Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie vom 18. Juli 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/11838 19. Wahlperiode 22.07.2019 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Martin Neumann, Michael Theurer, Reinhard Houben, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/11249 – Künftige Rolle von Stromspeichern in der Energiewende V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Die Bundesregierung möchte gemäß Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD die Energiewende sauber, sicher und bezahlbar fortsetzen. Dazu soll u. a. ein zielstrebiger, effizienter, netzsynchroner und zunehmend marktorientierter Ausbau der erneuerbaren Energien erfolgen. Dazu wird künftig notwendig sein, dass Stromspeicher zu Zeiten mit Spitzenlast und Spitzenerzeugung im Stromnetz Flexibilität zur Verfügung stellen. Weltweit bauen Staaten und Unternehmen zunehmend marktwirtschaftlich erneuerbare Energien aus. Dabei kommen auch vermehrt Stromspeicher zum Einsatz. Virtuelle Kraftwerke digitalisieren Verteilnetze und bieten den Betreibern die Möglichkeit, die bestehenden Netze besser zu bewirtschaften. Gleichzeitig steigt der Wunsch vieler Bürger , sich mit Eigenkapital an der Energiewende zu beteiligen. Laut dem Branchenverband BSW Solar haben sich die Preise für Solarstromspeicher seit 2013 halbiert (vgl. www.solarwirtschaft.de/fileadmin/user_upload/bsw_faktenblatt_ pv_2019_3.pdf). Zusammen mit den sinkenden Preisen für Photovoltaik-Anlagen ist mit einer wachsenden Nachfrage nach Stromspeichern zu rechnen. 1. Was versteht die Bundesregierung unter einem netzsynchronen Ausbau der erneuerbaren Energien? Im Koalitionsvertrag haben sich CDU, CSU und SPD einen zielstrebigen, effizienten , netzsynchronen und zunehmend marktorientierten Ausbau der erneuerbaren Energien vorgenommen. Nach Auffassung der Bundesregierung bedeutet ein netzsynchroner Ausbau der erneuerbaren Energien, dass sowohl die derzeitige Stromnetzsituation als auch die zukünftige Stromnetzentwicklung einschließlich Stromnetzplanung beim Ausbau der erneuerbaren Energien beachtet werden müssen . Ein praktisches Beispiel für die Umsetzung dieses Prinzips ist die Ausweisung des Netzausbaugebiets, in dem wegen bestehender Netzrestriktionen eine Leistungsobergrenze im Ausschreibungssystem des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) für neu zu installierende Windenergieanlagen an Land gilt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/11838 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 2. Welche Rolle sollen nach Ansicht der Bundesregierung Mieterstrommodelle beim künftigen Ausbau der erneuerbaren Energien einnehmen, auch vor dem Hintergrund neuer Vorgaben aus dem Legislativpaket „Clean Energy for all Europeans“ (https://ec.europa.eu/energy/en/topics/energy-strategy-and-energyunion /clean-energy-all-europeans)? Die Mieterstromförderung ist mit dem EEG 2017 eingeführt worden. Leider ist der Zubau hinter den Erwartungen zurückgeblieben. Die Bundesregierung wird, wie gesetzlich vorgegeben, dem Deutschen Bundestag bis zum 30. September 2019 einen Mieterstrombericht mit Handlungsempfehlungen vorlegen. Dabei werden die Vorgaben aus dem „Clean Energy Package“ Berücksichtigung finden. 3. Was hat die Bundesregierung getan, um die Kopplung der Sektoren Wärme, Mobilität und Elektrizität in Verbindung mit Speichertechnologien voranzubringen ? Um die Kopplung der Sektoren Wärme, Verkehr und Elektrizität auch in Verbindung mit Speichertechnologien voranzubringen, setzt die Bundesregierung auf eine Vielzahl von Instrumenten, die u. a. die Bereiche Forschungs- und Investitionsförderung sowie die Marktregulierung umfassen. Im Wärmesektor werden über das Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz (KWKG) innovative KWK-Systeme (iKWK) gefördert. Für