Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat vom 18. Juli 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/11846 19. Wahlperiode 23.07.2019 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Martina Renner, Dr. André Hahn, Gökay Akbulut, weiterer Abgeordneter der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 19/11080 – Die Suche nach dem Rechtsterroristen U. A. V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Im März und April 2019 meldeten Medien, dass die Suche nach dem Rechtsterroristen U. A. eingestellt wurde. A. gehört zu den wichtigsten Personen des deutschen Rechtsterrorismus. Der überzeugte Antikommunist und Antisemit beging seit den 1950er Jahren immer wieder schwere Straftaten, konnte sich immer wieder durch Flucht der Strafverfolgung entziehen und unter Nutzung falscher Identitäten untertauchen (sämtliche Fragen beziehen sich daher auch auf alle von A. genutzten Tarnidentitäten). A. rekrutierte junge Deutsche, darunter viele Bundeswehrsoldaten, für den bewaffneten Kampf gegen Israel, vermittelte den Kontakt zwischen deutschen Neo-nazis und der palästinensischen Fatah und unterstützte in verschiedenen Weisen den antiisraelischen Terrorismus. A. soll für das Ministerium für Staatssicherheit der Deutschen Demokratischen Republik, möglicherweise auch für den Bundesnachrichtendienst (BND) der Bundesrepublik Deutschland tätig gewesen sein (vgl. hierzu sowie insbesondere zu den Fragen 15, 19, 23, 26, 27 und 29 www.mdr.de/thueringen/kultur/zeit geschehen/udo-albrecht-einleitung-100.html, www.welt.de/geschichte/article 191275807/Das-Phantom-Udo-A.-Schwerverbrecher-Terrorist-und-Arafats- General.html sowie Förster, Andreas: „Zielobjekt Rechts“, S. 155 – 163). V o r b e m e r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Der Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof (GBA) führte gegen U. A. die Ermittlungsverfahren 1 BJs 11/68 sowie 4 BJs 132/68. Beide Verfahren wurden am 13. April 1970 eingestellt. Die Ermittlungs- und Handakten bezüglich dieser Verfahren wurden bereits vernichtet. Ein weiteres zunächst beim GBA gegen U. A. geführtes Ermittlungsverfahren (Az. 1 BJs 54/76) wurde am 15. Oktober 1977 an die Staatsanwaltschaft beim OLG Düsseldorf abgegeben und ging damit in die Zuständigkeit der Landesjustiz über. Zu diesem Ermittlungsverfahren nimmt die Bundesregierung aufgrund der vom Grundgesetz vorgegebenen Kompetenzordnung keine Stellung. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/11846 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Das Bundeskriminalamt (BKA) hat die Akten zu zwei Ermittlungsverfahren aus den 1980er Jahren an das Bayerische Landeskriminalamt (LKA) zum dortigen Ermittlungsverfahren (Sprengstoffanschlag auf dem Oktoberfest in München am 26. September 1980) wegen Mordes gegen Unbekannt abgegeben. Diese Akten betreffen Verfahren der Landesjustiz. Die Bundesregierung nimmt aufgrund der vom Grundgesetz vorgegebenen Kompetenzordnung daher zu den Fragen 6 und 7 nur teilweise oder gar keine Stellung. Die Bundesregierung ist zudem nach sorgfältiger Abwägung der widerstreitenden Interessen zu der Auffassung gelangt, dass eine Beantwortung der Fragen 22 und 23 in offener Form nicht und bzgl. Frage 1 nur teilweise in offener Form erfolgen kann. Zwar ist das parlamentarische Frage- und Informationsrecht grundsätzlich auf die offene Beantwortung gestellter Fragen angelegt. Die Einstufung der Antwort auf diese Frage als Verschlusssache (VS) mit dem Geheimhaltungsgrad „VS – Nur für den Dienstgebrauch“ ist aber im vorliegenden Fall im Hinblick auf das Staatswohl erforderlich. Nach § 3 Nummer 4 