Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 29. Juli 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/12025 19. Wahlperiode 30.07.2019 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Bruno Hollnagel, Peter Boehringer, Marcus Bühl, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der AfD – Drucksache 19/11584 – Jahresabschluss des Europäischen Stabilitätsmechanismus V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Mit Schreiben vom 16. April hat das Bundesministerium der Finanzen die Jahresabschlüsse des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) und der Europäischen Finanzstabilisierungsfazilität (EFSF) mit ergänzenden Unterlagen übermittelt. Diese Anfrage bezieht sich auf den ESM (www.esm.europa.eu/ publications/annual-report-2018). 1. Wie ist nach Kenntnis der Bundesregierung das Bankguthaben des ESM in Höhe von 65,2 Mrd. Euro (Vj. 74,2 Mrd. Euro) auf die Notenbanken verteilt? Der ESM hält den größten Teil seines Barguthabens bei den nationalen Zentralbanken von Frankreich und Deutschland. Der ESM bemüht sich dabei, das Barguthaben in Einklang mit dem ESM-Beitragsschlüssel im Anhang I des ESM- Vertrages zwischen der Banque de France und der Deutschen Bundesbank zu verteilen . 2. Wie sehen nach Kenntnis der Bundesregierung das Tilgungsprofil und das Zinssicherungsprofil der Kredite an Griechenland aus? Die Rückzahlungstermine für Griechenland sind auf der Internetseite des ESM veröffentlicht und unter www.esm.europa.eu/assistance/greece für die ESM-Kredite und unter www.esm.europa.eu/assistance/greece/efsf-programme-greece-expired für die EFSF-Kredite abrufbar (Stand: 24. Juli 2019). Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/12025 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 3. Warum sind nach Kenntnis der Bundesregierung die Swaps (Forward-Forward -Swaps) zur Sicherung der zukünftigen Zinsen der Kredite an Griechenland vom ESM und nicht von Griechenland abgeschlossen? 4. Wie hoch sind nach Kenntnis der Bundesregierung die jährlichen Aufwendungen , die im Zusammenhang mit den Zinsswaps entstehen und an Griechenland weitergereicht werden? Wer trägt nach Kenntnis der Bundesregierung die Aufwendungen der Zinsswaps für den Fall des Ausscheidens Griechenlands aus dem Euro? 5. Wie sichert nach Kenntnis der Bundesregierung Griechenland den Fair Value der für Griechenland abgeschlossenen Zinsswaps ab? Die Fragen 3, 4 und 5 werden gemeinsam beantwortet. Als Teil der Umsetzung der Kurzfristmaßnahmen zur Schuldenerleichterung Griechenlands haben die ESM-Gremien mit Zustimmung des Bundestages am 20. und 23. Januar 2017 das Aufsetzen eines Zinsswap-Programms für Griechenland beschlossen, um das aus den variablen Zinssätzen der ESM-Darlehen für Griechenland folgende Zinsänderungsrisiko abzusenken. Griechenland erhält dadurch langfristig stabile Zinsen, ohne dass dies zu Verlusten für den ESM führt. Griechenland ist verpflichtet, die Refinanzierungskosten des ESM vollständig zu begleichen. Hierzu gehören auch alle Kosten im Zusammenhang mit den Zinsswaps . Die Kosten im Zusammenhang mit den Zinsswap-Geschäften im Rahmen der Kurzfristmaßnahmen für Griechenland betrugen 302,9 Mio. Euro im Jahr 2018 und wurden an Griechenland weitergereicht. Wie in den Berichten nach § 5 Absatz 5 des Gesetzes zur Übernahme von Gewährleistungen im Rahmen des europäischen Stabilisierungsmechanismus dargestellt, ergeben sich auf Basis der Frühwarnsysteme von ESM und EFSF keine Hinweise, dass Griechenland, oder auch die anderen ehemaligen Programmländer, ihren Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommen. Ein Ausscheiden Griechenlands aus dem Euro steht nicht zur Debatte. 