eine Zuschlagszahlung im Rahmen der halbjährlichen iKWK-Ausschreibungen ist ein Mindestanteil der erneuerbaren Wärme von 30 Prozent pro Kalenderjahr erforderlich. Dieser Anteil kann auch mit Hilfe von Wärmespeichern erreicht werden. Zudem fördert das KWKG neu errichtete Wärme- und Kältespeicher auch direkt (§§ 22-25 KWKG). Wärmespeicher werden außerdem in einer Vielzahl von Förderprogrammen unterstützt : Mit dem im Juli 2017 gestarteten „Modellvorhaben Wärmenetzsysteme 4.0“ hat die Bundesregierung erstmals eine systemische Förderung im Bereich der Wärmeinfrastruktur eingeführt, mit der nicht nur Einzeltechnologien und -komponenten (darunter auch Speicher), sondern Gesamtsysteme gefördert werden . Grundlage hierfür bilden die ebenfalls förderfähigen Machbarkeitsstudien und Transformationspläne für den Neubau von sowie die Transformation hin zu effizienten Niedrigtemperaturwärmenetzen der 4. Generation, die mit hohen Anteilen erneuerbarer Energien und Abwärme gespeist werden. Schließlich stehen zinsgünstige Kredite und Tilgungszuschüsse für Wärmespeicher im Marktanreizprogramm „Wärme aus erneuerbaren Energien, erneuerbare Energien Premium KfW Nr. 271“ und in dem seit Januar 2019 neu aufgestellten Förderpaket „Energieeffizienz und Prozesswärme aus erneuerbaren Energien in der Wirtschaft – Kredit/Zuschuss und Wettbewerb“ zur Verfügung. Forschung, Entwicklung und Demonstration von Wärmespeichern fördert die Bundesregierung zudem im Rahmen ihres 7. Energieforschungsprogramms „Innovationen für die Energiewende“. Im Verkehrsbereich unterstützt die Bundesregierung die Sektorenkopplung durch Marktregulierung, Anreize für den Erwerb von Elekrofahrzeugen sowie die Entwicklung und Ansiedlung einer deutschen und europäischen Batteriezellproduktion . Mit der Ladesäulenverordnung hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie verbindliche Vorgaben für Ladesteckerstandards festgelegt. Jede Nutzerin und jeder Nutzer kann auch ohne langfristigen Vertrag an öffentlich zugänglichen Ladeeinrichtungen Strom laden und abrechnen. Darüber hinaus fördert das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie den Kauf von Elektrofahrzeugen seit 2016 im Rahmen des „Umweltbonus“. Die Autohersteller beteiligen sich hälftig an der Kaufprämie. Bis Ende Mai 2019 sind mehr als Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/11838 120 000 Anträge für den Kauf von batterieelektrischen Fahrzeugen im Rahmen des „Umweltbonus“ beim Bundesministerium für Wirtschaft und Energie eingegangen . Zusätzlich hat die Bundesregierung im November 2018 die steuerliche Besserstellung für dienstlich beschaffte batteriebetriebene Fahrzeuge und Plug- In-Hybride sowie die steuerliche Besserstellung des Ladens von E-Mobilen am Arbeitsplatz beschlossen. Für die industriepolitisch bedeutsame Entwicklung und Ansiedlung einer deutschen und europäischen Batteriezellfertigung insbesondere für den Mobilitätsbereich stellt das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie 1 Mrd. Euro bereit. Der Förderaufruf stieß auf eine hohe Resonanz. Ferner unterstützt die Bundesregierung Forschung und Entwicklung zur Weiterentwicklung der Elektromobilität in Höhe von jährlich rund 200 Mio. Euro sowie „Maßnahmen zur Elektrifizierung des Verkehr“ im Rahmen des „Sofortprogramms Saubere Luft“ im Umfang von 743 Mio. Euro. Dazu gehört auch der Aufbau von über 18 000 Ladepunkten und deren Beobachtung im Hinblick auf eine netzschonende Integration ins Stromnetz. Technologien für strombasierte Energieträger werden insbesondere im Energieforschungsprogramm sowie im Nationalen Innovationsprogramm Wasserstoffund Brennstoffzellentechnologie gefördert. Im Rahmen des Energieforschungsprogramms sind im Februar 2019 die Forschungsinitiative „Energiewende im Verkehr: Sektorenkopplung durch die Nutzung strombasierter