Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie vom 25. Juli 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/12016 19. Wahlperiode 30.07.2019 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Rainer Kraft, Dr. Heiko Wildberg, Karsten Hilse, und weiterer Abgeordneter der AfD – Drucksache 19/11736 – Erforschung von Americium-241-Radioisotopengeneratoren durch die Europäische Weltraumorganisation V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Radioisotopengeneratoren (radioisotope thermoelectric generator, RTG) sind unverzichtbare Komponenten für Raumfahrtprojekte jenseits der Jupiterbahn. Selbst bei Missionen im inneren Sonnensystem sind Radionuklidheizelemente (radioisotope heater units, RHU) oftmals nötig um Bordsysteme vor zu starker Abkühlung zu schützen (www.bernd-leitenberger.de/cassini-rtg.shtml). Derzeit ist das Isotop der Wahl Plutonium-238. Dieses wird durch Bestrahlung von Neptunium-237 mit Neutronen künstlich erzeugt. War Plutonium-238 nach dem Ende des Kalten Krieges noch in ausreichenden Beständen aus Rußland und den USA verfügbar, so hat sich die Lage inzwischen geändert. Die Bestände der USA sind erschöpft, sie bauen gerade neue Erzeugerkapazität auf und Rußland bietet aus seinen Beständen nichts mehr zum Kauf an (www.worldnuclear -news.org/Articles/Can-americium-replace-plutonium-in-space-missions). Americium-241 auf der anderen Seite kommt als Nebenprodukt der Kernspaltung in abgebrannten Brennelementen relativ häufig vor und kann im Zuge der Wiederaufbereitung durch ein einfaches chemisches Verfahren abgetrennt werden , im Gegensatz zu einer aufwendigen Isotopentrennung. Ein weiterer Vorteil ist die längere Halbwertszeit von Americium-241 von 432,2 Jahren gegenüber den 87,7 Jahren von Plutonium-238 (www.perioden system-online.de/index.php?id=isotope&el=94&mz=238&show=nuklid; www. periodensystem-online.de/index.php?id=isotope&el=95&mz=241&show=nuklid &sel=zf). Auch sehr langlebige Raumfahrtmissionen können mit derart betriebenen RTG und RHU ausgerüstet werden. Daraus ergibt sich aber natürlich auch ein Nachteil. Weil Americium-241 langsamer zerfällt ist die pro Zeiteinheit freigesetzte, verwertbare Energie entsprechend geringer. Daher muß mehr Masse (ca. Faktor 5) des Radionuklids mitgeführt werden, um die gleiche elektrische Leistung oder Wärme zu erzeugen wie im Falle von Plutonium-238. Dazu emittiert Americium-241 neben seiner Eigenschaft als lphastrahler, die es mit Plutonium-238 teilt, auch noch Gammastrahlen. Diese gehen damit der Wärmeleistung verloren und sind schwer abschirmbar, was entweder die Strah- Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/12016 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode lenbelastung des Raumfahrzeuges erhöht oder eine schwerere Abschirmung erfordert . In Summe ergibt sich daraus eine größere Masse der RTGs bzw. RHUs, die bei der Planung des Raumfahrzeuges berücksichtigt werden muss und entweder die Nutzlast einschränkt oder das Startgewicht erhöht. Forscher in Großbritannien haben nun, in Zusammenarbeit mit der ESA (Europäische Weltraumorganisation), mit Versuchen begonnen Americium-241 zu isolieren und für seine Tauglichkeit in RTGs bzw. RHUs zu untersuchen. Auch Untersuchungen in Richtung eines nuklearen Stirling-Motors (SRG) (www. unoosa.org/pdf/pres/stsc2015/tech-15E.pdf) sind angedacht. Die NASA hat im Jahr 2013 die Entwicklung von Fortgeschrittenen Stirling- Radionuklid-Motoren beendet und arbeitet seither an der Entwicklung von Stirling -Motoren, die durch einen Mini-Reaktor mittels Spaltung von hochangereichertem Uran-235 betrieben werden (http://anstd.ans.org/NETS-2019-Papers/ Track-2--Mission-Concepts-and-Logistics/abstract-127-0.pdf). Deutschland trägt derzeit 22,2 Prozent (927,1 Mio. Euro) des ESA-Budgets (www.esa.int/About_Us/Welcome_to_ESA/Funding). Darüber hinaus werden die Interessen der Bundesrepublik Deutschland über das DLR (Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt e. V.) bei der ESA vertreten. Vorsitzender des Senats, also des Aufsichtsorgans des DLR, ist ein Staatssekretär des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie. 1. Wie bewertet die Bundesregierung die Bemühungen in Bezug auf die raumfahrttechnische Nutzung als Radionuklidgenerator oder Radionuklidheizelement , Plutonium-238 durch Americium-241 zu ersetzen? Zur Entwicklung von Americium-241 Radioisotopengeneratoren (RTG) gibt es im General Support Technology Programme (GSTP) der ESA zwei Aktivitäten im Vereinigten Königreich: ein Projekt zum Americium Fuel Pellet Development des National Nuclear Laboratory sowie ein Projekt zum Radioisotope Heater Unit Development. Diese erfolgen jedoch ohne deutsche Beteiligung. Weitere Aktivitäten sowie Details zu den Projekten sind der Bundesregierung nicht bekannt. 