6. Mit welcher Begründung konnte nach Kenntnis der Bundesregierung Griechenland im August 2018 aus dem Rettungsprogramm entlassen werden, wenn die Schuldentragfähigkeit so gering ist, dass bereits damals die unter Nummer 3 aufgeführte Zinssicherung eingesetzt wurde? Das ESM-Anpassungsprogramm für Griechenland wurde im August 2018 nach regulärer dreijähriger Laufzeit abgeschlossen. Die Institutionen hatten dazu dargelegt , dass die Auflagen der vierten Programmüberprüfung und damit auch das Programm insgesamt erfolgreich umgesetzt wurden. Die Eurogruppe hatte am 21. Juni 2018 zu den Bedingungen des Programmabschlusses eine politische Einigung erzielt. Der Deutsche Bundestag hat dieser Einigung auf Antrag des Bundesministeriums der Finanzen (Bundestagsdrucksache 19/2961) am 29. Juni 2018 zugestimmt. Der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages hat am 1. August 2018 dazu erneut Stellung genommen. Wie im o. g. Antrag des Bundesministeriums der Finanzen dargelegt, enthält der Überprüfungsbericht der vierten Programmüberprüfung der Europäischen Kommission eine Schuldentragfähigkeitsanalyse. Die Analyse zeigt, dass im Basisszenario Schuldentragfähigkeit gegeben ist. Das von der Eurogruppe vereinbarte Kriterium für die Schuldentragfähigkeit eines langfristigen Bruttofinanzbedarfs von unter 20 Prozent des BIP wird eingehalten. Das Basisszenario geht dabei u. a. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/12025 von der Erreichung der vereinbarten Primärüberschussziele von 3,5 Prozent des BIP in den Jahren 2018 bis 2022 sowie der Umsetzung der vereinbarten Mittelfristmaßnahmen aus. 7. Warum wurde nach Kenntnis der Bundesregierung die deutsche Erstattung der Negativzinsen an den ESM in Höhe von 128,9 Mio. Euro als Ertrag und nicht als Kapitaleinzahlung verbucht (vgl. ESM-Jahresabschlussbericht 2018; Seite 52, Kapitel 24 – die Erstattung ist als außerordentlicher Ertrag verbucht), so dass die deutsche Sonderleistung der Gesamtheit der Gesellschafter zu Gute kommt? 8. Sollen nach Kenntnis der Bundesregierung zukünftig auch alle Bürger und Unternehmen Erstattungen für etwaig erlittene Negativzinsen erhalten oder warum erscheint nach Ansicht der Fragesteller der ESM bessergestellt als die steuerzahlenden Unternehmen und Bürger? Die Fragen 7 und 8 werden gemeinsam beantwortet. Die Sicherung der Funktionsfähigkeit des ESM sowie der Erhalt seiner Kreditwürdigkeit tragen zur Stabilisierung der Währungsunion bei und sind damit im deutschen Interesse. Vor dem Hintergrund gegenwärtiger negativer Zinszahlungen auf die Barguthaben des ESM bei nationalen Zentralbanken, wurde als geeignete Maßnahme mit Zustimmung des Deutschen Bundestages die Kompensationszahlung von Deutschland an den ESM für das Jahr 2017 in Höhe von 128,9 Mio. Euro gewährt. Diese Erstattung der Negativzinsen wurde als außerordentlicher Ertrag in der Gewinn- und Verlustrechnung des ESM verbucht. Sie trägt zu dem erzielten Nettoüberschuss in Höhe von insgesamt 284,7 Mio. Euro im Jahr 2018 bei. Der gemäß Artikel 29 des ESM-Vertrages ernannte externe Abschlussprüfer sowie der unabhängige Prüfungsausschuss