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum materiellen und organisatorischen Schutz von Verschlusssachen (Verschlusssachenanweisung – VSA) sind Informationen, deren Kenntnisnahme durch Unbefugte für die Interessen der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder nachteilig sein können, entsprechend einzustufen. Eine zur Veröffentlichung bestimmte Antwort der Bundesregierung auf diese Fragen würde für das Wohl der Bundesrepublik Deutschland nachteilig sein, wobei jeweils auch der Zeitlauf als für das Geheimhaltungsinteresse zu berücksichtigender Faktor in die Einschätzungen mit einbezogen wurde. Die Arbeitsweisen und sonstigen Wege der Informationsbeschaffung werden auch heute noch angewandt und sind aufgrund dessen noch geheim zu halten, insofern ändert auch der Umstand nichts, dass sich die Fragen auf in der Vergangenheit liegende Sachverhalte beziehen. Würde die Bundesregierung diese Information frei geben, so wäre zu befürchten, dass die Methodik künftig ganz oder teilweise nicht mehr nachrichtendienstlich nutzbar wäre. Dies würde künftig zum Entfall oder dem Rückgang der entsprechenden Informationsgewinnung der deutschen Nachrichtendienste und somit zu signifikanten Informationslücken führen. Negative Folgewirkungen für die Abbildung der Sicherheitslage in der Bundesrepublik Deutschland wären zu befürchten. Deshalb sind die entsprechenden Informationen als Verschlusssache gemäß VS- Anweisung – VSA mit dem VS-Grad „VS – Nur für den Dienstgebrauch“ eingestuft und werden der Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages in einem separaten Dokument zugeleitet.* Soweit Gegenstand des Informations- bzw. Auskunftsersuchens in den Fragen 6 und 7 darüber hinaus solche Informationen sind, die in besonders hohem Maße Belange des Staatswohls berühren, können diese selbst in eingestufter Form nicht beantwortet werden. Das verfassungsrechtlich verankerte Frage- und Informationsrecht des Deutschen Bundestages gegenüber der Bundesregierung wird durch schutzwürdige Interessen von Verfassungsrang begrenzt, wozu auch und insbesondere Staatswohlerwägungen zählen. * Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat hat die Antwort als „VS – Nur für den Dienstgebrauch“ eingestuft. Die Antwort ist im Parlamentssekretariat des Deutschen Bundestages hinterlegt und kann dort von Berechtigten eingesehen werden. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/11846 Eine Offenlegung der angeforderten Informationen und Auskünfte birgt die konkrete Gefahr, dass Einzelheiten bekannt würden, die unter dem Aspekt des Schutzes der nachrichtendienstlichen Zusammenarbeit mit ausländischen Partnern besonders schutzbedürftig sind. Eine öffentliche Bekanntgabe von Informationen zum Kenntnisstand, zur Leistungsfähigkeit und zur Ausrichtung von ausländischen Partnerdiensten und die damit einhergehende Kenntnisnahme durch Unbefugte würde erhebliche nachteilige Auswirkungen auf die vertrauensvolle Zusammenarbeit des Bundesnachrichtendiensts (BND) mit ausländischen Nachrichtendiensten haben. Würden in der Konsequenz eines Vertrauensverlustes Informationen von ausländischen Stellen entfallen oder wesentlich zurückgehen, entstünden signifikante Informationslücken mit negativen Folgewirkungen für die Genauigkeit der Abbildung der Sicherheitslage in der Bundesrepublik Deutschland sowie im Hinblick auf den Schutz deutscher Interessen im Ausland. Dies würde folgenschwere Einschränkungen der Informationsgewinnung bedeuten, womit letztlich der gesetzliche Auftrag des BND – die Sammlung und Auswertung von Informationen über das Ausland, die von außen- und sicherheitspolitischer Bedeutung für die Bundesrepublik