Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz vom 31. Juli 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/12106 19. Wahlperiode 01.08.2019 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Roman Müller-Böhm, Stephan Thomae, Grigorios Aggelidis, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/11707 – Haushaltsmittel für das Einheitliche Patentgericht V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Neben einem Einheitlichen Patent streben mehrere Mitgliedstaaten der europäischen Union, darunter Deutschland und das Vereinte Königreich, ein Einheitliches Patentgericht (EPG) an. Die EU-Verordnungen Nr. 1257/2012 und Nr. 1260/2012 zur Schaffung des Einheitlichen Patentsystems sind am 20. Januar 2013 in Kraft getreten, finden aber erst ab dem Tag Anwendung, an dem das EPG-Übereinkommen in Kraft tritt, d. h. nach Hinterlegung von 13 Ratifikationsurkunden , darunter auch notwendigerweise die Ratifikationsurkunde Deutschlands und Großbritanniens. Für die Errichtung eines Einheitlichen Patentgerichts ist somit die Ratifizierung durch die entsprechenden Länder notwendig . 16 Mitgliedstaaten haben das Übereinkommen bereits ratifiziert (www. consilium.europa.eu/en/documents-publications/treaties-agreements/agreement/? id=2013001). Trotz des drohenden Austritts Großbritanniens aus der Europäischen Union, wurde das Übereinkommen auch vom Vereinten Königreich unterzeichnet . Die notwendige Ratifizierung steht bislang noch von der Bundesregierung aus. Nachdem bezüglich dieser vor dem Bundesverfassungsgericht Beschwerde erhoben wurde, hat der Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier die Ausfertigung der Gesetze bis auf Weiteres ausgesetzt. Nichtsdestoweniger wurden seit 2015 in den Haushaltsplänen Mittel bezüglich eines Einheitlichen Patentgerichts veranschlagt und 2015 in Höhe von 544 000 Euro ausgegeben (www.bundeshaushalt.de/fileadmin/de.bundeshaushalt/content_de/dokumente/ 2017/soll/Gesamt_Haushalt_2017_mit_HG.pdf – PDF-Seite: 786; Haushaltstitel 687 03 -059; Ist 2015: 544 000 Euro). Es stellt sich die Frage, wofür diese Mittel ausgegeben wurden, obgleich das Ratifizierungsverfahren noch nicht abgeschlossen und ein Ausgang der Verfassungsbeschwerde noch ungewiss ist. V o r b e m e r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Die Bundesregierung weist zum besseren Verständnis der Bedeutung der europäischen Patentreform auf Folgendes hin: Die seit Jahrzehnten angestrebte Reform zur Schaffung eines einheitlichen Patentschutzes in Europa ist im Dezember 2012 bzw. Februar 2013 erfolgreich verabschiedet worden. Zu den Kernbestandteilen Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/12106 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode des einheitlichen Patentschutzes gehört die Schaffung eines europäischen Patents mit einheitlicher Wirkung für Erfindungen in Europa. Aufgrund der Verordnungen (EU) Nr. 1257/2012 und Nr. 1260/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2012 über die Umsetzung der verstärkten Zusammenarbeit im Bereich der Schaffung des einheitlichen Patentschutzes können Anmelder zukünftig mit Wirkung für alle teilnehmenden EU-Mitgliedstaaten ein europäisches Patent mit einheitlicher Wirkung erlangen. Das europäische Patent mit einheitlicher Wirkung tritt neben das Patent, das bisher als „europäisches Patent“ vom Europäischen Patentamt nach dem Europäischen Patentübereinkommen vom 5. Oktober 1973 (EPÜ) erteilt wurde und auch weiterhin erteilt werden kann. Auf der Grundlage des am 19. Februar 2013 von der Bundesrepublik Deutschland unterzeichneten völkerrechtlichen Übereinkommens über ein Einheitliches Patentgericht (ABl. C 175 vom 20. Juni 2013, S. 1, im Folgenden: Übereinkommen) soll ein Einheitliches Patentgericht errichtet werden. Dieses wird künftig mit einheitlicher Wirkung in Streitigkeiten u. a. über Patente, die vom Europäischen Patentamt erteilt worden sind, sowie über ergänzende Schutzzertifikate entscheiden. Das Übereinkommen sieht als Eingangskammern dezentral in den Vertragsmitgliedstaaten angesiedelte Lokalkammern bzw. bei Zusammenschluss mehrerer Mitgliedstaaten Regionalkammern sowie eine Zentralkammer vor. Die Zentralkammer soll ihren Sitz in Paris mit Abteilungen in München und London haben. Das Berufungsgericht hat seinen Sitz in Luxemburg. Für die Bundesrepublik Deutschland ist die Errichtung von vier Lokalkammern in