Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Gesundheit vom 18. Juli 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/11784 19. Wahlperiode 22.07.2019 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Sylvia Gabelmann, Susanne Ferschl, Matthias W. Birkwald, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 19/11398 – Ursachen und Folgen der Stärkung des Versandhandels mit rezeptpflichtigen Arzneimitteln V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat am 19. Oktober 2016 geurteilt, dass Versandapotheken aus dem EU-Ausland, die Kundinnen und Kunden in Deutschland beliefern, sich nicht an die in der Arzneimittelpreisverordnung geregelten Festpreise für verschreibungspflichtige Arzneimittel halten müssen und Boni als Lockangebot für die Einreichung von Rezepten gewähren dürfen. Bei dem Urteil stützte sich der EuGH allein darauf, dass die Bundesregierung keine ausreichenden Nachweise für die Geeignetheit der Preisbindung als Instrument für die Qualität und Flächendeckung der Arzneimittelversorgung geliefert hat (http://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=Versandapotheken& docid=184671&pageIndex=0&doclang=de&mode=req&dir=&occ=first&part= 1&cid=142087#ctx1). Der Bundesgerichtshof hat deshalb im Nachgang die unzureichende Vorbereitung der Vorabentscheidung durch das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf kritisiert und den Weg zu einer erneuten Vorlage zum EuGH aufgezeigt, wenn zuvor die Bundesregierung in einer amtlichen Stellungnahme diese Nachweise nachgeliefert hat (Urteil vom 24. November 2016, I ZR 163/15). Diese Sichtweise wurde wiederholt bestätigt (Urteil vom 26. April 2018 – I ZR 121/17, Rz. 25-36; Urteil vom 29. November 2018 – I ZR 237/16). Am 22. Februar 2018 hat das OLG München (6 U 1509/14) die Bundesrepublik Deutschland um eine amtliche Auskunft zu der Frage gebeten, „ob und ggfls. welche tatsächlichen Umstände die Annahme rechtfertigen, die nationalen Regelungen des Arzneimittelpreisrechts, wonach für verschreibungspflichtige Arzneimittel einheitliche Apothekenabgabepreise festzusetzen sind, seien zur Gewährleistung einer flächendeckenden, sicheren und qualitativ hochwertigen Arzneimittelversorgung der Bevölkerung erforderlich“ (vgl. www.deutscheapotheker -zeitung.de/news/artikel/2019/05/02/alles-entschieden-nur-wenn-dieapotheker -es-so-akzeptieren). In dem Rechtsstreit ging es ursprünglich um Boni der niederländische Versandapotheke Wellsana, die DocMorris 2013 übernommen hatte. Das OLG München hatte sein Verfahren ausgesetzt, nachdem das OLG Düsseldorf einen Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/11784 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode ähnlich gelagerten Rechtsstreit zur Vorabentscheidung nach Luxemburg geschickt hatte. Der EuGH hatte im Oktober 2016 entschieden, dass sich DocMorris & Co. nicht an die deutsche Preisbindung halten müssen. Nach der Entscheidung aus Luxemburg sind mehrere Verfahren wieder aufgelegt. Das OLG München hat sich entschieden, von der Bundesregierung eine amtliche Auskunft einzuholen. Das OLG Köln (6 U 189/14) hat ein weiteres gegen DocMorris gerichtetes Verfahren, ruhend gestellt und wartet die Auskunft ebenfalls ab. Nach den Erkenntnissen der Fragesteller hat die Bundesregierung auf diese Anfrage eines deutschen Gerichts bis heute nicht geantwortet. Das wäre aus Sicht der Fragesteller ein Skandal, da so Fakten geschaffen werden könnten, die eine weitere Einschränkung der verbrieften Zuständigkeit des deutschen Gesetzgebers für das deutsche Gesundheits- und Sozialsystem zementieren. Im zuständigen Bundesministerium für Gesundheit würde – falls dies zutrifft – nach Ansicht der Fragesteller entweder