Deutschland sind (§ 1 Absatz 2 des Gesetzes über den Bundesnachrichtendienst – BNDG) – nicht mehr sachgerecht erfüllt werden könnte. Die Gewinnung von auslandsbezogenen Informationen ist für die Sicherheit und Außenpolitik der Bundesrepublik Deutschland sowie für die Aufgabenerfüllung des Bundesnachrichtendienstes jedoch unerlässlich. Eine VS-Einstufung und Hinterlegung der angefragten Informationen in der Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages würde ihrer erheblichen Brisanz im Hinblick auf die Bedeutung für die Aufgabenerfüllung des BND nicht ausreichend Rechnung tragen. Die angefragten Inhalte beschreiben Arbeitsweisen des BND so detailliert, sodass daraus unmittelbar oder mittelbar Rückschlüsse auf die Zusammenarbeit mit ausländischen Nachrichtendiensten geschlossen werden können. Eine Bekanntgabe dieser Informationen, auch gegenüber einem begrenzten Kreis von Empfängern, kann dem Schutzbedürfnis somit nicht Rechnung tragen , da bei einem Bekanntwerden der schutzbedürftigen Information kein Ersatz durch andere Instrumente der Informationsgewinnung möglich wäre. Aus dem Vorgesagten ergibt sich, dass die erbetenen Informationen derart schutzbedürftige Geheimhaltungsinteressen berühren, dass das Staatswohl gegenüber dem parlamentarischen Informationsrecht wesentlich überwiegt. Insofern muss ausnahmsweise das Fragerecht der Abgeordneten gegenüber dem Geheimhaltungsinteresse der Bundesregierung zurückstehen. 1. Welche Maßnahmen haben deutsche Behörden nach Kenntnis der Bundesregierung seit 1981 unternommen, um den Aufenthaltsort von U. A. in Erfahrung zu bringen (bitte unter Angabe der jeweiligen Behörde und des Zeitraums der Maßnahme beantworten)? Seit Beginn der Wirkbetriebsaufnahme am 26. März 1995 bis zum 3. April 2019 war U. A. im Schengener Informationssystem (SIS) zur Festnahme zwecks Auslieferung durch die Staatsanwaltschaft (StA) Dortmund ausgeschrieben. In diesem Zusammenhang erfolgte mit den am SIS angeschlossenen Staaten über die jeweiligen SIRENEn Informationsaustausch im Hinblick auf Ausschreibungsgrundlagen , deren Aktualisierung sowie verjährungsrelevante Aspekte (vgl. Artikel 62 Schengener Durchführungsübereinkommen – SDÜ) und Informationsaustausch im Hinblick auf möglicherweise missbräuchlich verwendete Identitäten. Konkrete Fahndungshinweise haben sich im Rahmen dieses Informationsaustauschs allerdings nicht ergeben. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/11846 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Soweit es sich zurückverfolgen lässt, wurde U. A. nicht durch die Zielfahndung des BKA bearbeitet. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. 2. Welche Kenntnis hat die Bundesregierung über die Umstände der Flucht von U. A. 1981 in die Deutsche Demokratische Republik? U. A. gab bei seiner Gerichtsverhandlung 1981 an, in der Nähe der innerdeutschen Grenze ein Depot angelegt zu haben. Bei einem Vor-Ort-Termin am 29. Juli 1981 gelang U. A. die Flucht über die innerdeutsche Grenze. Während des Vor-Ort-Termins wurde eine Tür im Grenzzaun geöffnet, durch welche U. A. floh. Beamte der DDR haben U. A. dort in Empfang genommen. Kurze Zeit darauf soll er über Damaskus in den Libanon gereist sein. Darüber hinaus liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. 3. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Aufenthaltsorte von U. A. seit 1981 (bitte unter Angabe der Zeiträume der jeweiligen Aufenthalte beantworten)? Nach seiner Flucht in die ehemalige Deutsche Demokratische Republik (DDR) am 29. Juli 1981 wurde U. A. von dort nach Aussage der DDR-Generalstaatsanwaltschaft in ein Drittland abgeschoben. Bereits im September/Oktober des Jahres 1981 soll er sich in Beirut/Libanon aufgehalten haben. In der Folgezeit wurden wiederholt Hinweise auf U. A. (zeitweilige Aufenthalte) überwiegend im Nahen Osten und Nordafrika bekannt. Inwiefern diese zutreffend waren, ist der Bundesregierung nicht abschließend bekannt: 1982: Damaskus, Beirut und Libyen 1982/83: Tunis 1984: Beirut und Damaskus 1986: Beirut und Spanien Anfang 1987: Beirut Seit Anfang des Jahres 1987 liegen der Bundesregierung keine Hinweise mehr auf mögliche Aufenthalte des U. A. vor. 4. Erfuhr U. A. nach Kenntnis der Bundesregierung Unterstützung bei seiner Flucht, und wenn ja, von wem, und wann? Es wird auf die Antwort zu Frage 2 verwiesen. Darüber hinaus liegen der Bundesregierung keine weiteren Erkenntnisse vor. 5. Wie viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter waren nach Kenntnis der Bundesregierung in diesem Zeitraum in den jeweiligen Behörden mit der Suche befasst (bitte nach Jahren und Behörden aufschlüsseln)? Wie viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Behörden mit der Bearbeitung dieses Vorgangs befasst waren, lässt sich – insbesondere aufgrund des langen Zeitraums – nicht feststellen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/11846 6. Mit welchen Behörden welcher Länder standen bundesdeutsche Behörden nach Kenntnis der Bundesregierung im Rahmen der Suche nach U. A. im Kontakt? Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) stand bei der Suche nach U. A. mit verschiedenen Landesämtern für Verfassungsschutz (LfV), dem BKA, dem BND sowie diversen Nachrichtendiensten und Botschaften in Europa, den USA sowie im Nahen Osten in Kontakt. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 1 und auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. 7. Standen deutsche Behörden im Zusammenhang mit der Suche nach U. A. nach Kenntnis der Bundesregierung auch mit palästinensischen Stellen im Kontakt? Wenn ja, mit welchen Stellen, in welchen Zeiträumen, und mit welchem Ergebnis ? Auf die Vorbemerkung der Bundesregierung wird verwiesen. 8. War U. A. nach Kenntnis der Bundesregierung in irgendeiner Weise (Quelle, Mitarbeiter, Auskunftsperson etc.) für einen bundesdeutschen Geheimdienst tätig, und falls ja, für welchen oder welche, und zu welchem Zweck? 9. Trifft es zu, dass U. A. für den Bundesnachrichtendienst angeworben wurde oder angeworben werden sollte, und falls ja, wann? Die Fragen 8 und 9 werden wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Der Schutz nachrichtendienstlicher Quellen und Verbindungen stellt ein primäres und mithin eines der wichtigsten Schutzziele zur Sicherung der Funktionsfähigkeit des Bundesnachrichtendienstes dar. Aus diesem Grund nimmt die Bundesregierung weder zu den nachrichtendienstlichen Verbindungen des BND, noch zu den Mitarbeitern und nachrichtendienstlichen Tätigkeiten des BND öffentlich Stellung. Vorliegend ist aus Gründen des Staatswohls, insbesondere zum Zweck der Sicherstellung der Funktionsfähigkeit der BND eine Beantwortung der angefragten Informationen grundsätzlich zu verweigern. Das vorliegende Informationsersuchen betrifft die Frage, ob eine bestimmte Person nachrichtendienstliche Quelle des BND war. Unabhängig davon, ob dies der Fall war oder nicht, kann die gewünschte Information aus systematischen Gründen nicht erteilt werden. Selbst die Information, dass eine Person nicht Quelle des BND war, würde Rückschlüsse auf den Quellenbestand oder die nachrichtendienstliche Methodik des Bundesnachrichtendienstes erlauben. Der Quellenschutz und der Schutz nachrichtendienstlicher Methoden sind auch dann höchstes Schutzgut des BND und