Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Auswärtigen Amts vom 31. Juli 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/12148 19. Wahlperiode 02.08.2019 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Anton Friesen, Jürgen Braun, Volker Münz und der Fraktion der AfD – Drucksache 19/11715 – Menschenrechtliche Situation von Christen in Myanmar V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Von den 53,86 Millionen Menschen in Myanmar sind etwa 4,34 Millionen Christen. Im Weltverfolgungsindex 2019 der Hilfsorganisation Open Doors belegt das Land mit 71 Punkten den 18. Platz. Im Vergleich zum Vorjahr ist das eine Verschlechterung von sechs Punkten bzw. sechs Plätzen. Als Triebkräfte der Verfolgung gilt zum einen „religiös motivierter Nationalismus“ und zum anderen „Diktatorische Paranoia“. Als Verfolger werden dabei u. a. buddhistische Mönche oder auch die kommunistische Rebellengruppe United Wa State Army (UWSA) genannt. Mehr als 100 000 Christen sollen sich zudem derzeit in Flüchtlingslagern befinden. Ihr unzureichender Zugang zu Nahrungsmitteln und medizinischer Versorgung ist nach Ansicht der Fragesteller besorgniserregend (www.opendoors.de/christenverfolgung/weltverfolgungsindex/laenderprofile/ myanmar). V o r b e m e r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Das weltweite Eintreten für Religions- und Weltanschauungsfreiheit ist integraler Bestandteil der deutschen Außen- und Entwicklungspolitik. Die Bundesregierung setzt sich – gemeinsam mit ihren Partnern der Europäischen Union – für den Schutz und die Förderung des Rechts auf Religions- und Weltanschauungsfreiheit ein, vor allem im Rahmen bilateraler politischer Dialoge und multilateraler Dialogforen , und unterstützt Projekte zur Förderung der Religions- und Weltanschauungsfreiheit . Die Situation der Menschenrechte, darunter die Rechte von ethnischen und religiösen Minderheiten, ist regelmäßig Gegenstand von Gesprächen mit der Regierung der Republik der Union Myanmar, zuletzt beim 5. Menschenrechtsdialog zwischen der Europäischen Union und der Regierung der Republik der Union Myanmar, der am 14. Juni 2019 in der Hauptstadt Nay Pyi Taw stattfand. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/12148 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Die Verfassung von 2008 garantiert in Artikel 34 allen Staatsbürgern Religionsund Weltanschauungsfreiheit. Artikel 348 der Verfassung verbietet es dem Staat, Bürger aufgrund ihrer Religion zu diskriminieren. Obwohl der Buddhismus formell nicht den Rang einer Staatsreligion hat, wird er in Artikel 361 der Verfassung gesondert erwähnt und die besondere Position des Buddhismus hervorgehoben . In Artikel 362 der Verfassung ist die Anerkennung der großen nichtbuddhistischen Glaubensgemeinschaften des Landes (Christentum, Islam, Hinduismus und Animismus) verankert. Gemäß dem Zensus von 2014, der mit Unterstützung der Vereinten Nationen durchgeführt wurde, sind 87,9 Prozent der myanmarischen Bevölkerung Buddhisten , 6,2 Prozent Christen und 4,3 Prozent Muslime. Insbesondere Angehörige der ethnischen Minderheiten sind christlichen Glaubens. Christen stoßen in der Gesellschaft Myanmars in der Regel auf Toleranz. In der Republik der Union Myanmar kommt es seit der Unabhängigkeit im Jahr 1948 wiederholt zu bewaffneten Auseinandersetzungen, in die das myanmarische Militär und unterschiedliche ethnische Gruppierungen verwickelt sind. Trotz einzelner Waffenstillstandsvereinbarungen und eines landesweiten Waffenstillstandes , der 2015 von acht Gruppen unterzeichnet worden war, flammen immer wieder Kampfhandlungen in Myanmar auf. In den Bundesstaaten Shan, Kachin und Chin, in denen viele Angehörige der ethnischen Minderheiten dem christlichen Glauben angehören, werden Christen ebenso wie Angehörige anderer Religionen immer wieder Opfer von Übergriffen des Militärs und bewaffneter ethnischer Gruppierungen. 1. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung zur Lage der Christen in Myanmar, und wie hat sich deren Situation nach Kenntnis der Bundesregierung in den letzten zehn Jahren verändert? Es wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. 2. Liegen der Bundesregierung Erkenntnisse im Hinblick auf die gezielte Zerstörung von Kirchen in Myanmar vor, und wenn ja, welche sind dies? Der Bundesregierung liegen keine belastbaren Erkenntnisse im Sinne der Fragestellung vor. 3. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über gewaltsame Übergriffe der myanmarischen Armee gegenüber Christen, insbesondere in den Provinzen Kachin und Shan? Es wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. 4. Wie bewertet die Bundesregierung vor dem oben geschilderten Hintergrund die Aktivitäten der sogenannten United Wa State Army? Laut Information der Bundesregierung handelt es sich bei der „United Wa State Army“ (UWSA) um eine bewaffnete Gruppierung, die sich seit rund 30 Jahren für die ethnische Minderheit der Wa im myanmarischen Bundesstaat Shan einsetzt . Internationale Menschenrechtsorganisationen werfen der UWSA gravierende Menschenrechtsverletzungen vor. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 2 verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/12148 5. Verfügt die Bundesregierung über Informationen zur Lage und Situation in den myanmarischen Flüchtlingslagern, und wie beurteilt sie diese Situation? Laut Informationen der Bundesregierung leben derzeit ungefähr 241 000 Menschen in Lagern für Binnenvertriebene in Folge von bewaffneten Konflikten, davon rund 92 000 im Bundesstaat Kachin, 15 000 im Bundesstaat Shan und 5 600 im Bundesstaat Kayin. Im Bundesstaat Rakhine befinden sich in Folge der 2012 dort ausgebrochenen Gewalt ungefähr 129 000 Menschen in Lagern für Binnenvertriebene . Ursache für Fluchtbewegungen sind in erster Linie bewaffnete Auseinandersetzungen zwischen einer ethnischen Gruppierung und dem myanmarischen Militär oder Kämpfe unter verschiedenen ethnischen Gruppierungen. In den Lagern für Binnenvertriebene, die zum großen Teil seit vielen Jahren existieren, leben daher Angehörige verschiedener ethnischer Gruppierungen mit unterschiedlicher religiöser Zugehörigkeit. Die myanmarische Regierung erarbeitet derzeit eine Strategie zur Schließung der Lager für Binnenvertriebene. Die Bundesregierung begrüßt diese Strategie grundsätzlich . Sie hält dabei eine Einbeziehung der Vereinten Nationen in den Prozess für unerlässlich und ermutigt die myanmarische Regierung zu einer engen Zusammenarbeit mit den zuständigen Organisationen der Vereinten Nationen, um sicherzustellen, dass die Schließung der Binnenvertriebenenlagern in Übereinstimmung mit internationalen Standards erfolgt. Die Bundesregierung unterstützt sowohl Organisationen der Vereinten Nationen als auch andere internationale Hilfsorganisationen, die die humanitäre Hilfe in den Binnenvertriebenenlagern sicherstellen. Sie hat gegenüber der myanmarischen Regierung immer wieder unterstrichen, dass der humanitäre Zugang ungehindert möglich sein muss. 6. Inwiefern kann die Bundesregierung die Anzahl der von Open Doors gemeldeten christlichen Flüchtlinge in Höhe von 100 000 bestätigen? Die Bundesregierung verfügt über keine eigenen Erkenntnisse im Sinne der Fragestellung . 