Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Auswärtigen Amts vom 30. Juli 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/12116 19. Wahlperiode 01.08.2019 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Ulla Jelpke, Dr. André Hahn, Gökay Akbulut, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 19/11075 – Die aktuelle Lage von Schutzsuchenden in Libyen und die migrationspolitische Zusammenarbeit mit Akteuren in Libyen V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Nach Angaben der Internationalen Organisation für Migration (IOM) hielten sich Ende 2018 670 000 Migrantinnen und Migranten und Asylsuchende in Libyen auf. Schutzsuchende sind in Libyen regelmäßig Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt, darunter Erpressung, Folter und anderen Formen von Misshandlung , sexueller Gewalt, Ausbeutung und Zwangsarbeit (www.ohchr.org/ Documents/Countries/LY/LibyaMigrationReport.pdf). Der Hohe Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen (UNHCR) hat zum 25. Februar 2019 56 648 Schutzsuchende in Libyen registriert, 4 122 seien in „zugänglichen“ Detention Centers inhaftiert (https://data2.unhcr.org/fr/documents/download/ 68126). Die Zahl der tatsächlich in Detention Centers und Privatgefängnissen inhaftierten Schutzsuchenden dürfte nach Ansicht der Fragestellerinnen und Fragesteller wesentlich höher liegen. Zwangsarbeit ist dabei nicht nur ein Problem illegaler Privatgefängnisse. Im libyschen Immigrationsgesetz (Nummer 19, Artikel 6) heißt es: „Der illegale Einwanderer zahlt 1 000 libysche Dollar oder wird inhaftiert und zu Zwangsarbeit verurteilt. […] Die Person muss nach dem Ende der Haftstrafe aus Libyen ausgewiesen werden“ (www.refworld.org/ pdfid/5567387e4.pdf). Am 28. April 2019 wurden in einer mit den UN abgestimmten Aktion 146 Schutzsuchende per Flugzeug aus Libyen nach Italien evakuiert (www.welt.de/ politik/ausland/article192684561/UN-Evakuierungsaktion-146-Asylsuchendevon -Libyen-nach-Italien-eingeflogen.html). Lager, in denen Schutzsuchende gefangen gehalten werden, geraten zwischen die Fronten der eskalierenden militärischen Auseinandersetzungen, dabei wurden Schutzsuchende teilweise schwer verletzt. Bei einem Angriff von Truppen des gegen die Regierung von Tripolis kämpfenden Generals Khalifa Haftar wurden laut Medienberichten im Qasr bin Ghashir-Haftlager bei Tripolis mindestens zehn Schutzsuchende schwer verletzt. Eine Insassin aus Eritrea erklärte während des Angriffs: „Im Moment greifen sie das Lager an, sie erschießen mehr Menschen […] Sie schießen direkt auf uns.“ Weiter wird über Misshandlungen und Übergriffe durch die Truppen Haftars berichtet (www.aljazeera.com/news/2019/04/libya-detainedrefugees -shot-clashes-tripoli-continue-190423184222138.html). Mehr als Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/12116 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 3 000 Personen befinden sich nach Angaben von „Ärzte ohne Grenzen“ in einer ähnlichen Lage. Sie werden in Einrichtungen der von der EU unterstützten libyschen Einheitsregierung nahe des Kampfgebiets festgehalten (www.africa-live. de/libyen-fluechtlinge-beschossen-und-verletzt-aerzte-ohne-grenzen-fordertgefangene -sofort-ausser-landes-zu-bringen/). Internierte Schutzsuchende, auch Kinder, werden von den libyschen Kriegsparteien immer wieder zum Kriegsdienst gezwungen (www.zeit.de/politik/ausland/2019-04/libyen-tripolis-kaempfemigration -europa-fluechtlinge-gefangenenlager/komplettansicht). Währenddessen geht die Kooperation der EU mit der libyschen Küstenwache, deren Aufgabe es ist, Schutzsuchende nach Libyen zurückzuschleppen, weiter (www.zeit.de/ politik/ausland/2019-04/libyen-tripolis-kaempfe-migration-europa-fluechtlingegefangenenlager /komplettansicht). Immer wieder werden auf dem Mittelmeer aufgegriffene Schutzsuchende nach Libyen zurückgebracht (www.spiegel.de/ politik/ausland/italien-wie-die-asso-28-fluechtlinge-rettete-und-nach-libyenbrachte -a-1221105.html). Am 28. April 2019 rettete der Tanker „El Hiblu 1“ 108 Flüchtlinge in internationalen Gewässern vor der libyschen Küste. Die Menschen waren auf zwei Schlauchbooten in Seenot geraten. Ursprünglich wollte der Tanker Libyen anlaufen und die Schiffbrüchigen dort absetzen. Nachdem die Schutzsuchenden dem Kapitän jedoch verdeutlicht hatten, dass sie diesem Plan nicht zustimmen, fuhr das Schiff nach Malta. Der italienische Innenminister Matteo Salvini sprach von „einem Akt der Piraterie“, fünf Schutzsuchende wurden in Malta festgenommen mittlerweile wurde gegen zwei von ihnen Anklage erhoben. Die Zurückverbringung nach Libyen stellt nach Auffassung der Fragestellerinnen und Fragesteller nicht nur einen formellen Verstoß gegen das Zurückweisungsverbot , sondern auch eine massive Infragestellung des Rechts auf Leben und körperliche Unversehrtheit der betroffenen Schutzsuchenden dar. Auch der UN- HCR bezeichnet Libyen als „gefährlichen und unangemessenen Ort für Flüchtlinge und Migranten“ (www.unhcr.org/news/press/2019/4/5cc09a824/unhcrevacuates -hundreds-detained-refugees-libya-safety.html). Menschenrechtsanwälte haben die Europäische Union wegen ihrer Migrationspolitik und indirekt wegen der Kooperation mit der libyschen Küstenwache beim Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag angezeigt. Die Anwälte machen die EU mitverantwortlich für die Vergehen der libyschen Küstenwache. Diese habe mehr als 40 000 Menschen im Mittelmeer abgefangen und in Haftlager und Folterkammern in Libyen gebracht. Dies passiere auch auf Kosten europäischer Steuerzahler – und mit dem Wissen von EU-Vertretern (www.zeit.de/politik/2019-06/fluechtlingspolitik-eu-menschenrechtsverstoesseanzeige ). Die Bundesregierung beteiligt sich unter anderem durch die Operation EUNAVFOR MED Operation „Sophia“ aktiv an dieser Politik. Im Rahmen dieser Mission wird die sogenannte libysche Küstenwache ausgebildet. In der ersten Hälfte 2018 wurde die Operation von der Bundesregierung mit insgesamt etwa 53 Mio. Euro unterstützt (www.zeit.de/2019/10/alan-kurdi-fluechtlingeseenotrettung -mittelmeer-libyen/seite-3). V o r b e m e r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Seit 2011 bleibt der Übergangs- und Stabilisierungsprozess Libyens unvollendet. Es kommt wiederholt zu militärischen Auseinandersetzungen zwischen bewaffneten Gruppen. Seit April 2019 kämpft die sogenannte Libysche Nationalarmee (LNA) gegen Einheiten der von den Vereinten Nationen (VN) und der Bundesregierung anerkannten Regierung des Nationalen Einvernehmens (RNE) im Großraum Tripolis. Die Bundesregierung engagiert sich umfassend für den von den VN geführten Stabilisierungsprozess Libyens. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/12116 Libyen ist ein wichtiges Ziel- und Transitland für Flüchtlinge und irreguläre Migration . Nach Angaben der Internationalen Organisation für Migration (IOM) befinden sich zwischen 700 000 und 1 Million Flüchtlinge und Migranten in Libyen. Das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) verzeichnet mit Stand 2. Juli 2019 etwa 53 000 registrierte Flüchtlinge und Asylsuchende. Nach Angaben von UNHCR werden etwa 5 600 Flüchtlinge und Migranten mit Stand Ende Juni 2019 von libyschen Behörden unter teils menschenunwürdigen Bedingungen in staatlichen „Detention Centers“ festgehalten. Eine unbekannte Zahl an Flüchtlingen und Migranten wird von Milizen und Kriminellen in für die internationale Gemeinschaft nicht zugänglichen Privatgefängnissen willkürlich festgehalten und häufig wirtschaftlich ausgebeutet. Die Kämpfe in Tripolis haben die humanitäre Situation weiter belastet. Besonders problematisch ist die Lage der Flüchtlinge und Migranten in „Detention Centers“ nahe den Kampfgebieten. Mit Stand 3. Juli 2019 befinden sich nach Angaben von UNHCR ca. 3 800 Flüchtlinge und Migranten in „Detention Centers“ in der Nähe umkämpfter Gebiete. In der Nacht vom 2. auf den 3. Juli 2019 kam es zu einem Luftangriff auf das östlich von Tripolis gelegene „Detention Center“ Tajoura, bei dem mindestens 53 Flüchtlinge und Migranten getötet und über 130 verletzt wurden . Die Bundesregierung hat diesen Angriff auf das Schärfste verurteilt. VN- Organisationen wie UNHCR und IOM setzen sich gegenüber der RNE für die Verlegung bzw. Freilassung der in den von Kampfhandlungen direkt oder indirekt betroffenen „Detention Center“ festgehaltenen Flüchtlinge und Migranten ein und konnten seit Beginn des Konflikts über 1 600 Flüchtlinge und Asylsuchende in sicherere Gebiete evakuieren. Die Bundesregierung ist umfassend für die Verbesserung der Situation von Flüchtlingen, Migranten und Binnenvertriebenen in Libyen engagiert. Vertreter der Bundesregierung besuchen regelmäßig „Detention Centers“ in Libyen und setzen sich in hochrangigen Gesprächen mit libyschen Regierungsvertretern für eine menschenwürdige Behandlung von Flüchtlingen und Migranten, die Schaffung offener Alternativen zu „Detention Centers“ sowie für den Zugang humanitärer Helfer ein. Zuletzt haben die Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel und der Bundesminister des Auswärtigen Heiko Maas den libyschen Premierminister Fayez Al Sarraj und den Innenminister Fathi Bashaga bei ihren Gesprächen am 7. Mai 2019 in Berlin an ihre Verantwortung für den Schutz von Flüchtlingen und Migranten erinnert. Die Bundesregierung hat im Jahr 2019 bisher 9,2 Mio. Euro an humanitärer Hilfe zum Schutz von Flüchtlingen, Migranten und Binnenvertriebenen sowie für die medizinische Grundversorgung in Libyen zur Verfügung gestellt. Davon wurden 5 Mio. Euro für das VN-Flüchtlingshilfswerk bereitgestellt, das unter anderem Evakuierungen aus „Detention Centers“ organisiert. Zudem hat die Bundesregierung 116,7 Mio. Euro in das Nordafrika-Fenster des EU-Nothilfe-Treuhandfonds für Afrika (EUTF) eingezahlt, wodurch auch Maßnahmen in Libyen gefördert werden. Diese unterstützen zum Beispiel Flüchtlinge und Migranten in Libyen, die Stabilisierung von Aufnahmegemeinden entlang der Migrationsroute sowie die freiwillige Rückkehr in die Herkunftsländer. Die Bundesregierung leistet zudem mit 10 200 Plätzen (ebenso viele wie Frankreich ) den größten Beitrag bei der Aufnahme besonders Schutzbedürftiger Flüchtlinge im Rahmen des Resettlement-Programms der Europäischen Union für 2018-2019. Die Bundesregierung hatte bereits 300 Plätze für besonders vulnerable Flüchtlinge aus Libyen bereitgestellt, die im Rahmen des sogenannten Emergency Transit Mechanism (ETM) nach Niger evakuiert worden sind. Die Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/12116 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Einreisen der aufgenommenen Personen sind bereits ganz überwiegend erfolgt. Im Mai 2019 hat die Bundeskanzlerin zugesagt, dass Deutschland weitere 300 Resettlement-Plätze für Personen, die über den „Emergency Transit Mechanism“ (ETM) nach Niger evakuiert wurden, bereitstellt. Die Bundesregierung ist überzeugt, dass ein effektives und internationalen Menschenrechtsstandards entsprechendes Migrationsmanagement nur durch eine dauerhafte politische Stabilisierung Libyens erreicht werden kann. Die Bundesregierung leistet daher neben ihrem humanitären Beitrag ebenfalls Unterstützung für die Stärkung staatlicher und lokaler Strukturen sowie für Mediationsinitiativen als Beitrag zu Versöhnung, zum Abbau von bestehenden Spannungen und zur Stärkung zivilgesellschaftlicher Strukturen. Die Bundesregierung hat den Bundestag am 3. Juli 2019 darüber informiert, dass die Beteiligung deutscher Streitkräfte an EUNAVFOR MED Operation SOPHIA am 30. Juni 2019 beendet wurde. In diesem Zusammenhang wird auf die Antwort der Bundesregierung auf die Schriftliche Frage 51 der Abgeordneten Luise Amtsberg auf Bundestagsdrucksache 19/11401 verwiesen. 