Kraftstoffe“ sowie im April der vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderte Verbund „Nachhaltige Mobilität durch synthetische Kraftstoffe“ gestartet. Strombasierte Energieträger und Kraftstoffe können als Energiespeicher dienen oder im Mobilitätssektor eingesetzt werden. Über die kommenden drei Jahre werden Forschung , Entwicklung und Demonstration innovativer Technologien und Konzepte für die Herstellung und Nutzung synthetischer Kraftstoffe in 17 Verbundprojekten mit insgesamt ca. 185 Projektenpartnern mit rund 108 Mio. Euro gefördert . Zudem konnten für den Ideenwettbewerb „Reallabore der Energiewende“, einer neuen Fördersäule im 7. Energieforschungsprogramm der Bundesregierung, bis zum Bewerbungsschluss am 5. April 2019 Skizzen auch zum Themenbereich „Sektorenkopplung und Wasserstofftechnologien“ eingereicht werden. Im Rahmen des Energieforschungsprogramms werden auch weiterhin neue Speichertechnologien für die Sektorenkopplung, wie innovative Batterietechnologien oder effiziente Elektrolyseure, unterstützt. Hervorzuheben ist das Kopernikus- Großprojekt „Power-to-X“, welches die Speicherung von Strom aus erneuerbaren Quellen konkret adressiert und derzeit am Übergang zur zweiten Projektphase steht. Die Umwandlungsketten münden in maßgeschneiderten Kraftstoffen für Kraftfahrzeuge oder in verbesserten Kunststoffen und Chemieprodukten mit hoher Wertschöpfung; auch Speicherpfade werden untersucht. 44 Partner werden dafür in der ersten Projektphase mit 39 Mio. Euro gefördert. 4. Was hat die Bundesregierung getan, um eine stärkere Marktorientierung der erneuerbaren Energien, Investitionen in Speichertechnologien und intelligente Vermarktungskonzepte zu fördern? Bereits 2014 wurde im EEG die verpflichtende Direktvermarktung für Strom aus erneuerbaren Energien (EE) eingeführt. Die damit einhergehende bessere technische Anbindung der EE-Anlagen sowie die Wahrnehmung der Bilanzkreisverantwortung für die EE-Anlage führen zu einer verbesserten Anlagenintegration. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/11838 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Dadurch ist für Betreiber der Anreiz gegeben, die Produktion bzw. Vermarktung des EE-Stroms so effizient wie möglich an Nachfrage und Marktgegebenheiten zu orientieren. Mit Inkrafttreten des Strommarktgesetzes in 2016 wurde der Strommarkt 2.0 etabliert, d. h. generell die Relevanz von Marktpreisen (z. B. auch im Bilanzkreissystem ) und Marktprozessen gestärkt. Dadurch haben alle Akteure – Betreiber von Kraftwerken, Speichern, EE-Anlagen, flexible Verbraucher – den ständigen Anreiz, Vermarktungskonzepte weiterzuentwickeln und Speicher- bzw. Flexibilitätsoptionen zu heben. Um die Markteinführung von Batterieheimspeichersystemen zu unterstützen, wurde im Jahr 2013 das Photovoltaik(PV)-Batteriespeicherprogramm gestartet. Es wurden Investitionen in Batteriespeicher gefördert, die in Verbindung mit einer PV-Anlage installiert und an das elektrische Netz angeschlossen wurden. Die Förderung erfolgte über die KfW-Bankengruppe mit Tilgungszuschüssen für KfW-Kredite. Ziele der Förderung waren neben der Markteinführung der Speichersysteme , zur Systemintegration der erneuerbaren Energien beizutragen und die Technologieentwicklung stationärer Batteriespeichersysteme zu einer systemdienlichen Einspeisung von Strom aus PV-Anlagen zu etablieren und zu beschleunigen . Das Programm war befristet und ist zum Ende des Jahres 2018 ausgelaufen . Es wurden ca. 33 000 Systeme gefördert. 