Düsseldorf, Hamburg, Mannheim und München geplant. Mit der Schaffung des europäischen Patents mit einheitlicher Wirkung und dem Einheitlichen Patentgericht wird der Schutz von Erfindungen erleichtert, kostengünstiger und die gerichtliche Durchsetzung sowohl für bereits bestehende europäische Patente als auch das europäische Patent mit einheitlicher Wirkung optimiert . Zukünftig unterliegt dieser Patentschutz einem einzigen einheitlichen Gerichtsverfahren für ganz Europa. Bisher bestehende kostenträchtige Übersetzungserfordernisse für die Geltung eines Patents in anderen Ländern werden vollständig entfallen. Insbesondere die deutsche innovative Industrie wird von dem Patentpaket profitieren. Rund 40 Prozent aller in Europa vom Europäischen Patentamt erteilten europäischen Patente entfallen auf deutsche Anmelder. 1. Welche Auswirkungen hat nach Ansicht der Bundesregierung der bevorstehende Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union auf das Übereinkommen über ein Einheitliches Patentgericht? 2. Hat die Bundesregierung bereits für den Fall, dass Großbritannien die Europäische Union verlässt und eine Ratifizierung des Übereinkommens in der aktuellen Form nicht mehr möglich ist, ein weiteres Vorgehen geplant? Wenn ja, wie sieht dieses weitere Vorgehen aus? Die Fragen 1 und 2 werden wegen des Sachzusammenhanges gemeinsam beantwortet . Die Frage des Austritts des Vereinigten Königreiches aus der Europäischen Union (sogenannter Brexit) und dessen Auswirkungen auf die europäische Patentreform spielen eine wichtige Rolle beim weiteren Implementierungsprozess des Übereinkommens über ein Einheitliches Patentgericht. Es müssen die tatsächlichen und rechtlichen Auswirkungen eines Austrittes im Hinblick auf das Übereinkommen geprüft und auf europäischer Ebene abgestimmt werden. Diese Meinungsbildung ist derzeit noch nicht abgeschlossen, nicht zuletzt weil wesentliche Faktoren des voraussichtlichen Austritts derzeit noch nicht bekannt sind. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/12106 3. Wie begründet es die Bundesregierung, dass Haushaltsmittel unter der Bezeichnung „Beitrag zu den laufenden Kosten des Einheitlichen Patentgericht “ mit der Nummer 687 03 -059 i 2015 ausgegeben wurden, obwohl ein solches nicht ratifiziert wurde? a) Wozu wurden die im Haushaltsplan veranschlagten finanziellen Mittel im Jahr 2015 (544 000 Euro) bezüglich eines Einheitlichen Patentgerichts konkret verwendet? Die Fragen 3 und 3a werden gemeinsam beantwortet. Das Übereinkommen sieht in seinem Artikel 89 vor, dass es vier Monate nach der Ratifikation durch 13 Staaten, darunter Deutschland, Frankreich und das Vereinigte Königreich, in Kraft tritt. Bereits in der Vorbereitungsphase fallen Ausgaben an, die erforderlich sind, um zu gewährleisten, dass das Einheitliche Patentgericht von Beginn an arbeitsfähig ist. Dazu gehört unter anderem die Entwicklung , Einrichtung und der Testbetrieb eines IT-Systems, das ein Gerichtssystem mit zahlreichen Standorten in Europa vernetzen soll. Hierzu war und ist die Erstellung eines Projektplans und die Beauftragung externer Dienstleister erforderlich . Da das Einheitliche Patentgericht als Rechtsperson noch nicht besteht und damit ein für eine Auftragsvergabe notwendiger Rechtsträger bislang fehlt, hatte sich in der Vergangenheit das Vereinigte Königreich bereit erklärt, für die Vertragsmitgliedstaaten die notwendigen Aufträge zu vergeben und durchzuführen und wegen der erheblichen Ausgaben in Vorleistung zu gehen. Der größte Anteil der Vorleistungen wurde notwendig für den zunächst unter Leitung des Vereinigten Königreiches und inzwischen unter der Leitung von Luxemburg geleisteten Aufbau des IT-Systems für das Einheitliche Patentgericht. Um einem vom Vereinigten Königreich im Jahr 2014 erbetenen solidarischen Finanzbeitrag der Bundesrepublik Deutschland für die im Rahmen der Vorbereitung des Inkrafttretens des Übereinkommens notwendige Planung und Einrichtung eines IT-Systems für das zukünftige Einheitliche Patentgericht zu finanzieren , wurden die notwendigen Mittel für das Haushaltsjahr 2015 angemeldet, vom Haushaltsgesetzgeber bewilligt und dann ein Betrag von 543 981 Euro an das Vereinigte Königreich erstattet. b) Was ist laut Bundesregierung unter „laufenden Kosten“ einer Einrichtung zu verstehen, die noch nicht ratifiziert worden ist? Die Bundesregierung versteht die Frage 3b