Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums des Innern vom 14. März 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/1217 19. Wahlperiode 15.03.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Ulla Jelpke, Dr. André Hahn, Gökay Akbulut, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 19/621 – Ergänzende Informationen zur Asylstatistik für das Jahr 2017 – Schwerpunktfragen zu Widerrufsprüfungen V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Im Jahr 2016 gab es vergleichsweise wenige abgeschlossene Widerrufsverfahren (2 207), zu 82 Prozent hatte dabei der überprüfte Schutzstatus Bestand (Bundestagsdrucksache 18/11262). In der ersten Jahreshälfte 2017 gab es 1 345 Entscheidungen in Widerrufsverfahren, in 79,4 Prozent der Fälle führte dies zu keinem Widerruf (Bundestagsdrucksache 18/13536, Antwort zu Frage 1). Für die Zukunft ist angesichts der großen Zahl gewährter Schutzstatus mit einer massiven Ausweitung der Widerrufsprüfungen zu rechnen, im dritten Quartal 2017 wurden fast 25 000 Widerrufsprüfungen eingeleitet (Bundestagsdrucksache 19/357, Antwort zu Frage 1). Bei international Schutzberechtigten – nicht bei subsidiär Schutzberechtigten – hat diese Prüfung spätestens drei Jahre nach einer Anerkennung zu erfolgen (vgl. § 73 Absatz 2a und § 73b des Asylgesetzes – AsylG), im Übrigen geschieht dies auch im Einzelfall bei Wegfall der Umstände, die zur Schutzgewährung geführt haben, wenn eine Rückkehr zumutbar ist. Für die Betroffenen – nicht selten traumatisierte Flüchtlinge – sind diese Verfahren und die damit verbundene Unsicherheit sehr belastend (www.proasyl.de/wp-content/uploads/2015/12/PRO_ASYL_Flyer_ Fluechtlingsschutz_mit_Verfallsdatum_Mai_2005.pdf). Wird der Widerruf gerichtlich bestätigt, haben Betroffene aufgrund ihres langjährigen Aufenthalts unter Umständen Aufenthaltsrechte nach dem allgemeinen Aufenthaltsgesetz. Von 2000 bis 2019 gab es fast 70 000 Widerrufe eines Schutzstatus (Bundestagsdrucksache 19/357, Antwort zu Frage 12) – das ist auch ein Grund dafür, warum viele formell abgelehnte Asylsuchende weiter rechtmäßig in Deutschland leben. Infolge der Aufarbeitung des Falls „Franco A.“ hatte der Bundesminister des Innern, Dr. Thomas de Maizière, angekündigt, in 80 000 bis 100 000 Fällen positiver Asylentscheidungen vorzeitige Widerrufsprüfungen vorzunehmen – diese seien gesetzlich ohnehin vorgesehen (vgl. www.tagesschau.de/inland/ asylentscheidungen-103.html). Seit August 2017 werden insbesondere Entscheidungen überprüft, die im schriftlichen Verfahren ergangen sind (Syrien, Irak, Eritrea), sowie Fälle mit fehlenden Identitätsdokumenten (zusätzlich: Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/1217 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Afghanistan; vgl. Bundestagsdrucksache 18/13536, Antwort zu Frage 2). Zuletzt erklärte die Bundesregierung, es sei mit etwa 148 000 vorgezogenen Widerrufsprüfungen zu rechnen, Entscheidungen zu Widerrufen gab es bislang nur wenige, im dritten Quartal 2017 waren es 72 (vgl. Bundestagsdrucksache 19/357, Antworten zu den Fragen 1 und 3). Im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) waren zum Jahreswechsel 80 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BAMF ausschließlich mit der Aufgabe vorgezogener Widerrufsprüfungen befasst, dieser Personaleinsatz soll weiter erhöht werden (ebd., Antwort zu Frage 2). Es ist nicht zulässig, einen Flüchtlingsstatus mit der Begründung zu widerrufen, nur noch einen subsidiären Schutzstatus erteilen zu wollen, denn der Widerruf ist nur bei einem Wegfall der Umstände, die zur Schutzgewährung geführt haben , gerechtfertigt und nicht etwa infolge einer gewandelten Entscheidungspraxis des BAMF (Antwort von Staatssekretärin Dr. Emily Haber vom 5. Oktober 2017 auf eine Nachfrage der Abgeordneten Ulla Jelpke). Bei unrichtigen Angaben oder Täuschungen im Einzelfall kommt eine Rücknahme nach § 73 Absatz 2 AsylG in Betracht (kein Widerruf). Die im Zuge der vorgezogenen Prüfungen einmal bestätigten Flüchtlingsstatus werden nicht noch einmal anlasslos überprüft (Bundestagsdrucksache 19/357, Antwort zu Frage 8). 