5. Was hat die Bundesregierung getan, um die EEG- und die Systemkosten so gering wie möglich zu halten? Die Bundesregierung strebt in ihrem gesamten Handeln eine sichere, preisgünstige , verbraucherfreundliche, effiziente und umweltverträgliche Energieversorgung an, die zunehmend auf erneuerbaren Energien beruht. In diesem Rahmen versucht sie, die Kosten der Förderung der erneuerbaren Energien und des gesamten Stromsystems so gering wie möglich zu halten. Exemplarisch sei auf die drei folgenden Maßnahmen zur Umsetzung dieses Ziels verwiesen: Seit der Novelle des EEG von 2017 wird die Förderhöhe von erneuerbaren Energien weitgehend im Wege der Ausschreibung bestimmt, was die Förderkosten pro kWh bei neuen Anlagen deutlich gesenkt hat. Mit dem im Bundesbedarfsplangesetz und Energieleitungsausbaugesetz beschlossenen Netzausbaubedarf werden die kostengünstigsten Erzeugungsstandorte , zum Beispiel windreiche Standorte in Norddeutschland, erschlossen und mit den Verbrauchern, zum Beispiel der Industrie in Süddeutschland, verbunden. Durch die regelmäßig stattfindenden Netzentwicklungspläne und die ihnen zu Grunde liegenden Szenarien für Erzeugung und Verbrauch wird sichergestellt, dass ggf. auch weiterer Netzausbaubedarf identifiziert wird. Ein Netzausbau, dessen Umfang kontinuierlich geprüft wird, ermöglicht den großflächigen Ausgleich von kostengünstigstem Angebot und Nachfrage und senkt so die Systemkosten. Schließlich wurde im Rahmen der Novellierung des Netzausbaubeschleunigungsgesetzes eine einheitliche Optimierung des Engpassmanagements unter allen verfügbaren Anlagen – konventionell, erneuerbare und KWK – über die verschiedenen Spannungsebenen hinweg beschlossen. In diesem Rahmen können EE- und KWK-Anlagen dann abgeregelt werden, wenn damit bestehende Engpässe deutlich besser behoben werden können als durch die Abregelung konventioneller Anlagen. Die Neuregelung ermöglicht es, bestehende Potenziale für Engpassmanagement effizienter zu nutzen und somit Abregelungsmengen und -kosten zu vermindern. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/11838 6. Wie hat sich nach Kenntnis der Bundesregierung die Gesamtleistung der in Deutschland verfügbaren Stromspeicher (ohne Pumpspeicher) und deren Kapazität seit 2010 in den einzelnen Jahren entwickelt? Die Bundesregierung hat derzeit keine Kenntnis hinsichtlich Stand und Entwicklung von Gesamtleistung und Kapazität sämtlicher in Deutschland verfügbarer Stromspeicher. Im Monitoring der Bundesnetzagentur haben die Kraftwerksbetreiber Speicher in Höhe von insgesamt 115 MW installierter Leistung gemeldet (Stand: 7. März 2018), wobei sich das Monitoring nur auf Anlagen über 10 MW installierter Leistung bezieht. Lediglich ein Speicher (Speicherfarm Leipzig, 12,5 MW) wurde gemäß Meldung zum 1. Januar 2018 in Betrieb genommen – alle anderen Anlagen im Zeitraum 2014 bis 2016. Die Meldungen aus der Monitoringabfrage 2019, also für das Jahr 2018, sind darin noch nicht enthalten. Nach einer Schätzung des Bundesverbands Energiespeicher beläuft sich die installierte Leistung bei „Großbatteriespeichern“ (keine Heimspeicher) auf folgende Mengen: Jahr 2015 2016 2017 2018 2019 Leistung 18 MW 143 MW 179 MW 314 MW 380 MW Die Differenz zu den Zahlen der Bundesnetzagentur erklärt sich wahrscheinlich durch viele Anlagen in der Leistungsklasse unter 10 MW. Die Bundesnetzagentur arbeitet derzeit noch an dem Aufbau des Marktstammdatenregisters . Darin werden auch Stromspeicher mit ihren Leistungsangaben erfasst . Da die Datenbank derzeit noch nicht bereinigt vorliegt, kann sie zur Bestimmung der Gesamtleistung aller Speicher in Deutschland noch nicht herangezogen werden. Zu Stand und Entwicklung bei den Heimspeichern wird auf die Antwort zu Frage 12 verwiesen. 