Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur vom 10. Juli 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/11545 19. Wahlperiode 12.07.2019 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Bernd Reuther, Frank Sitta, Torsten Herbst, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/11209 – Deutsche Beteiligung am europäischen Navigationssystem Galileo V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Galileo ist ein Milliardenprogramm der Europäischen Kommission mit einem jährlichen Budget von 1,3 Mrd. Euro. An der Finanzierung des Projektes ist Deutschland maßgeblich beteiligt. Das Programm bietet für die Bundesrepublik Deutschland einen Zugang zum Markt für Satellitennavigation, der großes Potenzial birgt (www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Standardartikel/ Themen/Europa/EU_auf_einen_Blick/EU_Haushalt/2012-01-20-eu-finanzaspektedes -satellitennavigationssystems-galileo.html, www.gsa.europa.eu/system/files/ reports/gnss_mr_2017.pdf). Deutschland beteiligt sich unter anderem am Aufbau des Systems. Die bisherigen 26 Satelliten wurden von deutschen Unternehmen gebaut. Darüber hinaus befindet sich eines der Kontrollzentren zur Steuerung des Galileo-Systems in Deutschland. Die Bedeutung des Galileo-Programms ist nach Ansicht der Fragesteller für die digitale Gesellschaft und Infrastrukturen der Bundesrepublik Deutschland enorm. Galileo ermöglicht eine Echtzeitortung mit einer Genauigkeit im Meterbereich , was bisher noch kein öffentlich zugängliches System angeboten hat. Trotz dieser äußerst beeindruckenden Genauigkeit liegt der entscheidende Unterschied zwischen den Systemen GPS (Global Positioning System) bzw. GLONASS (Globalnaja nawigazionnaja sputnikowaja sistema) und Galileo weniger in der Genauigkeit, sondern vielmehr in der garantierten Verfügbarkeit, einer echten öffentlichen Dienstleistung aus Europa. Entsprechend der Wichtigkeit des Programms sollte nach Ansicht der Fragesteller sichergestellt werden, dass auf Regierungsseite genug Personal mit entsprechender Fachexpertise zur Verfügung steht und dass entsprechende europäische Gremien bzw. Positionen entsprechend hoch besetzt werden. Nur dann ist gewährleistet , dass die Möglichkeiten technischer Neuerungen in Verbindung mit der politischen Bedeutung des Systems für Deutschland angemessen adressiert werden. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/11545 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 1. Was sind die deutschen Interessen und Ziele bei der Umsetzung und Mitgestaltung des Galileo-Programms? 7. Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung bisher aus dem Projekt ? Die Fragen 1 und 7 werden wegen ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Galileo sichert Europa und Deutschland den unabhängigen und verlässlichen Zugang zur Schlüsseltechnologie Satellitennavigation. Galileo ist Basisinfrastruktur für digitale Mobilitätsanwendungen und Innovationen: zum Beispiel Car Sharing Modelle, die Zurverfügungstellung von Echtzeit-Fahrgastinformation im ÖPNV, sichere Anflugverfahren, die Bezahlung mit Kreditkarten, eine effiziente Landwirtschaft , das Notrufsystem eCall, die Steuerung von Rettungseinsätzen und Krisenlagen oder den Schutz kritischer Infrastruktur wie Strom-, IT- oder Kommunikationsnetze . Das Wertschöpfungspotential satellitengestützter Anwendungen bietet enorme Wachstums- und Wohlstandschancen für Europa und Deutschland . Mit 26 Satelliten ist Galileo als System voll einsatzfähig. Allein in den letzten vier Jahren seit März 2015 wurden insgesamt 20 Satelliten erfolgreich ins All verbracht. Bereits seit 2016 können Nutzer Signale von Galileo Satelliten verwenden . Der Vollausbau auf 30 Satelliten ist bis 2020 geplant. 2. Zu wie viel Prozent ist die Bundesrepublik Deutschland an der Finanzierung des Galileo-Programms beteiligt? Die Finanzierung des Galileo Systems erfolgt aus dem EU-Haushalt. Der deutsche Anteil beträgt 20 Prozent und entspricht dem Beitrag Deutschlands am EU- Haushalt. 3. Wie hat die Bundesregierung ihre Interessen an dem Galileo-Programm an die anderen Beteiligten des Programms kommuniziert? Die Bundesregierung vertritt seit Programmbeginn mit Nachdruck deutsche Positionen in den zuständigen Gremien der EU. 4. Plant die Bundesregierung in den nächsten Jahren eine stärkere Beteiligung an dem Galileo-Programm, und wie sieht dies aus? Deutschland war und ist einer der maßgeblichen Mitgliedstaaten im Programm. Der Brexit wird automatisch zu einer noch stärkeren Beteiligung führen. 