Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit vom 23. Juli 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/11905 19. Wahlperiode 24.07.2019 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Oliver Krischer, Sylvia Kotting-Uhl, Lisa Badum, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 19/11321 – Atomares Zwischenlager Jülich V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r In Jülich lagern noch immer 152 Behälter mit AVR-Brennelementen (AVR = Arbeitsgemeinschaft Versuchsreaktor) ohne gültige Genehmigung. Für den Verbleib der AVR-Brennelemente werden derzeit drei Optionen geprüft: Export in die Wiederaufbereitungsanlage Savannah River National Lab im US-Bundesstaat South Carolina, ein Transport in das Transportbehälterlager Ahaus sowie der Neubau eines Zwischenlagers direkt am Standort in Jülich (www1.wdr.de/ nachrichten/rheinland/diskussion-ueber-brennelemente-in-juelich-100.html). Im letzten Jahr hat das Forschungszentrum Jülich entschieden, dass ein geplantes Gelände zur Errichtung eines neuen atomaren Zwischenlagers nicht mehr zur Verfügung stehen kann (www.fz-juelich.de/SharedDocs/Meldungen/PORTAL/ DE/2019/2019-03-13-zwischenlager-standortsuche.html). Damit verzögert sich nach Einschätzung der Fragesteller die mögliche Errichtung eines neuen Zwischenlagers um Jahre. 1. Wurde die Bundesregierung vor der Entscheidung des Forschungszentrums Jülich vorab informiert, dass diese die Bereitstellung eines Grundstückes zur Errichtung eines atomaren Zwischenlagers zurückzieht? a) Falls ja, wann, und wie hat die Bundesregierung darauf reagiert? b) Falls nein, wie bewertet die Bundesregierung diese Nichtinformation als größter Geldgeber des Forschungszentrums Jülich (FZJ GmbH)? 2. Wie bewertet die Bundesregierung die Begründungen der FZJ GmbH für das Zurückziehen des Grundstücks für einen möglichen Zwischenlagerneubau? 3. Plant die Bundesregierung, auf die Entscheidung der FZJ GmbH Einfluss zu nehmen und diese ggf. zu revidieren? Hätte die Bundesregierung dazu die Möglichkeit? Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/11905 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 10. Wie sieht nach Kenntnis der Bundesregierung der Zeitplan für die Findung und Identifizierung eines geeigneten neuen Areals für ein Zwischenlager aus? Welche Kosten dürften hier erneut anfallen, beispielsweise inkl. Gutachten zur Erdbebensicherheit? 11. Um wie viele Jahre verzögert sich nach Einschätzung der Bundesregierung die mögliche Errichtung eines Zwischenlagers durch die Entscheidung der FZJ GmbH, die Zusage für die Bereitstellung eines vorgesehenen Grundstücks zurückzuziehen? 12. Wann soll nach Kenntnis der Bundesregierung die von FZJ und JEN eingerichtete Arbeitsgruppe die Prüfung aller Grundstücksoptionen für einen Neubau am Standort Jülich abgeschlossen haben? Die Fragen 1 bis 3 und 10 bis 12 werden wegen ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Nach Kenntnis der Bundesregierung trifft es nicht zu, dass das Forschungszentrum Jülich GmbH (FZJ GmbH) die Bereitstellung des Grundstücks zur potentiellen Errichtung eines möglichen atomaren Zwischenlagers zurückgezogen hat. 4. Inwiefern trifft es zu, dass die im Jahr 2013 geänderte „SEWD Richtlinie Zwischenlager“ einen deutlich erhöhten Flächenbedarf, u. a. für Freiflächen um das Zwischenlager, gegenüber der zuvor gültigen Richtlinie festsetzt, und wie hoch ist dieser zusätzliche