gemäß Artikel 30 des ESM-Vertrages haben die Ordnungsgemäßheit des Jahresabschlusses festgestellt. Als Teil des Nettoüberschusses wurden die Kompensationszahlungen auf Basis des ESM-Gouverneursbeschluss vom 13. Juni 2019 in die Reserve des ESM eingestellt . Die Reserve dient gemäß Artikel 25 Absatz 1 des ESM-Vertrages als Puffer im Falle zukünftiger Kapitalabrufe, dient zur langfristigen Finanzierung der administrativen Kosten des ESM und trägt zur Sicherung der Bonität des ESM bei. Veränderungen des genehmigten Stammkapitals können nach Artikel 10 des ESM-Vertrages nur durch Beiträge aller ESM-Mitgliedstaaten getätigt werden, wobei die Kapitalanteile der Mitgliedstaaten in Anhang II des ESM-Vertrages festgelegt sind. 9. Stehen die Auszahlung der Tranche in Höhe von 15 Mrd. Euro und die erfolgreiche Entlassung Griechenlands aus dem Rettungsprogramm nach Ansicht der Bundesregierung nicht im Widerspruch zu den Leistungsstörungen im Vorfeld dieser Maßnahme (Ausgleich von Rückständen in Höhe von 0,8 Mrd. Euro am 26. Oktober 2017 und in Höhe von 1 Mrd. Euro am 14. Juni 2018)? Wie in der Antwort zu Frage 6 dargelegt, hatten vor der Einigung der Eurogruppe vom 21. Juni 2018 zu den Bedingungen des Programmabschlusses die Institutionen dargelegt, dass die Auflagen der vierten Programmüberprüfung und damit auch das Programm insgesamt erfolgreich umgesetzt wurden. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/12025 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 10. Ist es nach Kenntnis der Bundesregierung richtig, dass der ESM einer Barwertsteuerung unterliegt? Die Anlagepolitik des ESM ist in Artikel 22 des ESM-Vertrages verankert. Danach ist der ESM zur Durchführung einer umsichtigen Anlagepolitik verpflichtet, um seine höchste Bonität zu sichern. Die Anlagestrategie des ESM wird in Artikel 1 der ESM-Anlageleitlinie weiter ausbuchstabiert. So muss eine ausreichende Liquidität sichergestellt werden, um insbesondere den Zahlungsverpflichtungen des ESM im Falle eines Zahlungsausfalls eines Programmlandes nachkommen zu können. Die Anlagepolitik des ESM muss weiterhin sicherstellen, dass der Marktwert des eingezahlten ESM-Kapitals (einschl. Reserve) einen Betrag von 15 Prozent des maximalen Darlehensvolumens des ESM (500 Mrd. Euro) nicht unterschreitet . Zur Erhaltung der Kreditwürdigkeit des ESM muss mindestens 15 Prozent des maximalen Darlehensvolumens in Anlagen von höchster Bonität gemäß Anlage I der ESM-Anlageleitlinie investiert werden. Artikel 4 der ESM-Anlageleitlinie schreibt vor, dass die Investitionen der Kapitalerhaltung dienen müssen. ESM-Kredite an Programmländer sind nicht Bestandteil der Anlagepolitik des ESM. Sie können gemäß Artikel 136 Absatz 3 AEUV und Artikel 3 und 12 des ESM-Vertrages nur dann vergeben werden, wenn dies zur Wahrung der Finanzstabilität des Euro-Währungsgebietes insgesamt und seiner Mitgliedstaaten unabdingbar ist. Die Programmländer unterliegen zugleich strengen Reformauflagen, die sie u. a. dazu in die Lage versetzen sollen, ihren Zahlungsverpflichtungen gegenüber dem ESM sowie anderen Gläubigern nachzukommen. Der ESM erhebt gemäß Artikel 20 des ESM-Vertrages zusätzlich zu den Gebühren zur Deckung seiner administrativen Kosten eine „angemessene Marge“, die z. B. bei makroökonomischen Anpassungsprogrammen zehn Basispunkte beträgt (Ziffer 4 der ESM-Preisgestaltungsleitlinie). Die ESM-Kredite an die Programmländer sind nach dem Nominalwert der Programmvolumina verbucht. 