Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat vom 30. Juli 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/12101 19. Wahlperiode 01.08.2019 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. André Hahn, Gökay Akbulut, Christine Buchholz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 19/11337 – Überwachung von Migrantenorganisationen V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Migrantenorganisationen unterliegen als sogenannte Ausländervereine besonderen Auskunfts- und Anmeldepflichten gemäß der Durchführungsverordnung zum Vereinsgesetz (VereinsGDV). „Ausländervereine“ sind gemäß § 14 des Vereinsgesetzes Vereine, deren Mitglieder oder Leiter sämtlich oder überwiegend Ausländer aus EU-Drittstaaten sind. Sie müssen über ihre Tätigkeit Auskunft geben und – sofern sie sich politisch betätigen – auch Namen und Anschriften ihrer Mitglieder mitteilen sowie Herkunft und Verwendung ihrer Mittel darlegen (§ 20 VereinsGDV). „Ausländervereine“ sind selbst dann verpflichtet , sich bei der für ihren Sitz örtlich zuständigen Ordnungsbehörde innerhalb von zwei Wochen nach ihrer Gründung anzumelden (§ 19 VereinsGDV), wenn nach bürgerlichem Recht keine Eintragung in das Vereinsregister beim Amtsgericht erfolgt oder beabsichtigt ist. Die auf diese Weise erlangten Informationen werden von den lokal zuständigen Ordnungsbehörden an das Bundesverwaltungsamt übermittelt (§ 22 VereinsGDV) und im Ausländervereinsregister gespeichert. V o r b e m e r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Das Bundesverwaltungsamt (BVA) nimmt Mitteilungen der zuständigen Vereinsbehörden in den Ländern gemäß § 22 der Verordnung zur Durchführung des Gesetzes zur Regelung des öffentlichen Vereinsrechts (VereinsGDV) entgegen. Diese Mitteilungen enthalten Daten gemäß §§ 19 bis 21 VereinsGDV. Danach sind von den sog. Ausländervereinen nach § 14 des Vereinsgesetzes (VereinsG) im Zuge der Anmeldung die Satzung oder, wenn der Verein keine Satzung hat, Angaben über Name, Sitz und Zweck des Vereins, des Weiteren für alle Vereine Namen und Anschriften der Vorstandsmitglieder bzw. der zur Vertretung berechtigten Personen sowie bestehende Teilorganisationen in den Ländern anzugeben (§ 19 Absatz 2 VereinsGDV). Nur auf Ersuchen der zuständigen Vereinsbehörde müssen Ausländervereine ferner über ihre Tätigkeit und, sofern sie sich politisch betätigen, über Namen und Anschriften ihrer Mitglieder bzw. die Herkunft und Verwendung ihrer Mittel Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/12101 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Auskunft geben (§ 20 VereinsGDV). Eingegangene Mitteilungen werden nach Ordnungsnummern abgelegt, neue Ordnungsnummern werden bei der ersten Mitteilung vergeben, weitere Mitteilungen zum selben Verein sodann dieser Ordnungsnummer zugeordnet. Bei dem von den Fragestellern so genannten Ausländervereinsregister handelt es sich somit nicht um eine elektronische Datenbank, sondern um einen Aktenbestand, der Unterlagen zu ca. 15 000 Vereinen enthält. Dies hat zur Konsequenz, dass eine Auswertung entlang spezifischer Fallgruppen bzw. Kategorien nicht bzw. nicht mit verhältnismäßigem Aufwand möglich ist. Der Aktenbestand wird mit Hilfe einer zu Registraturzwecken angelegten Datei verwaltet, die derzeit folgende Merkmale enthält und anhand dieser durchsucht werden kann: Ordnungsnummer (= Blattnummer), Eingangsdatum, aktueller Vereinsname/Sitz des Vereins, zuständige Behörde, Sitz der zuständigen Behörde , Aktenzeichen, Anmeldedatum, Löschdatum, Wiedervorlage, Bundesland, frühere Vereinsnamen, frühere Vereinssitze. Die erfassten Merkmale haben sich über die Jahre hinweg verändert, so dass einheitliche elektronische Auswertungen für den Gesamtbestand nicht für alle Merkmale möglich sind. 1. Nach welchen Kategorien bzw. Vereinszwecken oder Tätigkeitsbereichen werden die beim Bundesverwaltungsamt erfassten Vereine gespeichert? Die eingehenden Meldungen werden nach laufenden Nummern erfasst. Der Gesamtbestand lässt sich teilweise anhand der in der Vorbemerkung der Bundesregierung genannten Merkmale durchsuchen. Auf die dortigen Ausführungen wird insoweit verwiesen. 