Flächenbedarf für ein Zwischenlager am Standort Forschungszentrum Jülich? Übersteigt nach Einschätzung der Bundesregierung dieser ggf. zusätzliche Flächenbedarf die Möglichkeit am ursprünglich geplanten Standort? Die Richtlinie zur Sicherung von Zwischenlagern gegen Störmaßnahmen oder sonstige Einwirkungen Dritter (SEWD-Richtlinie Zwischenlager) ist bei der Bemessung des Flächenbedarfs relevant. Sie legt u. a. auch Anforderungen fest, die das Umfeld der Lagerhalle betreffen. Der Flächenbedarf für ein Zwischenlager ist aber auch abhängig von der Anzahl einzulagernder Transport- und Lagerbehälter. Diese Anzahl hat unmittelbaren Einfluss auf die Grundfläche der Lagerhalle. Hinzu kommen üblicherweise Bereiche für die sichere Handhabung der Behälter, z. B. zur Durchführung wiederkehrender Prüfungen oder zum Verladen für einen Transport aber auch Handhabungsflächen , wie Zufahrten, Gleisanschlüsse etc. Inwiefern ein Standort geeignet ist, alle Anforderungen des Regelwerks angemessen zu erfüllen, wird im Rahmen eines Genehmigungsverfahrens festgestellt. 5. Wie erklärt es sich die Bundesregierung, dass sowohl die FZJ GmbH als auch die Jülicher Entsorgungsgesellschaft für Nuklearanlagen (JEN GmbH) seit Gültigkeit der SEWD Richtlinie Zwischenlager im Jahr 2013 über sechs Jahre lang nicht bemerkt haben, dass sie auf einem Grundstück ein atomares Zwischenlager in Jülich planen, das nach Angabe der FZJ GmbH dieser Richtlinie nicht entspricht (in einem Brief des FJZ an den Abgeordneten Oliver Krischer hat das Institut eingeräumt, erst in jüngster Zeit den zusätzlichen Flächenverbrauch aufgrund der Neufassung der SEWD Richtlinie vom Februar 2013 eruiert zu haben)? Hierzu verweist die Bundesregierung auf die Antwort auf die Mündliche Frage 66 des Abgeordneten Oliver Krischer in der 91. Sitzung des Deutschen Bundestages (Plenarprotokoll 19/91). Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/11905 6. Welche konkreten Planungsschritte bzw. Prüfungen sind für das bislang von der FZJ GmbH zugesagte Grundstück seit der Anordnung zur unverzüglichen Räumung im Juli 2014 bis heute nach Kenntnis der Bundesregierung durchgeführt worden? Seit dem Jahr 2014 stand zunächst die standortunabhängige Klärung offener Fragen im Themenkomplex Seismik im Vordergrund. Diese Klärung konnte erst im März 2018 zwischen der Jülicher Entsorgungsgesellschaft für Nuklearanlagen (JEN mbH) und dem Bundesamt für kerntechnische Entsorgungssicherheit (BfE) erreicht werden. Seitdem steht die Vorgehensweise zur Ermittlung der seismischen Kenngrößen für die Standsicherheitsnachweise des bestehenden AVR-Behälterlager , aber auch für einen Neubau auf dem Campusgelände fest. Diese Klärung war nicht nur Voraussetzung zur Erstellung des seismologischen Gutachtens für den Standort des AVR-Behälterlagers, sondern ist auch Voraussetzung für die Erstellung eines seismologischen Gutachtens für den Standort eines neuen Zwischenlagers . 7. In welcher Weise lässt sich das Bundesministerium der Finanzen als Hauptgesellschafter regelmäßig über die von der JEN GmbH durchgeführten Prüfungsschritte der drei in Rede stehenden Optionen zur Lagerung der AVR- Brennelemente unterrichten? Alleingesellschafterin der JEN mbH ist die Entsorgungswerk für Nuklearanlagen GmbH (EWN); deren Alleingesellschafterin ist die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das Bundesministerium der Finanzen. Ein Vertreter des Bundesministeriums der Finanzen ist Mitglied des Aufsichtsrates der JEN mbH. Die Geschäftsführung der JEN mbH unterrichtet das Bundesministerium der Finanzen regelmäßig im Rahmen dieser Strukturen über diese Thematik. 