Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft vom 18. Juli 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/11785 19. Wahlperiode 22.07.2019 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Friedrich Ostendorff, Steffi Lemke, Harald Ebner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 19/11426 – Verwirklichung einer nachhaltigen Gemeinsamen Fischereipolitik bis 2020 V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Im Jahr 2013 einigten sich die Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger in der Europäischen Union auf eine weitreichende Reform ihrer Gemeinsamen Fischereipolitik (GFP) und insbesondere auf das Ziel der Wiederherstellung aller bewirtschafteten Fischbestände in EU-Gewässern. Seit Inkrafttreten der neuen Grundverordnung (Verordnung (EU) 1380/2013) sind fast fünf Jahre vergangen, und weiterhin bestehen große Mängel bei der Umsetzung von Artikel 2.2, laut dem die exzessive Nutzung der Bestände oberhalb des höchstmöglichen Dauerertrags (Maximum Sustainable Yield – MSY) spätestens und unter allen Umständen bis 2020 beendet sein muss. Eine kürzlich durchgeführte Überprüfung der Umsetzung der GFP durch den Wissenschafts-, Technik- und Wirtschaftsausschuss für Fischerei (STECF) hat deutlich gemacht, dass die erzielten Fortschritte zu langsam sind und dass noch immer 41 Prozent der Bestände im Nordostatlantik übermäßig befischt werden (www.ices.dk/sites/pub/Publication%20Reports/Advice/2018/2018/BalticSea Ecoregion_FisheriesOverviews_2018_November.pdf). Mit Blick auf die für 2020 gesetzte Frist für die Erreichung nachhaltiger Nutzungsraten für alle Bestände ist es nach Ansicht der Fragesteller unerlässlich, dass die Bundesregierung die bis Jahresende anstehenden Verhandlungen über Fangmöglichkeiten für 2020 im EU-Ministerrat und insbesondere die Konsultationen mit Norwegen und anderen Küstenstaaten nutzt, um sicherzustellen, dass die Festlegungen von Gesamtfangmengen (TAC) in der Ostsee, der Nordsee und allen weiteren Fanggebieten die wissenschaftlich empfohlenen Werte und Vorschriften der GFP respektieren. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/11785 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 1. Im Rahmen welcher internationaler Umwelt- und Fischereiabkommen hat sich die Bundesregierung verpflichtet, die Überfischung bis zum Jahr 2020 zu beenden, und welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung für dieses Ziel aus den aktuell vorliegenden Daten für die verschiedenen Weltregionen und insbesondere für deutsche und Europäische Meeresgebiete? Nach dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union fällt die Fischereipolitik in die ausschließliche Zuständigkeit der EU. Innerhalb der EU unterstützt die Bundesregierung nachdrücklich das Ziel, eine nachhaltige Bewirtschaftung der Fischbestände nach dem wissenschaftlichen Grundsatz des höchstmöglichen Dauerertrags (MSY: Maximum Sustainable Yield) bis zu diesem Zeitpunkt zu erreichen. Dies gilt auch für die Fischereiverhandlungen, die die EU auf Basis eines Mandates des Rates mit Drittländern, in regionalen Fischereiorganisationen und auf internationaler Ebene führt. 2. Warum überschreiten nach Einschätzung der Bundesregierung neun von sechzehn Gesamtfangmengen für gemeinsame Bestände im Jahr 2019, die im Rahmen der Konsultationen zwischen Norwegen und der EU beschlossen wurden, die wissenschaftlich empfohlenen Fanggrenzen des Internationalen Rats für Meeresforschung (ICES) (www.ices.dk/sites/pub/Publication%20 Reports/Advice/2018/2018/BalticSeaEcoregion_FisheriesOverviews_2018_ November.pdf)? 3. Warum werden nach Einschätzung der Bundesregierung für die Kabeljauund Heringsbestände die wissenschaftlich empfohlenen Gesamtfangmengen überschritten, und welche Position hat die Bundesregierung in den entsprechenden Verhandlungen mit Norwegen eingenommen (www.ices.dk/ sites/pub/Publication%20Reports/Advice/2018/2018/BalticSeaEcoregion_ FisheriesOverviews_2018_November.pdf)? Die Fragen 2 und 3 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Die Gesamtfangmengen für Bestände, die die EU gemeinsam mit Norwegen bewirtschaftet , werden auf Basis von bilateral vereinbarten Managementplänen festgelegt, die inzwischen jedoch vielfach überholt sind. Deshalb führen die EU und