Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit vom 18. Juli 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/11791 19. Wahlperiode 22.07.2019 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl, Lisa Badum, Dr. Bettina Hoffmann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 10/11366 – Pläne der Ukraine zum Weiterbau von Reaktoren 3 und 4 des Atomkraftwerkes Khmelnitsky und zum Atomstromexport in die EU V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Das ukrainische Atomkraftwerk (AKW) Khmelnitsky besteht gegenwärtig aus zwei laufenden Reaktoren des Typs WWER-1000/V-320. Im Jahr 1985 wurde mit dem Bau des dritten Reaktors angefangen, ein Jahr darauf mit dem Bau des vierten Reaktors. Die Baustellen Khmelnitsky 3 und 4 wurden 1990 eingestellt. Im Juni 2010 schloss die Ukraine einen Vertrag mit Russland, um die Finanzierung der restlichen Bauarbeiten für beide Blocks sicherzustellen. Im Jahr 2015 wurde der Vertrag auf ukrainischer Seite gekündigt. Mittels eines Erlasses hat der ehemalige Staatspräsident der Ukraine Petro Porochenko die Wiederaufnahme des Projektes am 4. April 2019 aber erneut initiiert. Energoatom, Betreiber aller ukrainischen AKW, möchte jetzt den Bau von Khmelnitsky 3 und 4 mittels von Stromexporten finanzieren (sogenanntes K34- Projekt, vgl. https://ua.energy/activity/%20projects/european-integration-projects/# 1538032249035-96c4bd2a-d9fcc74b-c339). Demnach soll Khmelnitsky 2 vom ukrainischen Netz entkoppelt und mit dem EU-Netz synchronisiert werden. Khmelnitsky hätte dann eine vergleichbare Funktion wie die des Kohlekraftwerks Burshtyn (auch Energieinsel Burshtyn genannt), welches ausschließlich am EU-Netz angebunden ist. Die Ukraine setzt dazu auf die Umsetzung bis 2025 des Projektes einer Energiebrücke, welche u. a. die Sanierung der bestehenden Stromtrasse zwischen Khmelnitsky und Rzeszów in Polen vorsieht. Anhand dieser Energiebrücke soll sie voraussichtlich 1 GW Leistung mehr in die EU exportieren können. Am 30. Januar 2019 wurde eine Ausschreibung für dieses Projekt veröffentlicht (vgl. Ausschreibung des ukrainischen Ministeriums für Energie und Kohle: http://mpe.kmu.gov.ua/minugol/control/uk/publish/article? art_id=245335441&cat_id=245335327). Projekte, die der Integration der Ukraine im europäischen Stromnetz dienen könnten, werden u. a. im Rahmen des 2014 unterzeichneten Assoziierungsabkommens (AA) zwischen der EU und der Ukraine gefördert (siehe Artikel 338) und innerhalb der Energiegemeinschaft besprochen – die Bundesrepublik Deutschland ist in beiden Fällen beteiligt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/11791 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Zum Bauvorhaben K34 wurde schon 2013 auf ukrainischer Seite eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) gemäß Espoo-Konvention durchgeführt. Eine aktualisierte Version des Umweltberichtes ist jetzt online verfügbar (vgl. www. umweltbundesamt.at/fileadmin/site/umweltthemen/umweltpolitische/ESPOO verfahren/UVP_K3_4/2019/Construction_KNPP_34_Updated_Information_ 2017.pdf). Das österreichische Umweltbundesamt hat dazu schon eine Fachstellungnahme veröffentlicht (vgl. www.umweltbundesamt.at/fileadmin/site/ publikationen/REP0692.pdf) und erwägt kritische Mängel wie z. B. fehlende Information zum aktuellen Zustand der Strukturen von beiden Blocks und die mangelnde systematische Analyse der Auslegungsstörfälle (DBA) und