kein Bewusstsein davon bestehen, dass § 78 des Arzneimittelgesetzes (AMG) und die darauf beruhende Arzneimittelpreisverordnung untrennbar mit dem ordnungspolitischen Rahmen des deutschen Arzneimittelmarktes und den sozialrechtlichen Regelungen der Arzneimittelversorgung verknüpft sind, oder aber diese Tatsache würde bewusst negiert . In den Medien (vgl. z. B. www.focus.de/politik/deutschland/tid-28335/ politik-im-nebenjob-abgeordneter_aid_867815.html) wird berichtet, wie es eine Verbindung zwischen dem Bundesminister für Gesundheit Jens Spahn und DocMorris geben könnte, nämlich über seinen früheren Geschäftspartner M. M., mit dem Bundesminister Spahn bis vor neun Jahren die Politikberatungsfirma Politas betrieb und der heute bei DocMorris im Vorstand sitzt. Nach Ansicht vieler Experten (vgl. z. B. www.deutsche-apotheker-zeitung.de/ news/artikel/2019/01/09/das-ist-doch-eine-lex-docmorris) würden die Vorschläge im Referentenentwurf für das Apothekenstärkungsgesetz wie eine „lex DocMorris & Co.“ aussehen, da sie geeignet erscheinen, den ausländischen Versandkonzernen von Arzneimitteln den Weg zu ebnen. Auch der Entwurf zur Änderung des PTA-Gesetzes mit Lockerungen bei der Beaufsichtigung von pharmazeutisch-technischen Assistenten (PTA) und der damit verbundenen Möglichkeit einer vollständigen Delegation von immer mehr Arbeitsschritten wie Bearbeitung, Kontrolle und Abgabe verschreibungspflichtiger Arzneimittel ohne Aufsicht von Pharmazeutinnen und Pharmazeuten – was insbesondere für Versandapotheken lukrativ wäre – sowie die Pläne zur Einführung des elektronischen Rezepts passen hier ins Bild (vgl. w w w . deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2019/04/20/zur-rose-chef-mitdem -e-rezept-sind-10-prozent-vom-rx-markt-moeglich oder www.apothekeadhoc .de//nachrichten/detail/markt/gott-hat-unsere-gebete-erhoert-beziehungs weise-der-gesundheitsminister-zur-rose-feiert-erezept/). DocMorris hat nach Ansicht der Fragesteller trotz entgegenstehender Rechtslage seit Oktober 2012 immer wieder Boni gewährt, in Form von Gutscheinen und sonstigen Vergünstigungen (vgl. z. B. www.deutsche-apotheker-zeitung. de/news/artikel/2019/01/07/oberlandesgericht-kassiert-docmorris-gewinnspiel). Die Apothekerkammer Nordrhein (AKNR) hat wiederholt dagegen geklagt. DocMorris hat diese Urteile ignoriert, worauf die AKNR mehrmals Ordnungsgelder beantragt hat. Diese wurden zwar verhängt – mehrfach in sechsstelliger Höhe –, doch DocMorris hat dies ignoriert und die Ordnungsgelder nicht bezahlt . Aufgrund der Probleme, diese Ordnungsgelder in den Niederlanden einzutreiben , sind mehrere Ordnungsgelder laut AKNR verjährt. Im Jahr 2017 hat die zuständige Überwachungsbehörde in den Niederlanden sogenannte Grenzapotheken definiert. Es handelt sich dabei v. a. um Arzneimittelversender , die hauptsächlich ins europäische Ausland versenden, u. a. nach Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/11784 Deutschland (vgl. www.igj.nl/zorgsectoren/apotheken/grensapotheken). Die niederländische Aufsichtsbehörde teilt insoweit mit, von den niederländischen Regelungen könne für diese Apotheken dispensiert werden, wenn die Apotheke eine Erklärung der Behörde des Landes vorlegt, in das sie versendet. Zu diesem Zweck ist ein Nachweis der Aufsichtsbehörde desjenigen EU-Mitgliedstaats erforderlich , in den Arzneimittel versendet werden. In einem Schreiben des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen an den Deutschen Apotheker Verlag aus Juni 2018, das den Verfassern auszugsweise vorliegt, wird hingegen erklärt, dass die nordrhein-westfälischen Behörden aufgrund mangelnder Rechtsgrundlage keinerlei Inspektionen in niederländischen Apotheken durchführen würden und deshalb eine entsprechende Anfrage an das Bundesgesundheitsministerium gerichtet werden sollte. Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) erklärte in einem Schreiben aus Juni 2018, das den Verfassern ebenfalls auszugsweise vorliegt, dass die Niederlande die Überwachung der Apotheken in ihrem Hoheitsgebiet in eigener Zuständigkeit regeln und vollziehen würden und deutsche Behörden durch niederländisches Recht grundsätzlich nicht zu Überwachungsmaßnahmen in den Niederlanden verpflichtet werden könnten. Das Bundesministerium für Gesundheit würde daher davon ausgehen, dass Inspektionen niederländischer Grenzapotheken durch deutsche Behörden weder bereits stattgefunden hätten noch geplant seien. Zudem erklärte das BMG, dass in den Meinungsbildungsprozess der Bundesregierung über die Art der Umsetzung der Koalitionsvereinbarung zum Verbot des Versandhandels mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln auch Überlegungen zu gesetzlichen Anforderungen an Versandapotheken einbezogen würden und dabei auch der Stellenwert der „Länderliste“ nach § 73 Absatz 1 Satz 3 AMG zu prüfen sei. Aus Sicht der Fragestellenden scheint damit eine Prüfung der Versandapotheken , die nach dem niederländischen Recht als „Grensapotheke“ eingestuft werden , nicht zu existieren. 1. Trifft es zu, dass das OLG München die Bundesregierung bereits am 22. Februar 2018 um eine amtliche Auskunft zu der Frage gebeten hat, „ob und ggfls. welche tatsächlichen Umstände die Annahme rechtfertigen, die nationalen Regelungen des Arzneimittelpreisrechts, wonach für verschreibungspflichtige Arzneimittel einheitliche Apothekenabgabepreise festzusetzen sind, seien zur Gewährleistung einer flächendeckenden, sicheren und qualitativ hochwertigen Arzneimittelversorgung der Bevölkerung erforderlich .“? 2. Hat die Bundesregierung auf diese Anfrage eines deutschen Gerichts bis heute geantwortet? Wenn nein, warum nicht? Die Fragen 1 und 2 werden aufgrund ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Das Bundesministerium für Gesundheit steht im Kontakt mit dem Oberlandesgericht München und hat auf das laufende Gesetzgebungsverfahren hingewiesen. Die Bundesregierung behält sich die Abgabe einer amtlichen Auskunft im Verfahren vor dem Oberlandesgericht München vor. Innerhalb der Bundesregierung ist der Abstimmungsprozess über das weitere Vorgehen in Bezug auf die Abgabe einer amtlichen Auskunft noch nicht abgeschlossen . Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/11784 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 3. Inwiefern gilt eine Pflicht der Bundesregierung, auf gerichtliche Bitte auf eine amtliche Auskunft zu antworten? Behörden, also auch Bundesministerien, sind grundsätzlich im Wege der Amtshilfe verpflichtet, einer nach § 273 Absatz 2 Nummer 2 oder § 358a Nummer 2 der Zivilprozessordnung in einem zivilgerichtlichen Rechtsstreit gerichtlich angeordneten amtlichen Auskunft nachzukommen. 4. Welche Rückschlüsse zieht die Bundesregierung aus der Entscheidung des EuGH vom 19. Oktober 2016 im Lichte der Zuständigkeitsregelung des Artikels 168 Absatz 7 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union? 