Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie vom 24. Juli 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/12035 19. Wahlperiode 30.07.2019 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Fabio De Masi, Jörg Cezanne, Klaus Ernst, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 19/11367 – Konjunkturelle Risiken in Deutschland und geplante Maßnahmen zur Abfederung eines Abschwungs V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Die Europäische Kommission prognostiziert ein Wachstum des deutschen Bruttoinlandsprodukts von nur noch 0,5 Prozent für das Jahr 2019. Damit ist Deutschland hinsichtlich der wirtschaftlichen Entwicklung, zusammen mit Italien , das Schlusslicht unter den Volkswirtschaften in der EU (https://de.reuters. com/article/eu-deutschland-konjunktur-idDEKCN1SD1DS). Aufgrund der hohen Exportüberschüsse Deutschlands ist die deutsche Wirtschaft in besonderem Maße weltwirtschaftlichen Risiken ausgesetzt. Der französische Präsident Emmanuel Macron sieht das deutsche Wirtschaftsmodell der hohen Exportabhängigkeit bereits als ein Auslaufmodell und mahnt eine aktive staatliche Industriepolitik an (www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/emmanuel-macronkritik -am-deutschen-wirtschaftsmodell-a-1264913.html). Politische Instabilitäten wie der beabsichtigte Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU (Brexit), die Aufkündigung des Iran-Abkommens durch US-Präsident Donald Trump sowie Handelskonflikte haben die Investitionsbereitschaft der Unternehmen deutlich abgeschwächt. So produzierten die Firmen im Februar 2019 4,5 Prozent weniger als noch vor einem Jahr (März 2018) und auch die Aufträge sind im Vergleich zum Vorjahr um 10 Prozent eingebrochen (www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/konjunktur-warum-deutschland-kurz-vorder -rezession-steht-a-1264514.html). Aktuell schätzt das Bundesministerium der Finanzen die Steuerausfälle bei Bund, Ländern und Gemeinden durch den erwarteten Konjunkturabschwung und Steuerreformen für die kommenden Jahre auf bis zu 124 Mrd. Euro (FAZ, Steuerflaute entfacht Streit über schwarze Null, 10. Mai 2019). Vor diesem Hintergrund wird die Wirkung der Schuldenbremse auf die öffentlichen und privaten Investitionen in einem eingetrübten konjunkturellen Umfeld zunehmend kritisch diskutiert – auch von arbeitgebernahen Ökonomen (FAZ, Steuerflaute entfacht Streit über schwarze Null, 10. Mai 2019). Dies geschieht besonders im Hinblick auf den wachsenden Investitionsstau in Deutschland. Laut einer aktuellen Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaft sind die Nettoinvestitionen in Deutschland nach Sektoren und Gebietskörperschaften seit der Wiedervereinigung stark zurückgegangen und teilweise sogar negativ. Es Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/12035 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode wird vor einer „schleichenden Überalterung der öffentlichen Infrastruktur insbesondere in den Kommunen“ gewarnt (www.diw.de/documents/publikationen/ 73/diw_01.c.621734.de/diw_aktuell_19.pdf). Eine marode und schwache Infrastruktur hemmt auch private Investitionen und somit die Bereitschaft etwa der Bauindustrie, hinreichende Kapazitäten vorzuhalten. Diese Abwärtsspirale kann nach Ansicht führender Ökonomen nur durch verstärkte öffentliche Investitionen beendet werden (www.sueddeutsche.de/wirtschaft/forum-dieschuldenbremse -ist-nicht-zeitgemaess-1.4409376). 