7. Mit welcher Entwicklung bei der Leistung von Stromspeichern und deren Speicherkapazität (ohne Pumpspeicher) und mit welcher Kostenentwicklung rechnet die Bundesregierung zum Jahr 2023 und zum Jahr 2028? Die Bundesregierung geht davon aus, dass sowohl Leistung als auch Kapazität der Speicher weiter zunehmen werden. Der Bundesregierung liegen aber derzeit keine Informationen zur Entwicklung von Leistung, Kapazität und Kosten zu allen Speichertechnologien vor. In den Szenarien für den Netzentwicklungsplan 2019-2030 geht die Bundesnetzagentur von folgender Gesamtleistung aus: Technologie Szenario B 2025 Szenario A 2030 Szenario B 2030 Szenario C 2030 PV-Batteriespeicher 3,2 GW 6,5 GW 8,0 GW 10,1 GW Großbatteriespeicher 1,2 GW 1,5 GW 2,0 GW 2,4 GW Power-to-Gas (Hinweis: Nur im Umfang der Rückverstromung auch Stromspeicher ) 0,5 GW 1,0 GW 2,0 GW 3,0 GW Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/11838 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Die Entwicklung von Leistung und Kapazität wird weiter wesentlich durch die Erlöspfade und Kosten geprägt. Die Förderung über das Eigenverbrauchsprivileg stellt einen erheblichen Investitionsanreiz sowohl in Haushalten als auch der Industrie dar. Leistung und Kapazität der Speicher wird sich daher zum Teil an der Optimierung des jeweiligen Eigenverbrauchs orientieren. Größere Verbraucher (Industrie, Gewerbe) setzen Speicher zudem zur Vermeidung von Lastspitzen ein, um ihre Netzentgelte im Rahmen des § 17 Absatz 2 Satz 2 der Stromnetzentgeltverordnung (Jahresleistungsentgelt) oder des § 19 Absatz 2 Sätze 2 und 3 der Stromnetzentgeltverordnung (Bandlast-Verbrauch) zu minimieren, sodass eine zusätzliche Leistung und Kapazität wirtschaftlich sein kann. Die derzeit noch geringe Preisdifferenz an der Strombörse beschränkt diesen Erlöspfad. Im Rahmen eines laufenden Forschungsvorhabens lässt das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie derzeit Zubautrends, Ausbaupotenzial und Kostenentwicklung von Batteriespeichern untersuchen. Im Fokus stehen dabei dezentrale Heimspeicher und netzdienliche Batteriespeicher. 8. Wie schätzt die Bundesregierung die Kostenstruktur von gasbetriebenen Spitzenlastkraftwerken im Vergleich zu Großspeicheranlagen, vor allem Lithium -Ionen-Batteriegroßspeichern, ein? 9. Mit welcher Entwicklung rechnet die Bundesregierung bei den Kosten von gasbetriebenen Spitzenlastkraften im Vergleich zu Großspeicheranlagen, vor allem Lithium-Ionen-Batteriegroßspeichern, zum Jahr 2023 und zum Jahr 2028? 10. Inwiefern können nach Ansicht der Bundesregierung Stromspeicher, wie z. B. der kalifornische Moss-Landing-Batteriegroßspeicher mit einer Leistung von 567 Megawatt, gasbetriebene Spitzenlastkraftwerke ersetzen? Die Fragen 8 bis 10 werden gemeinsam beantwortet. Der Bundesregierung liegen keine Informationen zum Vergleich der Kostenentwicklung und Kostenstruktur von (Groß-)Speicheranlagen und von Spitzlastkraftwerken vor. (Batterie-)Großspeicher können gasbetriebene Spitzenlastkraftwerke am Strommarkt dann kurzzeitig ersetzen, wenn sie Strom zur Zeit der Spitzenlast kostengünstiger anbieten können. Dies hängt von vielen Faktoren ab, u. a. von der Kostenentwicklung bei Erdgas und CO2-Zertifikaten auf Seiten der Gaskraftwerke sowie von den Investitionskosten, den Strombeschaffungskosten und den Wirkungsgradverlusten auf Seiten der Speicher. Die Fahrweise von Kraftwerken und Stromspeichern im kalifornischen Markt und im deutschen Markt unterscheiden sich grundlegend. Im kalifornischen Markt erfolgt der Abruf von Kraftwerken und Speichern zentral auf Basis einer Nachfrageprognose des Netzbetreibers, wobei zudem unterschiedliche lokale Preise wegen Einpreisung der dort bestehenden Netzrestriktionen existieren (vgl. die Darstellung unter www.adelphi.de/en/system/files/mediathek/bilder/U%CC%88 berblick%20u%CC%88ber%20die%20US%20Stromma%CC%88rkte%20-%20 adelphi_RAP%202017.pdf, Seite 8, 16), während in Deutschland Kraftwerke und Stromspeicher auf einem einheitlichen zonalen Markt auf Anforderung von wettbewerblich aktiven Stromhändlern liefern. Auch ein Speicher in den Dimensionen von Moss Landing könnte die Leistung eines gasbetriebenen Spitzenkraftwerks in Deutschland nur dann ersetzen, wenn er Strom in der Spitzenlastzeit kostengünstiger anbieten kann. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 7 – Drucksache 19/11838 Zudem kann der in der Frage benannte kalifornische Großspeicher laut Angaben im Internet (www.greentechmedia.com/articles/read/pges-recording-breakingbattery -proposal-wins-loses#gs.muf997) eine Strommenge von 2 270 MWh speichern. Im Vergleich zur durchschnittlichen täglichen Stromnachfrage von 1 500 000 MWh in Deutschland ist dies ein Volumen von 0,15 Prozent oder zwei Minuten. Versteht man als Spitzenlast die Nachfrage, die in jeder Stunde durch den teuersten Stromanbieter gedeckt wird, wird deutlich, dass die von einem einzigen Speicher angebotenen Strommengen, der zudem nach jedem Einsatz wieder gefüllt werden muss, nur einen geringen Einfluss haben können. 11. Wie plant die Bundesregierung sicherzustellen, dass Stromspeicher in die zukünftige Netzplanung einbezogen werden? Stromspeicher werden in der Netzplanung bereits berücksichtigt. Im Szenariorahmen für den Netzentwicklungsplan 2019-2030 geht die Bundesnetzagentur, entsprechend der gesetzlichen Vorgabe, die Bandbreite wahrscheinlicher Entwicklungen im Rahmen der mittel- und langfristigen energiepolitischen Ziele der Bundesregierung abzudecken, in drei für die Netzplanung zugrunde zu legenden Szenarien für 2030 von folgenden Mengen aus: Technologie Szenario A Szenario B Szenario C Pumpspeicher 11,6 GW 11,6 GW 11,6 GW PV-Batteriespeicher 6,5 GW 8,0 GW 10,1 GW Großbatteriespeicher 1,5 GW 2,0 GW 2,4 GW Power-to-Gas (Hinweis: Nur im Umfang der Rückverstromung auch Stromspeicher ) 1,0 GW 2,0 GW 3,0 GW 12. Wie hat sich nach Kenntnis der Bundesregierung die Gesamtleistung der in Deutschland verfügbaren Heimspeicher und deren Kapazität seit 2010 entwickelt (bitte nach einzelnen Jahren aufschlüsseln)? Für den Zeitraum vor 2013 liegen keine Angaben vor. Das Marktvolumen von Heimspeichersystemen in Deutschland war bis dahin vernachlässigbar. Von 2013 bis 2018 wurde die Markteinführung von Batterieheimspeichersystemen im Rahmen des PV-Batteriespeicherprogramms der KfW-Bankengruppe mit Mitteln des Bundes gefördert. Seitdem hat sich der Markt der Batterieheimspeichersysteme wie folgt entwickelt: Jahr 2013 2014 2015 2016 2017 2018 Leistung Zubau in MW 15 30 50 75 110 140 Leistung Bestand in MW 15 45 95 170 280 420 Kapazität Bestand in MWh 30 95 195 345 595 935 Die Angaben stammen aus dem das Förderprogramm begleitenden Speichermonitoring der RWTH Aachen (www.speichermonitoring.de/fileadmin/user_upload/ Speichermonitoring_2019_Marktentwicklung_Heimspeicher_ISEA_RWTH_ Aachen.pdf). Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/11838 – 8 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 13. Mit welcher Entwicklung bei der Leistung von Heimspeichern und deren Speicherkapazität rechnet die Bundesregierung zum Jahr 2023 und zum Jahr 2028? Außer den in der Antwort zu Frage 7 genannten Annahmen im Rahmen des Netzentwicklungsplans liegen der Bundesregierung aktuell hierzu keine Zahlen vor. Heimspeicher werden derzeit vor allem zur Optimierung des Eigenverbrauchs eingesetzt. Bleibt es bei diesem Einsatzzweck, werden sich Leistung und Kapazität der Heimspeicher auch weiterhin an der Höhe des jeweiligen Eigenverbrauchs orientieren. Dabei kommt es jedoch wesentlich auf die Entwicklung von sonstigen regulatorischen Rahmenbedingungen im Kontext des Eigenverbrauchs an, die sich ggf. auf diese Anreizwirkung auswirkt. Im Rahmen eines laufenden Forschungsvorhabens lässt das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie Zubautrends, Ausbaupotenzial und Kostenentwicklung u. a. von Batterieheimspeichern untersuchen. 