1. Wie viele Flüchtlinge wurden nach Kenntnis der Bundesregierung im Jahr 2019 bisher von der libyschen „Küstenwache“ abgefangen, und welche Kenntnis hat die Bundesregierung über deren Verbleib (bitte Vergleichszahlen aus dem Jahr 2018 nach Quartalen aufgeschlüsselt angegeben)? Nach den der Bundesregierung vorliegenden Informationen wurden mit Stand 11. Juli 2019 bisher 3 905 Personen von der libyschen Küstenwache aus Seenot gerettet bzw. aufgegriffen. Zwischen dem 1 Januar und 31. Mai 2018 wurden 4 388 Personen von der libyschen Küstenwache aus Seenot gerettet bzw. aufgegriffen . Im Vergleichszeitraum in 2019 waren es 1 277 Personen. Auf dem Mittelmeer von der libyschen Küstenwache aufgegriffene Flüchtlinge und Migranten werden in der Regel an den Anlandestellen von der Küstenwache registriert und anschließend von der dem Innenministerium unterstehenden Behörde „Department for Combatting Illegal Migration“ (DCIM) in staatliche „Detention Centers“ verbracht. 2. Hat die Bundesregierung Kenntnisse darüber, ob Handelsschiffe mit Schutzsuchenden von irgendeiner amtlichen oder nichtamtlichen Seite angewiesen werden bzw. in der Vergangenheit angewiesen wurden, mit geretteten Flüchtlingen in Libyen anzulanden (bitte ab 2015 nach Fall und anordnender Behörde aufschlüsseln), und falls ja, durch wen, und welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung daraus? Es besteht keine Befugnis deutscher Behörden, Schiffe außerhalb des deutschen Such- und Rettungsbereichs (SAR-Zone) anzuweisen, zum Zwecke der Ausschiffung der Geretteten einen bestimmten Hafen anzulaufen. Über entsprechende Anweisungen zum Zwecke der Ausschiffung der Geretteten einen bestimmten Hafen anzulaufen, die durch ausländische staatliche oder nichtstaatliche Stellen möglicherweise erteilt worden sein könnten, liegen der Bundesregierung keine eigenen Erkenntnisse vor. 3. Wie viele der in Libyen befindlichen Schutzsuchenden sind nach Kenntnis der Bundesregierung von den laufenden Kampfhandlungen zwischen den Kräften der Regierung von Tripolis und der Armee des Generals Khalifa Haftar sowie zwischen verschiedenen Milizen bedroht? Auf die Vorbemerkung der Bundesregierung wird verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/12116 4. Wie viele Schutzsuchende befinden sich nach Kenntnis der Bundesregierung im Moment in Detention Centers oder Privatgefängnissen in Libyen, und wie viele von ihnen sollen wann und wohin „evakuiert“ werden? Nach Angaben von UNHCR befinden sich mit Stand Ende Juni 2019 etwa 5 600 Flüchtlinge und Migranten in staatlichen „Detention Centers“. Aufgrund fehlenden Zugangs der internationalen Gemeinschaft zu privaten „Detention Centers“ liegen der Bundesregierung keine belastbaren Informationen zur Zahl der in libyschen Privatgefängnissen festgehaltenen Flüchtlinge und Migranten vor. UNHCR konnte im Jahr 2019 bis 2. Juli die Freilassung von 1 242 Flüchtlingen und Asylsuchenden aus „Detention Centers“ erreichen und 1 005 Personen aus Libyen nach Niger und Italien evakuieren. 5. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über das Qasr-bin-Ghashir-Lager sowie die Lebensbedingungen und die Gefährdungssituation seiner Insassinnen und Insassen, und welche Konsequenzen zieht sie daraus? Nach den der Bundesregierung vorliegenden Informationen werden derzeit keine Flüchtlinge und Migranten im „Detention Center“ Qasr Ben Ghashir festgehalten (Stand: 3. Juli 2019). 6. Wie viele aus Libyen „evakuierte“ Schutzsuchende befinden sich im Moment in welchen Flüchtlingslagern im Niger? Es befinden sich aktuell 1 469 aus Libyen evakuierte, besonders schutzbedürftige Flüchtlinge im UNHCR-Notmechanismus (ETM) in Niger in der Nähe der Hauptstadt Niamey (Stand: 23. Juni 2019). a) Wie lange ist nach Kenntnis der Bundesregierung die Wartezeit auf einen Resettlement-Platz für aus Libyen nach Niger „evakuierte“ Schutzsuchende ? Laut UNHCR beträgt die Wartezeit im Durchschnitt drei Monate, in Ausnahmefällen bis zu maximal sechs Monate. b) Wie viele aus Libyen nach Niger „evakuierte“ Schutzsuchende wurden im Rahmen von Resettlement aus dem Niger in welche Länder evakuiert (bitte seit Beginn des „Evakuierungsplans“ nach einzelnen Monaten und Ländern aufschlüsseln und auch die Gesamtzahlen pro Aufnahmeland und Herkunftsland nennen)? Seit Beginn des Resettlement Ende 2017 wurden insgesamt 3 890 Flüchtlinge aus Libyen evakuiert, davon 2 911 nach Niger, 710 nach Italien und 269 über das „Emergency Transit Centre“ (ETC) nach Rumänien. Aus Niger sind seit 1. September 2017 insgesamt 1 496 besonders schutzbedürftige Flüchtlinge nach Belgien , Deutschland, Finnland, Frankreich, Kanada, die Niederlande, Norwegen, Schweden, die Schweiz, das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland sowie die Vereinigten Staaten von Amerika ausgereist. Insgesamt 399 Flüchtlinge warten auf ihre Ausreise nach Deutschland, Frankreich, Kanada, die Niederlande, Schweden, das Vereinigte Königreich sowie die Vereinigten Staaten. Im Einzelnen sind Informationen abrufbar unter https://reliefweb.int/ sites/reliefweb.int/files/resources/70178.pdf. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/12116 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Die im Jahr 2018 von Deutschland zugesagte Aufnahme von 300 aus Libyen evakuierten , besonders schutzbedürftigen Flüchtlingen im Rahmen des ETM in Niger wurde umgesetzt. Sämtliche Personen wurden ausgewählt und sind bis auf wenige Einzelfälle bereits nach Deutschland eingereist. Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel hat im Rahmen ihrer Sahel-Reise im Mai 2019 die Aufnahme weiterer 300 Personen zugesagt. c) Bei wie vielen Schutzsuchenden wurde auf welche Weise und mit welcher Begründung festgestellt, dass sie keinen Anspruch auf Resettlement haben , und wie viele von ihnen wurden auf welchem Weg wohin abgeschoben ? Wer trifft diese Auswahlentscheidungen? Können die Schutzsuchenden gegen negative Entscheidungen Rechtsmittel einlegen? Bereits im Vorfeld prüft UNHCR den Flüchtlingsstatus und die besondere Schutzbedürftigkeit. Auf Grundlage dieser Prüfung werden besonders schutzbedürftige Flüchtlinge ins UNHCR-Resettlementprogramm aufgenommen. Abhängig von verfügbaren Plätzen und basierend auf den von UNHCR erstellten Dossiers besonders schutzbedürftiger Flüchtlinge werden die Entscheidungen im Rahmen der Aufnahmeverfahren durch die jeweiligen nationalen Behörden getroffen . Gemäß dem UNHCR-Handbuch über Verfahren und Kriterien für die Bestimmung des Flüchtlingsstatus besteht das Recht, im Falle einer Ablehnung Einspruch zu erheben. Zu der Frage, bei wie vielen Personen UNHCR den Resettlementbedarf nach Prüfung verneint oder ob Personen dann abgeschoben werden, liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. d) Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über Anzahl und Unterbringung der aus Libyen nach Niger „evakuierten“ Schutzsuchenden? Auf die Antworten zu den Fragen 6 bis 6b wird verwiesen. 7. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Verfahren zur Prüfung der Zugehörigkeit zu einer besonders schutzbedürftigen bzw. vulnerablen Gruppe im Sammel- und Transitzentrum (GDF – Gathering and Departure Facility) in Tripolis (vgl. Bundestagsdrucksache 19/9102)? a) Wer außer dem UNHCR ist an der Verwaltung des GDF in Tripolis beteiligt ? Die Fragen 7 und 7a werden gemeinsam beantwortet. UNHCR, die Organisation „LibAid“ und das libysche Innenministerium verwalten das Sammel- und Transitzentrum gemeinsam. UNHCR und LibAid sind dabei für den Betrieb und Abläufe im Zentrum zuständig, während das Innenministerium die Sicherheit im Umfeld gewährleistet. b) Welche Institutionen sind für die Identifizierung der Schutzsuchenden im GDF zuständig? Die Identifizierung besonders schutzbedürftiger Flüchtlinge wird durch UNHCR bereits vor dem Transfer in das Zentrum durchgeführt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 7 – Drucksache 19/12116 c) Wie kann nach Auffassung der Bundesregierung angesichts der allgemeinen Bedrohung von Leib und Leben der in Libyen befindlichen Schutzsuchenden differenziert werden, welche Schutzsuchenden am Evakuierungsmechanismus ETM (Emergency Transit Mechanism) teilnehmen können und welche nicht? UNHCR stellt den Flüchtlingsstatus fest und prüft in jedem Einzelfall die Schutzbedürftigkeit und den Resettlement-Bedarf. Diese Prüfungen können im Detail aufgrund der Sicherheitslage in Libyen erst in Niger erfolgen. UNHCR entscheidet über den Bedarf für eine Evakuierung nach Dringlichkeit und Grad der Schutzbedürftigkeit. 8. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über von der Türkei unterstützte Milizen in Libyen (https://de.gatestoneinstitute.org/13797/tuerkei-kollidiertusa )? a) Welche Kenntnis hat die Bundesregierung über Waffenlieferungen der Türkei an libysche Milizen, und inwieweit befinden sich unter diesen Waffen auch solche aus deutscher Produktion? Die Fragen 8 und 8a werden gemeinsam beantwortet. Die Bundesregierung hat hierzu keine über die Medienberichterstattung hinausgehenden Kenntnisse. Sie kommentiert grundsätzlich nicht die Beziehungen zwischen Drittstaaten. b) Gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung eine Verbindung von libyschen Milizen zum Islamischen Staat (IS), zu Al Qaida oder anderen islamistischen Organisationen wie der Muslimbruderschaft (bitte für jede Miliz einzeln ausführen)? Der Bundesregierung liegen keine gesicherten Kenntnisse zur Verbindung von libyschen Milizen zu terroristischen Organisationen wie dem Islamistischen Staat oder Al Quaida vor. c) Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Oghbah-Miliz (vgl. Bundestagsdrucksache 18/13603), und betreibt diese Miliz Detention Centers? Die Bundesregierung hat keine über die in der Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 18/13603 dargestellten Informationen hinausgehenden Kenntnisse. 9. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Verwicklung der sogenannten libyschen Küstenwache bzw. von Mitgliedern der libyschen „Küstenwache “ in Kriegshandlungen? Auf die Antwort der Bundesregierung auf die Schriftliche Frage 20 der Abgeordneten Luise Amtsberg auf Bundestagsdrucksache 19/10303 wird verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/12116 – 8 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 10. Aus welchem Grund hat die libysche „Küstenwache“ am 20. April 2019 ihre Mission, Flüchtlinge im Mittelmeer aufzugreifen, gestoppt, und aus welchen Gründen hat sie diese nach Kenntnis der Bundesregierung zu welchem Zeitpunkt wieder aufgenommen? Die Beantwortung dieser Frage kann nicht offen erfolgen. Die Einstufung der Antwort als Verschlusssache (VS) mit dem Geheimhaltungsgrad „VS – Nur für den Dienstgebrauch“ ist im