1. Plant die Bundesregierung die Erhöhung der öffentlichen Investitionsquote durch den Bund? Welche zusätzlichen Maßnahmen in welcher Höhe erwägt sie, um die öffentliche Investitionsquote in Ländern und Kommunen und durch Länder und Kommunen zu fördern? Der Bund investiert bereits auf Rekordniveau. Es bestehen indes zunehmend Kapazitätsengpässe auf der Angebotsseite mit der Folge entsprechender Preiswirkungen . Das Bundeskabinett hat am 26. Juni 2019 zudem mit dem Entwurf des Bundeshaushalts 2020 und dem Finanzplan bis 2023 weitere Aufstockungen der Investitionsausgaben beschlossen. Danach sind Investitionen in Höhe von rund 39,8 Mrd. Euro pro Jahr vorgesehen. Die Investitionen in den Jahren 2020 bis 2023 übersteigen mit insgesamt 159,4 Mrd. Euro jene der vergangenen Legislaturperiode mit rund 121,7 Mrd. Euro (ohne Zuführung an den ESM) deutlich. In diesen Zahlen sind die finanziellen Auswirkungen des Urteils des Europäischen Gerichtshofes vom 18. Juni 2019 zur Infrastrukturabgabe für Personenkraftwagen zwar noch nicht berücksichtigt. Gleichwohl werden – auch ohne die nach der ursprünglichen Planung durch die Infrastrukturabgabe finanzierten Mehrausgaben bei den Straßenbauinvestitionen – die jährlich vorgesehenen Investitionsausgaben des Bundes das bisherige Rekordniveau des Jahres 2019 noch einmal übersteigen . Neben diesen Investitionen sind im Bundeshaushalt weitere Ausgaben etatisiert, die zwar nicht als Investitionsausgaben im haushalterischen Sinne veranschlagt sind, aber investive Wirkungen entfalten werden, etwa im Einzelplan des Bundesministeriums der Verteidigung. Hier sind in den Jahren 2020 bis 2023 insgesamt rund 62,6 Mrd. Euro u. a. für militärische Beschaffungen und Materialerhaltung vorgesehen. Auch Ausgaben, z. B. in den Bereichen Bildung, Wissenschaft und Forschung, obwohl zum Teil konsumtiv veranschlagt, werden im ökonomischen Sinne investive Wirkungen entfalten und die Leistungsfähigkeit der deutschen Wirtschaft stärken. Auch außerhalb des Bundeshaushalts leistet der Bund Investitionen über seine Sondervermögen (z. B. den Energie- und Klimafonds, das Sondervermögen Digitale Infrastruktur), die aus Bundesmitteln und aus externen Finanzierungsquellen (Zertifikate- und Frequenzerlöse) finanziert werden. Zudem werden im Haushaltsvollzug Investitionen auch aus gebildeten Ausgaberesten finanziert, ohne im Haushalt veranschlagt zu sein. Die Bundesregierung unterstützt darüber hinaus die Investitionstätigkeit von Ländern und Kommunen. So trägt der Bund z. B. im Rahmen des Kommunalinvestitionsförderungsgesetzes bereits mit insgesamt 7 Mrd. Euro spezifisch zur Erhöhung der Investitionstätigkeit finanzschwacher Kommunen bei. Aber auch in den Bereichen der sozialen Sicherung, der Familie, der Bildung und Forschung sowie der Migration werden Länder und Kommunen umfassend entlastet, z. B. von den Ausgaben für die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung, durch die Drucksache 19/12035 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/12035 Bundesbeteiligung an den Kosten der Unterkunft und Heizung, durch den Hochschulpakt oder das BAföG. Der Bundesregierung liegen keine Informationen darüber vor, inwiefern Länder und Kommunen hierdurch frei gewordene Mittel für investive Zwecke nutzen. a) Wie groß ist nach Einschätzung der Bundesregierung die öffentliche Investitionslücke bei Bund, Ländern und Kommunen gemessen an der Sicherung des öffentlichen Vermögens bzw. Kapitalstocks und stabilen Nettoinvestitionen ? Die Bundesregierung stellt keine Berechnungen zur Schätzung einer Investitionslücke bei Bund, Ländern und Kommunen an. Weder die europäischen Haushaltsregeln noch die