2. Wie viele Vereine waren von 2009 bis 2019 jeweils zum 1. Januar (oder sonst erhebungsfähigen Stichtag) im Ausländervereinsregister erfasst (bitte nach Bundesländern und, sofern eine solche Einordnung erfolgt, Kategorien bzw. Vereinszwecken oder Tätigkeitsbereichen sowie nach eingetragenen und nicht eingetragenen Vereinen aufschlüsseln)? Zum Stand vom 8. Juli 2019 waren 14 833 Vereine erfasst. In der zu Registraturzwecken angelegten Datei werden Länder erst bei Neumeldungen ab 2003 erfasst. Eine Durchsuchung des Bestands nach abgegrenzten Zeitabschnitten ist nicht möglich. Zur Abklärung der Fragestellung wäre der gesamte Aktenbestand intensiv durchzuarbeiten. Eine nicht automatisierte Auswertung würde ca. 3 Minuten pro Verein erfordern. Insgesamt ist danach auf der Grundlage dieser sehr vorsichtig geschätzten Zahlen ein Arbeitsaufwand von mindestens 93 Personentagen anzusetzen , den das Bundesverwaltungsamt nicht zu leisten vermag. Nach Maßgabe der einschlägigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. u. a. BVerfGE 124, 161, 197) ist der Aufwand zur Beantwortung der Anfrage – auch unter Berücksichtigung der Möglichkeit einer Fristverlängerung – unzumutbar. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/12101 Für die Vereine, für die das Land erfasst ist, ergibt sich folgende Verteilung: Land Anzahl der registrierten Vereine Baden-Württemberg 452 Bayern 730 Berlin 617 Brandenburg 8 Bremen 106 Hamburg 195 Hessen 326 Mecklenburg-Vorpommern 24 Niedersachsen 259 Nordrhein-Westfalen 1.644 Rheinland-Pfalz 110 Saarland 24 Sachsen 29 Sachsen-Anhalt 29 Schleswig-Holstein 41 Thüringen 12 Eine weitere Aufschlüsselung ist nicht möglich, hierzu wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung sowie auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. 3. Wie viele der zum 1. Januar 2019 (oder sonst erhebungsfähigen Stichtag) im Ausländervereinsregister erfassten Vereine sind „politisch“ i. S. d. § 20 Absatz 1 Nummer 2 VereinsGDV? Eine Aufschlüsselung im Sinne der Fragestellung ist mit vertretbarem Aufwand nicht möglich. Hierzu wird zunächst auf die Vorbemerkung der Bundesregierung und die Antwort zu Frage 2 verwiesen. Eine händische Auswertung des gesamten Aktenbestands würde ca. 3 Minuten je Mitteilung erfordern. Die Zahl von 14 833 erfassten Vereinen (siehe Antwort zu Frage 2) gibt dabei die Mindestanzahl auszuwertender Vorgänge an. Da zu einem Verein im Einzelfall auch mehrere Mitteilungen vorliegen können, läge die tatsächliche Zahl der auszuwertenden Vorgänge noch deutlich höher. 4. Nach welchen Kriterien erfolgt die Einstufung eines Vereins als „politisch“ i. S. d. § 20 Absatz 1 Nummer 2 VereinsGDV? Ein Verein ist „politisch“ im Sinne der Fragestellung, wenn er sich politisch betätigt . Insofern wird auf den entsprechenden Begriff zur politischen Betätigung von Ausländern in § 47 des Aufenthaltsgesetzes verwiesen. Der Vollzug des Vereinsgesetzes , insbesondere Meldungen und Auskunftsersuchen im Sinne der §§ 19 bis 21 VereinsGDV, obliegt den Ländern. Die Länder entscheiden dabei auch über das Vorliegen der Anforderungen nach § 20 VereinsGDV. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/12101 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 5. Wird bei der Speicherung im Ausländervereinsregister nach der politischen Ausrichtung differenziert, und sofern zutreffend, nach welchen Kategorien? Eine Differenzierung im Sinne der Fragestellung erfolgt nicht, hierzu wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. 6. Auf welcher Rechtsgrundlage wird das Ausländervereinsregister geführt, bzw. ist die Bundesregierung der Ansicht, dass § 22 VereinsGDV eine für die Führung des Ausländervereinsregisters erforderliche Regelungsdichte aufweist? Die Bundesregierung sieht diesbezüglich keine Bedenken (siehe die Antworten zu den Fragen 12 und 13). Rechtsgrundlage ist § 19 Nummer 4 VereinsG in Verbindung mit § 22 VereinsGDV. 7. Hat die Bundesregierung Kenntnis darüber, ob muslimische Vereine allein wegen ihrer religiösen Ausrichtung zur Anmeldung bei der zuständigen Ordnungsbehörde aufgefordert werden (vgl. https://mediendienst-integration.de/ artikel/muslim-gleich-einwanderer.html, zuletzt abgerufen am 17. Mai 2019), und wenn ja, welche, und wie bewertet die Bundesregierung diesen Vorgang ? Der Bundesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. Der Vollzug des Vereinsgesetzes , insbesondere Meldungen und Auskunftsersuchen im Sinne der §§ 19 bis 21 VereinsGDV, obliegt den Ländern (siehe die Antwort zu Frage 4), deren Praxis von der Bundesregierung nicht kommentiert wird. Sie weist ferner darauf hin, dass die von den Fragestellern zitierte Quelle auf den 3. Oktober 2013 datiert ist und sich im Ausgangspunkt auf einen Vorgang im September 2012 bezieht , so dass daraus keine Schlussfolgerungen auf die aktuelle Praxis der Länder gezogen werden können. 8. Wie viele Personen waren von 2009 bis 2019 jeweils zum 1. Januar (oder sonst erhebungsfähigen Stichtag) als Mitglied gemäß § 20 Absatz 1 Nummer 2a VereinsGDV bzw. als Vorstandsmitglied oder zur Vertretung berechtigte Person gemäß § 19 Absatz 2 Nummer 2 VereinsGDV im Ausländervereinsregister erfasst (bitte nach Bundesländern aufschlüsseln)? Eine Auswertung nach den gewünschten Kategorien ist mit vertretbarem Aufwand nicht möglich. Hierzu wird zunächst auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. Eine händische Auswertung des gesamten Aktenbestands würde mindestens 3 Minuten je Meldung erfordern (vgl. die Antworten zu den Fragen 2 und 3). 9. Wie viele der zum 1. Januar 2019 (oder sonst erhebungsfähigen Stichtag) im Ausländervereinsregister erfassten Personen sind deutsche Staatsbürger und wie viele sind Angehörige von EU-Mitgliedstaaten bzw. von EU-Drittstaaten ? Eine Auswertung nach den gewünschten Kategorien ist nicht möglich, da die Staatsangehörigkeit der erfassten Personen nicht Gegenstand der Mitteilungen der zuständigen Vereinsbehörden in den Ländern ist (siehe Vorbemerkung der Bundesregierung). Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/12101 10. Welche Schlüsse zieht die Bundesregierung aus der Pflicht politischer Vereine zur Preisgabe von Mitgliederlisten im Hinblick auf Nummer 167 der Leitlinien zur Vereinigungsfreiheit von ODIHR/OSZE und „Venedig-Kommission “ des Europarats? Nach Ansicht der Bundesregierung erwächst aus der zitierten Ziffer 167, die sich nicht auf die Leitlinien zur Vereinigungsfreiheit von ODIHR/OSZE und Venedig -Kommission selbst, sondern auf Textstellen in den „interpretative notes“ bezieht , kein Handlungsbedarf. Die deutsche Rechtslage entspricht den Principles 9 und 10 der Leitlinien zur Vereinigungsfreiheit von ODIHR/OSZE, wonach Einschränkungen der Vereinigungsfreiheit zulässig sind, wenn ein dort näher konkretisiertes öffentliches Interesse oder der Schutz von Grundrechten Dritter diese erfordern und die Verhältnismäßigkeit gewahrt ist. Auch die genannte Ziffer 167 der „interpretative notes“ stellt kein absolutes Verbot auf, sondern problematisiert lediglich die Konstellation einer voraussetzungslosen Mitteilungspflicht („general obligation“). Eine solche ist in § 20 VereinsGDV, der die Auskunftspflicht an die politische Betätigung knüpft, jedoch nicht angelegt. 