vorliegenden Fall im Hinblick auf das Staatswohl erforderlich . Nach § 2 Nummer 4 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum materiellen Geheimschutz vom 10. August 2018 (Verschlusssachenanweisung, VSA) sind Informationen, deren Kenntnisnahme durch Unbefugte für die Interessen der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder nachteilig sein können , entsprechend einzustufen. Eine zur Veröffentlichung bestimmte Antwort der Bundesregierung auf diese Fragen würde Informationen zu den Fähigkeiten und Methoden sowie Einzelheiten der Erkenntnislage des Bundesnachrichtendienstes einem nicht eingrenzbaren Personenkreis nicht nur im Inland, sondern auch im Ausland zugänglich machen. Dies kann für die wirksame Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben der Nachrichtendienste und damit für die Interessen der Bundesrepublik Deutschland nachteilig sein. Diese Informationen werden daher als „VS – Nur für den Dienstgebrauch“ eingestuft und gesondert übermittelt.* 11. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Ermordung von Migrantinnen und Migranten durch Truppen des Generals Khalifa Haftar (www.middleeastmonitor.com/20190424-haftars-forces-kill-six-irregularmigrants -in-libya/?fbclid=IwAR110xjRtWGTYOGeLPjlXdmZ9apNdxyCZLV 8TAvp1sGTS2yk2K7eUhfdMNU)? Die Bundesregierung hat Kenntnis von Berichten über einen Vorfall am 23. April 2019 im „Detention Center“ Qasr Ben Ghashir, bei dem Flüchtlinge und Migranten unter anderem Schusswunden erlitten haben sollen. In der Nacht vom 2. auf den 3. Juli 2019 wurden nach den der Bundesregierung vorliegenden Informationen bei einem Luftangriff auf das „Detention Center“ Tajoura östlich von Tripolis nach Angaben der Vereinten Nationen mindestens 53 Flüchtlinge und Migranten getötet. Untersuchungen zur Urheberschaft dauern (Stand: 4. Juli 2019) an. 12. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung darüber, dass Schutzsuchende von der Tripoliser Einheitsregierung des Kriegsherrn Fajis al-Sarradsch in den Kriegsdienst gepresst werden, und inwiefern und ggfs. wann und mit welchem Ergebnis war dies nach Kenntnis der Bundesregierung Gegenstand von Gesprächen mit der Einheitsregierung über den Umgang mit Schutzsuchenden in Libyen, und welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung daraus (www.zeit.de/politik/ausland/2019-04/libyen-tripolis-kaempfe-migrationeuropa -fluechtlinge-gefangenenlager)? a) Aus welchen libyschen Lagern sind der Bundesregierung Zwangsrekrutierungen für welche militärischen Einheiten oder Milizen welcher Kriegspartei bekannt (www.theguardian.com/global-development/2019/apr/ 15/fear-and-despair-engulf-refugees-in-libyas-market-of-human-beings? CMP=share_btn_tw)? b) Sind der Bundesregierung Rekrutierungen von minderjährigen Schutzsuchenden durch Kriegsparteien bekannt, und falls ja, welche Kenntnisse * Das Auswärtige Amt hat die Antwort als „VS – Nur für den Dienstgebrauch“ eingestuft. Die Antwort ist im Parlamentssekretariat des Deutschen Bundestages hinterlegt und kann dort von Berechtigten eingesehen werden. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 9 – Drucksache 19/12116 hat die Bundesregierung darüber, und welche Konsequenzen zieht sie daraus ? Die Fragen 12 bis 12b werden gemeinsam beantwortet. Die Bundesregierung hat Kenntnis von unbestätigten Berichten zu möglichen Zwangsrekrutierungen durch die Konfliktparteien. Nach Angeben der VN liegen unbestätigte Hinweise auf mögliche Zwangsrekrutierungen in den „Detention Centers“ Ain Zara, Sabaa, Janzour, Tariq al-Sikka, Qasr Ben Ghashir, Al-Khoms, Zintan, Gharyan, Tajoura und Zawiyah vor. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. 13. Hat die Bundesregierung Kenntnisse von Erschießungen von Schutzsuchenden bzw. deren Androhung, wenn diese aus Detention Centers fliehen, und falls ja, aus welchen Detention Centers unter der Kontrolle welcher Kriegsparteien oder Milizen ist dies bekannt (www.infomigrants.net/en/post/ 16361/libya-s-migrants-under-threat-as-battle-for-tripoli-sets-in?fbclid=IwAR 2GZH7gdzQccob8XbgG6guSl6kVTAil6A4XBVWGMGdM5xbB1Ou-S33 SxSA, www.middleeastmonitor.com/20190424-haftars-forces-kill-six-irregularmigrants -in-libya/?fbclid=IwAR110xjRtWGTYOGeLPjlXdmZ9apNdxyCZLV 8TAvp1sGTS2yk2K7eUhfdMNU)? Die Bundesregierung hat Kenntnis von unbestätigten Berichten zu möglichen Erschießungen bzw. zur Androhung von Erschießungen in verschiedenen „Detention Centers“. Nach Angaben der VN liegen diesbezüglich unbestätigte Hinweise aus den „Detention Centers“ Souq al-Khamis, Khoms, Qasr Ben Ghashir und Tajoura vor. 14. Teilt die Bundesregierung die Auffassung von Judith Sunderland (stellvertretende Direktorin der Humans-Rights-Watch-Abteilung für Europa und Eurasien), dass es sich bei dem in Frage 13 beschriebenen Vorgehen um Kriegsverbrechen handelt, und welche Konsequenzen zieht sie daraus (www.zeit.de/politik/ausland/2019-04/libyen-tripolis-kaempfe-migrationeuropa -fluechtlinge-gefangenenlager)? Die unabhängige Anklagebehörde des Internationalen Strafgerichtshofs ermittelt in der Situation bezüglich Libyen seit März 2011. Die Bundesregierung nimmt zu laufenden Ermittlungsverfahren keine Stellung. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 13 verwiesen. 