1. Wie viele Widerrufsverfahren wurden im vierten Quartal 2017 bzw. im Gesamtjahr 2017 bzw. im Vorjahr eingeleitet (bitte Gesamtzahlen angeben und nach den verschiedenen Formen der Anerkennung und den 15 wichtigsten Herkunftsländern differenzieren), und wie viele Entscheidungen in Widerrufsverfahren mit welchem Ergebnis gab es in diesen Zeiträumen (bitte Gesamtzahlen angeben und nach den verschiedenen Formen der Anerkennung und den 15 wichtigsten Herkunftsländern differenzieren)? Die Angaben können den nachfolgenden Tabellen entnommen werden: 4. Quartal 2017 eingeleitete Widerrufsprüfverfahren Entscheidungen insgesamt Widerruf/ Rücknahme Art. 16a GG Widerruf/ Rücknahme Flüchtlingseigenschaft Widerruf/ Rücknahme Subsidiärer Schutz/Abschiebungsverbot kein Widerruf/ Keine Rücknahme absolut in Prozent absolut in Prozentabsolut in Prozent absolut in Prozent Herkunftsländer gesamt 49.190 975 8 0,8 60 6,2 35 3,6 872 89,4 darunter: Syrien 27.939 472 - - 21 4,4 12 2,5 439 93,0 Irak 9.756 219 1 0,5 7 3,2 2 0,9 209 95,4 Afghanistan 9.534 82 - - 2 2,4 9 11,0 71 86,6 Eritrea 321 24 - - 2 8,3 - - 22 91,7 Ungeklärt 298 25 - - 12 48,0 1 4,0 12 48,0 Russische Föd. 183 18 - - 8 44,4 - - 10 55,6 Iran 164 16 - - 2 12,5 - - 14 87,5 Türkei 152 20 4 20,0 1 5,0 3 15,0 12 60,0 Somalia 116 12 - - 2 16,7 2 16,7 8 66,7 Staatenlos 87 8 - - - - - - 8 100,0 Pakistan 81 5 1 20,0 - - - - 4 80,0 Kosovo 65 4 - - - - - - 4 100,0 Nigeria 38 1 - - - - 1 100,0 - - Serbien 38 6 - - 2 33,3 2 33,3 2 33,3 Sri Lanka 33 16 - - - - - - 16 100,0 Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/1217 Jahr 2017 eingeleitete Widerrufsprüfverfahren Entscheidungen insgesamt Widerruf/ Rücknahme Art. 16a GG Widerruf/ Rücknahme Flüchtlingseigenschaft Widerruf/ Rücknahme Subsidiärer Schutz/Abschiebungsverbot kein Widerruf/Keine Rücknahme absolut in Prozent absolut in Prozent absolut in Prozent absolut in Prozent Herkunftsländer gesamt 77.106 2.527 61 2,4 214 8,5 146 5,8 2.106 83,3 darunter: Syrien 39.929 879 2 0,2 70 8,0 20 2,3 787 89,5 Irak 21.064 662 1 0,2 38 5,7 6 0,9 617 93,2 Afghanistan 11.716 201 1 0,5 5 2,5 50 24,9 145 72,1 Ungeklärt 503 58 - - 28 48,3 4 6,9 26 44,8 Russische Föd. 483 66 1 1,5 16 24,2 6 9,1 43 65,2 Türkei 445 179 23 12,8 9 5,0 3 1,7 144 80,4 Eritrea 433 37 - - 7 18,9 - - 30 81,1 Iran 367 65 5 7,7 6 9,2 3 4,6 51 78,5 Somalia 267 23 - - 4 17,4 3 13,0 16 69,6 Kosovo 197 27 11 40,7 - - 4 14,8 12 44,4 Pakistan 175 50 1 2,0 - - 1 2,0 48 96,0 Staatenlos 168 24 - - 1 4,2 - - 23 95,8 Sri Lanka 119 24 - - 1 4,2 2 8,3 21 87,5 Aserbaidschan 99 15 - - 1 6,7 7 46,7 7 46,7 Armenien 90 8 - - 4 50,0 2 25,0 2 25,0 Jahr 2016 eingeleitete Widerrufsprüfverfahren Entscheidungen insgesamt Widerruf/ Rücknahme Art. 16a GG Widerruf/ Rücknahme Flüchtlingseigenschaft Widerruf/ Rücknahme Subsidiärer Schutz/Abschiebungsverbot Kein Widerruf/Keine Rücknahme absolut in Prozent absolut in Prozent absolut in Prozent absolut in Prozent Herkunftsländer gesamt 3.170 2.207 83 3,8 157 7,1 155 7,0 1.812 82,1 darunter: Irak 842 630 - - 26 4,1 5 0,8 599 95,1 Syrien 782 317 1 