für die Erfüllung seiner gesetzlichen Aufgaben unabdingbar , wenn die angefragten Informationen in der Vergangenheit liegen. In Bezug auf den Quellenschutz ist die Einhaltung von Vertraulichkeitszusagen auch nach dem hier in Rede stehenden Zeitablauf unverzichtbare Voraussetzung für die Arbeitsfähigkeit und Aufgabenerfüllung der Nachrichtendienste. Ein Bekanntwerden derartiger Informationen könnte nicht nur ein Abwandern bereits existierender Quellen zur Folge haben, sondern begründet zwangsläufig auch erhebliche Nachteile für die zukünftige Informationsgewinnung durch den BND. Ein Ersatz für die dadurch verlorenen Möglichkeiten der Informationsgewinnung wäre nicht ersichtlich. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/11846 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Vor dem Hintergrund des gesetzlichen Auftrags des BND gemäß § 1 Absatz 2 des Gesetzes über den Bundesnachrichtendienst (BNDG) ist die auslands- und sicherheitsbezogene Informationsgewinnung des BND wesentliche Voraussetzung für die Sicherheitspolitik der Bundesrepublik Deutschland. Würde die gegenwärtige und zukünftige Informationsgewinnung des BND durch die Offenlegung von nachrichtendienstlichen Quellen und Verbindungen oder Methoden nachhaltig beeinträchtigt, würde dies die Interessen der Bundesrepublik Deutschland empfindlich treffen. Eine VS-Einstufung und Hinterlegung der angefragten Informationen in der Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages würde ihrer erheblichen Brisanz im Hinblick auf die Bedeutung für die Aufgabenerfüllung des Bundesnachrichtendienstes nicht ausreichend Rechnung tragen. Folglich sprechen Gründe des Staatswohls als verfassungsmäßige Schranke des parlamentarischen Auskunfts- und Kontrollrechts dafür, eine Beantwortung bzw. Offenlegung der angeforderten Auskünfte und Informationen in diesem Fall zu verweigern . 10. Trifft es nach Kenntnis der Bundesregierung zu, dass Werner Mauss legendierten Kontakt zu U. A. hatte, und falls ja, zu welchen Zeiträumen, in wessen Auftrag, und zu welchem Zweck? 11. Trifft es nach Kenntnis der Bundesregierung zu, dass Mauss mit der Suche nach U. A. betraut war, und falls ja, in welchen Zeiträumen, und in wessen Auftrag? Die Fragen 10 und 11 werden wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Der Schutz nachrichtendienstlicher Quellen und Verbindungen stellt ein primäres Schutzziel zur Sicherung der Funktionsfähigkeit des BND dar. Aus diesem Grund nimmt die Bundesregierung grundsätzlich weder zu den nachrichtendienstlichen Verbindungen des BND, noch zu den Mitarbeitern des BND öffentlich Stellung. Von diesem Grundsatz kann in wohl begründeten Ausnahmefällen abgewichen werden, sofern gewährleistet ist, dass eine Veröffentlichung von Informationen keine Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit des BND zur Folge hat. Vorliegend ist aus Gründen des Staatswohls, insbesondere zum Zweck der Sicherstellung der Funktionsfähigkeit des BND – auch unter Berücksichtigung des Zeitablaufs – eine Beantwortung der angefragten Informationen zu verweigern. Das Auskunftsersuchen betrifft Informationen, welche die nachrichtendienstlichen Quellen und Verbindungen des BND betreffen. Der Quellenschutz ist höchstes Schutzgut des BND – auch bei Veröffentlichung als Verschlusssache und nach einer etwaigen Abstraktion der Informationen bestünde weiterhin die konkrete Gefahr, dass die veröffentlichten Informationen Rückschlüsse auf die vom BND geführten Quellen und Verbindungen zuließen. Dadurch wird nicht zuletzt eine erhebliche Gefahr für die Sicherheit der betroffenen Quellen begründet, wodurch die Bundesregierung ihre staatliche