14. Wie schätzt die Bundesregierung den Impuls, den die rund 1,5 Millionen Solarstromanlagen, die nach 20 Jahren aus der EEG-Förderung fallen, auf die Nachfrage nach Stromspeichern und somit die Flexibilität im Stromnetz haben werden, ein (www.sonnewindwaerme.de/panorama/bsw-solar stromspeicher-schwelle-massenmarkt)? PV-Anlagen, die keine EEG-Förderung mehr bekommen, verlieren einen wichtigen Anreiz, den produzierten Strom in das Netz einzuspeisen. Verbunden mit den derzeit erhobenen Letztverbraucherabgaben auf den Netzstrom und die EEG-Privilegierung des Eigenverbrauchs entsteht ein Anreiz dafür, PV-Anlagen mit Speichern nachzurüsten, um den Eigenverbrauch zu erhöhen. Die Anzahl der tatsächlichen Nachrüstungen wird von den Investitions- und Betriebskosten der Speicheranlage und von der verbleibenden technischen Lebensdauer der PV-Anlage im Vergleich zu den Strombezugskosten aus dem Netz abhängen. Nach Einschätzung der Bundesregierung hängt es von dem konkreten Einsatz des Speichers ab, ob dessen Flexibilität im Stromnetz genutzt werden kann. Wird der Speicher ausschließlich zur Optimierung der Eigenversorgung eingesetzt, steht dem Netz keine Flexibilität zur Verfügung. Wird die Flexibilität (z. B. über Aggregatoren ) am Strommarkt vermarktet, kann der Einsatz des Speichers je nach Markt- und Netzsituation Engpässe entlasten oder verstärken. 15. Wie möchte die Bundesregierung die in der EU-Richtlinie zum Strommarktdesign in Artikel 15 verankerte Forderung von Verhältnismäßigkeit der Kosten und Nachweispflichten bei Stromspeichern für Prosumer umsetzen (https://ec.europa.eu/energy/en/topics/markets-and-consumers/marketlegislation /electricity-market-design)? Die Bundesregierung geht davon aus, dass sich die Frage auf folgende Auszüge von Artikel 15 der Strommarkt-Richtlinie bezieht: „(1) Die Mitgliedstaaten gewährleisten, dass Endkunden das Recht haben, als aktive Kunden zu handeln, ohne unverhältnismäßigen oder diskriminierenden technischen Anforderungen, administrativen Anforderungen, Verfahren, Umlagen und Abgaben sowie nicht- kostenorientierten Netzentgelten unterworfen zu werden. […] Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 9 – Drucksache 19/11838 (5) Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass aktive Kunden, in deren Eigentum sich eine Speicheranlage befindet, […] c) keinen unverhältnismäßigen Genehmigungsanforderungen oder -gebühren unterworfen sind […]“. Die Bundesregierung geht derzeit davon aus, dass dieser Norm aus der Strommarkt -Richtlinie durch die heutige Regulierung im Wesentlichen bereits entsprochen wird, so dass Speicher bei Betrieb durch einen „aktiven Kunden“ im Sinne der Richtlinie keinen unverhältnismäßigen oder diskriminierenden technischen Anforderungen, administrativen Anforderungen, Verfahren, Umlagen und Abgaben sowie nicht-kostenorientierten Netzentgelten unterworfen sind. Die Bundesregierung wird in ihrer Umsetzung der Strommarkt-Richtlinie daher darauf achten , dass den aktiven Kunden keine neuen unverhältnismäßigen oder diskriminierenden administrativen Anforderungen oder Kosten auferlegt werden. Allerdings muss sichergestellt bleiben, dass aktive Kunden, die Speicher betreiben, die technischen und regulativen Anforderungen (z. B. für die Inanspruchnahme der Privilegierung nach § 61k EEG 2017) erfüllen. Bei der Teilnahme am Stromhandel oder am Regelenergiemarkt sind die Marktregeln der jeweiligen Plattform einzuhalten . 16. Möchte die Bundesregierung die in der EU-Richtlinie zum Strommarktdesign in Artikel 15 angesprochenen Mehrfachanwendungen von Speichern regulatorisch unterstützen? 17. Sieht die Bundesregierung das „Ausschließlichkeitsprinzip“ des EEG in diesem Kontext als hinderlich, nach dem Speicher durch Teilnahme in einem Markt finanziell oder regulatorisch an der Teilnahme in einem anderen Markt behindert werden? Die Fragen 16 und 17 werden gemeinsam beantwortet. Die Bundesregierung geht davon aus, dass sich die Fragen auf folgende Auszüge von Artikel 15 der Strommarkt-Richtlinie beziehen: „(5) Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass aktive Kunden, in deren Eigentum sich eine Speicheranlage befindet, […] d) befugt sind, mehrere Dienstleistungen gleichzeitig zu erbringen, sofern das technisch durchführbar ist.