Schuldenregeln des Bundes und der Länder schreiben ein Mindestniveau von (Netto-)Investitionen zur Sicherung des öffentlichen Kapitalstocks vor. Die staatlichen Nettoinvestitionen bezeichnen die staatlichen Investitionen, die über den Ersatz des Kapitalverzehrs hinausgehen. Sie werden berechnet als staatliche Bruttoinvestitionen abzüglich der staatlichen Abschreibungen. Die Aussagekraft von Nettoinvestitionen wird in der ökonomischen Literatur unterschiedlich diskutiert. Bei einer konjunkturell bedingten Investitionsschwäche werden die Nettoinvestitionen zusätzlich durch hohe Abschreibungsniveaus belastet, die aus einem vorangegangenen Investitionsaufschwung resultieren. Ferner stellen Abschreibungen in der amtlichen Statistik eine Minderung im Wert von Kapitalgütern dar, die von den tatsächlichen altersbedingten Produktivitäts- und Effizienzverlusten von Kapitalgütern abweichen kann. Tabelle 1 dokumentiert die Entwicklung der staatlichen Nettoinvestitionen in jeweiligen Preisen der letzten zehn Jahre. 2017 und 2018 waren die Nettoinvestitionen des Staates positiv und erreichten 2018 ihren höchsten Wert im Beobachtungszeitraum . Der Anteil der staatlichen Nettoinvestitionen am Bruttoinlandsprodukt betrug in diesen Jahren etwa 0,1 Prozent. Tabelle 1: Nettoanlageinvestitionen des Staates sowie ihr Anteil am Bruttoinlandsprodukt (in jeweiligen Preisen) Jahr in Mrd. Euro Anteil am Bruttoinlandsprodukt in Prozent 2009 2,702 0,1 2010 2,857 0,1 2011 2,723 0,1 2012 0,585 0,0 2013 -2,867 -0,1 2014 -4,421 -0,2 2015 -2,520 -0,1 2016 -0,263 0,0 2017 1,891 0,1 2018 3,922 0,1 Quelle: Statistisches Bundesamt, Stand 23. Mai 2019. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/12035 Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/12035 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Die staatlichen Investitionen von Bund, Ländern, Gemeinden und Sozialversicherungen entwickeln sich derzeit weiterhin dynamisch. Die staatlichen Bruttoanlageinvestitionen sind 2018 um 8,3 Prozent gewachsen (2017: +7,5 Prozent). Die Investitionsquote, der Anteil der staatlichen Investitionen am Bruttoinlandsprodukt , lag 2018 mit 2,3 Prozent auf einem hohen Niveau. Seit der Wiedervereinigung wurde dieser Wert in deren Folge lediglich bis zum Jahr 1996 deutlich überschritten sowie (marginal) in den Jahren 1999 und 2009. Investitionshemmnisse, die alle staatlichen Ebenen betreffen dürften, liegen derzeit vor allem bei den Planungs - und Umsetzungskapazitäten. b) In welchen Sektoren und Infrastrukturbereichen und in welcher Höhe besteht nach Auffassung der Bundesregierung besonderer Investitionsbedarf ? Eine Reihe von wissenschaftlichen Langfristprojektionen ermittelt teils umfangreiche Investitionsbedarfe in verschiedenen Bereichen wie Klima- und Energiewende , digitale und Verkehrsinfrastruktur, Wissensinfrastruktur (Bildung, Forschung und Entwicklung), Wohnungsbau sowie im Bereich der kommunalen Infrastruktur . Neben privaten Investitionen, die fast 90 Prozent der gesamtwirtschaftlichen Investitionstätigkeit ausmachen, spielen auch die öffentlichen Investitionen dabei eine zentrale Rolle. Ihre deutliche Ausweitung in der laufenden Legislaturperiode trägt dem Rechnung. c) Erwägt die Bundesregierung eine Weiterentwicklung bzw. einen Ausbau der Bund-Länder-Gemeinschaftsaufgaben, und wenn ja, in welchen Bereichen (www.diw.de/documents/publikationen/73/diw_01.c.621734.de/ diw_aktuell_19.pdf)? Die Gemeinschaftsaufgaben zur „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur “ (GRW) und zur „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ (GAK) werden in Abstimmung von Bund und Ländern (im Unterausschuss der GRW bzw. im Planungsausschuss der GAK) kontinuierlich weiterentwickelt. Als Ergebnisse der Kommission „Gleichwertige Lebensverhältnisse“ sollen darüber hinaus folgende Maßnahmen umgesetzt werden: Die Facharbeitsgruppe 2 „Wirtschaft und Innovation“ der Kommission „Gleichwertige Lebensverhältnisse“ hat vereinbart, nach dem Auslaufen des Solidarpaktes II mit einem gesamtdeutschen Fördersystem die Investitionstätigkeit und die Rahmenbedingungen in wirtschaftlich strukturschwachen Regionen zu unterstützen . Auch die Schlussfolgerungen der drei Vorsitzressorts sprechen sich für ein neues gesamtdeutsches Fördersystem für strukturschwache Regionen aus. Die GRW wird dabei noch mehr auf die Förderung von Innovationen ausgerichtet, um so die Wettbewerbskraft strukturschwacher Regionen zu stärken. Bei den der GRW zugrundliegenden Indikatoren soll zudem eine demografische Komponente in das Indikatorsystem mit einer spürbar höheren Gewichtung eingebaut werden. So können die zukünftigen wirtschaftlichen Entwicklungs- und Erwerbspotenziale in der Region und die Bedeutung des demografischen Wandels einschließlich der Wanderungsbewegungen für die Strukturpolitik angemessen berücksichtigt werden. Im Bereich der ländlichen Entwicklung der GAK soll auf Investitionen in eine erreichbare Grundversorgung in ländlichen Räumen sowie attraktive und lebendige Ortskerne, so auch die Behebung von Gebäudeleerständen, fokussiert werden . Dies wird deutlich positive Wirkungen entfalten, um die Gleichwertigkeit Drucksache 19/12035 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/12035 der Lebensverhältnisse in ländlichen Regionen, die mit besonderen Herausforderungen zu kämpfen haben, d. h. außerhalb der sogenannten „Speckgürtel“, zu schaffen. Dazu wird die Bundesregierung gemeinsam mit den Ländern eine räumliche Abgrenzung unter Einbeziehung von Strukturschwäche-Indikatoren vornehmen und die rechtliche Umsetzung besprechen. 2. Wie bewertet die Bundesregierung die Forderung, die Schuldenbremse „innovations - und wachstumspolitisch“ auszubauen und öffentliche Investitionen , etwa durch die Errichtung eines bundesstaatlichen Vermögenshaushalts , von der Schuldenbremse auszunehmen (https://blog.zeit.de/herdentrieb/ 2019/05/22/schuldenbremse-keine-gute-idee_11294)? Die Bundesregierung sieht zur Zeit keine Veranlassung, die (grund-)gesetzlich verankerte Schuldenregel zu ändern. Mit der Einführung der Schuldenregel hat Deutschland seine Finanzpolitik auf ein tragfähiges Fundament gestellt und die europäisch vereinbarten Obergrenzen für das gesamtstaatliche Finanzierungsdefizit in der Haushaltswirtschaft von Bund und Ländern umgesetzt. 3. Würde die Bundesregierung eine Ausnahme öffentlicher Investitionen von den Defizitregeln des Stabilitäts- und Wachstumspakts unterstützen, wenn diese im Vorhinein von der EU-Kommission alleine oder in Zusammenarbeit der EU-Kommission mit dem jeweiligen Mitgliedstaat festgelegt würden? Gemäß Verordnung (EU) 473/2013 des Two-Packs des Stabilitäts- und Wachstumspakts überwacht die Europäische Kommission, wie sich starke Haushaltszwänge auf wachstumsfördernde öffentliche Ausgaben und auf öffentliche Investitionen auswirken. Der haushaltspolitische Rahmen der Union bietet Möglichkeiten , den Bedarf an produktiven öffentlichen Investitionen mit den Zielen der Haushaltsdisziplin in Einklang zu bringen: Diese Möglichkeiten können unter umfassender Wahrung des Stabilitäts- und Wachstumspakts im Rahmen