11. Werden Informationen zu deutschen Vereinsmitgliedern bei der Datenverarbeitung anders gehandhabt als Informationen zu Vereinsmitgliedern mit Staatsangehörigkeiten aus EU-Mitgliedstaaten bzw. aus EU-Drittstaaten? Im in der Vorbemerkung der Bundesregierung geschilderten Übermittlungsprozess ist eine Differenzierung nach Staatsangehörigkeiten nicht angelegt, es gibt insofern keine Unterschiede. Ergänzend wird auf die Antwort zu Frage 9 verwiesen . 12. Welche Bedenken hat die Bundesregierung im Hinblick auf die allgemeine Handlungsfreiheit aus Artikel 2 Absatz 1 des Grundgesetzes hinsichtlich der Speicherung der Daten von Mitgliedern politischer Vereine? Das aus Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 1 Absatz 1 des Grundgesetzes (GG) folgende Recht auf informationelle Selbstbestimmung gewährleistet die Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner persönlichen Daten zu bestimmen. Einschränkungen sind nur im überwiegenden Allgemeininteresse zulässig und bedürfen einer verfassungsgemäßen gesetzlichen Grundlage, die hinreichend bestimmt sein und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Rechnung tragen muss. Das die spezifischen Datenübermittlungspflichten sog. Ausländervereine begründende Allgemeininteresse lässt sich aus der besonderen Gefahr herleiten, dass Deutschland in politische Auseinandersetzungen verstrickt wird, die andere Staaten betreffen, und dass hierdurch innen- wie außenpolitische Belange der Bundesrepublik Deutschland oder ihrer Länder verletzt werden (BVerwG, Beschluss vom 14. November 1986 – Az. 1 CB 80/86, Rn. 14, zitiert nach juris; ferner Begründung zum VereinsG, Bundestagsdrucksache IV/430, S. 23). Die mit der Übermittlung dieser Daten verbundene Eingriffstiefe in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung ist demgegenüber von Gerichten als weniger gewichtig erachtet worden (VGH München, Beschluss vom 8. April 2005, Az. 4 CS 04.3266, Rn. 18, zitiert nach juris). Die Auskunft über Daten von Mitgliedern ist auf Verlangen der zuständigen Behörde zu geben (§ 19 Nummer 4 VereinsG i. V. m. § 20 Absatz 1 VereinsGDV, siehe auch Nummer 2 Buchstabe a dort); die Entscheidung über die Erhebung von Daten der Mitglieder sog. Ausländervereine steht somit im pflichtgemäßen Ermessen der zuständigen Behörde. Bei dessen Ausübung hat sie Nachteile, die sich Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/12101 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode aus der Auskunftserteilung für den Verein und seine Mitglieder ergeben, zu berücksichtigen und gegen das öffentliche Interesse an der Auskunftserteilung – d. h. die mögliche Beeinträchtigung innen- wie außenpolitischer Belange der Bundesrepublik Deutschland oder ihrer Länder – abzuwägen (BVerwG, a. a. O., Rn. 13 f., zitiert nach juris). Im Hinblick auf das Recht auf informationelle Selbstbestimmung sieht die Bundesregierung daher bezüglich der Speicherung der Daten von Mitgliedern politischer Vereine keine Bedenken. 