5. Welche Mitgliedstaaten sind momentan an der Umsetzung des Galileo-Programms maßgeblich beteiligt? Galileo ist ein Programm der Europäischen Union, von allen Mitgliedstaaten und für alle Mitgliedstaaten. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/11545 6. Inwieweit nutzt die Bundesregierung den Umstand, dass sie maßgeblich an der Finanzierung des Galileo-Programms beteiligt ist? Die deutsche Raumfahrtindustrie ist maßgeblich an Aufbau und Betrieb des Systems beteiligt. In Oberpfaffenhofen befindet sich der Standort eines von zwei Bodenkontrollzentren zur Steuerung des Betriebs von Galileo. Alle bisherigen beauftragten Satelliten wurden in Deutschland gebaut. 8. Teilt die Bundesregierung die Einschätzung, dass Frankreich bisher die maßgebliche Gestaltung des Galileo-Programms übernimmt? Frankreich ist, neben anderen Mitgliedstaaten, ein wesentlicher Akteur im Programm . 9. Ist der Bundesregierung bekannt, ob Frankreich mit dem Galileo-Programm auch militärische Interessen verfolgt? Galileo ist das weltweit erste zivile globale Satellitennavigationssystem unter ziviler Kontrolle. Die Bundesregierung äußert sich grundsätzlich nicht zu militärischen Interessen anderer Staaten. 10. Welche deutschen Akteure sind nach Kenntnis der Bundesregierung an dem Projekt beteiligt? Neben der Bundesregierung sind zahlreiche deutsche Unternehmen und Forschungseinrichtungen am Galileo Programm beteiligt. 11. Welche Bedeutung hat das Galileo-Navigationssystem nach Ansicht der Bundesregierung für die Entwicklung der digitalen Gesellschaft und Infrastrukturen im digitalen Sektor der Bundesrepublik Deutschland? Galileo ist eine Schlüsseltechnologie des digitalen Zeitalters, ohne die beispielsweise die in der Antwort zu Frage 1 beschriebenen Anwendungen nicht möglich wären. Galileo macht Europa und Deutschland zudem im digitalen Bereich sicherer. Mit dem sog. Public Regulated Service (PRS) des Galileo Systems steht weltweit erstmals ein sicherer Satellitennavigations- und Zeitdienst auch zivilen Stellen mit Sicherheitsaufgaben in der EU zur Verfügung, beispielsweise der Polizei oder Betreibern kritischer Infrastruktur. 12. Wie bewertet die Bundesregierung die strategische Unabhängigkeit im Bereich Satellitennavigation und Zeitdienste z. B. von den USA? Galileo sichert Europa und Deutschland den unabhängigen und verlässlichen Zugang zur Schlüsseltechnologie Satellitennavigation. 13. Welche Maßnahmen sind ergriffen worden zur Förderung der nationalen Forschung und Entwicklung, um Deutschland als Technologiestandort in diesem wichtigen Industriezweig zu erhalten? Im Bereich Satellitennavigation und darauf basierenden Anwendungen investierte der Bund im Zeitraum 2007 bis 2021 insgesamt ca. 290 Mio. Euro in Forschungs - und Technologieentwicklungsprogramme auf nationaler Ebene und im Rahmen der Europäischen Weltraumorganisation ESA. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/11545 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Ferner fördern Bund und Länder entsprechende Forschungsaktivitäten über die institutionelle Finanzierung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt e. V. (DLR). 14. Wie sieht die Bundesregierung den Bezug zur Quantentechnologie, und wenn gegeben, wie wird diese Technologie gefördert? Kernstück der Galileo Satelliten sind jeweils vier hochpräzise Atomuhren auf Basis atomarer Quantenzustände. Diese sind unverzichtbar für die genaue Positionsbestimmung . Quantentechnologien der zweiten Generation ermöglichen genauere Atomuhren und darauf basierend eine signifikante Steigerung der Positionsgenauigkeit von Navigationssystemen. Zukünftig wird an den Themen Quantenkryptographie und der Trägheitsnavigation auf der Basis von Quanteneffekten gearbeitet. Die Förderung dazu erfolgt auf nationaler Ebene im Weltraumprogramm und auf europäischer Ebene. Das DLR baut zur Stärkung seiner Forschungsaktivitäten im Bereich Quantentechnologien und Navigation ferner drei neue Einrichtungen auf (Institut für Quantentechnologien , Institut für Satellitengeodäsie und Inertialsensorik, Galileo Kompetenzzentrum ). Diese werden Sensoren auf Basis der Quantentechnologien der zweiten Generation bis hin zu Prototypen entwickeln. Aufgrund der erwarteten signifikanten Verbesserung der Positionsgenauigkeit, spielen diese Sensoren eine entscheidende Rolle für zukünftige Navigationssatellitensysteme, insbesondere für Galileo. Dabei erfolgt eine Abstimmung mit der Industrie zur notwendigen Umsetzung der Prototypen in operationelle Systeme. Die Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB) entwickelt Anwendungen von Quantentechnologien insbesondere im Bereich der Metrologie und Sensorik. Im Rahmen der Forschung und der gesetzlichen Beauftragung ist die PTB beispielsweise befasst mit der Weiterentwicklung stationärer und transportabler optischer Uhren sowie der Zeit- und Frequenzübertragung. 