der präventiven Komponente des Stabilitäts- und Wachstumspakts in vollem Umfang genutzt werden. Die Europäische Kommission hat 2015 einen Vorschlag vorgelegt, der unter anderem Flexibilität im Hinblick auf Investitionen vorsieht. Der Vorschlag wurde von den Mitgliedstaaten in den zuständigen Gremien diskutiert und vom ECOFIN-Rat am 12. Februar 2016 als gemeinsam vereinbarte Position zur Flexibilität innerhalb des Stabilitäts- und Wachstumspakts verabschiedet. Darin wurde festgelegt, dass für Investitionen in Höhe von bis zu 0,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts unter bestimmten Voraussetzungen Ausnahmen bei den Anpassungserfordernissen des strukturellen Defizits auf dem Weg zum mittelfristigen Haushaltsziel gelten. Dieses mittelfristige Haushaltsziel wird gemäß Verordnung (EG) 1466/97 so gewählt, dass es tragfähige öffentliche Finanzen oder einen raschen Fortschritt in Richtung auf eine solche Tragfähigkeit gewährleistet und gleichzeitig einen haushaltspolitischen Spielraum eröffnet, wobei insbesondere der Notwendigkeit von öffentlichen Investitionen Rechnung getragen wird. Um den Einfluss großer Investitionsprojekte zu begrenzen, wird zur Überprüfung der Einhaltung der Ausgabenregel im präventiven Arm der Durchschnitt der öffentlichen Investitionen über einen Zeitraum von vier Jahren herangezogen. Ferner wird bei der Erstellung eines Berichts nach Artikel 126 Absatz 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union, in dem analysiert wird, ob das Defizit den Referenzwert von 3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts überschreitet, berücksichtigt, ob das öffentliche Defizit die öffentlichen Ausgaben für Investitionen übertrifft. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/12035 Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/12035 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 4. Plant die Bundesregierung fiskalische Maßnahmen zur Förderung privater Investitionen, und wenn ja, welche? a) Welche Reformen bei der Unternehmensteuer im Gesellschaftsrecht, bei den Steuersätzen oder bezüglich der Abschreibungsregeln plant die Bundesregierung, um private Investitionen zu fördern (www.spiegel.de/ plus/deutschland-wie-olaf-scholz-einen-konjunktureinbruch-abwendenwill -a-00000000-0002-0001-0000-000161665830)? b) Wie bewertet die Bundesregierung empirisch die Wirksamkeit möglicher Steuersenkungen für Unternehmen zur Stabilisierung und Stärkung der Konjunktur und Belebung privater Investitionen insbesondere vor dem Hintergrund der seit den 1970er Jahren kontinuierlich sinkenden Nettoinvestitionen bei sinkenden Unternehmensteuern und der hohen Liquidität im deutschen Unternehmenssektor sowie der Tatsache, dass der Unternehmenssektor in Deutschland Nettosparer ist, also per Saldo ohne neue Verschuldung anderer Sektoren die Wirtschaft selbst belastet (www. handelsblatt.com/politik/deutschland/wirtschaftsminister-im-interview-jetztist -die-zeit-um-wachstum-anzureizen-altmaier-verspricht-steuerer leichterungen/23849516.html?ticket=ST-1045986-mukFPbUgQGNqhg6 TEKMF-ap3)? Bei ihren fiskalischen Maßnahmen orientiert sich die Bundesregierung an den Erfordernissen einer konjunkturgerechten und zugleich nachhaltigen Finanz- und Steuerpolitik im Einklang mit dem haushaltspolitischen Regelwerk. Die deutschen Unternehmen sind wettbewerbsfähig und erfolgreich auf den internationalen Märkten tätig; auch die Liquiditätssituation und Finanzierungsbedingungen stellen sich weiterhin als günstig dar. Für Unternehmen wird die Bundesregierung wachstumsfreundliche und faire steuerliche Rahmenbedingungen nachhaltig sicherstellen . Die Bundesregierung überprüft laufend das Unternehmensteuerrecht auf Anpassungsbedarf an veränderte Rahmenbedingungen, insbesondere mit Blick auf kleine und mittlere Unternehmen. 