0,3 41 12,9 9 2,8 266 83,9 Afghanistan 318 226 1 0,4 7 3,1 60 26,5 158 69,9 Türkei 291 224 26 11,6 12 5,4 2 0,9 184 82,1 Iran 131 123 7 5,7 19 15,4 2 1,6 95 77,2 Russische Föd. 89 64 1 1,6 3 4,7 14 21,9 46 71,9 Pakistan 77 48 - - - - 2 4,2 46 95,8 Ungeklärt 64 55 - - 20 36,4 1 1,8 34 61,8 Kosovo 58 82 20 24,4 4 4,9 8 9,8 50 61,0 Aserbaidschan 40 32 - - 2 6,3 3 9,4 27 84,4 Eritrea 38 25 - - 1 4,0 1 4,0 23 92,0 Somalia 36 34 1 2,9 - - - - 33 97,1 Libanon 33 19 - - 1 5,3 5 26,3 13 68,4 Serbien 32 34 7 20,6 - - 1 2,9 26 76,5 Vietnam 26 20 1 5,0 3 15,0 1 5,0 15 75,0 Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/1217 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 2. Wie ist der aktuelle Stand der im Zusammenhang mit dem Fall „Franco A.“ angeordneten vorgezogenen Widerrufsprüfungen, wie viel Personal im BAMF ist dabei mit welchen Aufgaben befasst (bitte so konkret und differenziert wie möglich antworten), wie viele mündliche Anhörungen hat es bislang gegeben, wie viele Personen wurden angeschrieben, wie viele zu einer Anhörung einbestellt usw. (soweit möglich bitte nach Herkunftsländern differenzieren), und welche entsprechenden Planungen zum Personaleinsatz bzw. zu künftigen Aktivitäten gibt es (bitte so konkret wie möglich darlegen )? Im Rahmen der vorgezogenen Regelüberprüfung werden mit Stand Anfang Februar 2018 216 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eingesetzt. 115 Mitarbeiter des mittleren Dienstes sind im Rahmen der Aktenanlage und 101 Mitarbeiter des gehobenen Dienstes im Rahmen der inhaltlichen Prüfung von Verfahren mit bereits vorliegenden Hinweisen eingesetzt. Der Bereich soll zudem mit weiteren 195 Mitarbeitern mit befristetem Arbeitsvertrag für die Dauer von zwei Jahren zum nächstmöglichen Zeitpunkt weiter aufgestockt werden. Das Bundesamt hat die Akten für die zu prüfenden Verfahren im Rahmen der vorgezogenen Regelüberprüfung angelegt und die zuständigen Landesbehörden eingebunden, um die inhaltliche Prüfung vornehmen zu können. Es sind im ersten Quartal 2018 bis zum Stichtag 7. März 2018 bislang 6 033 Personen zu Gesprächen eingeladen worden. Die Personen wurden vormals im schriftlichen Verfahren beschieden und ihr Schutzstatus wird im Anschluss an die Gespräche im Rahmen der vorgezogenen Regelüberprüfung geprüft. 3. Gibt es neben den in der Antwort zu Frage 3 auf Bundestagsdrucksache 19/357 genannten Kriterien zur Auswahl und Bearbeitung der vorgezogenen Widerrufsprüfungen weitere Kriterien, etwa Vorgaben zur Rangfolge der Bearbeitung (nach Altersgruppen, Familienstand oder ähnlichem), und welche Einschätzungen oder Planungen gibt es zur ungefähren Dauer der vorgezogenen Widerrufsprüfungen in ca. 148 000 Fällen, bzw. wann soll dieses Projekt nach Vorstellungen der Leitung des BAMF abgeschlossen sein (bitte nachvollziehbar darlegen und gesondert begründen, aus welchen Gründen hierzu gegebenenfalls keine genaueren Einschätzungen gemacht werden können)? Über die in der Antwort der Bundesregierung zu Frage 3 der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 19/357 vom 2. Januar 2018 genannten Auswahlkriterien, gibt es keine weiteren Aspekte zur Auswahl der Verfahren . Die Bearbeitung wird chronologisch nach Bestandskraftdatum, beginnend mit dem ältesten Datum, vorgenommen. Ein Abschluss der Bearbeitung der vorgezogenen Regelüberprüfung kann nicht prognostiziert werden, da die Bearbeitungszeit von mehreren externen Faktoren abhängt (Dauer bis zu einer Rückmeldung seitens der Landesbehörden, Verhalten eingeladener Schutzberechtigter). 