auslegungsüberschreitenden Unfälle (BDBA). Nach Kenntnis der Fragestellenden wurde die Bundesregierung mit Stand Mitte Mai 2019 zwar noch nicht von der Ukraine bezüglich einer grenzüberschreitenden Umweltverträglichkeitsprüfung notifiziert, jedoch kontaktierte das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) die zuständigen ukrainischen Behörden mit Fragen zum Stand der dortigen Öffentlichkeitsbeteiligung und Beteiligungsmöglichkeiten für Interessierte aus Deutschland. Darüber hinaus besteht seit ein paar Jahren eine nähere Befassung der Bundesregierung mit Fragen der AKW-Sicherheit in der Ukraine und ein entsprechender bilateraler Austausch zwischen ihr und der ukrainischen Atomaufsicht auch aufgrund einer Bitte der ukrainischen Regierung um Unterstützung bei der Sicherheit und Sicherung dortiger Atomanlagen aus dem Jahr 2014 (vgl. gemeinsames Antwortschreiben der damaligen Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz , Bau und Reaktorsicherheit, Dr. Barbara Hendricks, und des damaligen Bundesministers des Auswärtigen, Dr. Frank-Walter Steinmeier, an die Abgeordneten Dr. Anton Hofreiter und Sylvia Kotting-Uhl vom 26. August 2014). Schließlich ist ein bilateraler Austausch der Bundesregierung mit der Ukraine zu Fragen der AKW-Sicherheit aus Sicht der Fragestellenden bereits generell aus Gründen der staatlichen Pflicht zur Schadensvorsorge angezeigt aufgrund möglicher, geographisch sehr weitreichender Radioaktivitätsausbreitungen bei einem Atomunfall. So kontaminierte die Atomkatastrophe von Tschernobyl im Jahr 1986 etwa 40 Prozent der Fläche Europas (vgl. Antwort der Bundesregierung auf die Mündliche Frage 8 der Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl, Plenarprotokoll 16/213, Anlage 7). 1. Kann die Bundesregierung bestätigen, dass im aktualisierten Umweltbericht des ukrainischen Ministeriums für Energie und Kohle von 2017 (vgl. www.umweltbundesamt.at/fileadmin/site/umweltthemen/umweltpolitische/ ESPOOverfahren/UVP_K3_4/2019/Construction_KNPP_34_Updated_ Information_2017.pdf) deutlich auf das Atomkraftwerk Temelin 1 und 2 als Referenzkraftwerk für Khmelnitsky 3 und 4 hingewiesen wird? Nach ukrainischen Angaben wird auf das Atomkraftwerk Temelin als Referenzanlage hingewiesen. 2. Kann die Bundesregierung bestätigen, dass a) das AKW Temelin 1 und 2 über keine gefilterte Druckentlastung verfügt (vgl. Antwort der Bundesregierung auf die Schriftliche Frage 59 der Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl auf Bundestagsdrucksache 18/7842), und Die Atomkraftwerke Temelin 1 und 2 verfügen nach Kenntnis der Bundesregierung über keine Systeme zur gefilterten Druckentlastung. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/11791 b) deutsche AKW seit den 1980er Jahren über gefilterte Druckentlastung verfügen? Die laufenden deutschen Atomkraftwerke (AKW) verfügen seit den 1990er oder Anfang der 2000er Jahren über eine Einrichtung zur gefilterten Druckentlastung des Sicherheitsbehälters. 3. Welche sind nach Kenntnis der Bundesregierung die wesentlichen sicherheitstechnischen Schwachstellen der Grundauslegung des Reaktortyps WWER-1000/V-320? Die ursprüngliche sicherheitstechnische Auslegung der Atomkraftwerke vom Typ WWER 1000/W-320 wurde in den 1990er Jahren im Rahmen eines Extrabudgetary Programme der Internationalen Atomenergieorganisation (IAEA) durch ein internationales Expertenteam detailliert untersucht. Die Ergebnisse sind in dem öffentlich zugänglichen Abschlussbericht IAEA-EBP-WWER-15 (IAEA, 1999) umfassend dargestellt. Zwischenzeitlich sind nach Kenntnis der Bundesregierung die im Bericht genannten Schwachstellen entweder beseitigt worden oder es wurden kompensatorische Maßnahmen umgesetzt. 