Fürsorgepflicht verletzen würde. Insbesondere aber würde der BND in seinen Möglichkeiten der Informationsbeschaffung erheblich eingeschränkt. Denn die Anwerbung von Quellen setzt stets voraus, dass diesen unbedingte Vertraulichkeit und Schutz ihrer Identität zugesichert wird – diese Zusicherung ist denknotwendig im Hinblick auf die Gefahren, denen sich die betroffenen Quellen selbst aussetzen. Würden nun Identitäten oder Informationen , die gewisse Rückschlüsse auf die Identitäten einzelner Quellen zuließen , offengelegt, würde das Vertrauensverhältnis zwischen dem BND und den von ihm geführten Quellen beschädigt. Dies hätte nicht nur die Gefahr der Aufdeckung bereits existierender Quellen zur Folge, sondern begründet zwangsläufig Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 7 – Drucksache 19/11846 auch erhebliche Nachteile für die zukünftige Informationsgewinnung durch den BND mit Hilfe menschlicher Quellen. In Bezug auf den Quellenschutz ist die Einhaltung von Vertraulichkeitszusagen auch nach dem hier in Rede stehenden Zeitablauf unverzichtbare Voraussetzung für die Arbeitsfähigkeit und Aufgabenerfüllung der Nachrichtendienste. Vor dem Hintergrund des gesetzlichen Aufgabenbereichs des BND gemäß § 1 Absatz 2 BNDG ist die auslands- und sicherheitsbezogene Informationsgewinnung des BND wesentliche Voraussetzung für die Sicherheitspolitik der Bundesrepublik Deutschland. Würde die gegenwärtige und zukünftige Informationsgewinnung des BND durch die Offenlegung von nachrichtendienstlichen Quellen und Verbindungen nachhaltig beeinträchtigt, würde dies die Interessen der Bundesrepublik Deutschland empfindlich treffen. Folglich sprechen vorliegend Gründe des Staatswohls als verfassungsmäßige Schranke des parlamentarischen Auskunfts- und Kontrollrechts dafür, eine Beantwortung bzw. Offenlegung der angeforderten Auskünfte und Informationen zu verweigern. 12. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über die Identität von R. J.? Das hier vorgebrachte Informations- und Auskunftsersuchen des Parlaments berührt Grundrechte betroffener Personen. Grundsätzlich sind die aufgrund der Herausgabe von Informationen berührten Grundrechte betroffener Personen, insbesondere das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit (Artikel 2 Absatz 2 des Grundgesetzes) und das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Artikel 2 Absatz 1 i. V. m. Artikel 1 Absatz 1 des Grundgesetzes ) im Wege der praktischen Konkordanz mit dem Auskunfts- und Informationsinteresse des Deutschen Bundestags in Einklang zu bringen. Vorliegend würde eine Offenlegung der angeforderten Informationen – auch wenn diese nur als Verschlusssache erfolgte – einen schwerwiegenden Grundrechtseingriff für die betroffenen Personen zur Folge haben, dessen Schwere den Auskunfts- und Informationsinteressen des Parlaments überwiegt. Hierbei ist insbesondere auf die drohenden Gefahren für das Leben und die körperliche Unversehrtheit der betroffenen Personen abzustellen. Eine Veröffentlichung der gegenständlichen Informationen ist geeignet, zumindest mittelbar Rückschlüsse bezüglich der Identität der betroffenen Personen zu ermöglichen. Es kann daher nicht ausgeschlossen werden, dass diese Informationen von Dritten entsprechend ausgewertet werden und dies eine Gefahr für das Leben und die körperliche Unversehrtheit der betroffenen Personen begründet. Aufgabe und Pflicht der Bundesrepublik Deutschland ist indes, das verfassungsrechtlich geschützte Recht auf körperliche Unversehrtheit vor rechtswidrigen Eingriffen Dritter zu schützen. Dieser staatlichen Fürsorgepflicht kann nur Rechnung getragen werden, indem