15. In wie vielen Fällen übermittelte die Bundesregierung bzw. das Auswärtige Amt seit 2015 Daten von Flüchtlingsbooten aus welchen Quellen an welche libyschen Akteure? Befanden sich zum jeweiligen Zeitpunkt der Datenübermittlung ggfs. andere nichtlibysche zivile oder militärische Schiffe so nahe am Ort des Geschehens , dass diese schneller oder doch zumindest gleich schnell hätten eingreifen können (bitte einzeln ausführen)? Die Bundesregierung hatte am 10. April 2019 Kontakt mit der libyschen Küstenwache , nachdem es von einer Nichtregierungsorganisation mit dem Hinweis auf sofortigen Handlungsbedarf kontaktiert worden war. Dabei wurden die von der Nichtregierungsorganisation übermittelten Positionsdaten weitergegeben. Am 3. Juli 2019 stellte die Bundesregierung auf Bitten einer weiteren Nichtregierungsorganisation einen Kontakt zur libyschen Küstenwache im Hinblick auf einem möglichen Seenotfall her, bei dem der Abfahrtsort, die ungefähre Zahl der Menschen und der ungefähre Abfahrtszeitpunkt angegeben wurden. Über in der Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/12116 – 10 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Nähe befindliche andere Schiffe hat die Bundesregierung keine eigenen Erkenntnisse . Im Übrigen wird auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 3 der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 19/11369 und auf die Antwort der Bundesregierung auf die Schriftliche Frage 46 des Abgeordneten Michel Brandt auf Bundestagsdrucksache 19/9822 verwiesen. 16. Inwiefern bevorzugt die Bundesregierung bzw. bevorzugen die EU-Behörden das Aufgreifen von Schutzsuchenden durch die libysche „Küstenwache “, wenn sich auch andere nichtlibysche zivile oder militärische Schiffe so nahe am Ort des Geschehens befinden, dass diese schneller oder doch zumindest gleich schnell eingreifen könnten, und inwiefern spielt es dabei eine Rolle, ob sich der Vorfall innerhalb und außerhalb der libyschen SAR-Zone (SAR = Search an Rescue) abspielt? a) Falls eine solche Bevorzugung der libyschen „Küstenwache“ stattfindet, wie ist diese vor dem Hintergrund der Situation in Libyen und der Tatsache , dass die Bundesregierung selbst erklärt, die Flüchtlinge würden unter unmenschlichen Bedingungen in offiziellen und inoffiziellen Lagern untergebracht , zu rechtfertigen (vgl. Bundestagsdrucksache 19/321)? Die Fragen 16 und 16a werden gemeinsam beantwortet. Nach dem Internationalen Übereinkommen von 1979 über den Such- und Rettungsdienst auf See (SAR-Übereinkommen) ist Libyen in seiner nationalen Suchund Rettungszone (SAR-Zone) zuständig und verpflichtet, einen Such- und Rettungsdienst und eine nationale Seenotrettungsleitstelle einzurichten und zu betreiben sowie die Koordinierung von Seenotrettungseinsätzen im Einzelfall sicherzustellen . Entsprechende Verpflichtungen und Zuständigkeiten gelten in den SAR-Zonen der anderen betreffenden Küstenstaaten des Mittelmeeres. Hiervon unberührt bleibt die allgemeine völkerrechtliche Pflicht zur Gewährleistung von Hilfe gegenüber jeder in Seenot befindlichen Person. b) Hat die Bundesregierung Kenntnis von Dienstanweisungen von EU-Behörden oder Behörden einzelner Mitgliedstaaten zur Übermittlung von Daten an die libysche „Küstenwache“, und falls ja, von wem stammen diese, und welchen Inhalt haben diese? Die Bundesregierung hat keine Kenntnisse im Sinne der Fragestellung. 17. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Situation der nach Angaben der Internationalen Organisation für Migration (IOM) in der Kampfzone in Libyen festsitzenden 3 000 Schutzsuchenden, und welche Bemühungen werden zu ihrer Rettung unternommen (www.infomigrants.net/en/post/ 16447/over-3-000-migrants-stuck-in-conflict-areas-in-libya-doctors-withoutborders )? Die Bundesregierung hat Vertreter der Regierung des Nationalen Einvernehmens wiederholt zu einem wirksamen Schutz von Flüchtlingen und Migranten vor den Folgen der Kampfhandlungen im Großraum Tripolis aufgerufen. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 11 – Drucksache 19/12116 a) Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Situation der aus dem Kampfgebiet herausgeholten Schutzsuchenden, in welche Lager wurden diese nach Kenntnis der Bundesregierung gebracht, und wie sind sie dort untergebracht? Nach den der Bundesregierung vorliegenden Informationen wurden mit Stand 3. Juli 2019 rund 970 Flüchtlinge und Asylsuchende aus „Detention Centers“ in der Nähe umkämpfter Gebiete in die sogenannten „Gathering and Departure Facility “ in Tripolis sowie 663 Personen aus dem „Detention Center“ Qasr Ben Ghashir in das „Detention Center“ Zawiyah verbracht. Aus dem „Detention Center “ Ain Zara wurden IOM zufolge 120 Personen in das „Detention Center“ Sabaa verbracht. b) Inwieweit hat sich die Lage in den libyschen Detention Centers und insbesondere in den von Michael Obert beschriebenen Lagern in Zawiya und Tarik al-Sikka nach Kenntnis der Bundesregierung verändert, und welche Konsequenzen zieht sie ggf. daraus (vgl. Bundestagsdrucksache 18/13273)? Es wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. c) Trifft es nach Kenntnis der Bundesregierung zu, dass aus dem Kampfgebiet evakuierte Schutzsuchende in ein Detention Center in Zawiya verbracht werden bzw. wurden, und falls ja, von welcher Miliz bzw. welchen Gruppierungen wird dieses Detention Center betrieben, und inwieweit steht dieses Detention Center bzw. die Betreiber nach Kenntnis der Bundesregierung in Verbindung mit der Miliz von Abd al Rahman Salem Ibrahim al-Milad, des Chefs der sogenannten libyschen Küstenwache in Zawiya? Nach Angaben von UNHCR wurden 663 Personen aus dem mit Stand 3. Juli 2019 leerstehenden „Detention Center“ Qasr Ben Ghashir in das „Detention Center“ Zawiyah verbracht, das von der dem Innenministerium unterstehenden Behörde „Department for Combatting Illegal Migration“ (DCIM) geleitet wird. Darüber hinaus hat die Bundesregierung keine eigenen Kenntnisse im Sinne der Fragestellung . 