4. Welche sind die wesentlichen sicherheitstechnischen Gutachten, Analysen etc., die der Bundesregierung oder nach ihrer Kenntnis der sie in AKW-Sicherheitsfragen beratenden Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit im Zusammenhang mit der vorgenannten Frage bekannt sind (bitte mit Angabe der Eckdaten wie Titel, Verfasser und Datum angeben)? Der Bundesregierung sind folgende wesentliche Analysen zur sicherheitstechnischen Auslegung der Atomkraftwerke des Typs WWER-1000/W-320 bekannt: Begutachtung des KKW Stendal durch die GRS (Sicherheitstechnische Bewertung des KKW Stendal Block A, vom Typ WWER-1000/W-320, Mai 1993, GRS-99, ISBN 3-923875-49-5), Riskaudit Untersuchungen zum KKW Rivne im Rahmen von TACIS (Safety Evaluation of WWER 440/213 and WWER 1000/320 Reactors in Rovno NPP Units 1, 2 and 3, Final Report, Riskaudit Report N°7, 1994), Stellungnahmen zu russischen Nachrüstmaßnahmen für Reaktoren des Typs WWER-1000/W-320, GRS, 1996, GRS-A-2330, Abschlussbericht des Extrabudgetary Programs zur Sicherheit von WWER und RBMK (IAEA-EBP-WWER-15 Final Report of the Programme on the Safety of WWER and RBMK Nuclear Power Plants, IAEA, 1999), Generisches Modernisierungsprogramm von MOHT und EDF für WWER- 1000/W-320 (Generic Reference Programme for the Modernization of VVER 1000 – V 320, Autoren MOHT OTJIG RM und EDF-DE-CLI, Januar 1996) und Review des Programms (Review of the MOHT-EDF Programme for the Modernization of WWER 1000 Model 320 reactors, IAEA, 1997 IAEA-RU-6524), Riskaudit Untersuchungen zur Fertigstellung und Sicherheitsmodernisierung von Rivne-4 und Khmelnitsky-2 (Final Safety Assessment Report for the Loan Approval procedure, RISKAUDIT-Report N°120, 1997), Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/11791 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Bewertung des KKW Temelin durch die GRS (Zusammenfassung der Ergebnisse der vertieften Bewertung der GRS zu ausgewählten Sicherheitsfragen zum KKW Temelin vom 15. August 2000 mit Ergänzungen vom 25. Oktober 2000, GRS, 25/10/2000). 5. Teilt die Bundesregierung die Auffassung des österreichischen Umweltbundesamtes , dass dieser Reaktortyp „moderne Sicherheitsanforderungen nicht erfüllt“ (vgl. Fachstellungnahme des österreichischen Umweltbundesamts im Rahmen der UVP zu Khmelnitsky 3&4, S. 6: www.umweltbundesamt.at/ fileadmin/site/publikationen/REP0692.pdf), und falls ja, aus welchen wesentlichen Gründen? Die Bundesregierung ist der Auffassung, dass der Reaktortyp WWER-1000/ W-320 in dem ursprünglichen Design die Sicherheitsanforderungen an neu zu errichtende Atomkraftwerke nach aktuellen internationalen Sicherheitsstandards nicht erreicht. Eine Stellungnahme, z. B. zur sicherheitstechnischen Bewertung von konkreten Sachverhalten und Ereignissen in AKW anderer Staaten oder eine Forderung nach konkreten Abhilfemaßnahmen, erfolgt seitens der Bundesregierung grundsätzlich nicht. Nur der zuständigen atomrechtlichen Aufsichtsbehörde liegen alle für eine sicherheitstechnische Bewertung notwendigen Informationen vor. 6. Welche wesentlichen sicherheitstechnischen Verbesserungen soll der Anlagentyp WWER-1000 