15. Wie wird sichergestellt, dass das Programm einen zivilen Charakter beibehält ? Sowohl in der Verordnung (EU) Nummer 1285/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2013 betreffend den Aufbau und den Betrieb der europäischen Satellitennavigationssysteme, als auch in der sog. EU Weltraum-Verordnung – die sich gegenwärtig im Rahmen des ordentlichen Gesetzgebungsverfahrens in der Abstimmung zwischen Kommission, Rat und Europäischem Parlament befindet und die Verordnung (EU) Nummer 1285/2013 ab 2021 ersetzen wird – ist ausdrücklich festgeschrieben, dass Galileo ein ziviles System unter ziviler Kontrolle ist. Die Federführung in der Bundesregierung liegt beim Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI). 16. Wie schätzt die Bundesregierung die eigene personelle Ausstattung mit geeigneter technischer Kompetenz ein? 17. Welche fachliche Expertise besitzen die Beamten in dem Bundesministerium , die das Galileo-Programm begleiten? 18. Welche Maßnahmen ergreift die Bundesregierung, um die Ausbildung geeigneter Fachexperten für Industrie und öffentlichen Sektor zu befördern? Die Fragen 16, 17 und 18 werden wegen ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/11545 Die Arbeit im BMVI erfolgt in enger Zusammenarbeit mit technischen Experten insbesondere in nachgeordneten Behörden der Bundesressorts sowie des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt. Bis Ende 2021 sind außerdem von der Bundesregierung die Voraussetzungen für einen national eigenständigen Zugang Deutschlands zum Galileo PRS zu schaffen . 19. Wie sind die Zuständigkeiten bei dem Galileo-Programm über die Mitgliedstaaten der EU verteilt? Gemäß Verordnung (EU) Nummer 1285/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2013 betreffend den Aufbau und den Betrieb der europäischen Satellitennavigationssysteme ist die Europäische Kommission Managerin des Galileo Programms. 20. Welche konkreten Maßnahmen zur deutschen Besetzung von wichtigen EU- Positionen mit Bezug zum Galileo-Programm unternimmt die Bundesregierung ? Die Bundesregierung setzt sich gegenüber der Europäischen Kommission und anderen EU-Organen und -Diensten konsequent dafür ein, dass deutsche EU-Beamte für hochrangige Leitungspositionen berücksichtigt werden. Der Bereich EU-Satellitennavigation (Direktion J der Generaldirektion Binnenmarkt, Industrie , Unternehmertum und KMU – GD GROW der Europäischen Kommission) wird derzeit vom deutschen Direktor Matthias Petschke verantwortet. 21. Welche Mittel zur Steigerung der Attraktivität solcher Positionen gibt es, und werden diese als ausreichend erachtet? Es obliegt den jeweiligen EU-Organen und -Diensten, ihre Dienstposten im Rahmen der Vorgaben des EU-Beamtenstatuts auszugestalten. Aus Sicht der Bundesregierung sind hochrangige EU-Positionen ausreichend attraktiv. 22. Inwieweit ändert sich die deutsche Finanzierung des Galileo-Programms nach dem Brexit (bitte in Prozent und Euro angeben)? Mit dem Brexit wird der deutsche Finanzierungsanteil an Galileo entsprechend dem dann voraussichtlichen Anteil Deutschlands am EU-Haushalt ansteigen. Im Vorschlag der Europäischen Kommission für den Mehrjährigen Finanzrahmen 2021 bis 2027 sind gegenwärtig für Galileo 9,7 Mrd. Euro vorgesehen. Die endgültige Mittelausstattung und damit auch der deutsche Finanzierungsanteil in absoluten Beträgen wird im Rahmen der MFR-Verhandlungen festgelegt werden. 23. Was ändert sich nach dem Austritt Großbritanniens aus der EU für das Galileo-Programm? Mit Austritt aus der Europäischen Union wird Großbritannien nicht mehr Teil des EU-Programms Galileo sein. Die Bundesregierung geht, auch für ein no-Deal Szenario, nicht davon aus, dass der Austritt Großbritanniens aus der EU das Galileo Programm zurückwerfen wird. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333