5. Welche Effekte hat nach Auffassung der Bundesregierung die aktuelle Eskalation im Handelsstreit zwischen den USA und China auf die Produktion und das Wirtschaftswachstum und den deutschen und europäischen Exportsektor (www.sueddeutsche.de/wirtschaft/trump-china-zoelle-1.4434028)? Die möglichen Effekte von Zöllen lassen sich im Vorfeld nur mit erheblicher Unsicherheit modellieren. Unter anderem hängen die Auswirkungen davon ab, ob die Exporteure oder die Verbraucherinnen und Verbraucher am Ende die Zollinzidenz überwiegend tragen. Auch sind die Auswirkungen auf (internationale) Zulieferketten zu berücksichtigen, wodurch wiederum andere Volkswirtschaften bzw. Sektoren betroffen sein können. Existierende Studien finden begrenzte Effekte einer Eskalation des USA-China- Handelskonflikts für die deutsche Wirtschaft. In verschiedenen Modellrechnungen schaden zusätzliche Zölle vor allem den USA und China selbst, wobei China etwas stärker betroffen wäre. Da beide Länder über große Binnenmärkte verfügen , werden die Effekte abgemildert. Aktuelle Studien des Internationalen Währungsfonds , von Oxford Economics, des ifo Instituts oder der OECD kommen zu folgenden mittelfristigen Auswirkungen: Rückgang des US-Bruttoinlandsprodukts um 0,1 – 0,8 Prozent; Rückgang des chinesischen Bruttoinlandsprodukts um 0,3 – 1,5 Prozent; Rückgang des deutschen Bruttoinlandsprodukts um etwa 0,1 Prozent, teilweise auch minimal positive Auswirkungen durch Umlenkungseffekte . Drucksache 19/12035 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 7 – Drucksache 19/12035 a) Auf welche Höhe beziffern sich laut Bundesregierung der wirtschaftliche Schaden bzw. die finanziellen Einbußen durch mögliche amerikanische Importzölle auf die deutsche Automobilindustrie? Das ifo Institut schätzt anhand von Modellen den langfristigen Effekt von US- Zöllen auf Kfz in Höhe von 25 Prozent in der Studie „Effects of new US auto tariffs on German exports, and on industry valued added around the world“. Demnach ginge die Bruttowertschöpfung in der Automobilindustrie langfristig um 7 Mrd. Euro zurück, was in etwa 0,2 Prozent des deutschen Bruttoinlandsprodukts entspräche. Andere Studien kommen zu ähnlichen Ergebnissen. Dies deckt sich, unter Kenntnis der Unsicherheit der Modelle, mit der Einschätzung der Bundesregierung . b) Welche Maßnahmen erwägt die Bundesregierung einzuleiten, um die Auswirkungen möglicher amerikanischer Importzölle auf die deutsche Automobilindustrie abzufedern? Die Handelspolitik liegt in der Kompetenz der Europäischen Union. Die Europäische -Kommission hat wiederholt erklärt, dass sie auf mögliche amerikanische Importzölle entschlossen und im Einklang mit dem Recht der Welthandelsorganisation reagieren wird. Diese Reaktion schließt Vergeltungszölle ausdrücklich nicht aus. Die Bundesregierung unterstützt das Vorhaben der Europäischen Kommission, Verhandlungen mit den USA auf Grundlage der Juncker/Trump-Vereinbarung und der EU-Verhandlungsmandate (Industriezollabkommen, Konformitätsbewertungsabkommen ) fortzuführen, solange keine Zölle oder Quoten – insbesondere im Automobilsektor – verhängt werden. c) Lassen sich schon heute die Auswirkungen der wiederholten Androhung einer Erhebung von Importzöllen auf europäische Automobilimporte durch die amerikanische Regierung auf den Absatz und das Exportvolumen der deutschen Automobilindustrie messen, und wenn ja, auf welche Höhe belaufen sich etwaige Einbußen? Eine Quantifizierung der Auswirkung von Zollandrohungen hat die Bundesregierung nicht vorgenommen. Aus den aktuellen Statistiken kann die Wirkung der Zollpolitik auf die Pkw-Exporte aus Deutschland in die USA nicht isoliert werden . 