13. Welche Bedenken hat die Bundesregierung im Hinblick auf die verfassungsrechtlich geschützte Vereinigungsfreiheit bei der Speicherung der Daten von Mitgliedern mit deutscher Staatsangehörigkeit? Im Hinblick auf die verfassungsrechtlich geschützte Vereinigungsfreiheit sieht die Bundesregierung bezüglich der Befugnis zur Speicherung der Daten von deutschen Mitgliedern politischer Ausländervereine keine Bedenken. Die Mitgliedschaft deutscher Staatsangehöriger in inländischen Vereinigungen ist von der Vereinigungsfreiheit nach Artikel 9 Absatz 1 GG geschützt, die Mitgliedschaft von Ausländern ist Bestandteil der allgemeinen Handlungsfreiheit nach Artikel 2 Absatz 1 GG. Die Vereinigungsfreiheit bedarf der gesetzlichen Ausgestaltung, insbesondere zur rechtlichen Ermöglichung eines eigenständigen Wirkens der Vereinigung im Rechtsverkehr. Im Schutzbereich des Artikels 9 Absatz 1 GG ist eine Vorschrift nur dann verfassungsmäßig , wenn die Interessen des Gemeinwohls, die der Staat zum Schutz anderer Rechtsgüter wahrnimmt, der Intensität des Eingriffs in die Vereinsfreiheit an Gewicht entsprechen (BVerfGE 84, 372, 378 f.). Diese Voraussetzungen sind bei der Entscheidung über die Speicherung der Daten der (deutschen) Mitglieder einzuhalten. Das Bundesverwaltungsgericht hat hierzu festgestellt, dass die deutschen Mitglieder eines Ausländervereins die dort gegebenen erweiterten Möglichkeiten der behördlichen Kontrolle ebenso hinnehmen müssten wie die anderen Vereinsmitglieder und Artikel 9 Absatz 1 GG dem nicht entgegenstehe (BVerwG, a. a. O., Rn. 18, zitiert nach juris; ferner Begründung zum VereinsG, Bundestagsdrucksache IV/430 S. 22). 14. Welche Daten zu den erfassten Personen werden gespeichert? Es wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. 15. Wie können von der Informationsübermittlung gemäß § 22 VereinsGDV betroffene Vereine und Personen Auskunftsansprüche geltend machen? Eine betroffene Person kann gemäß Artikel 15 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2016/679 vom 27. April 2016 (Datenschutz-Grundverordnung, DSGVO) von dem Verantwortlichen verlangen, dass ihr eine Bestätigung erteilt wird, ob betreffende personenbezogene Daten verarbeitet werden. Ist dies der Fall, hat sie ein Recht auf Auskunft über diese personenbezogenen Daten und die in Artikel 15 Absatz 1 DSGVO aufgeführten Informationen. Verantwortlicher ist gemäß Artikel 4 Nummer 7 DSGVO die natürliche oder juristische Person, Behörde, Einrichtung oder andere Stelle, die allein oder gemeinsam mit anderen über die Zwecke und Mittel der Verarbeitung von personenbezogenen Daten entscheidet. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 7 – Drucksache 19/12101 Im Falle der Übermittlung personenbezogener Daten gemäß § 22 VereinsGDV und Verarbeitung durch das BVA ist dieses Verantwortlicher, so dass ein entsprechendes Auskunftsbegehren an das BVA gerichtet werden kann. 16. Wie können von der Informationsübermittlung gemäß § 22 VereinsGDV betroffene Vereine und Personen Berichtigungs- bzw. Löschungsansprüche geltend machen? Gemäß Artikel 16 DSGVO haben die von einer Informationsübermittlung nach § 22 VereinsGDV betroffenen Personen das Recht, von dem Verantwortlichen die Berichtigung unrichtiger personenbezogener Daten zu verlangen. Gemäß Artikel 17 DSGVO hat die betroffene Person unter bestimmten Voraussetzungen ein Recht auf Löschung der sie betreffenden personenbezogenen Daten. Wer Verantwortlicher einer Datenverarbeitung ist, bestimmt sich gemäß Artikel 4 Nummer 7 DSGVO (siehe auch Ausführungen in der Antwort zu Frage 15). Grundsätzlich sind die Behörden der Länder bei dem Vollzug des VereinsG und der Verarbeitung personenbezogener Daten Verantwortliche. Nach der Übermittlung der Daten gemäß § 22 VereinsGDV ist auch das BVA Verantwortlicher, soweit es personenbezogene Daten verarbeitet. Vereine sind keine natürlichen Personen und können daher die Rechte aus den Artikeln 16, 17 DSGVO nicht geltend machen. 