Skoda JS (vgl. Antwort der Bundesregierung auf die Mündliche Frage 68 der Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl, Plenarprotokoll 19/91) nach Kenntnis der Bundesregierung gegenüber dem Anlagetyp WWER-1000/V-320 bringen? Nach Kenntnis der Bundesregierung sollen folgende Sicherheitssysteme zusätzlich realisiert werden: Rückhaltung der Kernschmelze bei einem schweren Störfall durch Einrichtung eines Systems zur Außenkühlung des Reaktordruckbehälters System zur Kontrolle und katalytischen Verbrennung von Wasserstoff System zur gefilterten Druckentlastung Komplex von stationären und mobilen Einrichtungen zur Bereitstellung von Energie und Kühlwasser bei auslegungsüberschreitenden Störfällen 7. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über den Fertigstellungsgrad und den jetzigen Zustand der Baustruktur der Reaktoren Khmelnitsky 3 und 4 – beispielweise durch Informationen der deutschen Auslandsvertretung in der Ukraine, der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung oder der mit der ukrainischen Atomaufsichtsbehörde zusammenarbeitenden Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit (vgl. beispielsweise Antwort der Bundesregierung zu Frage 1 auf Bundestagsdrucksache 18/3521)? Nach Angaben des staatlichen ukrainischen AKW-Betreibers Energoatom waren bis zur Unterbrechung der Arbeiten im Jahr 1990 im Block 3 ca. 75 Prozent und im Block 4 ca. 28 Prozent der baulichen Strukturen fertiggestellt. Zwischen den Jahren 2005 und 2009 wurden dortige Baukonstruktionen durch Kiewer und Moskauer Bauinstitute begutachtet und als „nach notwendigen Reparaturen für den Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/11791 Fertigbau der Reaktorblöcke geeignet“ bewertet. Eigenen Angaben zufolge beabsichtigt Energoatom, weitere Gutachten zum Zustand der Bausubstanz erstellen zu lassen. Eigene Erkenntnisse zum gegenwärtigen baulichen Zustand der beiden Reaktorblöcke liegen der Bundesregierung nicht vor. 8. Inwiefern kann die Bundesregierung bestätigen, dass die ukrainische Regierung erst die Zustimmung des ukrainischen Parlaments Werchowna Rada braucht, um den Weiterbau von Khmelnitsky 3 und 4 einzuleiten, bzw. inwiefern bedarf das Vorhaben nach Kenntnis der Bundesregierung der Entscheidung welcher anderer Gremien bzw. Stellen? Laut dem Gesetz der Ukraine „Über das Entscheidungsverfahren zur Standortbestimmung , zur Entwicklung und zum Bau von Nuklearanlagen und Lagerstätten für radioaktive Abfälle“ (Gesetz Nr.2861-IV vom 8. September 2005) hat ausschließlich das ukrainische Parlament (Verkhovna Rada) das Recht, über den Standort und den rechtlichen Rahmen für den Bau von Nuklearanlagen in der Ukraine per Gesetz zu entscheiden. Eine entsprechende Gesetzesvorlage muss das Ministerkabinett einbringen. Das Gesetz „Über die Entwicklung und Bau der Reaktorblöcke Nr. 3 und Nr. 4 am Standort des AKW-Khmelnitsky“ aus dem Jahr 2012 wurde im September 2015 vom ukrainischen Parlament außer Kraft gesetzt. Ein neues Gesetz wurde seitdem nicht verabschiedet. Der ehemalige Präsident Poroschenko hatte im April 2019 den Ministerrat angewiesen, ein neues Gesetz zur Projektierung und Errichtung der Blöcke 3 und 4 des AKW Khmelnitsky vorzubereiten. 