Norwegen bereits seit Anfang 2018 Verhandlungen über langfristige Managementstrategien für diese Bestände und haben den Internationalen Rat für Meeresforschung (ICES) beauftragt, mögliche Elemente für diese Strategien zu evaluieren . Das Fehlen einer belastbaren gemeinsamen Entscheidungsgrundlage hat der EU die Durchsetzung des Prinzips des höchstmöglichen Dauerertrags bei der Festlegung der Gesamtfangmengen (TAC) bei einigen Beständen erschwert. Beim Kabeljau kam hinzu, dass eine niedrigere TAC die Einhaltung der Anlandepflicht erschwert hätte. Beim Hering hatte der ICES die Höhe der fischereilichen Sterblichkeit – d. h. der durch die Fischerei entnommene Teil des Bestandes, der für das Erreichen des höchstmöglichen Dauerertrags zulässig wäre – deutlich gesenkt und infolgedessen eine TAC-Kürzung um 52 Prozent empfohlen. Hier einigten sich die EU und Norwegen vor allem aus sozioökonomischen Gründen im Wege eines Kompromisses auf eine Absenkung um 36 Prozent. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/11785 4. Inwiefern wird die Bundesregierung der Kommission gegenüber die Position einnehmen, dass die Konsultationen mit Norwegen im Einklang mit den wissenschaftlichen Empfehlungen von ICES über maximale Fangmengen als Obergrenze und im Einklang mit den Grundsätzen verantwortungsvoller Verwaltung der GFP (Artikel 3 der Verordnung (EU) 1380/2013) zu führen sind? Die Kommission erhält vom Rat ein Mandat für die jährlichen Fischereiverhandlungen mit Norwegen. Dieses Mandat stützt sich auf die Verordnung (EU) 1380/ 2013, die insbesondere eine nachhaltige Bewirtschaftung der Fischbestände auf der Basis wissenschaftlicher Empfehlungen vorsieht sowie die Grundsätze verantwortungsvoller Verwaltung. Die Bundesregierung hat dieses Verhandlungsmandat in der Vergangenheit regelmäßig unterstützt. 5. Inwiefern unterstützt die Bundesregierung die bisherige Praxis, dass Vertreterinnen und Vertreter der Fischereiwirtschaft an den Verhandlungen zwischen der EU-Kommission und Norwegen über künftige Fangmengen teilnehmen dürfen? Worin begründet die Bundesregierung dies? Vertreter und Vertreterinnen der Fischereiwirtschaft nehmen nicht an den substanziellen Verhandlungen zwischen EU-Kommission und Norwegen zur Festlegung der Fangmöglichkeiten teil. Sie sind allerdings vor Ort, um den Regierungsvertretern kurzfristig Auskunft über die praktischen Auswirkungen etwaiger Quotentausche , des gegenseitigen Zugangs zu den Gewässern und technischer Regelungen (u. a. Schließungszeiten, Einsatz bestimmter Fanggeräte) geben zu können . 6. Unterstützt die Bundesregierung das Anliegen von zivilgesellschaftlichen Gruppen, ebenfalls Vertreterinnen und Vertreter in die Delegationen für die Verhandlungen zwischen der EU-Kommission und Norwegen entsenden zu können? 7. Wenn nein, warum nicht? Die Fragen 6 und 7 werden gemeinsam beantwortet. Die Gemeinsame Fischereipolitik fällt in die Zuständigkeit der EU. Die Bundesregierung entscheidet daher nicht über die Zusammensetzung der EU-Delegation in den Verhandlungen der EU mit Norwegen. 8. Auf welche Weise stellt die Bundesregierung sicher, dass alle Mitglieder der deutschen Delegation – einschließlich der Wirtschaftsvertreterinnen und Wirtschaftsvertreter – auf Ergebnisse der Konsultationen hinwirken, die auf bestmögliche Weise das Nachhaltigkeitsziel der GFP (MSY für alle Bestände bis spätestens 2020) verwirklichen? Die Vertreterinnen und Vertreter der Wirtschaft sind nicht an den substanziellen Verhandlungen zwischen der EU und Norwegen zur Festlegung der Fangmöglichkeiten beteiligt (siehe Antwort zu Frage 5). Die Verhandlungen der EU-Kommission erfolgen auf Basis des Mandates, das ihr der Rat erteilt hat (siehe Antwort zu Frage 4). Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/11785 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 9. Bei welchen konkreten Ostsee-Beständen (bitte mit genauer Bezeichnung von Fischart und Bewirtschaftungsgebiet), für die Deutschland ein direktes Bewirtschaftungsinteresse hat, sieht die Bundesregierung das Erreichen des Ziels aus Artikel 2.2 der GFP-Grundverordnung bis 2020 als gefährdet an? Was tut die Bundesregierung konkret dafür, diesen nach Ansicht der Fragesteller rechtswidrigen Zustand abzuwenden? Nach den Prognosen des ICES könnte das Erreichen des in Artikel 2 Absatz 2 der Verordnung (EU) Nr. 1380/2013 genannten Ziels – d. h. einer Befischung, die den höchstmöglichen Dauerertrag ermöglicht – beim östlichen Dorsch (Gebiete 25 bis 32) und beim westlichen Hering (Gebiete 22 bis 24) in der Ostsee gefährdet sein. Die Ursachen hierfür sind vielfältig. Insbesondere spielen hier der schlechte Zustand des Meeresökosystems, z. B. eine durch Eutrophierung verstärkte Zunahme von Sauerstoffmangel (v. a. östlicher Dorsch), und die Erwärmung der Meere durch den Klimawandel (westlicher Hering) eine wichtige Rolle. 10. Welche konkreten Maßnahmen ergreift die Bundesregierung, um die Bedrohung des östlichen Dorschs zu mindern, dessen Bestand sich nach neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen des ICES in einem kritischen Zustand befindet (www.ices.dk/sites/pub/Publication%20Reports/Advice/2018/2018/Baltic SeaEcoregion_FisheriesOverviews_2018_November.pdf)? Wegen der EU-Zuständigkeit für die Fischereipolitik liegt das Initiativrecht für konkrete Maß-nahmen bei der EU-Kommission. Die Bundesregierung hat sich zusammen mit anderen Mitgliedstaaten im Fischereirat für einen umfassenden Aktionsplan ausgesprochen. 11. Welche Schlussfolgerungen und notwendigen Maßnahmen ergeben sich aus Sicht der Bundesregierung aus der aktuellen Empfehlung des ICES, wonach die Größe des Jahrgangs 2016 des westlichen Dorschs um 54 Prozent nach unten korrigiert werden muss (www.ices.dk/sites/pub/Publication%20 Reports/Advice/2018/2018/BalticSeaEcoregion_FisheriesOverviews_2018_ November.pdf)? Neben einer Absenkung der Gesamtfangmenge für den westlichen Dorsch auf Basis des Mehrjahresplans für die Ostsee setzt sich die Bundesregierung auch für die Wiedereinführung der Laichschonzeit im Februar/März ein. 12. Wird die Bundesregierung die erneut (wie bereits für 2019) von ICES empfohlene Schließung der Fischerei auf westlichen Hering in diesem Jahr unterstützen (www.ices.dk/sites/pub/Publication%20Reports/Advice/2018/2018/ BalticSeaEcoregion_FisheriesOverviews_2018_November.pdf)? 13. Falls nein, welche Position nimmt die Bundesregierung zur Befischung des westlichen Herings ein, und auf welche wissenschaftlichen Belege und Rechtsvorschriften stützt sie eine ggf. von der ICES-Empfehlung abweichende Position? Die Fragen 12 und 13 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Die Bundesregierung wird ihre Position zur Bewirtschaftung des westlichen Heringsbestandes im Lichte der Fangempfehlung des ICES und der einschlägigen rechtlichen Bestimmungen, insbesondere des Artikels 2 der Verordnung (EU) Nr. 1380/2013 und der Artikel 3 bis 5 der Verordnung (EU) Nr. 2016/1139, festlegen . Dies wird nach der Vorlage des Kommissionsvor-schlages, der für Ende August erwartet wird, geschehen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/11785 14. Welche Konsequenzen drohen nach Einschätzung der Bundesregierung im Falle des Brexits für das Erreichen des Ziels, bis 2020 die Überfischung in den europäischen Gewässern zu beenden? Hinsichtlich des Austritts des Vereinigten Königreichs („Brexit“) ist zu unterscheiden , ob er in geregelter oder ungeregelter Form stattfinden wird. Im Falle eines geregelten Austritts ist Teil der politischen Erklärung zum Rahmen für die zukünftigen Beziehungen der EU mit dem Vereinigten Königreich, dass bis zum Ende der Übergangsphase das künftige Verhältnis zwischen dem Vereinigten Königreich und der EU auf dem Gebiet der Fischerei im Rahmen eines Fischereiabkommens verbindlich geregelt wird. Es wird davon ausgegangen, dass dabei für übergreifende Bestände eine gemeinsame Bewirtschaftung auf der Grundlage der Nachhaltigkeit festgeschrieben wird. Während der Übergangsphase bleibt das Vereinigte Königreich an die Gemeinsame Fischereipolitik gebunden. Im Falle eines ungeregelten Austritts lässt sich noch nicht konkret vorhersagen, wie dieser sich auf das Ziel auswirken wird, die Fischereiressourcen auf der Grundlage der in Artikel 2 der Verordnung (EU) Nr. 1380/2013 festgelegten Grundsätze zu bewirtschaften. Dies gilt insbesondere für die Übergangszeit nach einem ungeregelten Brexit, in der es noch keine gemein-samen Vereinbarungen mit dem Vereinigten Königreich auf dem Gebiet der Fischerei gibt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333