17. Wie lange und auf welcher Rechtsgrundlage werden Daten von Vereinen gespeichert , die nicht länger die Voraussetzungen des § 14 des Vereinsgesetzes erfüllen, etwa weil deren „Mitglieder oder Leiter“ nicht mehr „sämtlich oder überwiegend Ausländer“ sind? 18. Wie lange und auf welcher Rechtsgrundlage werden Daten von Vorstandsmitgliedern oder der zur Vertretung berechtigten Personen von Vereinen nach § 19 Absatz 2 Nummer 2 VereinsGDV gespeichert, die nicht länger die Voraussetzungen des § 14 des Vereinsgesetzes erfüllen, etwa weil deren „Mitglieder oder Leiter“ nicht mehr „sämtlich oder überwiegend Ausländer“ sind? 19. Wie lange und auf welcher Rechtsgrundlage werden Daten von Mitgliedern von Vereinen gespeichert, die aufgelöst wurden, nicht mehr „politisch“ i. S. d. § 20 Absatz 1 Nummer 2 VereinsGDV oder keine „Ausländervereine “ mehr i. S. d. § 14 des Vereinsgesetzes sind? Die Fragen 17 bis 19 werden zusammen beantwortet. Die Befugnis zur Verarbeitung personenbezogener Daten ergibt sich aus § 3 des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG), gegebenenfalls in Verbindung mit § 22 Absatz 1 BDSG, unter den dort genannten Voraussetzungen. Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe e DSGVO sieht vor, dass personenbezogene Daten so lange gespeichert werden dürfen, wie es für die Zwecke, für die sie verarbeitet werden, erforderlich ist. Liegt einer der in Artikel 17 Absatz 1 DSGVO genannten Gründe vor, etwa weil die Daten für die Zwecke, für die sie erhoben oder auf sonstige Weise verarbeitet wurden, nicht mehr erforderlich sind, kann die betroffene Person von dem Verantwortlichen die Löschung verlangen, vgl. Artikel 17 DSGVO. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/12101 – 8 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 20. Wie viele Vereine waren 2019, 2018, 2017 und 2016 jeweils von Auskunftsersuchen durch bzw. Spontanübermittlungen an das Bundesamt für Verfassungsschutz betroffen, und wie viele dieser Vereine waren „politisch“ i. S. d. § 20 Absatz 1 Nummer 2 VereinsGDV? Es besteht keine elektronische Datenbank, die eine Auswertung nach den gewünschten Kriterien ermöglicht (siehe Vorbemerkung der Bundesregierung). Im Jahr 2019 gab es durch das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) keine Ersuchen um Übermittlung von Daten (Stand: 8. Juli 2019). Im Jahr 2018 wurden durch das BfV 27 Auskunftsersuchen, 2017 13 Auskunftsersuchen und 2016 vier Auskunftsersuchen gestellt. An das BfV werden jeweils bei Eingang der entsprechenden Mitteilung aus den Ländern Daten zu kurdischen Vereinen ohne besonderes Ersuchen übermittelt. Weitere Spontanübermittlungen erfolgen nicht. 21. Welche anderen Bundes- und Landesbehörden hatten 2019, 2018, 2017 und 2016 jeweils Zugriff auf die im Ausländervereinsregister gespeicherten Daten , durch Spontanübermittlungen oder eigenes Ersuchen, und auf welcher Rechtsgrundlage erfolgte die Informationsübermittlung? Nur das BVA hat unmittelbaren Zugriff auf den Bestand. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 20 verwiesen. Übermittlungen zu den kurdischen Vereinen erfolgen außer an das BfV auch an das Bundeskriminalamt (BKA). Übermittlungsbefugnisse des BVA und Erhebungsbefugnisse des BfV bzw. des BKA ergeben sich unter den dort genannten Voraussetzungen aus §§ 17 ff., insbesondere § 18 Absatz 1 des Bundesverfassungsschutzgesetzes bzw. § 9 Absatz 1, 2 und 4 des Bundeskriminalamtgesetzes, ergänzend aus § 25 Absatz 1 in Verbindung mit § 23 Absatz 1 Nummer 3 und 4 BDSG bzw., soweit es sich um Daten i. S. v. Artikel 9 Absatz 1 DSGVO handelt, aus § 25 Absatz 1 in Verbindung mit § 23 Absatz 2, § 23 Absatz 1 Nummer 3 und 4, § 22 Absatz 1 BDSG bzw. Artikel 9 Absatz 2 DSGVO. 