5. Welche Auswirkungen hätte nach Ansicht der Bundesregierung die einseitige Preisgabe der nationalen Zuständigkeit für die Preis- und Erstattungssysteme auf die flächendeckende Versorgung durch unabhängige Apotheken vor Ort? 6. Welche Auswirkungen hätte nach Ansicht der Bundesregierung die einseitige Preisgabe der nationalen Zuständigkeit für die Preis- und Erstattungssysteme auf weitere wesentliche Strukturmerkmale des deutschen Arzneiversorgungssystems , wie zum Beispiel die Nutzenbewertung und Erstattungsbeträge für neue Arzneimittel nach dem Verfahren nach dem Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz sowie die Festbeträge für Generika und therapeutisch vergleichbare Arzneimittel? Die Fragen 4 bis 6 werden aufgrund ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Aus der Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) in der Rechtssache C 148/15 betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen in dem Verfahren Deutsche Parkinson Vereinigung e. V. gegen Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs e. V. lassen sich nach Auffassung der Bundesregierung keine Rückschlüsse „im Lichte der Zuständigkeitsregelung des Artikel 168 Absatz 7 AEUV“ ziehen. Artikel 168 Absatz 7 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) hat in dem fraglichen Urteil des EuGH keine Rolle gespielt. Nach Artikel 168 Absatz 7 AEUV wird die Verantwortung der Mitgliedstaaten für die Festlegung ihrer Gesundheitspolitik sowie für die Organisation des Gesundheitswesens und die medizinische Versorgung bei der Tätigkeit der Union gewahrt. Artikel 168 Absatz 7 AEUV stellt damit eine Kompetenzausübungsgrenze da, deren Wirkung auf Artikel 168 AEUV beschränkt ist und die daher an der Bedeutung der primärrechtlichen Grundfreiheiten und der Notwendigkeit der Rechtfertigung beschränkender Maßnahmen auch im Bereich des Gesundheitswesens nichts ändert. Infolge des Urteils des EuGH in der Rechtssache C-148/15 vom 19. Oktober 2016 ist aufgrund des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts das deutsche Arzneimittelpreisrecht nicht auf Versandapotheken mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union anwendbar. Die in Deutschland ansässigen (Versand -)Apotheken bleiben an die für sie weiterhin geltenden Vorschriften zum einheitlichen Apothekenpreis für verschreibungspflichtige Arzneimittel gebunden. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/11784 7. Welche Auswirkungen hätte nach Ansicht der Bundesregierung die einseitige Preisgabe des Preis- und Erstattungssystems im Gesundheitswesen auf die Durchsetzung der Buchpreisbindung im grenzüberschreitenden Handel? Ist die Bundesregierung der Meinung, dass für den Fall, dass Arzneimittel nicht mehr der Preisbindung unterliegen, sich auf europäischer Ebene die Preisbindung für Bücher halten lässt? Ein Zusammenhang zur Buchpreisbindung besteht nicht. Die Bundesregierung hält das Buchpreisbindungsgesetz für vereinbar mit dem Unionsrecht. 8. Welche Kontakte oder Kontaktversuche gab es nach Kenntnis der Bundesregierung seit dem oben genannten Urteil des Europäischen Gerichtshofs und welche konkret im Zusammenhang mit dem aktuellen Apothekengesetzgebungsverfahren von Seiten ausländischer Versandapotheken oder deren Interessenvertretern inkl. Beraterfirmen? Welche Kontakte erfolgten direkt mit dem Bundesminister für Gesundheit, welche mit der Leitungsabteilung des BMG, dem beamteten Staatssekretär, den Parlamentarischen Staatsekretärinnen und Staatssekretären oder den Abteilungsleiterinnen und Abteilungsleitern des BMG? 9. Bei welchen solcher Anfragen und Kontakte ging es um Forderungen, Anregungen oder Empfehlungen, die sich dem Inhalt nach auf eine Änderung bzw. Aufhebung des § 78 AMG oder die Streichung der Länderliste beziehen ? Die Fragen 8 und 9 werden aufgrund ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Im Rahmen ihrer Aufgabenwahrnehmung werden die in der Frage genannten Vertreterinnen und Vertreter der Bundesregierung von einer Vielzahl von Interessenvertreterinnen und Interessenvertreter kontaktiert. Hierunter fallen beispielsweise auch Gesprächsanfragen, die zu keinen Gespräch geführt haben. Unter diesen ständigen Austausch fallen Gespräche im Rahmen von Besuchen, Reisen oder Arbeitsessen, aber auch Telefonate. Eine Verpflichtung zur Erfassung entsprechender Daten, auch für Kontaktversuche, besteht nicht und ließe sich angesichts der hohen Zahl an Gesprächen und Gesprächsanfragen auch nicht nachträglich zusammenstellen. Die nachfolgenden Angaben zu stattgefundenen Treffen erfolgen auf der Grundlage der vorliegenden Erkenntnisse und Unterlagen. Diesbezügliche Daten sind somit möglicherweise nicht vollständig. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/11784 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Datum Kontakt von Wer wurde kontaktiert? Min/St/PSt Ging es dabei um die Streichung des § 78 Absatz 1 Satz 4 AMG oder die Streichung der Länderliste? 11. November 2016 Öffentliches Gesprächsangebot von Doc Morris, Teilnehmer am Gespräch BVDVA, Europa Apotheke, Doc Morris BM Gröhe, St Stroppe Nein (allgemein um die Rechtslage nach der Entscheidung des EuGH) 24. August 2018 Gesprächsanfrage von European Association of Mail Service Pharmacies (EAMSP), Teilnehmer EAMSP BM Spahn Ja 10. April 2017 Gespräch; DocMorris BM’in Zypries Nein 31. Juli 2017 Besuch des Unternehmens in Heerlen (NL); DocMorris Besuch BM’in Zypries vor Ort Nein 10. Welche Auswirkungen, insbesondere die Befreiung von PTAs von der Beaufsichtigung durch Pharmazeutinnen und Pharmazeuten, hätte nach Ansicht der Bundesregierung das PTA-Gesetz auf den Apothekenversandhandel, wenn es wie im Referentenentwurf formuliert beschlossen würde? Grundsätzlich liegt die Verantwortung, das Apothekenpersonal entsprechend der jeweiligen Berufsqualifikation und entsprechend seiner Ausbildung und seiner Kenntnisse ordnungsgemäß einzusetzen, bei der Apothekenleiterin oder dem Apothekenleiter. Eine Einschätzung der Auswirkungen erweiterter Kompetenzen für pharmazeutisch-technische Assistentinnen und pharmazeutisch-technische Assistenten auf den Personaleinsatz in Versandapotheken kann deshalb seitens der Bundesregierung nicht abgegeben werden. 11. Welche Rückschlüsse zieht die Bundesregierung aus Äußerungen des Chefs der Mutterfirma von DocMorris, denen zufolge er mit der Einführung des elektronischen Rezepts die Chance auf große Umsatzsprünge sieht und 10 Prozent Marktanteil für möglich hält (vgl. www.deutsche-apothekerzeitung .de/news/artikel/2019/04/20/zur-rose-chef-mit-dem-e-rezept-sind-10- prozent-vom-rx-markt-moeglich) und insoweit erklärt, „Gott bzw. der Gesundheitsminister habe ihre Gebete erhört“? Die Bundesregierung nimmt zu Meinungsäußerungen von Firmenvertretern keine Stellung. 12. Welche Verschiebungen bei den Marktanteilen zwischen EU-ausländischem Versandhandel und deutschen Präsenz-Apotheken erwartet die Bundesregierung als Folge der geplanten Einführung des elektronischen Rezepts? Wegen der Vielzahl der hier zu beachtenden Faktoren lässt sich die Auswirkung der Einführung des elektronischen Rezepts nicht abschließend einschätzen. Die freie Apothekenwahl der Patientinnen und Patienten bleibt auch nach Einführung des elektronischen Rezeptes erhalten. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 7 – Drucksache 19/11784 13. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung hinsichtlich des Erfolgs oder Misserfolgs von Bemühungen, festgesetzte Bußgelder gegen Versandapotheken aus dem EU-Ausland einzutreiben? Kann die Bundesregierung bestätigen, dass trotz erheblicher Anstrengung deutscher und niederländischer Anwälte dies bislang nicht von Erfolg gekrönt war? Der Bundesregierung liegen hierzu keine eigenen Erkenntnisse vor. 14. Welche Einflussmöglichkeiten hat die Bundesregierung, die Einhaltung deutschen Rechts auf europäischer Ebene durchzusetzen? 