4. Inwieweit wurden in vorgezogene Widerrufsprüfungen auch Personen mit subsidiärem Schutzstatus oder nationalem Abschiebungsschutz mit einbezogen , obwohl für diese die gesetzliche Vorgabe zur anlasslosen Überprüfung spätestens drei Jahre nach einer Anerkennung gar nicht gilt (vgl. § 73 Absatz 2a und § 73b bzw. § 73c AsylG, bitte begründen), und auf welcher genauen rechtlichen Grundlage geschah oder geschieht dies gegebenenfalls (bitte darlegen)? Die vorgezogenen Widerrufsprüfungen beziehen sich auf alle nach den §§ 73 bis 73c des Asylgesetzes (AsylG) vorgesehenen Fallkonstellationen. Gemäß §§ 73b Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/1217 und 73c AsylG sind Widerruf und Rücknahme des subsidiären Schutzes und von Abschiebungsverboten unter den dort genannten Voraussetzungen jederzeit möglich . Ergänzend wird auf die Antwort der Bundesregierung zu den Fragen 4 und 5 der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. vom 8. September 2017 auf Bundestagsdrucksache 18/13536 verwiesen. 5. Welche bisherigen Ergebnisse und Erkenntnisse haben die Überprüfungen erbracht (bitte so konkret wie möglich darstellen), wie viele Widerrufe oder Rücknahmen wurden im Zuge der Überprüfung bislang ausgesprochen (bitte nach den wichtigsten Herkunftsstaaten differenziert angeben), und was lässt sich zu den Gründen hierfür sagen, wie viele Sicherheitsbefragungen oder Identitätsklärungen haben mit welchem Ergebnis stattgefunden (bitte so genau wie möglich darstellen), und haben sich noch ähnliche Fälle wie der des „Franco A.“ ergeben, wenn ja, bitte darstellen, wenn nein, inwieweit ist es nach Auffassung der Bundesregierung dennoch sinnvoll, die vorgezogene Prüfpraxis weiter fortzusetzen (bitte begründen)? Insgesamt können für den Zeitraum 1. August 2017 bis KW 6 (2018) folgende Erkenntnisse festgehalten werden: Bislang erfolgten 98 747 Anlagen von Prüfakten . Von den Ausländerbehörden gab es bislang einen Rücklauf in 69 115 Fällen, wovon 9 720 Fälle mit Hinweisen versehen waren. Die bisher abgeschlossenen Fälle führten zu zwölf Widerrufen. In 575 Fällen wurde die ursprüngliche Entscheidung nicht geändert. Die übrigen Verfahren befinden sich in Bearbeitung und sind z. T. für Gespräche vorgesehen. Vergleichbare Fälle zum Fall „Franco A.“ haben sich nicht ergeben. Da der Großteil von Verfahren auch im Rahmen der in § 73 AsylG festgelegten Fristen zur Regelüberprüfung ansteht, ist das Verfahren nach Auffassung der Bundesregierung fortzusetzen. 6. Warum war selbst fünf Monate nach Einleitung der vorgezogenen Widerrufsprüfungen der Bundesregierung noch keine „dezidierte Einschätzung“ zu den Erkenntnissen und Ergebnissen dieser Prüfungen möglich (vgl. Bundestagsdrucksache 19/357, Antwort zu Frage 4; bitte darlegen)? Zum damaligen Zeitpunkt ließ die Fallzahl der geprüften Dokumente keine repräsentative Einschätzung zu den Erkenntnissen und Ergebnissen zu. 7. Wie viele anerkannte Schutzberechtigte wurden bislang durch das BAMF oder nach Kenntnis der Bundesregierung durch die Ausländerbehörden dazu aufgefordert, ihre Identitätsdokumente für eine erneute Prüfung durch das BAMF vorzulegen, wie viele und welche Identitätsdokumente sind bislang im BAMF zur erneuten Prüfung eingegangen, wie viele von ihnen wurden überprüft, und bei wie vielen Personen hat sich durch diese Prüfungen bislang herausgestellt, dass falsche Angaben zur Herkunft bzw. Identität gemacht wurden, und welche Konsequenzen hatte dies (bitte soweit möglich jeweils nach den wichtigsten Herkunftsländern und dem erteilten Schutzstatus differenziert antworten)? Alle relevanten Personendaten zu rund 54 000 Verfahren, in denen