18. Welche neueren Erkenntnisse hat die Bundesregierung über die sogenannte libysche Küstenwache unter Kommando von Abd al Rahman Salem Ibrahim al-Milad (al-Bija) und über al-Milad selbst? Abd al Rahman Al-Milad ist kein Kommandeur der libyschen Küstenwache. Gegen ihn wurden, auch auf Initiative der Bundesregierung, am 7. Juni 2018 Sanktionen durch den VN-Sicherheitsrat verhängt. Die Begründung für die Listung durch den VN-Sicherheitsrat ist unter folgendem Link verfügbar: www.un.org/securitycouncil/sanctions/1970/materials/summaries/individual/abdal -rahman-al-milad. Die Listungsbegründung für die Implementierung in EU-Recht enthält Annex II zu Verordnung (EU) 2016/44 des Rates vom 18. Januar 2016 über restriktive Maßnahmen angesichts der Lage in Libyen und zur Aufhebung der Verordnung (EU) Nr. 204/2011, dort unter Nr. 26. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/12116 – 12 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Abd al Rahman Al-Milad ist weiter Gegenstand der Untersuchungen der Expertengruppe des VN-Sicherheitsrats zu Libyen. Auf den letzten Jahresbericht der Expertengruppe vom 5. September 2018 (VN-Dokumentennummer S/2018/812), dort unter Randnummern 160, 161 und in den Anlagen 49 und 50, wird verwiesen . a) Welche Beziehungen bestehen zwischen der sogenannten libyschen Küstenwache unter Kommando von Abd al-Rahman Salem Ibrahim al-Milad und der „offiziellen“ libyschen Küstenwache, und kann die Bundesregierung sicher ausschließen, dass Daten, die beispielsweise vom Auswärtigen Amt an die „offizielle“ libysche Küstenwache übermittelt werden, an diese Miliz weitergereicht werden, bzw. sind ihr Fälle bekannt , in denen dies geschah? Falls ja, wann, und durch wen? Auf die Antworten der Bundesregierung zu den Fragen 9a bis 9r der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 18/13603 sowie die Antwort der Bundesregierung auf die Schriftliche Frage 54 der Abgeordneten Eva-Maria Elisabeth Schreiber auf Bundestagsdrucksache 19/2922 wird verwiesen . Der Bundesregierung liegen darüber hinaus keine Erkenntnisse im Sinne der Fragestellung vor. b) Bestanden jemals direkte oder indirekte, offizielle oder inoffizielle Kontakte zwischen der Bundesregierung oder nachgeordneten Behörden und Abd al-Rahman Salem Ibrahim al-Milad oder einem seiner Gefolgsleute oder in seinem Auftrag agierenden Mittelspersonen, und falls ja, welchen Inhalt hatten diese Kontakte? Kontakte im Sinne der Fragestellung bestanden nicht. Auf die Antwort zu Frage 18a wird verwiesen. c) Fand oder findet nach Kenntnis der Bundesregierung eine Kooperation des UNHCR, der EU und/oder der Bundesregierung bzw. der Bundeswehr mit Abd al-Rahman Salem Ibrahim al-Milads Miliz statt, und falls ja, wurden beispielsweise Daten über aufzugreifende Schutzsuchende an diese weitergegeben (www.journalducameroun.com/en/un-weighs-first-eversanctions -on-libya-migrant-smugglers/)? Nach Kenntnis der Bundesregierung erfolgt keine Kooperation im Sinne der Fragestellung . d) Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über Verbindungen von Abd al-Rahman Salem Ibrahim al-Milads sogenannter Küstenwache zur Organisierten Kriminalität und welche Konsequenzen zieht sie ggfs. daraus? e) Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über kriminelle Praktiken von Abd al-Rahman Salem Ibrahim al-Milads sogenannter Küstenwache (www.journalducameroun.com/en/un-weighs-first-ever-sanctions-onlibya -migrant-smugglers/)? Die Fragen 18d und 18e werden gemeinsam beantwortet. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 13 – Drucksache 19/12116 Die Verbindungen von Abd al Rahman Al-Milad zum Menschenschmuggel und zu Verbrechen gegen Flüchtlinge und Migranten waren ursächlich für die Verhängung von VN-Sanktionen gegen seine Person. Die Bundesregierung hat die Verhängung dieser Sanktionen befürwortet. Auf die Antwort zu Frage 18a wird verwiesen. f) Welche Kontakte gab es zwischen Bundesbehörden, auch den Geheimdiensten des Bundes, mit Abd al-Rahman Salem Ibrahim al-Milads sogenannter Küstenwache? Auf die Antwort auf Frage 18a wird verwiesen. g) Zu welchen anderen Milizkommandanten in Libyen bestehen oder bestanden Kontakte der Bundesregierung? Grundsätzlich pflegt die Bundesregierung Kontakte zu den Vertretern der von den VN anerkannten „Regierung des Nationalen Einvernehmens“. Darüber hinaus sucht die Bundesregierung den Dialog mit weiteren Akteuren, denen bei der Lösung des Libyenkonflikts eine wichtige Rolle zukommt. So haben beispielsweise Gespräche mit General Khalifa Haftar, dem Befehlshaber der sogenannten Libyschen Nationalen Armee, stattgefunden. 19. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über Verbindungen der libyschen „Küstenwache“ zur Organisierten Kriminalität, und welche Konsequenzen zieht sie daraus? Auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 22 der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 19/4164 wird verwiesen. 20. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über kriminelle, insbesondere völkerrechtswidrige Praktiken der libyschen „Küstenwache“ und möglicher Kontakte zur Organisierten Kriminalität, und welche Konsequenzen zieht sie daraus? Gemäß einschlägigen völkerrechtlichen Bestimmungen ist es Aufgabe der libyschen Küstenwache, Such- und Rettungsmaßnahmen innerhalb der sogenannten Search and Rescue Zone Libyens vorzunehmen. Nach Kenntnis der Bundesregierung kommt die libysche Küstenwache dieser Verpflichtung grundsätzlich nach. Im Übrigen wird auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 21 der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 19/4164 verwiesen . 21. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über Art und Herkunft der Bewaffnung der libyschen „Küstenwache“ (bitte Waffentypen und -systeme detailliert nach Typ und Herkunft benennen)? Der libyschen Küstenwache wurden in der Vergangenheit von internationalen Partnern unbewaffnete Patrouillenschiffe zur Verfügung gestellt. Zur Bewaffnung der Schiffe der libyschen Küstenwache liegen der Bundesregierung keine eigenen Kenntnisse vor. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/12116 – 14 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 22. Was passiert nach neueren Erkenntnissen der Bundesregierung mit von der libyschen „Küstenwache“ aufgegriffenen Schutzsuchenden, und welche Konsequenzen zieht sie aus den Berichten, dass diese häufig in Privatgefängnissen landen? Auf die Antwort zu Frage 1 wird verwiesen. 23. Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus dem Bericht von „Ärzte ohne Grenzen“ (MSF) zur Ernährungssituation in den libyschen Detention Centers, und verfügt sie selbst über gleiche oder ähnliche Kenntnisse ? Welche Bemühungen zur Deckung des Ernährungsbedarfs der in Libyen inhaftierten bzw. internierten Schutzsuchenden gibt es von Seiten der EU und der internationalen Gemeinschaft nach Kenntnis der Bundesregierung, wie beteiligt sich die Bundesregierung an diesen Leistungen, und inwieweit betrachtet sie diese Versorgungsleistungen als ausreichend (www.msf.org/sites/ msf.org/files/2019-03/Libya%20Nutrition%20Findings%20Report%20Final_ Public_EN.pdf)? Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Entwicklung der Ernährungssituation im von MSF untersuchten Internierungslager Sabaa ab März 2019, und welche Konsequenzen zieht sie daraus? Die dem libyschen Innenministerium unterstehende Behörde zur Bekämpfung illegaler Migration „Directorate for Combatting Illegal Migration“ (DCIM) ist für die Nahrungsmittelversorgung in den sogenannten Detention Centers zuständig. Laut UNHCR erhalten Flüchtlinge und Migranten in „Detention Centers“ aufgrund der aktuellen Lage in Tripolis lediglich eine Mahlzeit pro Tag. Sofern die Versorgung vorübergehend nicht vom staatlichen DCIM gedeckt werden kann, leistet unter anderem IOM in Abstimmung mit dem die Nahrungsmittelhilfe koordinierenden Cluster der VN Nothilfe. IOM hat zuletzt nach dem Angriff auf Tajoura die noch nicht evakuierten Flüchtlinge und Migranten mit Nahrungsmitteln für drei Tage versorgt. Der in Bezug genommene Bericht von Ärzte ohne Grenzen ist der Bundesregierung bekannt. Nach den der Bundesregierung vorliegenden Informationen ist die Nahrungsversorgung im „Detention Center“ Sabaa weiterhin unzureichend. Seit Beginn der Krise am 4. April 2019 hat UNHCR 32 Flüchtlinge und Migranten aus dem „Detention Center“ Saaba in das Sammel- und Transitzentrum transferiert . Darüber hinaus wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen . 24. Wie viele Schutzsuchende sind im Rahmen von UN-Programmen in den Jahren 2018 und 2019 aus Libyen in welche Herkunftsländer zurückgekehrt bzw. in welche Länder ausgereist (bitte quartalsweise nach Herkunftsstaaten aufschlüsseln)? Im Jahr 2018 kam es im Rahmen des IOM-„Voluntary Humanitarian Return Assistance “-Programms (VHR) zur freiwilligen Rückkehr von ca. 16 458 Migranten , insbesondere in die Länder Bangladesch, Elfenbeinküste, Gambia, Ghana, Guinea, Mali, Niger, Nigeria, Senegal und Somalia. 2019 nahmen bisher 4 829 Personen am VHR-Programm teil. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 15 – Drucksache 19/12116 25. Welche Detention Centers oder Privatgefängnisse wurden bisher von welchen Vertretern welcher Bundesbehörden wann und mit welchem Ergebnis besucht? Seit 2017 wurden von Vertretern der Bundesregierung die „Detention Centers“ Tariq al-Sikka, Tajoura, Souq al-Khamis und Zuwara teils mehrfach besucht. Dabei wiesen unter anderem der damalige Bundesminister des Auswärtigen, Sigmar Gabriel, der damalige Staatssekretär im Auswärtigen Amt, Walter Lindner, sowie der deutsche Botschafter in Libyen die zuständigen libyschen Behörden auf ihre Verantwortung zur Einhaltung humanitärer Mindeststandards hin und forderten effektive Maßnahmen zum Schutz der in den „Detention Centers“ festgehaltenen Flüchtlinge und Migranten ein. Es besteht in der Regel kein Zugang zu Privatgefängnissen. 26. Inwieweit gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung Einschränkungen oder Behinderungen bei der Kontrolle der Detention Centers durch internationale Organisationen? Nach eigenen Angaben können internationale Organisationen wie UNHCR, IOM oder das Internationale Komitee vom Roten Kreuz, Ärzte ohne Grenzen und lokale Nichtregierungsorganisationen staatliche „Detention Centers“ besuchen. Mitarbeiter des UNHCR sind beispielsweise täglich in verschiedenen staatlichen „Detention Centers“ vor Ort und leisten über eine Partnerorganisation medizinische Grundversorgung. Nach Informationen der genannten Organisationen bestehen allerdings aufgrund der Sicherheitssituation und Lage vor Ort Einschränkungen des Zugangs. 27. Bewertet die Bundesregierung ihre Praxis, die libysche Einheitsregierung auf die Einhaltung der Menschenrechte „hinzuweisen“, rückblickend als ausreichend (vgl. Bundestagsdrucksache 18/13603)? Die Bundesregierung setzt sich durch kontinuierliche Gespräche mit den Verantwortlichen für die Einhaltung der Menschenrechte ein. Zuletzt hat der Bundesminister des Auswärtigen, Heiko Maas, am 7. Mai 2019 in seinem Gespräch mit Premierminister Fayez Al Sarraj die libysche Regierung zur Schließung der „Detention Centers“ aufgefordert. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333