2. Wie bewertet die Bundesregierung die Aufnahme von Forschung in Richtung von nuklearen Stirling-Motoren, in diesem Falle konkret über Americium -241 getriebene Stirling-Motoren, obwohl die NASA derartige Forschungen (mit Plutonium-238 betriebenen ASRG) eingestellt hat (h t tps : / / spaceflightnow.com/news/n1311/19asrg/)? Deutschland ist an den ESA-Aktivitäten entsprechend der Antwort zu Frage 9 nicht beteiligt. 3. Wie viel Plutonium-238 hat die ESA, nach Kenntnis der Bundesregierung, seit ihres Bestehens, in welchen Formen und von welchem Hersteller, erworben ? 4. In welchen Missionen hat die ESA, nach Kenntnis der Bundesregierung, das erworbene Plutonium-238 eingesetzt? 5. Besitzt die ESA, nach Kenntnis der Bundesregierung, Plutonium-238-Restbestände ? 6. Trifft es nach Kenntnis der Bundesregierung zu, dass für die ESA Plutonium -238 derzeit am Markt nicht erwerbbar ist? Die Fragen 3 bis 6 werden gemeinsam beantwortet. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/12016 Europa bzw. die ESA haben bisher weder eigene Radioisotopengeneratoren betrieben noch eingekauft. Entsprechende Missionen, z. B. Cassini-Huygens oder MSL Curiosity, zum Mars und ins äußere Sonnensystem mit europäischer Beteiligung wurden als Kooperationen mit der NASA ausgeführt, wobei die RTGs immer vom Partner beigesteuert wurden; sie wurden nie nach Europa verschifft oder eingeführt. Entsprechend hatte und hat die ESA nach Kenntnis der Bundesregierung keine eigenen Plutonium-Bestände. 7. Welche derzeitig von der ESA geplanten Missionen benötigen, nach Kenntnis der Bundesregierung, welche Mengen an Plutonium-238? Europäische Missionen (z. B. Rosetta, JUICE, ExoMars) wurden und werden nach Kenntnis der Bundesregierung bisher nur mit Solarenergie geplant und entwickelt . 8. Wie bewertet die Bundesregierung die Entwicklung von Nuklearreaktoren in der Raumfahrt, die hochangereichertes Uran-235 in Kernspaltungsprozessen verwenden? Es wird auf die Antwort zu Frage 10 verwiesen. 9. Hat, nach Kenntnissen der Bundesregierung, die ESA Pläne, ebenfalls Kernspaltreaktoren , die auf Basis von hochangereichertem Uran-235 arbeiten, zu verwenden? Die Entwicklung von europäischen Radioisotopenbatterien auf Basis von Americium -241 wurde vor einigen Jahren noch im robotischen Technologievorbereitungsprogramm MREP/MREP-2 bei der ESA gestartet, vorrangig getrieben und durch das Vereinigte Königreich finanziert. Dabei soll das Americium aus abgebrannten Brennelementen abgetrennt werden. Deutschland war an MREP nicht beteiligt. Inzwischen werden die Arbeiten im ExPeRT-Technologieelement von E3P fortgeführt , in der Hoffnung, unabhängig von US- bzw. russischen RTGs für entsprechende Wissenschafts-/Explorationsmissionen zu werden. Deutschland ist weiterhin nicht beteiligt. 10. Hätte, nach Einschätzung der Bundesregierung, ein funktionsfähiges RTG auf Basis von Americium-241 das Potential, die derzeitigen RTGs auf Basis von Plutonium-238 aufgrund dessen geringer Verfügbarkeit abzulösen? Wenn ja, welches jährliche Exportvolumen (in Euro/Jahr) erwartet die Bundesregierung ? RTGs sind grundsätzlich nicht mit Kernspaltreaktoren vergleichbar. RTGs basieren auf natürlichem Zerfall; hier wird keine künstliche Kettenreaktion in Gang gesetzt. Dadurch werden auch nur vergleichsweise geringe Energien erzeugt, die zum Betrieb robotischer Sonden oder Rover ausreichend sind, aber keine größere Infrastruktur, z. B. für astronautische Exploration, bedienen könnten. 11. Können, nach Einschätzung der Bundesregierung, RTGs auf Basis von Americium -241 die Anwendung von Kernspaltreaktoren auf Basis von hochangereichertem Uran-235 in der Raumfahrt ersetzen? Wie in der Antwort zu Frage 10 ausgeführt, gilt auch für diesen Fall, dass RTGs grundsätzlich nicht mit Kernspaltreaktoren vergleichbar sind. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333