Ausweisdokumente erneut überprüft werden sollen, wurden den Ausländerbehörden mit der Bitte um entsprechende Anforderung zur Verfügung gestellt. Dem Bundesamt wurden bisher (bis 21. Februar 2018) ca. 25 100 Dokumente vorgelegt, diese wurden geprüft und den Ausländerbehörden zurückgesandt. Bei etwa 130 Dokumenten lagen Fälschungen vor. In diesen Fällen erfolgt die Einleitung einer Wider- Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/1217 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode rufs-/Rücknahme-prüfung. Des Weiteren wird auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 5 der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 19/357 vom 2. Januar 2018 verwiesen. 8. In wie vielen Fällen wurden im Zuge der vorgezogenen Widerrufsprüfungen durch das BAMF überprüfte Dokumente den Ausländerbehörden bislang mit welchem Prüfvermerk zurückgesandt, wie viele Dokumente liegen dem BAMF noch zur Prüfung vor, und wie viele Dokumente wurden für eine tiefergehende Analyse einbehalten (bitte soweit möglich jeweils nach den wichtigsten Herkunftsländern und dem erteilten Schutzstatus differenziert antworten)? Auf die Antwort zu Frage 7 wird verwiesen. 9. Wie ist der aktuelle Stand hinsichtlich der Übernahme von bislang befristet beschäftigtem Personal bzw. der dauerhaften Besetzung von Stellen im BAMF (bitte auch mit konkreten Zahlen zu Entfristungen, Neueinstellungen, ausgelaufenen oder auslaufenden Verträgen, Planungen, Gesprächen, noch offenen Stellen usw. für die jeweiligen Bereiche antworten)? Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) hat zum Stand 1. Februar 2018 eine Personalausstattung in Höhe von insgesamt 7 188 Vollzeitäquivalenten (VZÄ) (Dauerpersonal, befristetes Personal und Unterstützungskräfte). Es liegen zudem Einstellungszusagen in Höhe von 102 VZÄ für neu einzustellendes Personal vor. Inklusive des sich im Zulauf befindlichen Personals beläuft sich der Personalstand des BAMF auf insgesamt 7 290 VZÄ. Weitere 574 VZÄ befinden sich derzeit im laufenden Ausschreibungsverfahren. Das BAMF bewirtschaftet aktuell 6 205,0 Planstellen und Stellen. Mit Stand 1. Februar 2018 sind davon insgesamt 6 195,4 besetzt. Dies ergibt sich u. a. daraus, dass im Hinblick auf die derzeit laufende Entfristungsaktion des BAMF bereits befristetes Personal in Höhe von über 2 000 VZÄ (inklusive Puffer für mögliche Unwägbarkeiten im Verfahren) auf Planstellen und Stellen gebucht wurde. Zudem liegen Bewirtschaftungsbeschränkungen in Höhe von 9,6 VZÄ vor. Damit sind beim BAMF aktuell keine freien Planstellen und Stellen verfügbar. 10. Inwieweit teilen Sicherheitsbehörden dem BAMF mit, wenn sie konkrete Hinweise auf eine Sicherheitsgefährdung durch eine Person mit einem Schutzstatus oder entsprechende Sicherheitsbedenken haben (bitte konkret darstellen), und inwieweit ist vor diesem Hintergrund die Antwort der Bundesregierung zu Frage 13 auf Bundestagsdrucksache 19/357 stichhaltig, wonach die anlasslose Widerrufsprüfung aller anerkannten Flüchtlinge innerhalb eines konkreten Zeitraums vor allem deshalb erforderlich und verhältnismäßig sein soll, um Sicherheitsaspekte berücksichtigen zu können, und warum genügt es diesbezüglich nicht, in Fällen, in denen konkrete Sicherheitsbedenken bestehen, einzelfallbezogen eine Widerrufsprüfung vorzunehmen (bitte ausführen)? Im Rahmen des Gemeinsamen Terrorismusabwehrzentrums (GTAZ) findet ein Erkenntnisaustausch zwischen Sicherheitsbehörden und BAMF auf Grundlage des § 75 Nummer 11 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) zu Personen des islamistischen Extremismus und Terrorismus statt. Um bei der Überprüfung des Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 7 – Drucksache 19/1217 Schutzstatus darüber hinausgehende auch zusätzliche niederschwellige Erkenntnisse der Sicherheitsbehörden berücksichtigen zu können, die einen Widerruf oder eine Rücknahme rechtfertigen, wird eine Abfrage als zielführend erachtet. 