15. Inwiefern sieht die Bundesregierung diesbezüglich gesetzgeberische Handlungsoptionen auf nationaler oder europäischer Ebene, und welche davon möchte sie angehen? Die Fragen 14 und 15 werden aufgrund ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Gemäß § 64 Absatz 1 Satz 1 erster Halbsatz des Arzneimittelgesetzes obliegt die Überwachung der Einhaltung der arzneimittelrechtlichen Vorschriften der jeweils örtlich und sachlich zuständigen Behörde. Die Befugnisse der Behörden erstrecken sich jeweils auf den örtlichen Zuständigkeitsbereich. Die Erweiterung des Zuständigkeitsbereiches wird grundsätzlich als nicht notwendig erachtet. 16. Wie will die Bundesregierung sicherstellen, dass Bußgelder, die bei Verstößen gegen das geplante Boniverbot im Fünften Buch Sozialgesetzbuch festgesetzt werden, bei ausländischen Versandapotheken eingetrieben werden können? Im Entwurf der Bundesregierung eines Gesetzes zur Stärkung der Vor-Ort-Apotheken ist in § 129 Absatz 3 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch eine Regelung vorgesehen, wonach Apotheken, für die der Rahmenvertrag über die Arzneimittelversorgung Rechtswirkung hat, bei der Abgabe verordneter Arzneimittel als Sachleistung an Versicherte in der gesetzlichen Krankenversicherung verpflichtet sind, die in der nach § 78 des Arzneimittelgesetzes erlassenen Rechtsverordnung festgesetzten Preisspannen und Preise einzuhalten, und Versicherten in der gesetzlichen Krankenversicherung keine Zuwendungen gewähren dürfen. Für gröbliche oder wiederholte Verstöße gegen diese Verpflichtungen sind Vertragsstrafen vorgesehen. Um die Durchsetzung der Zahlung von Vertragsstrafen zu erleichtern , wird zudem geregelt, dass vorgesehen werden kann, dass die Berechtigung zur weiteren Versorgung von Versicherten zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung bis zur vollständigen Begleichung der Vertragsstrafe ausgesetzt wird. 17. Inwiefern erachtet die Bundesregierung ein sozialrechtliches Boniverbot für europarechtskonform, während der Nachweis, dass die arzneimittelrechtliche Preisbindung für die Versorgung notwendig ist, nicht akzeptiert wurde (vgl. angeführtes EuGH-Urteil)? In der Rechtssache C-148/15 hat der EuGH entschieden, dass die fragliche Regelung zur Festsetzung einheitlicher Arzneimittelpreise für verschreibungspflichtige Humanarzneimittel nicht mit dem Schutz der Gesundheit und des Lebens von Menschen im Sinne des Artikels 36 AEUV gerechtfertigt werden kann, da sie nicht geeignet war, die angestrebten Ziele zu erreichen. Die Begründung für die Notwendigkeit des neuen Rabattverbots, das auf das System der gesetzlichen Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/11784 – 8 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Krankenversicherungen beschränkt ist, ist jedoch eine andere, zu der der EuGH naturgemäß noch nicht Stellung genommen hat. So dient das neue Verbot von Rabattanreizen bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln im Rahmen des Systems der gesetzlichen Krankenkassen nicht nur einer flächendeckenden Apothekenversorgung , sondern gewährleistet vor allem die Umsetzung des Sachleistungsprinzips und des Solidaritätsprinzips im Rahmen des Systems der gesetzlichen Krankenversicherung. Es dient damit der Intaktheit des Gesundheitswesens insgesamt. Zudem liegt die Ausgestaltung des Rechts der gesetzlichen Krankenversicherung als wesentlicher Teil der Organisation des nationalen Gesundheitssystems gemäß Artikel 168 Absatz 7 AEUV grundsätzlich in der Verantwortung der Mitgliedstaaten (bestätigt unter anderem durch Urteil des EuGH vom 21. Juni 2012 in der Rechtssache C-84/11). Diese Verantwortung entbindet die Mitgliedstaaten zwar nicht von der Beachtung der Grundfreiheiten. Gleichwohl