542 13. Welchen inhaltlichen Wert haben nach Ansicht der Bundesregierung diejenigen Positionspapiere, die von Vertretern des BAAINBw erarbeitet und dem Abschlussbericht des Expertenrates beigefügt worden sind? Inwiefern werden die Ausführungen der Positionspapiere in die weiteren Überlegungen zur Optimierung des Beschaffungswesens der Bundeswehr einfließen? Für die weitere Umsetzung werden der Abschlussbericht des Expertenrats sowie die Positionspapiere einzelner Mitglieder des Expertenrats berücksichtigt. 14. Warum befanden sich keine Vertreter der deutschen Verteidigungsindustrie im Expertenrat? Inwiefern sind Problemanalysen und Lösungsvorschläge der Verteidigungsindustrie in den Abschlussbericht eingeflossen? Zur Zusammensetzung des Expertenrates wird auf die Antwort zu Frage 4 verwiesen . 15. Wie erklärt sich die Bundesregierung die unterschiedlichen Ansichten und Lösungsvorschläge von Expertenrat und Vertretern des BAAINBw? Die Empfehlungen des Expertenrates wurden einstimmig beschlossen. Dementsprechend haben sich auch die Vertreterinnen und Vertreter der Beteiligungsgremien und die Gleichstellungsbeauftragte des BAAINBw diese Empfehlungen zu eigen gemacht. 16. Teilt die Bundesregierung die Ansicht (siehe Behörden Spiegel, Februar 2019, S. 44), dass Mustervertragsbedingungen zwischen BAAINBw und der Industrie Routinebeschaffungen beschleunigen könnten? Wenn ja, warum existieren keine entsprechenden Mustervertragsbedingungen ? Das BMVg und sein Geschäftsbereich arbeiten seit Jahrzehnten mit solchen standardisierten Vertragsbedingungen. Sie unterliegen im steten Benehmen mit den Interessenvertretungen der Industrie einem kontinuierlichen Änderungsdienst. 17. Inwiefern hält die Bundesregierung ein Vergabeverfahren für Großgeräte gemäß Artikel 1 Ziffer 21 der EU-Richtlinie 2009/81/EG (Dialog zwischen Auftraggeber und Bewerber zur Angebotsformulierung) für sinnvoll und auf das Beschaffungswesen der Bundeswehr übertragbar? Nach § 11 Absatz 1 Satz 2 VSVgV darf der wettbewerbliche Dialog als Vergabeverfahrensart nur in begründeten Ausnahmefällen angewandt werden. Ein solcher Ausnahmefall liegt nach § 13 Absatz 1 VSVgV nur dann vor, wenn ein Auftraggeber einen besonders komplexen Auftrag vergeben will und dabei objektiv nicht in der Lage ist, – die technischen Mittel anzugeben, mit denen seine Bedürfnisse und Ziele erfüllt werden können, oder – die rechtlichen oder finanziellen Bedingungen des Vorhabens anzugeben. Bislang lagen die Voraussetzungen zur Anwendung des wettbewerblichen Dialogs bei Beschaffungen des BAAINBw nicht vor. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/11542 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 18. Inwieweit hält die Bundesregierung die Dezentralisierung von Aufgaben für einen gangbaren Weg, um das BAAINBw bei der Erfüllung der Kernaufgaben Beschaffung zu entlasten? Welche Aufgaben im Rahmen der Beschaffung und der Nutzung könnten darunter inbegriffen sein? Eine stärkere Differenzierung der Aufgaben des BAAINBw durch die organisatorische Trennung zwischen Rüstungsprojekten, Beschaffung handelsüblicher IT und handelsüblichem, nichtwaffensystembezogenem Einkauf kann die Erfüllung der Kernaufgaben unterstützen. Eine Dezentralisierung im Sinne einer Verteilung der Aufgaben des BAAINBw auf andere Dienststellen stand bei der Untersuchung der Beschaffungs- und Nutzungsorganisation nicht im Fokus. 19. Welche Bedeutung hatte das unter Federführung der ehemaligen Staatssekretärin Katrin Suder entworfene neue Rüstungsmanagement für die Untersuchung des Expertenrates? Welche Teile und welche Ideen wurden übernommen? Ergebnisse aus laufenden und abgeschlossenen Projekten mit Bezug zur Beschaffungs - und Nutzungsorganisation wurden in die Analyse der TF BeschO einbezogen . 20. Welche Schritte gedenkt die Bundesregierung nach Vorlage des Abschlussberichtes nunmehr einzuleiten? Bis wann soll die Optimierung des Beschaffungs- und Nutzungswesens der Bundeswehr abgeschlossen sein? Bis zum Jahresende soll der Zeitplan für die weitere Feinausplanung aufgestellt werden. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333