11. Von welchen anderen EU-Mitgliedstaaten (außer Österreich) weiß die Bundesregierung oder wissen fachkundige Bundesbedienstete, dass es dort wie in Deutschland eine gesetzliche Vorgabe zu verpflichtenden anlasslosen Widerrufsprüfungen innerhalb einer bestimmten Zeitdauer gibt (bitte darstellen )? Der Bundesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. 12. Wie viel Personal ist aktuell im BAMF an welcher Stelle mit welchen Aufgaben der Qualitätssicherung befasst (bitte so differenziert wie möglich darstellen ), welche Qualifizierungsmaßnahmen welchen Personals im Asylbereich des BAMF hat es in den Jahren 2016 und 2017 gegeben, welche sind für 2018 geplant (bitte auflisten nach Art und Dauer der Qualifizierung und Teilnehmendenzahlen), und inwieweit wird bei der Zweitkontrolle aller Asylbescheide das Protokoll der Anhörung berücksichtigt, weil nur so überprüft werden kann, ob im Bescheid alle wesentlichen Aspekte der Anhörung berücksichtigt und angemessen gewürdigt wurden (bitte darstellen)? Zum 1. September 2017 wurde im Asylbereich das erweiterte System zur Qualitätssicherung eingeführt. Zentrale Bausteine sind Prüfungen auf verschiedenen Ebenen, die sowohl dezentral im operativen Bereich als auch zentral im Qualitätssicherungsreferat durchgeführt werden. Wesentliches Element ist die Etablierung eines Vier-Augen-Prinzips durch den jeweils sachbearbeitenden Mitarbeiter und den für den Teilprozess zuständigen Qualitätssicherer. Im Rahmen der dezentralen Qualitätssicherungen werden auf diese Weise in den Abschnitten Anhörung und Abschlussarbeiten Stichproben in Höhe von 10 Prozent des täglichen neuen Gesamtaufkommens der Verfahren gesichert . Im Abschnitt Bescheid erfolgt eine 100 prozentige Überprüfung. Im Rahmen der Bescheidkontrolle werden, wo erforderlich, auch die Anhörungsprotokolle gesichtet und entsprechend berücksichtigt. Aktuell sind im operativen Bereich ca. 100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im gehobenen bzw. höheren Dienst sowie ca. 80 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im mittleren Dienst als Qualitätssicherer eingesetzt (insb. Referenten, Teamleiter Asyl, Teamleiter im Asylverfahrenssekretariat). In Ergänzung dieser dezentralen Qualitätssicherung findet im Qualitätssicherungsreferat am Ende des Bearbeitungsprozesses eine zusätzliche zentrale Qualitätssicherung statt. Diese umfasst eine repräsentative Stichprobe aus den Teilprozessen Bescheid und Abschlussarbeiten. Für die zentrale Qualitätssicherung sind im Qualitätssicherungsreferat zurzeit 15 Mitarbeiter eingesetzt. Die Jahre 2016 und 2017 waren von einem schnellen Personalzuwachs geprägt, was sich auch in den Qualifizierungsmaßnahmen widergespiegelt hat. Allein für den Asylbereich fanden in den Jahren 2016 und 2017 806 Schulungsveranstaltungen statt. Diese gliederten sich auf in insgesamt 108 Schulungsmaßnahmen für das Asylverfahrens-sekretariat zu den Themen „Antragsannahme“, „Physikalisch-technische Urkundenuntersuchung (PTU)“, „Endziffernbearbeitung “ sowie „Supervision“, die durchschnittlich 5 Tage dauerten. Insgesamt haben daran 1 260 AVS-Kräfte teilgenommen. Für die Entscheiderinnen und Entscheider wurden 2016 und 2017 insgesamt 698 