“ Nach Auffassung der Bundesregierung sind bereits heute Speicherbetreiber befugt , vollkommen frei darüber zu entscheiden, wie und mit welchen Anteilen sie ihre Anlagen auf unterschiedlichen Märkten einsetzen möchten. Dies ist auch bereits regulatorisch erfasst. So stellt die Befreiung von der EEG-Umlage nach § 61k EEG 2017, die der Vermeidung der Doppelbelastung derselben Strommenge mit der EEG-Umlage dient, nicht darauf ab, auf welchen Märkten die Speicherflexibilität vermarktet wird, sondern allein darauf, dass der eingespeicherte Strom wieder ausgespeichert wird. Soweit regulatorische Hindernisse verhindern, dass ein Speicher mehrere Dienstleistungen gleichzeitig erbringen kann und diese weder durch technische Limitierungen des Speichers noch technische Anforderungen der Dienstleistung zu rechtfertigen sind, wird die Bundesregierung prüfen, ob diese Hindernisse beseitigt werden können. Wichtig ist aber, dass auch bei einer Mehrfachnutzung des Speichers sich dieser im angemessenen Ausmaß an den entstandenen und entstehenden Systemkosten im Stromsektor beteiligt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/11838 – 10 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 18. Stimmt die Bundesregierung zu, dass auch in einem dezentralem Energiesystem Netzdienstleistungen bei Übertragungsnetzbetreibern oder Verteilnetzbetreibern bleiben sollten? 19. Gedenkt die Bundesregierung, mit zunehmendem Wegfall von konventionellen Kraftwerken Netzdienstleistungen wie Blindleistung oder Momentanreserve als Drittbetrieb auszuschreiben oder durch die Netzbetreiber verwalten zu lassen? Die Fragen 18 und 19 werden gemeinsam beantwortet. Nach Überzeugung der Bundesregierung muss die Verantwortung für einen sicheren Systembetrieb bei den Übertragungsnetz- und Verteilernetzbetreibern verbleiben . Dafür müssen sich die Netzbetreiber die notwendigen Anlagen und Dienstleistungen beschaffen und deren Einsatz in eigener Verantwortung in ihrem Netzgebiet ggf. in Absprache mit anderen Netzbetreibern steuern. Ein Beispiel für dieses Zusammenwirken ist die Frequenzhaltung, welche die Übertragungsnetzbetreiber durch den Einsatz von Regelenergie steuern, wobei die notwendige Kapazität zur Erbringung für Primär- und Sekundärleistung sowie Minutenreserve bereits marktlich auf dem Regelenergiemarkt beschafft wird. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie analysiert derzeit, welche Herausforderungen sich für die Systemdienstleistungen unter anderem aus dem Wegfall konventioneller Kraftwerke ergeben. Ziel ist es, dass Systemdienstleistungen auch in einem veränderten System technisch und volkswirtschaftlich effizient erbracht werden. Gleichzeitig müssen die Anforderungen der europäischen Strommarkt-Richtlinie bis zum Ende des Jahres 2020 umgesetzt werden. Diese fordert, dass Systemdienstleistungen möglichst marktlich, transparent und diskriminierungsfrei beschafft werden. Dabei sollen alle Marktteilnehmer einbezogen werden. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie hat dafür 2018 die Kommission zur zukünftigen Beschaffung von Blindleistung eingesetzt. Diese wird im Herbst 2019 Modellvorschläge für die zukünftige Beschaffung von Blindleistung vorlegen. Für die weiteren Systemdienstleistungen, u. a. auch zur Momentanreserve , wird das Ministerium Prozesse aufsetzen, in denen Vorschläge bei der Sicherstellung der notwendigen Systemdienstleistungen für mögliche Reformen mit allen relevanten Akteuren diskutiert werden. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333