11. Welche Auswirkungen hatte nach Kenntnis der Bundesregierung der am 20. Januar 2017 beschlossene Austausch der Bonds auf den Barwert des ESM? 12. Wie wirkten sich nach Kenntnis der Bundesregierung die Maßnahmen im Zusammenhang mit Griechenland im Jahr 2018 auf den Barwert des ESM aus? Die Fragen 11 und 12 werden gemeinsam beantwortet. Als Teil der Umsetzung der Kurzfristmaßnahmen zur Schuldenerleichterung Griechenlands haben die ESM/EFSF-Gremien mit Zustimmung des Deutschen Bundestages am 20. und 23. Januar 2017 einen Austausch der variabel verzinsten ESM/EFSF -Bonds, die zur Rekapitalisierung griechischer Banken verwendet wurden, durch langfristige ESM/EFSF-Bonds mit fester Verzinsung genehmigt, um das Zinsänderungsrisiko für Griechenland abzusenken. Zu den einzelnen Mittelfristmaßnahmen zum Ende des Anpassungsprogramms siehe Antwort zu Frage 6. Wie in der Antwort zu Frage 10 ausgeführt, werden die ESM/EFSF-Kredite an Griechenland nach dem Nominalwert des Programmvolumens verbucht. Die Kurz- und Mittelfristmaßnahmen haben keine Auswirkungen auf die Forderungen des ESM gegenüber Griechenland, da sich das Programmvolumen nicht geändert hat. Weiterhin gilt, dass Griechenland – wie die anderen ehemaligen Programmländer – die anfallenden Refinanzierungskosten von ESM/EFSF vollständig decken muss. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/12025 13. Wie wirkten sich nach Kenntnis der Bundesregierung die vorzeitigen Rückzahlungen Spaniens (2017: 1 Mrd. Euro und 2 Mrd. Euro; 2018: 2 Mrd. Euro, 3 Mrd. Euro und 3 Mrd. Euro) auf den Barwert des ESM aus? Die Rückzahlungen von Spanien führten zu einem Rückgang der Forderung des ESM gegenüber Spanien in Höhe der Rückzahlungsbeträge. 14. Wie wird nach Kenntnis der Bundesregierung überwacht, dass die Liquidität Griechenlands für die geplanten 22 Monate ausreicht, wie dies bei Entlassung aus dem Hilfsprogramm vorgesehen war? 15. Wie soll im Fall zukünftiger griechischer Leistungsstörungen verfahren werden , und wann soll der Sicherheitseinbehalt eingesetzt werden? Die Fragen 14 und 15 werden gemeinsam beantwortet. Nach dem Abschluss des ESM-Anpassungsprogramms im August 2018 hat die Kommission für Griechenland eine verstärkte Überwachung im Sinne der Verordnung (EU) Nr. 472/20131 beschlossen, die ab dem 21. August 2018 in Kraft ist. Die verstärkte Überwachung stellt einen umfassenden Rahmen zur Überwachung der wirtschaftlichen Entwicklungen und der Fortführung der für eine nachhaltige wirtschaftliche Erholung notwendigen politischen Maßnahmen bereit. Die Europäische Kommission legt dazu vierteljährliche Berichte vor. Der letzte Bericht wurde am 5. Juni 2019 veröffentlicht, an den Deutschen Bundestag übermittelt und im Juli 2019 in der Eurogruppen-Arbeitsgruppe und der Eurogruppe vorgestellt . In dem Bericht wird dargelegt, dass die Liquidität Griechenlands ausreichend wäre, um den Finanzierungsbedarf für mehr als zwei Jahre zu sichern. 