8. Wie schätzt die Bundesregierung die Fortschritte bei der Prüfung der drei Optionen im Rückblick über die letzten fünf Jahre ein? Der Prüfprozess dauert so lange an, bis seitens der zuständigen Genehmigungsbehörden alle erforderlichen Genehmigungen zur Realisierung einer Räumungsoption durch die hierzu verpflichtete JEN mbH erteilt worden sind. 9. Welche Kosten sind ab dem Jahr 2014 bei der Planung eines neuen atomaren Zwischenlagers in Jülich nach Kenntnis der Bundesregierung angefallen (Gutachten Erdbebensicherheit, allgemeine Planungskosten, Umweltverträglichkeitsprüfung etc.)? Wer ist jeweils für die Kosten aufgekommen? Die Deckung der anfallenden Kosten obliegt den Zuwendungsgebern Bund zu 70 Prozent und dem Land NRW zu 30 Prozent. Zur Realisierung der Räumung wurden im Bundeshaushalt bislang Mittel in Höhe von rd. 246 Mio. Euro veranschlagt . Nach Angaben der FZJ GmbH und der JEN mbH wurden davon in den Jahren 2014 bis 2018 insgesamt rd. 35,7 Mio. Euro verausgabt. Hierin sind auch Kosten für die Planung eines Zwischenlagers enthalten. Nach Angaben der JEN mbH belaufen sich die ab dem Jahr 2014 angefallenen Kosten für die Verfolgung der Neubauoption auf weniger als 100.000 Euro und betreffen die Konzeptanpassung , die Standortsuche und die Erstellung eines geotechnischen Untersuchungsprogramms für einen neuen Standort. Das Leitkriterium im Umgang mit den Kernbrennstoffen ist die Sicherheit der Bevölkerung. Die Zuwendungsgeber haben auf der Grundlage des o. g. Kostenschlüssels und im Rahmen des Haushaltsrechts jede atomrechtlich gebotene Maßnahme zu finanzieren. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/11905 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 13. Wäre nach Kenntnis der Bundesregierung das bestehende Zwischenlager, nach erfolgtem Nachweis der Erdbebensicherheit, genehmigungsfähig? Eine Aufbewahrungsgenehmigung nach § 6 des Atomgesetzes (AtG) ist nur dann zu erteilen, wenn alle erforderlichen Nachweise im Genehmigungsverfahren durch den Antragsteller vorgelegt und durch das BfE geprüft und bestätigt wurden . Derzeit sind neben der Frage der Erdbebensicherheit weitere Nachweise offen , insofern ist eine Aussage zur Genehmigungsfähigkeit noch nicht möglich. 14. Wann rechnet die Bundesregierung damit, dass die Transportgenehmigung für einen Abtransport der AVR-Brennelemente ins Zwischenlager Ahaus erteilt werden kann? Die beantragte Beförderungsgenehmigung kann nur dann erteilt werden, wenn alle erforderlichen Nachweise im Genehmigungsverfahren durch den Antragsteller vorgelegt und durch das BfE geprüft und bestätigt wurden. Dieser Prozess dauert noch an. 15. Welche Voraussetzungen müssen für die Erteilung einer solchen Transportgenehmigung nach Kenntnis der Bundesregierung basierend auf der aktuellen Rechtslage erfüllt sein? Die Genehmigungsvoraussetzungen sind in § 4 Absatz 2 AtG abschließend aufgezählt . 16. Welche Voraussetzungen für die Erteilung einer solchen Genehmigung sind nach Kenntnis der Bundesregierung bislang nicht erfüllt? Das Verfahren zum Nachweis des erforderlichen Schutzes gegen Störmaßnahmen oder sonstige Einwirkungen Dritter ist noch nicht abgeschlossen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333