die Offenlegung der hier angeforderten Informationen verweigert wird. Darüber hinaus würde eine Offenlegung der besagten Auskünfte zugleich einen Eingriff in das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit darstellen und den autonomen Bereich der individuellen Lebensführung der betroffenen Person verletzen . Eine solche Verletzung der Privat- und Intimsphäre kann nur in besonderen Ausnahmefällen aufgrund eines besonders gesteigerten Informations- und Aufklärungsinteresses gerechtfertigt sein. Vorliegend sind solche überwiegenden Interessen jedoch nicht ersichtlich. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/11846 – 8 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Schließlich gilt zu berücksichtigten, dass aufgrund der den betroffenen Personen gegenüber getätigten – unbefristeten – Vertraulichkeitszusagen ein Vertrauenstatbestand geschaffen worden ist, welcher im Fall einer Offenlegung der angefragten Informationen, auch soweit sie länger in der Vergangenheit liegende Sachverhalte betreffen, gebrochen würde. Damit läge eine Verletzung von Artikel 2 Absatz 1 i. V. m. Artikel 20 Absatz 3 des Grundgesetzes vor. 13. Liegen einem oder mehreren der bundesdeutschen Geheimdienste Quellenmeldungen mit Bezug zu U. A. vor (bitte unter Angabe des Geheimdienstes, der Jahre und der Quellenanzahl beantworten)? Dem BND liegen zu U. A. für den Zeitraum Oktober 1976 bis August 1987 insgesamt acht Einzelhinweise aus nachrichtendienstlichem Aufkommen vor. Dem BfV liegen aus dem Zeitraum 1976 bis 1991 sieben eigene und neun Quellenmeldungen verschiedener LfV mit Bezug zu U. A. vor. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. 14. Kann sich nach Kenntnis der Bundesregierung unter den noch nicht erschlossenen Akten des Bundesnachrichtendienstes auch eine Akte zu U. A. befinden ? In den bisher erschlossenen Aktenunterlagen sind keine Hinweise zu finden. Dass sich unter den nicht erschlossenen Akten eventuell eine Akte U. A. befinden könnte, erscheint daher gegenwärtig unwahrscheinlich. 15. Warum war nach Kenntnis der Bundesregierung das Landesamt für Verfassungsschutz Niedersachsen an der Suche nach U. A. beteiligt? Hierzu liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. 16. War U. A. nach Kenntnis der Bundesregierung für das Ministerium für Staatssicherheit tätig, und falls ja, in welchem Zeitraum, und in welcher Verwendung ? Ob U. A. für den Staatssicherheitsdienst der DDR arbeitete, ist der Bundesregierung nicht bekannt. Aus den Unterlagen ergeben sich Vermutungen, wonach sein Fluchtvorhaben mit dem Ministerium für Staatssicherheit (MfS) abgestimmt war oder aber zumindest mit Duldung des MfS erfolgt ist. 17. War U. A. nach Kenntnis der Bundesregierung für einen ausländischen Nachrichtendienst tätig, und falls ja, für welchen Nachrichtendienst bzw. welche Nachrichtendienste, in welchem Zeitraum, und in welcher Verwendung ? Der Bundesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. 18. Trifft es zu, dass das Bundeskriminalamt (BKA) bislang Journalisten gegenüber die Auskunft zum Ermittlungsstand in dieser Angelegenheit verweigert hat, und falls ja, aus welchen Gründen? Das BKA hat keine Herausgabe von Informationen an Journalisten verweigert. Auf Anfrage des Journalisten Dr. S. vom Mitteldeutschen Rundfunk aus den Jahren 2017 und 2019 wurde entsprechend der o. g. Vorbemerkung geantwortet, dass Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 9 – Drucksache 19/11846 das BKA bestehende Altakten zu zwei Ermittlungsverfahren aus den 1980er Jahren an das Bayerische LKA zum dortigen Ermittlungsverfahren (Sprengstoffanschlag auf dem Oktoberfest in München am 26. September 1980) wegen Mordes gegen Unbekannt im Juli 2015 abgegeben hat, und dass dem BKA darüber hinaus keine weiteren Informationen zum Ermittlungsverfahren vorliegen. 