6. Wie hat sich der Anteil der Automobilindustrie inkl. Zulieferer am deutschen Bruttoinlandsprodukt nach Kenntnis der Bundesregierung seit 2005 entwickelt (bitte getrennt nach Jahren angeben)? Der Anteil des Wirtschaftszweiges Kfz- und Kfz-Teile an der Bruttowertschöpfung schwankte in den Jahren 2005 bis 2016 (letzter Datenstand) in einer Spanne von 2,6 Prozent bis 4,7 Prozent. Nähere Informationen sind in der Anlage zu finden . Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 7 – Drucksache 19/12035 Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/12035 – 8 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode a) Wie haben sich die Produktion, die Gewinne sowie Auftragseingänge der deutschen Automobilindustrie seit 2005 absolut und relativ in den letzten zwei Jahren entwickelt (bitte getrennt nach Quartal angeben)? Beim Statistischen Bundesamt sind Reihen für die Produktion und die Umsätze in absoluten und relativen Zahlen verfügbar. Die Daten zu den Auftragseingängen werden aus datenschutzrechtlichen Gründen nur als Indexreihe veröffentlicht. Zu den Gewinnen liegen der Bundesregierung keine Daten vor. Nähere Informationen sind in der Anlage zu finden. 7. Welche statistischen Daten zur Bruttowertschöpfung des Dienstleistungssektors für das vierte Quartal 2018 liegen der Bundesregierung heute vor, die laut Antwort des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie zu Frage 1 auf Bundestagsdrucksache 19/9479 den Rückgang der Produktion im produzierenden Gewerbe im gleichen Quartal hätten ausgleichen können? 8. Wie kann der allgemeine Hinweis auf ein höheres Gewicht des Dienstleistungssektors an der Bruttowertschöpfung den eindeutig zu beobachtenden Rückgang der Produktion des produzierenden Gewerbes im vierten Quartal 2018 ausgleichen und das Ausbleiben einer „technischen Rezession“ erklären ? Die Fragen 7 und 8 werden gemeinsam beantwortet. Der Bundesregierung liegen Daten zur Bruttowertschöpfung (BWS) nach Wirtschaftsbereichen vor, die durch das Statistische Bundesamt im Rahmen der Fachserie 18 Reihe 1.3 vierteljährlich veröffentlicht werden. Die Erstveröffentlichung zum vierten Quartal 2018 ist am 22. Februar 2019 erschienen. Aus Tabelle 2.2.2 geht hervor, dass die BWS in den meisten Dienstleistungsbereichen und im Bausektor im Vergleich zum Vorquartal gestiegen ist, wohingegen die BWS im Produzierenden Gewerbe ohne Bau rückläufig war. Besonders stark stieg demnach die BWS im Baugewerbe (+2,2 Prozent) und in den Wirtschaftszweigen Informations - und Kommunikation (+0,6 Prozent) sowie Öffentliche Dienstleister, Erziehung und Gesundheit (+0,4 Prozent). Da die Dienstleistungen insgesamt im Vergleich zum Produzierenden Gewerbe ein mehr als doppelt so großes Gewicht an der gesamten Bruttowertschöpfung haben, konnten die positiven Entwicklungen in diesem Bereich die rückläufige Entwicklung im Produzierenden Gewerbe überkompensieren. Dies führte zu einer geringfügigen Zunahme des Bruttoinlandsprodukts im vierten Quartal 2018 (+0,02 Prozent), so dass eine technische Rezession ausblieb. 