Qualifizierungsmaßnahmen Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/1217 – 8 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode durchgeführt, an denen insgesamt 9 054 Personen teilgenommen haben. Zu diesen Qualifizierungsmaßnahmen gehörten sowohl die Schulungen nach EASO- Standard (Europäisches Unterstützungsbüro für Asylfragen) als auch jene nach nationalem Recht. An den EASO-Schulungen haben 1 500 Mitarbeiter teilgenommen . Für das Jahr 2018 sind nach bisheriger Jahresplanung 127 Schulungen für Entscheiderinnen und Entscheider nach nationalem Standard vorgesehen, an denen ca. 1 900 Sachbearbeiter teilnehmen werden. Neueinstellungen werden wieder in einer 12-Wochen-Schulung sowohl im nationalen Verfahren als auch in den EASO-Coremodulen ausgebildet. Für den EASO-Bereich sind 92 Schulungsmaßnahmen geplant, die sowohl die Core-Module für alle Sachbearbeiter („Schutzgewährung “, „Interviewtechniken“, „Beweiswürdigung“) als auch die Qualifizierung von Sonderbeauftragten z. B. für „geschlechtsspezifisch Verfolgte“, „unbegleitete Minderjährige“, „Opfer von Menschenhandel“ „Traumatisierte“ beinhaltet . Für das Asylverfahrenssekretariat sind 100 Schulungen zu den Themen DVS (Dolmetscherverwaltungssystem)“, „Antragsannahme“, „Endziffernbearbeitung“, „Integriertes Identitätsmanagements (IDMS)“, und „PTU“ geplant. Dabei stehen 1 500 Teilnahmeplätze zur Verfügung. Neueingestellte Entscheider erhalten eine intensive 12-wöchige Qualifizierung. Ziel ist es, eine durchgehend hohe Qualifizierung für alle Mitarbeiter des BAMF sicherzustellen. Dies soll durch die Einführung von verpflichtenden Qualifizierungsplänen für alle Funktionen innerhalb des BAMF erreicht werden. Eine solche zielgerichtete und umfassende Qualifizierung hilft dem BAMF dabei, die angestrebte Qualität der Prozesse innerhalb des BAMF sicherzustellen sowie seine Beschäftigten zu fördern und zu motivieren. Durch die Bereitstellung von Qualifizierungsplänen für jede Funktion wird garantiert, dass alle Mitarbeiter die für ihren Bereich und ihre Position notwendige Schulung erhalten. 13. Wie viel Personal war jeweils zur Mitte bzw. zum Ende der Jahre 2015, 2016 und 2017 in der Prozessvertretung des BAMF im Asylbereich eingesetzt, wie war im Vergleich dazu jeweils die Zahl der bei den Gerichten anhängigen Verfahren, und wie ist der aktuelle Stand der geplanten Einstellung von weiteren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Prozessbereich (bitte ausführen )? Im Jahr 2015 waren zum Stichtag 30. Juni und 31.Dezember. insgesamt 52 bzw. 62 Personen in der Prozessvertretung des BAMF tätig. Im Jahr 2016 stieg diese Anzahl auf 81 bzw. 92 Personen zu den jeweiligen Stichtagen an. Die Angaben für die Jahre 2015 und 2016 sind nur in Kopfzahlen möglich, da die archivierten Daten keine Angaben über Vollzeitäquivalente (VZÄ) enthalten. Im Jahr 2017 ist ein erheblicher Anstieg an Mitarbeitern im Bereich der Prozessvertretung zu verzeichnen. Zum Stand 30. Juni 2017 waren hier 230,2 Vollzeitäquivalente eingesetzt. Diese Zahl stieg zum Stand 31. Dezember 2017 auf 315,4 VZÄ. Es ist geplant, den Prozessbereich im Jahr 2018 weiter aufzustocken, aktuell sind 36 Stellen ausgeschrieben. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 9 – Drucksache 19/1217 Die Anzahl der anhängigen Gerichtsverfahren für alle Instanzen, bezogen auf Erstantrag , Folgeantrag, Widerruf/Rücknahme, Wiederaufnahmeantrag betrug zu den nachfolgenden Stichtagen 31. Dezember 2015: 58 974 Verfahren 31. Dezember 2016: 159 965 Verfahren 31. Dezember 2017: 372 443 Verfahren Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333