19. Trifft eine den Fragestellern vorliegende Information zu, wonach das BKA die Akten zu U. A. an das Bayerische Landeskriminalamt abgegeben hat, und falls ja, zu welchem Zeitpunkt, und warum? Das BKA hat die Akten am 14. Juli 2015 an das Bayerische LKA abgegeben. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. 20. Wurde die ermittelnde Staatsanwaltschaft über die Abgabe der Akten informiert , und falls nicht, warum nicht? Das BKA setzte den GBA mit Schreiben vom 7. Juli 2015 über die Aktenübergabe an das Bayerische LKA in Kenntnis. 21. Verfügte U. A. nach Kenntnis der Bundesregierung nach seiner Flucht über falsche Ausweispapiere, und falls ja, hat die Bundesregierung Kenntnis über die Herkunft dieser Papiere? Hierzu liegen der Bundesregierung keine Kenntnisse vor. 22. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über bekannte und unentdeckte Orte und Inhalte von geheimen Depots, die U. A. in verschiedenen Ländern angelegt haben soll? Auf die Vorbemerkung der Bundesregierung wird verwiesen. 23. An wie vielen und welchen Anschlägen war U. A. nach Kenntnis der Bundesregierung mittelbar oder unmittelbar beteiligt? Auf die Vorbemerkung der Bundesregierung wird verwiesen. 24. Bei wie vielen und welchen Anschlägen wurde bzw. wird U. A. vom BKA oder anderen Bundesbehörden als Verdächtiger oder Zeuge geführt? U. A. wird aktuell in keinem Verfahren als Verdächtiger oder Zeuge geführt. Zur Abgabe der Akten an das bayerische LKA wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. 25. Aus welchen Gründen wurden die Ermittlungsakten der Bundesanwaltschaft 1969 nicht dem Landgericht Krefeld im Zuge einer Verhandlung gegen U. A. zur Verfügung gestellt? Der Bundesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. Zur Vernichtung von Akten und Abgabe von Verfahren an die Landesjustiz wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/11846 – 10 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 26. Trifft es nach Kenntnis der Bundesregierung zu, dass U. A. den Mordanschlag auf US-Botschafter Francis Edward Meloy im Juni 1976 durch „aktive Teilnahme“ unterstützt hat? Nach seiner Festnahme am 21. Oktober 1976 soll U. A. angegeben haben, er wisse aus Palästinenserkreisen Näheres zu den Umständen der Ermordung des US-Botschafters Meloy am 16. Juni 1976 in Beirut. U. A. behauptete demnach, er habe in Auftrag der „Fatah“ mit anderen Leuten den PKW des Ermordeten abgeholt und bei der „Fatah“ abgeliefert. Er sollte die im Wagen befindliche Funk- und Telefonanlage ausbauen, damit der amerikanische Funksprechverkehr abgehört werden könne, allerdings sei die Anlage zu kompliziert gewesen, weshalb man auf den Ausbau der Geräte verzichtet habe. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 23 verwiesen. 27. Trifft es nach Kenntnis der Bundesregierung zu, dass U. A. in die Mordpläne gegen Shlomo Lewin (verstorben 1980) eingeweiht war (vgl. AP-Meldung vom 27. Januar 1986, „Mord an Lewin angeblich nicht von Hoffmann befohlen“)? Hierzu liegen der Bundesregierung keine über Medienberichte hinausgehende – oder diese bestätigende – Kenntnisse vor. 28. Trifft es nach Kenntnis der Bundesregierung zu, dass der BND 1982 Erkenntnisse über den Aufenthaltsort von U. A. hatte, und falls ja, welche, und woher? 29. Welche Erkenntnisse hatte der BND über weitere Aufenthaltsorte von U. A. seit seiner Flucht 1981? Es wird auf die Antworten zu den Fragen 1, 2 und 3 verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333