hat der EuGH anerkannt, dass etwaige Einschränkungen durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt werden können. Der EuGH hat insoweit auch anerkannt, dass eine erhebliche Gefährdung des finanziellen Gleichgewichts des Systems der sozialen Sicherheit einen zwingenden Grund des Allgemeininteresses darstellen kann (Urteil des EuGH vom 11. Dezember 2003 in der Rechtssache C-322/01). Wegen der verbleibenden europarechtlichen Risiken wird die Bundesregierung den Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Vor-Ort-Apotheken der Europäischen Kommission vorlegen und deren Stellungnahme berücksichtigen. Abzuwarten bliebe, wie der EuGH hier ggf. entscheiden würde. Ergänzend wird auf die Antwort zu den Fragen 4 bis 6 verwiesen. 18. Inwiefern wäre ein Verbot des Versandhandels mit rezeptpflichtigen Arzneimitteln nach Einschätzung der Bundesregierung europarechtskonform? Die abschließende Beurteilung der Vereinbarkeit einer gesetzlichen Regelung mit dem Europarecht obliegt dem EuGH. 19. In wie vielen EU-Staaten gilt nach Kenntnis der Bundesregierung ein Verbot des Versandhandels mit rezeptpflichtigen Arzneimitteln? Der Bundesregierung liegen keine aktuellen eigenen Erkenntnisse vor. Nach dem Datenblatt der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände e. V. (Faktenblatt Versandhandel mit Arzneimitteln, Stand Juli 2019 unter Verweis auf Quelle: Zusammenschluss der Apotheker in der Europäischen Union) ist in 20 der 28 Staaten der Europäischen Union der Versandhandel mit rezeptpflichtigen Arzneimitteln generell verboten. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 9 – Drucksache 19/11784 20. Inwiefern hat sich das BMG damit auseinandergesetzt, wie eine Prüfung und Aufsicht über die Apotheken erfolgt, die in den Niederlanden als „Grensapotheke “ eingestuft werden? 21. Inwieweit gab es einen Austausch des BMG mit den Bundesländern? 22. Bleibt die Bundesregierung bei ihrer im Schreiben aus Juni 2018 geäußerten Position, dass die Niederlande die Überwachung der Apotheken in ihrem Hoheitsgebiet in eigener Zuständigkeit regeln und vollziehen, dass deutsche Behörden durch niederländisches Recht grundsätzlich nicht zu Überwachungsmaßnahmen in den Niederlanden verpflichtet werden könnten und dass Inspektionen niederländischer Grenzapotheken durch deutsche Behörden weder bereits stattgefunden haben noch geplant sind? 23. Wenn einerseits deutsche Behörden laut BMG keine Inspektionen niederländischer „Grensapotheken“ vornehmen und andererseits die niederländischen Behörden wegen der unterschiedlichen Rechtslage in den EU-Mitgliedstaaten die Aufsicht von „Grensapotheken“ an diejenigen Mitgliedstaaten abgeben wollen, in denen die Patientinnen und Patienten wohnen, die von diesen Apotheken beliefert werden, wie und von welcher Behörde wird dann nach Erkenntnissen der Bundesregierung der grenzüberschreitende Arzneimittelversandhandel an deutsche Patienten in der Realität derzeit überhaupt überwacht ? Die Fragen 20 bis 23 werden aufgrund ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Die Rechtsaufassung der Bundesregierung besteht nach wie vor. Die Niederlande regeln und vollziehen die Überwachung der Apotheken in ihrem Hoheitsgebiet in eigener Zuständigkeit. Deutsche Behörden können durch niederländisches Recht grundsätzlich nicht zu Überwachungsmaßnahmen in den Niederlanden verpflichtet werden. Die Überwachung und der Vollzug der apothekenrechtlichen Vorschriften in Deutschland obliegen den zuständigen Behörden der Länder. Zu den Themen Überwachung und Inspektion findet ein regelmäßiger Austausch im Rahmen der Arbeitsgruppe „Arzneimittel-, Apotheken-, Transfusions- und Betäubungsmittelwesen “ der Länder, an deren Sitzungen Vertreter des Bundes als Gast teilnehmen, statt. 