7. In welcher Höhe hat die Bundesregierung Bundesmittel für die Versorgung der Christen in Flüchtlingslagern seit dem Jahr 2010 bereitgestellt (bitte nach Haushaltstitel, Förderhöhe und Projekttitel auflisten)? Die Bundesregierung stellt Mittel für humanitäre Hilfe bereit, geleitet von dem Grundsatz, dass alle von dem Konflikt in Myanmar betroffenen Menschen bedarfsorientiert Hilfsleistungen erhalten, unabhängig von ihrer ethnischen und religiösen Zugehörigkeit. Eine Unterscheidung der Begünstigten nach Religionszugehörigkeit erfolgt dabei nicht. Die Gewährleistung der humanitären Prinzipien ist zentrale Grundlage für die Arbeit humanitärer Hilfsorganisationen. Die Bundesregierung hat seit dem Jahr 2010 in Myanmar Mittel für humanitäre Hilfe in Höhe von 41 475 000 Euro bereitgestellt, größtenteils für Binnenvertriebene . Die Entwicklungszusammenarbeit mit Myanmar wurde im Jahr 2012 wieder aufgenommen und hat die Schwerpunkte nachhaltige Wirtschaftsförderung und ländliche Entwicklung. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/12148 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 8. Plant die Bundesregierung angesichts der sich verschlechternden Situation in Myanmar für Christen, ihre Mittel (siehe Frage 7) in den nächsten Jahren zu erhöhen? a) Falls ja, in welcher Höhe? b) Falls nein, wieso nicht? Es wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung sowie auf die Antworten zu den Fragen 1 und 7 verwiesen. 9. Welche Projekte gegen Christenverfolgung bzw. mit Bezug zu Christen hat die Bundesregierung seit dem Jahr 2010 in Myanmar in welcher Höhe gefördert ? Die Bundesregierung hat seit dem Jahr 2010 Projekte in Höhe von etwa 1,5 Mio. Euro gefördert, die auf die Verbesserung der Situation ethnischer Minderheiten abzielen. Diese Programme kommen unterschiedslos Menschen aller Konfessionen zugute. 10. Hat die Bundesregierung die Situation der Christen gegenüber der myanmarischen Regierung verurteilt? Falls ja, in welcher Form, und mit welcher Reaktion? Die Bundesregierung setzt sich regelmäßig auf der Ebene der Europäischen Union und der Vereinten Nationen in Genf und New York sowie in Gesprächen in Nay Pyi Taw und in Berlin für die Aufklärung und Ahndung der Menschenrechtsverletzungen , darunter auch die Verletzung der Religionsfreiheit und Diskriminierung von Minderheiten, ein. 11. Zieht die Bundesregierung in Betracht, in Zukunft Angehörige der christlichen Minderheit als Flüchtlinge im Rahmen eines „Resettlement“ in Deutschland aufzunehmen? Falls ja, wie viele? Eine Aufnahme von Angehörigen der in der Fragestellung genannten Personengruppe durch Deutschland ist aktuell nicht vorgesehen. Die Planungen für zukünftige Aufnahmen sind noch nicht abgeschlossen. 12. Plant die Bundesregierung, die Lage der Christen in Myanmar auf die Tagesordnung des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen zu setzen? a) Falls ja, wann? b) Falls nein, warum nicht? Die Bundesregierung stimmt sich auch während ihrer nichtständigen Mitgliedschaft im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen regelmäßig eng mit ihren Partnern ab, wie in Myanmar begangene Menschenrechtsverletzungen, darunter auch die Verletzung der Religionsfreiheit und Diskriminierung von Minderheiten, aufgearbeitet und verfolgt werden. Im System der Vereinten Nationen sind der Menschenrechtsrat in Genf sowie der 3. Ausschuss der Generalversammlung die zentralen Gremien für die Verteidigung der Menschenrechte und somit auch für die Rechte religiöser Minderheiten. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/12148 Die Europäische Union bringt seit 2004 in diesen Gremien regelmäßig eine Resolution zur „Religions- und Weltanschauungsfreiheit“ ein. Die Bundesregierung engagiert sich dabei. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333