16. Ist die Gesamtschau des Griechenland-Engagements (Kredite in Höhe von ca. 73 Prozent des eingezahlten Eigenkapitals, weitere Kredite ungeachtet der Leistungsstörungen, Zinssicherung zukünftiger Kredite an Griechenland, Auszahlung einer Liquiditätshilfe im August 2018, Tilgungsstreckungen) des ESM nach Ansicht der Bundesregierung geeignet, eine Abhängigkeit des ESM und der Staaten der Eurozone von Griechenland zu konstatieren? Die Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets haben sich im Jahr 2012 auf die Einrichtung eines ESM verständigt, der Finanzhilfen für in Not geratene Mitgliedstaaten des Euroraums bereitstellt, wenn dies unabdingbar ist, um die Finanzstabilität des Euro-Währungsgebiets insgesamt und seiner Mitgliedstaaten zu wahren. Die Vergabe von Darlehen an ESM-Mitglieder wie Griechenland und andere Länder unter strikten Auflagen im Rahmen von makroökonomischen Anpassungsprogrammen erfolgte entsprechend der Regeln des ESM-Vertrages sowie sonstiger ESM-Regularien. In Deutschland wurde dazu der Deutsche Bundestag entsprechend der Regeln des ESM-Finanzierungsgesetzes (ESMFinG) beteiligt . Mit Blick auf die ausgereichten Finanzhilfen geht die Bundesregierung von einer fristgerechten Rückzahlung durch Griechenland und die anderen Empfängerländer aus. Der ESM hat diesbezüglich ein Frühwarnsystem etabliert, das eine Unterrichtung des ESM-Direktoriums vorsieht, sobald der interne Risikoausschuss des ESM auf Basis einer regelmäßigen Überprüfung der Liquiditätsund Wirtschaftslage der Empfängerländer Rückzahlungsrisiken identifiziert. Das Frühwarnsystem gilt auch für die EFSF. Über die übernommenen Gewährleistungen im Rahmen der EFSF und die Inanspruchnahme des ESM wird der Deutsche Bundestag quartalsweise unterrichtet. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/12025 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 17. Warum bittet das Bundesministerium der Finanzen bei der Zuleitung der Jahresabschlüsse von ESM und EFSF um eine vertrauliche Behandlung, wenn diese Jahresabschlüsse ohnehin veröffentlicht werden und auch den europäischen Partnern vorliegen? Die ESM und EFSF Jahresabschlüsse werden von den ESM-Direktoren erstellt und durchlaufen mehrere Stufen bis zur endgültigen Billigung durch die ESM- Gouverneure und EFSF-Anteilseigner. Das Verfahren ist gesetzlich in den Gründungstexten der EFSF sowie in der ESM-Satzung verankert (Artikel 22 und 23 der ESM-Satzung und Kapitel VI Punkt 21.2 der EFSF „Statuts coordonnes suite à un constat d´augmentation de capital“). Bis zur endgültigen Billigung unterliegen die Dokumente der beruflichen Schweigepflicht nach Artikel 34 des ESM- Vertrages. Dieser Artikel darf jedoch die umfassenden Unterrichtungsrechte des Deutschen Bundestages nicht einschränken, so die völkerrechtliche Erklärung zum ESM-Vertrag. Diese Bestimmung ermöglicht es der Bundesregierung, ihrer gesetzlichen Unterrichtungspflicht gegenüber dem Deutschen Bundestag nachzugehen und die Dokumente trotz ihres vertraulichen Charakters an den Deutschen Bundestag zu übersenden. Die vertrauliche Handhabe sollte jedoch bis zur endgültigen Billigung und Veröffentlichung gewährleistet sein. Dies ist vor allem wegen der Marktsensitivität der Informationen für Investoren und andere Marktteilnehmer erforderlich. Die ESM und EFSF Jahresabschlüsse enthalten detaillierte Informationen über die Institutionen und ihre Aktivitäten und unterliegen der Prüfung durch einen externen Wirtschaftsprüfer sowie den Prüfungsausschuss , um die Richtigkeit sicherzustellen. Bis zur endgültigen Genehmigung durch die ESM-Gouverneure und EFSF-Anteilseigner könnten die Jahresabschlüsse aufgrund möglicher Folgeereignisse noch einer Änderung bedürfen. Eine Veröffentlichung eines Entwurfs der Dokumente in einem früheren Stadium, auch wenn sie als Entwurf gekennzeichnet sind, könnte dagegen zu Reaktionen der Marktteilnehmer führen, die später nicht rückgängig gemacht werden können, wenn die endgültigen Aussagen mit aktualisierten Informationen veröffentlicht werden. Die vertrauliche Behandlung dieses Abschlussentwurfs steht ebenfalls im Einklang mit Artikel 17 Absatz 9 der ESM-Satzung. 