9. Inwiefern kann die Bundesregierung bestätigen – beispielweise durch Informationen der deutschen Auslandsvertretung in der Ukraine –, dass die ukrainische Regierung seit dem Erlass vom ehemaligen Staatspräsidenten Porochenko vom 4. April 2019 noch keinen Rechtsaktenvorschlag zum Weiterbau von Khmelnitsky 3 und 4 eingebracht hat? Die Anordnung des ukrainischen Staatspräsidenten vom 4. April 2019 an das Ministerkabinett , eine Gesetzesvorlage zum Weiterbau der Reaktorblöcke Nr.3 und Nr. 4 am Standort AKW-Khmelnitsky ins Parlament einzubringen, wurde noch nicht umgesetzt. Die Gesetzesvorlage befindet sich noch in der internen Kabinettsabstimmung . 10. Welche Auswirkungen hat nach Ansicht der Bundesregierung die Auflösung des ukrainischen Parlaments auf den Weiterbau von Khmelnitsky 3 und 4? Die für den 21. Juli 2019 vorgesehenen vorgezogenen Parlamentswahlen und die folgende Koalitions-/Regierungsbildung in der Ukraine werden voraussichtlich zu einer substanziellen Verzögerung u.a. bei der Entscheidung in Bezug auf den Weiterbau der Reaktorblöcke Nr. 3 und Nr. 4 des AKW-Khmelnitsky führen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/11791 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 11. Plant nach Kenntnis der Bundesregierung – beispielweise durch Informationen der deutschen Auslandsvertretung in der Ukraine, der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung oder der mit der ukrainischen Atomaufsichtsbehörde zusammenarbeitenden Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit – der Betreiber Energoatom die Finanzierung des Weiterbaus von Khmelnitsky 3 und 4 vollständig aus den Erlösen der Atomstromexporte von Khmelnitsky 2 zu beziehen? Wenn nein, aus welchen anderen Quellen plant der Betreiber Energoatom nach ihrer Kenntnis diese Finanzierung zu beziehen? Nach eigenen Angaben beabsichtigt der staatliche ukrainische AKW-Betreiber Energoatom, Erlöse aus den Stromexporten von Reaktorblock Nr. 2 des AKW Khmelnitsky für den Ausbau seiner Generationskapazitäten (v. a. aber nicht ausschließlich Reaktorblöcke Nr. 3 und 4 des AKW Khmelnitsky) zu nutzen. Diese Erlöse reichen nach Expertenansicht aber nicht aus, um die Fertigstellung der Reaktorblöcke Nr. 3 und 4 des AKW Khmelnitsky (geschätzte Gesamtkosten ca. 72,4 Mrd. Hrywnja – UAH / ca. 2,45 Mrd. Euro) vollständig zu finanzieren. Weitere Finanzierungsquellen werden gesucht. Pressemeldungen zufolge soll es Gespräche mit ausländischen Unternehmen geben. 12. In welcher Phase der Planung bzw. Genehmigung bzw. Umsetzung ist nach Kenntnis der Bundesregierung die Sanierung der 750-kV-Stromtrasse zwischen Khmelnitsky und Rzeszów (Polen), die im Rahmen des sogenannten Energy-Bridge-Projektes durchgeführt werden soll (vgl. Ausschreibung des ukrainischen Ministeriums für Energie und Kohle, 21. Januar 2019: http:// mpe.kmu.gov.ua/minugol/control/uk/publish/article?art_id=245335441&cat_ id=245335327)? Die Hochspannungsleitung zwischen Khmelnitsky (Ukraine) und Rzeszów (Polen ) wird seit dem Jahr 1993 nicht mehr genutzt, die existierende Leitungsinfrastruktur benötigt eine Modernisierung. Auf polnischer Seite gibt es jedoch – soweit ersichtlich – noch keinerlei konkrete Planungen im Hinblick auf eine Sanierung oder Nutzung. Seit dem Jahr 2015 finden sporadisch Gespräche zwischen der ukrainischen und polnischen Regierung zu diesem Thema statt. Aus ukrainischer Sicht befindet sich das Projekt „Ukraine-EU Energy Bridge“ in der Planungsphase. Es soll Angaben der ukrainischen Regierung zufolge nach dem Public-Private-Partnership Modell umgesetzt werden. Mit Bekanntmachung des ukrainischen Ministeriums