22. Wie werden Daten der Vereine, ihrer Mitglieder bzw. Leitungspersonen bei den Bundes- oder Landesbehörden, an die eine Übermittlung erfolgt, verarbeitet ? Unter Beachtung der einschlägigen rechtlichen Vorgaben (vgl. Antwort zu Frage 21 in Bezug auf die Übermittlung vom BVA an BfV und BKA) unterliegt eine etwaige Datenverarbeitung stets einer Einzelfallprüfung, so dass eine generelle Beantwortung nicht möglich ist. Grundsätzlich ist bei der Datenverarbeitung insbesondere deren Erforderlichkeit zu berücksichtigen, die wiederum maßgeblich von dem jeweiligen Zweck der Datenverarbeitung und -übermittlung abhängig ist. 23. In welchem Umfang wurden 2019, 2018, 2017 und 2016 Daten aus dem Ausländervereinsregister an Interpol, Europol oder Behörden anderer Staaten übermittelt? Das BVA übermittelt keine Daten an die genannten Stellen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 9 – Drucksache 19/12101 24. Welche Verknüpfungen bestehen zwischen Ausländervereinsregister und Ausländerzentralregister? Das von den Fragestellern so genannte Ausländervereinsregister und das Ausländerzentralregister werden wie zahlreiche andere Register der Bundesverwaltung vom BVA betrieben. Es bestehen keine Verknüpfungen technischer oder inhaltlicher Art zwischen den beiden Registern. 25. Welche Schritte hält die Bundesregierung ggf. für erforderlich, um eine Vereinbarkeit der besonderen Auskunfts- und Anmeldepflichten von Migrantenorganisationen mit dem Diskriminierungsverbot des Grundgesetzes zu gewährleisten ? Nach Artikel 3 Absatz 3 Satz 1 GG darf niemand wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Eine Differenzierung nach der Staatsangehörigkeit und damit eine Sonderbehandlung von Ausländern wird von keinem der Kriterien des Artikel 3 Absatz 3 GG erfasst (BVerfGE 130, 240, 255); insoweit ist Artikel 3 Absatz 1 GG einschlägig. Artikel 3 Absatz 1 GG verwehrt dem Gesetzgeber nicht alle Differenzierungen. Diese bedürfen jedoch stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Differenzierungsziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind. Dabei gilt ein stufenloser, am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierter verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab, dessen Inhalt und Grenzen sich nicht abstrakt, sondern nur nach den jeweils betroffenen unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereichen bestimmen lassen (BVerfGE 137, 1, 20, Rn. 47). Die in der Antwort zu Frage 12 dargelegten Regelungsziele der §§ 19 bis 21 Vereins GDV – namentlich die Verhinderung möglicher Beeinträchtigungen innenwie außenpolitischer Belange der Bundesrepublik Deutschland oder ihrer Länder – bieten einen hinreichenden sachlichen Grund für die Auferlegung besonderer Auskunfts- und Anmeldepflichten in Bezug auf sog. Ausländervereine. 26. Welche Schlüsse zieht die Bundesregierung aus Nummer 139 und Nummer 141 der Leitlinien zur Vereinigungsfreiheit von ODIHR/OSZE und „Venedig-Kommission“ des Europarats im Hinblick auf die besonderen Auskunfts- und Anmeldepflichten von Migrantenorganisationen? Nach Ansicht der Bundesregierung erwächst aus den zitierten Ziffern 139 und 141, die sich nicht auf die Leitlinien zur Vereinigungsfreiheit von ODIHR/OSZE und Venedig-Kommission selbst, sondern auf Textstellen in den „interpretative notes“ beziehen, kein Handlungsbedarf. Die deutsche Rechtslage ist mit den genannten Textstellen in den „interpretative notes“ vereinbar. Aus den Antworten zu den Fragen 12 und 25 ergibt sich, dass die von sog. Ausländervereinen zu erfüllenden besonderen Auskunfts- und Anmeldepflichten gerechtfertigte Einschränkungen der Vereinigungsfreiheit, auch mit Blick auf eine Ungleichbehandlung gegenüber Inländervereinen, darstellen. Ziffer 140 der zitierten „interpretative notes“ rekurriert im Übrigen auf Artikel 16 EMRK, dem zufolge die politische Betätigung von ausländischen Staatsangehörigen Beschränkungen des regelnden Konventionsstaats unterworfen werden kann. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333