24. In welchem Maße sind nach Erkenntnissen der Bundesregierung Inspektionen bislang geplant oder durchgeführt, und von wem (bitte auch niederländische Behörde aufzählen, soweit betroffen)? 25. Gab es dazu einen Austausch des BMG mit den niederländischen Behörden? Wenn ja, mit welchem Ergebnis bzw. Zwischenstand? Die Fragen 24 und 25 werden aufgrund ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Der Bundesregierung liegen keine konkreten Erkenntnisse über geplante oder durchgeführte Inspektionen vor. Die Bundesregierung steht diesbezüglich mit den niederländischen Behörden im Kontakt. In einem Schreiben vom 28. Februar 2019 teilte eine Vertreterin der niederländischen Inspectie Gezondheidszorg en Jeugd mit, dass grundsätzlich alle niederländischen Apotheken überwacht werden . Das Bundesministerium für Gesundheit tauscht sich hierzu mit den zuständigen niederländischen Behörden aus. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/11784 – 10 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 26. Können deutsche Behörden, auf freiwilliger Basis und zur Verbesserung des Patientenschutzes, Inspektionen bei niederländischen „Grensapotheken“ vornehmen, wenngleich die Bundesregierung im Schreiben aus Juni 2018 äußert, dass deutsche Behörden durch niederländisches Recht grundsätzlich nicht zu Überwachungsmaßnahmen in den Niederlanden verpflichtet werden könnten? 27. Nach welchem Maßstab und nach welchen Regeln könnten nach Einschätzung der Bundesregierung Inspektionen der Grenzapotheken in den Niederlanden durchgeführt werden, falls doch deutsche Behörden daran beteiligt werden sollten? 28. Wären hierfür nach Ansicht der Bundesregierung Amtsapotheker, Bezirksregierungen , Landes- oder aber eher Bundesministerien bzw. -behörden zuständig ? Die Fragen 26 bis 28 werden aufgrund ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Es wird auf die Antwort zu den Fragen 20 bis 23 verwiesen. Die Frage nach Maßstab, Regeln und Überwachungspersonal stellt sich daher nicht. 29. Hat die Bundesregierung Erkenntnisse darüber, ob – und wenn ja, wie oft – detaillierte Prüfungen stattfinden, ob die in der „Länderliste“ bekanntgemachten Vergleichbarkeiten auf die jeweiligen Staaten (noch) zutreffen (vgl. www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/3_Downloads/ Statistiken/GKV/Bekanntmachungen/Versandhandel/Bekanntmachung_ nach___73_AMG_Uebersicht_Versandhandel.pdf) und ob die niederländischen Arzneimittelversender real überhaupt Präsenzapotheken betreiben? 30. Hat die Bundesregierung inzwischen den Stellenwert der „Länderliste“ nach § 73 Absatz 1 Satz 3 AMG geprüft, wie in dem Antwortschreiben aus Juni 2018 als Absicht des BMG erwähnt? Wenn ja, zu welchem Ergebnis ist die Bundesregierung dabei gekommen? Die Fragen 29 und 30 werden aufgrund ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Die Regelung des § 73 Absatz 1 Satz 3 des Arzneimittelgesetzes (Länderliste) wurde im Jahr 2004 mit dem GKV-Modernisierungsgesetz vom 14. November 2003 (BGBI. I S. 2190) in das Arzneimittelgesetz aufgenommen. Die Länderliste wurde im Jahr 2011 aktualisiert. Zwischenzeitlich sind seit Oktober 2015 Arzneimittelhändler nach Artikel 85c der Richtlinie 2001/83/EG verpflichtet, das gemeinsame europäische Versandhandelslogo auf ihren Internetseiten zu verwenden , wenn sie der Öffentlichkeit über das Internet Arzneimittel, die zur Anwendung beim Menschen bestimmt sind, zum Verkauf anbieten. Der Stellenwert der Länderliste wird deshalb weiter geprüft. Zu einzelnen Apotheken liegen der Bundesregierung keine detaillierten Kenntnisse vor. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333