für Energiewirtschaft und Kohleindustrie vom 21. Januar 2019 wurde die Suche eines privaten Partners für das Projekt ausgeschrieben . Am 9. Juli 2019 verkündete die Auswahlkommission des Energieministeriums , dass das Angebot des Ukraine Power Bridge Company Limited, eines in Irland angemeldeten internationalen Konsortiums, als einziges Angebot für die weitere Evaluierung zugelassen wurde. Nach Einschätzung der Konsortialpartner (Westinghouse Electric Sweden AB, Polenergia International S.a‘r.I und EDF Trading Limited) belaufen sich die voraussichtlichen Projektkosten auf ca. 47,7 Mio. Euro. 13. In welchem Jahr erwartet die Bundesregierung bzw. nach ihrer Kenntnis die EU-Kommission erste Stromexporte in die EU mittels der sanierten Stromtrasse zwischen Khmelnitsky und Rzeszów? Der Bundesregierung liegen hierzu keine Informationen vor. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 7 – Drucksache 19/11791 14. Welche Strommengen wurden nach Kenntnis der Bundesregierung in den letzten zehn Jahren in der Ukraine jährlich a) produziert (inkl. Exporte) und b) in welcher Höhe zum Eigenverbrauch des Landes genutzt? Stromproduktion, -export und -verbrauch Ukraine der Jahre 2009 bis 2018 Jahr Stromproduktion, Mrd. kWh Eigenverbrauch, Mrd. kWh Stromexport, Mrd. kWh Stromlieferungen an temporär besetzte Gebiete, Mrd. kWh 2018 159,3 153,1 6,2 - 2017 155,4 149,7 5,2 0,5 2016 154,8 149,3 4,0 1,5 2015 157,7 150,4 3,6 3,7 2014 181,9 168,6 8,1 5,2 2013 193,6 183,7 9,9 - 2012 198.1 188,4 9,7 - 2011 194,1 187,6 6,5 - 2010 188,1 183,9 4,2 - 2009 173,1 169,0 4,1 - Quelle: UKRENERGO (ukrainischer Stromnetzbetreiber) 15. Teilt die Bundesregierung die Auffassung der Fragestellenden, dass das Ziel einer „schrittweise[n] Integration des ukrainischen Stromnetzes in das europäische Stromnetz“ (vgl. Assoziierungsabkommen zwischen der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Ukraine andererseits , Artikel 338/c) nicht der Förderung der Atomkraft und insbesondere der Schaffung einer „Atomenergieinsel Khmelnitsky 2“ dienen sollte? Wenn nein, warum nicht? Die Bundesregierung unterstützt die Verwirklichung des genannten Zieles von Artikel 338c des Assoziierungsabkommens zwischen der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Ukraine andererseits und sie respektiert das Recht der Ukraine auf freie Wahl ihres Strommixes. Eine Förderung des selektiven Ausbaus von Anbindungsleitungen der vom innerukrainischen Stromnetz separierten sog. Energieinsel Burshtyn an das Stromnetz von EU-Mitgliedstaaten aus Gemeinschaftsmitteln lehnt die Bundesregierung aber ab. Nach Ansicht der Bundesregierung sollten Fördermittel der EU nicht für den Neu- oder Ausbau von Atomkraftwerken oder deren Laufzeitverlängerung eingesetzt werden dürfen, allenfalls für die Erhöhung der nuklearen Sicherheit bestehender Anlagen . Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/11791 – 8 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 16. Kann die Bundesregierung bestätigen, dass sie sich 2016 im Rat schriftlich gegen die Unterstützung des Projektes der Sanierung der Khmelnitsky- Rzeszów-Stromtrasse ausgesprochen hat, weil sie „aus Sicht der Bundesregierung indirekt Kernkraftwerke fördern würde[n]“ (vgl. Antwort der Bundesregierung zu Frage 17e der Kleinen Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN auf Bundestagsdrucksache 19/5772). Die Bundesregierung hatte im Juli 2016 eine unilaterale Erklärung gegenüber dem Rat mit Blick auf das hier genannte Projekt abgegeben, dass Deutschland eine Förderung aus EU-Mitteln zu jedem Zeitpunkt ablehne, da dieses Projekt indirekt den Weiterbau von Atomkraftwerken fördern würde. 