9. Wie erklärt sich die Bundesregierung das gegenläufige positive Wachstum des Dienstleistungssektors im vierten Quartal 2018? Welche konkreten Indikatoren für das vierte Quartal liegen der Antwort zu den Fragen 1 und 3 auf Bundestagsdrucksache 19/9479 zu Grunde? Die aktuelle konjunkturelle Schwächephase ist vor allem ein Resultat der schwachen Dynamik des Welthandels und der Weltwirtschaft. Darunter leidet vor allem die exportorientierte deutsche Industrie. Im Gegensatz dazu bleiben wichtige binnenwirtschaftliche Auftriebskräfte weiter intakt: Der anhaltenden Aufschwung am Arbeitsmarkt und steigende Löhne stützen den privaten Konsum. Das niedrige Zinsumfeld sorgt weiterhin für rege Bauinvestitionen. Zusätzliche expansive Impulse zur Stärkung der Binnennachfrage kommen von der Umsetzung vereinbarter Maßnahmen des Koalitionsvertrags. Drucksache 19/12035 – 8 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 9 – Drucksache 19/12035 10. Stimmt die Bundesregierung mit den Aussagen von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron überein, dass das deutsche Wirtschaftsmodell bzw. die starke Abhängigkeit vom Außenhandel im derzeitigen internationalen wirtschaftlichen Kontext nicht zukunftsfähig ist (www.spiegel.de/wirtschaft/ soziales/emmanuel-macron-kritik-am-deutschen-wirtschaftsmodell-a-12649 13.html)? a) Wenn ja, welche politischen Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus dieser Problematik hinsichtlich einer Reform des Beihilfe- und Wettbewerbsrechts, der sozialen Kohäsion und der Verringerung der Exportabhängigkeit der deutschen Wirtschaft? b) Wenn nicht, wie begründet die Bundesregierung ihre anderslautende Position ? Die deutsche Wirtschaft geht 2019 in ihr zehntes Wachstumsjahr. Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer profitieren von einer Rekordbeschäftigung und steigenden Reallöhnen. Laut Statistischem Bundesamt hängen etwa 25 Prozent der Arbeitsplätze in Deutschland vom Export ab (Stand: 2015). Internationale Organisationen gehen davon aus, dass sich das weltwirtschaftliche Umfeld in den nächsten Jahren wieder etwas beleben wird. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 9 – Drucksache 19/12035 Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. An la ge K ra ftw ag en u n d K ra ftw ag en m o to re n P ro d u k ti o n U m sä tz e A u ft ra g se in g ä n g e T sd . E U R O + /- V P i n % T sd . E U R O + /- V P i n % T sd . E U R O + /- V P i n % 1 1 Q 2 0 1 5 4 6 .2 6 1 .4 1 1 5 ,1 4 7 .8 2 7 .1 3 7 3 ,4 ve rtr a u lic he D at en -0 ,3 2 Q 2 0 1 5 4 6 .2 5 8 .2 7 0 0 ,0 4 9 .4 8 5 .4 7 0 3 ,5 2 ,3 3 Q 2 0 1 5 4 6 .2 1 5 .3 0 2 -0 ,1 4 8 .5 9 8 .1 8 0 -1 ,8 -6 ,8 4 Q 2 0 1 5 4 6 .1 7 6 .2 2 1 -0 ,1 4 9 .5 0 8 .2 5 7 1 ,9 0 ,5 1 Q 2 0 1 6 4 6 .9 1 2 .4 9 2 1 ,6 4 7 .5 4 3 .3 7 6 -4 ,0 5 ,3 2 Q 2 0 1 6 4 9 .9 0 8 .3 2 4 6 ,4 5 2 .3 8 7 .6 9 9 1 0 ,2 -0 ,3 3 Q 2 0 1 6 4 5 .7 0 1 .6 9 6 -8 ,4 4 7 .0 2 6 .0 1 8 -1 0 ,2 -0 ,2 4 Q 2 0 1 6 4 5 .0 8 8 .8 8 2 -1 ,3 4 8 .8 3 2 .7 0 8 3 ,8 4 ,3 1 Q 2 0 1 7 4 8 .4 2 4 .3 5 4 7 ,4 4 9 .8 1 9 .5 7 3 2 ,0 -2 ,4 2 Q 2 0 1 7 4 7 .3 8 3 .8 6 1 -2 ,1 5 0 .3 0 3 .6 3 3 1 ,0 3 ,2 3 Q 2 0 1 7 4 6 .8 2 9 .0 2 8 -1 ,2 4 8 .8 8 9 .7 6 0 -2 ,8 2 ,9 4 Q 2 0 1 7 4 6 .3 3 1 .4 7 8 -1 ,1 4 9 .9 7 0 .1 8 1 2 ,2 2 ,1 1 Q 2 0 1 8 4 9 .1 8 3 .7 4 8 6 ,2 4 9 .3 4 3 .0 9 3 -1 ,3 -3 ,7 2 Q 2 0 1 8 5 0 .4 2 1 .1 7 9 2 ,5 5 2 .7 1 0 .6 9 1 6 ,8 -1 ,4 3 Q 2 0 1 8 4 1 .9 1 4 .4 8 1 -1 6 ,9 4 3 .0 3 1 .6 3 7 -1 8 ,4 -5 ,2 4 Q 2 0 1 8 4 4 .7 2 4 .4 4 0 6 ,7 4 6 .9 4 9 .9 4 6 9 ,1 7 ,6 1 Q 2 0 1 9 5 0 .0 6 0 .9 5 1 6 ,6 -5 ,2 1 a u f B a si s e in e r In d e x re ih e Drucksache 19/12035 – 10 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333