dahingehend, dass gefragt wird, wie „laufende Kosten“ einer Einrichtung entstehen können, die mangels Ratifikation bzw. Inkrafttreten des sie begründenden Übereinkommens noch nicht als Rechtspersönlichkeit besteht. Insoweit wird auf die Antwort zu Frage 3a verwiesen. Der Haushaltsplan sieht im Übrigen ausdrücklich vor, dass auch die Kosten vorbereitender Maßnahmen sowie Kosten finanziert werden, die im Zusammenhang mit der Gründung des Einheitlichen Patentgerichts von anderen Mitgliedstaaten verauslagt wurden. c) Auf welchem Stand bzw. in welchem Entwicklungsstadium befindet sich das in den Erläuterungen zum Punkt 687 03 -059 in den Haushalten genannte IT-System bzw. die IT-Infrastruktur? Die Entwicklung des IT-Systems (Software zur elektronischen Führung der Verfahrensakten ) bzw. der IT-Infrastruktur (Website, E-Mail-System, Software zur elektronischen Führung der Personal- bzw. Verwaltungsakten und das Zahlungssystem ) ist nahezu abgeschlossen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/12106 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 4. Welchem Zweck sollten die im Haushaltsplan veranschlagten finanziellen Mittel bezüglich eines Einheitlichen Patentgerichts in den Jahren 2018 (3 Mio. Euro) und 2019 (5,5 Mio. Euro) konkret dienen, obwohl eine Rechtsgrundlage noch nicht ratifiziert wurde? Die im Haushaltsplan 2018 und 2019 veranschlagten Mittel sind hauptsächlich zur Deckung der prognostizierten Beiträge vorgesehen gewesen bzw. vorgesehen, die von der Bundesrepublik Deutschland nach Maßgabe des Übereinkommens zur Finanzierung des Haushaltes des Einheitlichen Patentgerichts zu entrichten sind. Die eingetretene Verzögerung der Ratifikation des Übereinkommens durch die Bundesrepublik Deutschland war zum Zeitpunkt der Verabschiedung der Haushaltspläne nicht absehbar. 5. Wieso wurden in den Jahren 2016 und 2017 keine Haushaltsmittel veranschlagt ? Im Haushaltsjahr 2016 wurden im Kapitel 0710 Titel 687 03 (Beitrag zu laufenden Kosten des Einheitlichen Patentgerichts) Haushaltsmittel i. H. v. 5 500 TEuro und im Haushaltsjahr 2017 i. H. v. 4.188 TEuro veranschlagt. 6. Wie ist nach Ansicht der Bundesregierung mit ausgegebenen und veranschlagten Mitteln für das Einheitliche Patentgericht zu verfahren, für den Fall, dass die Verfassungsbeschwerde erfolgreich ist? Die Bundesregierung nimmt zu hypothetischen Fragestellungen nicht Stellung. Darüber hinaus wird darauf hingewiesen, dass die bei Kapitel 0710 Titel 687 03 veranschlagten Mittel, die nicht benötigt werden, dem Bundeshaushalt zufließen. 7. Sollen nach Einschätzung der Bundesregierung auch künftig Haushaltsmittel bezüglich eines nicht durch ein Übereinkommen ratifizierten Einheitlichen Patentgerichts eingeplant werden? Wenn ja, von welcher Höhe der Haushaltsmittel ist nach aktuellem Stand auszugehen? 8. Was für ein Aufwand an Haushaltsmitteln ist nach jetziger Einschätzung der Bundesregierung für den Fall zu erwarten, dass ein Einheitliches Patentgericht nach der aktuellen Fassung des Übereinkommens zustande kommt? Die Fragen 7 und 8 werden wegen des Sachzusammenhanges gemeinsam beantwortet . Die Bundesregierung hat sich stets mit Nachdruck für die Schaffung eines einheitlichen Patentsystems in Europa und damit auch für das Einheitliche Patentgericht eingesetzt. Dieses Engagement gilt auch weiterhin. Die Bundesregierung trifft deshalb die notwendigen haushaltsrechtlichen Vorkehrungen, um die bei einer Ratifikation entstehenden finanziellen Verpflichtungen erfüllen zu können (siehe auch Antwort zu Frage 4). Das Übereinkommen verpflichtet die Vertragsmitgliedstaaten, besondere Finanzbeiträge zum Haushalt des Gerichts anteilig zur Verfügung zu stellen. Diese Finanzbeiträge werden erforderlich sein, solange das Einheitliche Patentgericht nicht in der Lage sein wird, seine Betriebskosten mit Eigenmitteln zu decken und einen ausgeglichenen Haushalt zu erzielen. Ein ausgeglichener Haushaltsplan soll nach dem Wortlaut des Übereinkommens nach einem Übergangszeitraum von sieben Jahren ab dem Inkrafttreten des Übereinkommens erreicht sein. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/12106 Der Regierungsentwurf zum Bundeshaushalt 2020 (Kapitel 0710 Titel 687 03) enthält eine Ausgabenermächtigung in Höhe von 4 300 TEuro. Im Übrigen bleibt das weitere Haushaltsaufstellungsverfahren abzuwarten. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333