17. Begrüßt die Bundesregierung in dieser Hinsicht, dass das Projekt der Sanierung der Stromtrasse Khmelnitsky-Rzeszów nicht auf der Liste der „Projects of Energy Community Interest“ für 2018, die in der Sitzung des Ministerrates der Energiegemeinschaft am 29. November 2018 beschlossen wurde, aufgenommen worden ist (vgl. Beschluss des Ministerrates, www.energycommunity .org/dam/jcr:d9dc16f7-ca43-439e-9b74-c685835584f5/Decision _2018_11_MC-EnC_list_projects_112018.pdf)? Anlässlich der Sitzung des Ministerrates der Energiegemeinschaft am 29. November 2018 gab die Bundesregierung eine schriftliche Protokollerklärung ab, welche auf die ablehnende Erklärung vom Jahr 2016 verweist. Im Übrigen wird auf die Antworten zu den Fragen 15 und 16 verwiesen. 18. Hält die Bundesregierung die Teilnahme Deutschlands an der aktuellen UVP zum Bau von Khmelnitsky 3 und 4 (vgl. Fachstellungnahme des österreichischen Umweltbundesamtes: www.umweltbundesamt.at/umweltsituation/ uvpsup/espooverfahren/espoo_ukraine/kkwkhmelnitsky34/) unter Berücksichtigung von sicherstechnischen-, umwelt- und energiepolitischen Gründen nicht für eine logische und wünschenswerte Fortsetzung ihrer Anstrengungen ? Wenn nein, warum nicht? 19. Welche deutschen Behörden haben nach Ansicht der Bundesregierung eine tiefere Kenntnis von Reaktoren des Typs von Khmelnitsky 3 und 4 als das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) und die das BMU beratende Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit und wären daher besser in der Lage sich am UVP-Verfahren hinsichtlich AKW-Sicherheitsaspekten fachlich bzw. analytisch zu beteiligen bzw. fachlich Stellung zu nehmen? Die Fragen 18 und 19 werden wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Nach § 58 Absatz 5 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) ist für die grenzüberschreitende Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) bei einem ausländischen Vorhaben in Deutschland die Behörde zuständig ist, die für ein gleichartiges Vorhaben im Inland zuständig wäre. Dieser Behörde obliegt es nach § 58 Absatz 4 UVPG auch, bei fehlender Notifizierung durch einen anderen Staat ggf. eine grenzüberschreitende UVP einzufordern. Für die Genehmigung von Atomkraftwerken und die dabei durchzuführende UVP sind in Deutschland Landesbehörden zuständig. Deshalb waren auch für die grenzüberschreitende UVP beim AKW Khmelnitsky die atomrechtlichen Genehmigungsbehörden der Länder zuständig. Nachdem bekannt wurde, dass die Ukraine mit anderen Staaten eine grenzüberschreitende UVP durchführt, hat das Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 9 – Drucksache 19/11791 Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit die zuständigen Landesbehörden um Prüfung gebeten, ob auch von deutscher Seite eine Beteiligung eingefordert werden soll. Im Ergebnis hat sich dazu jedoch kein Land bereitgefunden. Würde Deutschland auf Initiative einer zuständigen Landesbehörde hingegen am grenzüberschreitenden UVP-Verfahren teilnehmen, hätten auch Bundesbehörden die Möglichkeit, eigene Stellungnahmen zu allen UVP-relevanten Gesichtspunkten einzubringen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333