18. Welche Wertpapiere sind nach Kenntnis der Bundesregierung in den Positionen „Debt securities including fixed-income securities (a) issued by public bodies“ in Höhe von 8 327 Mio. Euro (Vj. 10 972 Mio. Euro) und „(b) issued by other borrowers“ in Höhe von 17 256 Mio. Euro (Vj. 9 919 Mio. Euro) bilanziert? Wie sind die Ratings dieser Wertpapiere? 19. Wie will die Bundesregierung der aus Sicht der Fragesteller existierenden Gefahr begegnen, dass die Liquiditätsanlage zu einer Staatenrettung vor der formalen Rettung mit Rettungsprogramm mutiert, indem in Anleihen kriselnder Staaten investiert wird? 21. Sieht die Bundesregierung eine Gefahr, dass die „Liquiditätsanlage“ zur Erwirtschaftung von Zinserträgen zu einer Negativselektion führt, weil Staatsanleihen mit sehr gutem Rating zu geringe Renditen aufweisen und auf risikoreiche Staatsanleihen ausgewichen wird bzw. werden muss? Wie will sie das unterbinden? Die Fragen 18, 19 und 21 werden gemeinsam beantwortet. Gemäß Artikel 22 Absatz 1 des ESM-Vertrages führt der Geschäftsführende Direktor für den ESM eine umsichtige Anlagepolitik durch, um dem ESM die höchste Bonität zu sichern (siehe Antwort auf Frage 10). Die Operationen des Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 7 – Drucksache 19/12025 ESM entsprechen den Grundsätzen eines soliden Finanz- und Risikomanagements . Über das Finanzmanagement des ESM wird der Deutsche Bundestag im Rahmen der Quartalsberichte regelmäßig unterrichtet. Durch die ESM-Anlageleitlinie werden dem ESM-Management klare und detaillierte Vorgaben für die umsichtige Anlagepolitik gemacht. So muss mindestens ein Betrag, der 15 Prozent des maximalen Darlehensvolumens (500 Mrd. Euro) entspricht, in Anlagen mit höchster Bonität investiert werden. Im letzten Bericht vom 31. Mai 2019 wurden die Zahlen für das 1. Quartal 2019 ausgewiesen: der Anteil der Investitionen des eingezahlten Kapitals nach Anlage I der ESM-Anlageleitlinie mit höchster Bonität und Liquidität betrug 92,6 Prozent davon und nach Anlage II (erweiterte Anlageliste) 7,4 Prozent davon. Eine Anlagepolitik zur „Staatenrettung“ ist dem ESM angesichts dieser strengen rechtlichen Vorgaben nicht möglich (vgl. auch Antwort zu Frage 10). ESM-Hilfen an Mitgliedstaaten der Währungsunion können gemäß Artikel 136 Absatz 3 AEUV und Artikel 3 und 12 des ESM-Vertrages nur unter strengen Auflagen und nur dann gewährt werden, wenn sie unabdingbar zur Wahrung der Finanzstabilität des Euro-Währungsgebietes insgesamt und seiner Mitgliedstaaten sind. Das Verfahren zur Gewährung von Stabilitätshilfen ist in Artikel 13 des ESM-Vertrages geregelt. Stabilitätshilfen setzen einen genehmigenden Beschluss des ESM- Gouverneursrates voraus, wobei der deutsche Gouverneur zuvor die Zustimmung des Plenums des Deutschen Bundestages einholen muss. Mit Zustimmung des Deutschen Bundestages wurde im Mai 2019 die ESM-Anlageleitlinie reformiert, um die Ertragslage des ESM im gegenwärtigen Niedrigzinsumfeld zu verbessern. Dazu wurde eine neue Tranche „Haltung bis zur Endfälligkeit (Hold-to-Maturity-Tranche - HTMT)“ eingeführt. Damit verfolgt der ESM das Ziel, das Portfolio nachhaltig zu stabilisieren, indem ein Teil des Kapitals längerfristig höher verzinst und sicher angelegt wird. Da die Verwertung vor Endfälligkeit in der Regel nicht zu erwarten ist, ist die Rendite stabil und erlaubt dem ESM in Zeiten der Negativzinsen, das Kapital langfristig zu erhalten. Unterstützt wird dieser Effekt durch die unterschiedliche Buchführung der HTMT, die jährlich nicht zum aktuellen Verkehrswert, sondern zum Restbuchwert ausgewiesen wird. Damit wird die HTMT nicht den täglichen Marktschwankungen ausgesetzt . Auch für diese Investitionen gelten strenge Prinzipien. So dürfen grundsätzlich nur Anlagen mit höchster Bonität gemäß Anlage I der ESM-Anlageleitlinie getätigt werden. Zudem dürfen nur begrenzte Mittel längerfristig investiert werden , da gemäß der ESM-Anlageleitlinie der Marktwert des eingezahlten Kapitals und der Reserve 15 Prozent des maximalen Darlehensvolumens nicht unterschreiten darf. Insofern stellt sich die Frage von zu risikoreichen Investitionen aus Sicht der Bundesregierung nicht. 20. Wie will die Bundesregierung sicherstellen, dass der Deutsche Bundestag Investitionen bei der Anlage der Liquidität in Rahmen von Einzelermächtigungen zustimmt? Gemäß Artikel 7 Absatz 5 des ESM-Vertrages führt der Geschäftsführende Direktor nach Weisung des Direktoriums die laufenden Geschäfte des ESM. Wie dargelegt, wird der Rahmen für die ESM-Anlagepolitik durch die ESM-Anlageleitlinie gesetzt, die vom ESM-Direktorium beschlossen und verändert werden kann. Gemäß § 5 Absatz 2 Nummer 3 des ESM-Finanzierungsgesetzes (ESM- FinG) darf der deutsche Vertreter einer Änderung der ESM-Anlageleitlinie nur dann zustimmen oder sich bei einer Beschlussfassung enthalten, nachdem der Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/12025 – 8 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages hierzu einen zustimmenden Beschluss gefasst hat. Ohne einen solchen Beschluss muss der deutsche Vertreter den Beschlussvorschlag ablehnen. 22. Will sich die Bundesregierung für die aus Sicht der Fragesteller naheliegende und plausible Verwendung der Liquidität einsetzen, indem die Liquidität a) an die Gesellschafter zurückgezahlt wird bzw. b) für den Rückkauf der ESM-Anleihen verwendet wird? 23. Wenn nein, warum nicht, obwohl nach Auffassung der Fragesteller die Option in Frage 22a den Gesellschaftern mehr Liquidität gibt und die Option in Frage 22b die Schuldenrisiken senkt und sich positiv auf das Rating auswirken dürfte? Die Fragen 22 und 23 werden gemeinsam beantwortet. Der ESM hält einen Teil des eingezahlten Kapitals in Form von Barmitteln. Diese „Liquidität“ kann nicht an die ESM-Mitgliedstaaten ausgezahlt werden, da der ESM seine Darlehenskapazität in Höhe von maximal 500 Mrd. Euro mit ausreichendem eingezahltem Kapital unterlegen muss (siehe auch Antwort zu Frage 10). Ein weiterer Teil der „Liquidität“ des ESM sind die sogenannten Liquiditätspuffer , deren Refinanzierungskosten von den Programmländern getragen werden müssen. Die Liquiditätspuffer sollen dem ESM ermöglichen, zu jeder Zeit seinen Zahlungsverpflichtungen, z. B. Tilgung von fälligen ESM-Bonds, nachzukommen . Auch diese Mittel können nicht an die ESM-Mitgliedstaaten ausgezahlt werden. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333